Kein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO bei abweichender Würdigung der von einem Verfahrensbeteiligten vorgetragenen Umstände
Gesetze: FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
Instanzenzug: ,G
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) liegen jedenfalls nicht vor.
2 1. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
3 Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das Finanzgericht (FG) seine Überzeugung nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu bilden. Aus diesem Grund muss es den Inhalt der Akten und das Vorbringen der Beteiligten vollständig und einwandfrei berücksichtigen. Wird hiergegen verstoßen, liegt darin ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (Senatsbeschluss vom X B 7/11, BFH/NV 2011, 1005, m.w.N. aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung). Kein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist hingegen gegeben, wenn das FG bestimmte vom Kläger geltend gemachte Vorgänge zwar zur Kenntnis nimmt, diese aber abweichend würdigt (Senatsbeschluss vom X B 213/09, BFH/NV 2011, 268).
4 Der Kläger macht geltend, das FG habe in rechtlicher Hinsicht nicht gewürdigt, dass an der Gesellschaft G-Ltd. der Kläger und ein fremder Dritter X mit jeweils 50 % beteiligt gewesen seien. Bei dieser Sachlage hätte das FG darlegen müssen, weshalb es die vom Kläger auf Grund seiner Beteiligung getragenen Aufwendungen überhaupt nicht anerkenne, obwohl es ihm die Erträge dieser Gesellschaft vollständig zugerechnet habe.
5 Der Kläger berücksichtigt nicht, dass das FG nicht nur im Tatbestand ausgeführt hat, dass an der G-Ltd. neben dem Kläger auch X als Gesellschafter beteiligt war (S. 4 und 7 des angefochtenen Urteils). Vielmehr hat sich das FG auch in rechtlicher Hinsicht mit diesem Gesellschaftsverhältnis befasst. Es hat nämlich aus der Würdigung anderer Umstände den Schluss gezogen, tatsächlicher Grund für die zu beurteilenden Zahlungen des Klägers sei nicht dessen Handeln als Gesellschafter für die im Jahr 2002 gegründete G-Ltd. bzw. für die davor bereits bestehende Vorgesellschaft, sondern seine persönliche Beziehung zu seiner damaligen Lebensgefährtin, mit der er im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in einem Haushalt gelebt und zu dem auch ein gemeinsames Kind gehört habe.
6 Hierbei hat das FG u.a. gewürdigt, dass der Kläger in einem der in Frage stehenden Verträge, die (formal) zwischen der G-Ltd. und der Gesellschaft Z.S.L. abgeschlossen worden waren, an welcher seine Lebensgefährtin mit 97 % als Gesellschafterin beteiligt war, sich persönlich für die von der Z.S.L. bzw. die von seiner Lebensgefährtin zu tragenden Aufwendungen verbürgt hatte, obwohl nicht erkennbar sei, dass dies für ihn persönlich vorteilhaft sein könnte. Auch hat das FG gewürdigt, dass zwischen den beiden vorgenannten Gesellschaften ein Mietvertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurde, zu dem das geplante Projekt auch aus der Sicht des Klägers bereits gescheitert gewesen sei. Schließlich hat das FG im Rahmen seiner Würdigung auch berücksichtigt, dass sich nicht feststellen lasse, dass der Kläger vertraglich berechtigt gewesen sei, den Mitgesellschafter X zu verpflichten. Es sei nicht feststellbar, dass dieser tatsächlich Zahlungen geleistet habe oder überhaupt Kenntnis von den vom Kläger namens der G-Ltd. abgeschlossenen Verträgen gehabt habe.
7 Aus diesen Indizien hat das FG geschlossen, der wahre Grund für die vom Kläger geleisteten Zahlungen seien nicht seine Verpflichtungen als Gesellschafter der G-Ltd., sondern seine persönliche Beziehung zu seiner Lebensgefährtin, die er vor einem wirtschaftlichen Schaden habe bewahren wollen. Das FG hat daher die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse im Rahmen der rechtlichen Würdigung nicht übersehen, sondern ihnen im Rahmen der Gesamtwürdigung der im Streitfall gegebenen tatsächlichen Verhältnisse nicht die Bedeutung beigemessen, die der Kläger in ihnen sieht. Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist somit nicht gegeben.
8 2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
9 Der Kläger wirft die Frage auf, ob die Grundsätze der unter nahen Angehörigen abgeschlossenen Verträge auch dann anwendbar seien, wenn Vertragspartner solcher Verträge nicht natürliche Personen, sondern Gesellschaften seien, insbesondere, ob dies auch gelte, wenn an einer der Gesellschaften ein fremder Dritter mit einem Anteil von 50 % beteiligt sei.
10 Diese Frage ist im Streitfall nicht klärbar. Das FG ist im Hinblick auf die Besonderheiten des Streitfalls in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, der wahre Grund für die vom Kläger geleisteten Zahlungen seien nicht Verpflichtungen, die er in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der G-Ltd. eingegangen sei, sondern seine persönlichen Beziehungen zu seiner Lebensgefährtin (siehe dazu oben unter 1.). Bei einer solchen Sachlage stellt sich nicht die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Familienpersonengesellschaften bei zwischen Gesellschaften abgeschlossen Verträgen anwendbar sind (zu Familienpersonengesellschaften vgl. Schmidt/Wacker, EStG, 30. Aufl. § 15 Rz 740 ff., und , BFHE 224, 340, BStBl II 2009, 798). Die vom FG vorgenommene tatsächliche Würdigung ist im Streitfall angesichts der vom FG festgestellten Besonderheiten (siehe oben unter 1.) jedenfalls nicht unvertretbar. Das FG-Urteil leidet daher auch nicht an einem qualifizierten Rechtsanwendungsfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 47 Nr. 1
TAAAD-95571