BFH Beschluss v. - IV E 7/11

Erinnerung gegen den Kostenansatz; Streitwerte für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und das AdV-Verfahren sind nicht zu einem Gesamtstreitwert zusammenzuzählen

Gesetze: GKG § 21 Abs. 1, GKG § 39 Abs. 1, GKG § 66 Abs. 1, GKG § 3 Abs. 2 Anlage 1

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Mit hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Beschwerde der Klägerinnen, Kostenschuldnerinnen und Erinnerungsführerinnen (Kostenschuldnerinnen) gegen die Nichtzulassung der Revision im als unzulässig verworfen. Gleichzeitig —ebenfalls mit Beschluss vom IV B 35/09— hat der Senat einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV), den die Kostenschuldnerinnen mit der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde verbunden hatten und der zusätzlich weitere, gleichzeitig erhobene Nichtzulassungsbeschwerden betraf, abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens hat der BFH den Kostenschuldnerinnen auferlegt.

2 Die Kostenstelle des BFH den Kostenschuldnerinnen hat am zwei Kostenrechnungen erteilt. In der ersten wurden die Kosten für die Nichtzulassungsbeschwerde ausgehend von einem Streitwert von 6.551 € mit 302 €, in der zweiten die Kosten für den vorläufigen Rechtsschutz (Verfahren im Allgemeinen) auf der Grundlage eines Streitwerts von 2.493 € mit 162 € angesetzt. Dagegen haben die Kostenschuldnerinnen jeweils Erinnerung eingelegt (Az. IV E 7/11 und IV E 8/11).

3 Im vorliegenden Verfahren (IV E 7/11) machen die Kostenschuldnerinnen geltend, eine Gerichtskostenfestsetzung sei nicht vorzunehmen, „weil bei einer beantragten, nichtigen Steuerfestsetzung die Wiederaussetzung im Jahr 2007 nicht gewährt wurde”. Sie beantragen sinngemäß,

den Kostenansatz in Höhe von 302 € aufzuheben.

4 „Da zu dem gleichen Sachverhalt…mehrere Gerichtsverfahren gleichzeitig” vorlägen, beantragen sie,

„die Kostenrechnungen zusammen zu fassen”, sowie

„für Frau X…die Prozesskosten zu erlassen”.

5 Die Vertreterin der Staatskasse beantragt,

die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

6 II. Die Erinnerung ist nicht begründet.

7 1. Mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen den Kostenansatz selbst richten (§ 66 Abs. 1 Satz 1 des GerichtskostengesetzesGKG—), also gegen den Ansatz und die Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. , BFH/NV 2010, 225). Soweit die Kostenschuldnerinnen erneut Einwände gegen das FG-Urteil geltend machen, kann die Erinnerung deshalb keinen Erfolg haben.

8 2. Zwar werden nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG Kosten nicht erhoben, wenn sie bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Dies setzt jedoch ein erkennbares Versehen oder offensichtliche Verstöße gegen klare gesetzliche Regelungen voraus (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. , BFH/NV 2011, 59). Anhaltspunkte dafür sind vorliegend nicht ersichtlich; sie ergeben sich weder aus dem Vortrag der Kostenschuldnerinnen noch aus den Akten. Der BFH hat die von den Kostenschuldnerinnen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht als unzulässig verworfen. Einwände gegen diesen Beschluss haben die Klägerinnen nicht erhoben.

9 3. Die Kostenstelle des BFH hat die Kosten für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und das AdV-Verfahren zu Recht mit gesonderten Kostenrechnungen angesetzt.

10 a) Nach § 39 Abs. 1 GKG werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Diese Vorschrift, die anstelle der früheren Verweisung in § 12 Abs. 1 GKG auf § 5 Halbsatz 1 der Zivilprozessordnung durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom (BGBl I 2004, 718) in das GKG eingestellt wurde, soll die Zusammenrechnung der Streitgegenstände für alle Gerichtsbarkeiten regeln (BTDrucks 15/1971, S. 154). Hat das Gericht aufgrund objektiver Klagehäufung einheitlich über mehrere Klagebegehren entschieden, sind danach die sich aus den einzelnen Klagebegehren ergebenden streitigen Beträge zu einem Gesamtstreitwert zusammenzuzählen (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom I B 8/69, BFHE 96, 153, BStBl II 1969, 587; vom IV B 104/84, juris, zur früheren Rechtslage). So verhält es sich jedoch nicht, wenn ein AdV-Antrag mit dem Klage- oder Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren verbunden wird.

11 b) Die Streitwerte für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und das AdV-Verfahren waren —unbeschadet der in einem Beschluss zusammengefassten Entscheidungen— nicht zusammenzuzählen, weil es sich nicht um denselben Rechtszug handelt. Kostenrechtlich ist als „Rechtszug” jeder Verfahrensabschnitt anzusehen, der besondere Kosten verursacht (, Die öffentliche Verwaltung 1995, 384). Das AdV-Verfahren gehört somit nicht zum selben Rechtszug wie das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (vgl. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 142 FGO Rz 156; Schoenfeld in Beermann/Gosch, FGO § 142 Rz 190). Denn nach Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG sind die Gebühren für den vorläufigen Rechtsschutz einerseits und für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren andererseits getrennt zu ermitteln. Die Gebührensätze für den vorläufigen Rechtsschutz (einschließlich der Verfahren nach § 69 Abs. 3 und Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung) sind im Hauptabschnitt 2 geregelt, während sich die Gebührensätze für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren aus Hauptabschnitt 5 ergeben. Auch wenn die Gebührenansätze vorliegend gleich hoch sind —diese betragen sowohl nach Nr. 6210 (AdV-Verfahren im Allgemeinen) als auch nach Nr. 6500 (Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bei Verwerfung der Beschwerde) jeweils 2,0—, kommt danach eine Zusammenrechnung der Streitwerte nicht in Betracht.

12 4. Über die Frage, ob Gerichtskosten erlassen werden können, ist im Erinnerungsverfahren nicht zu entscheiden (, BFH/NV 2001, 472).

13 5. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 55 Nr. 1
GAAAD-94855