OFD Frankfurt/M. - S 7433 A - 16 - St 113

Niedrigere Festsetzung oder Erlass von Umsatzsteuer nach § 26 Absatz 3 UStG für grenzüberschreitende Beförderungen von Personen im Luftverkehr

Nach § 26 Abs. 3 UStG kann das BMF anordnen, dass die Steuer für grenzüberschreitende Beförderungen von Personen im Luftverkehr niedriger festgesetzt oder ganz oder zum Teil erlassen wird, soweit der Unternehmer keine Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Steuer (§ 14 Abs. 1 UStG) erteilt hat.

Die dazu erforderliche Anordnung hat das BMF in dem UStAE (Abschn. 26.5) getroffen und die Prüfung der Voraussetzungen auf die zuständigen Landesbehörden delegiert. Weiterführende Einzelheiten ergeben sich aus den Abschn. 26.1, 26.2, 26.3, 26.4 UStAE.

Der Erlass der Umsatzsteuer für grenzüberschreitende Personenbeförderungen im Luftverkehr nach § 26 Abs. 3 UStG setzt folgende Bedingungen voraus:

  • Ausführung der Umsätze durch einen so genannten „Luftverkehrsunternehmer”

  • Erbringung von grenzüberschreitenden Beförderungsleistungen an Personen

  • Verzicht auf den gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnungen und Tickets.

1. Luftverkehrsunternehmen

Luftverkehrsunternehmer sind Unternehmer, die die Beförderung selbst durchführen.

Als Luftverkehrsunternehmen kommen neben originär befördernden Unternehmen auch sog. vertragliche Luftverkehrsunternehmen in Betracht. Diese verpflichten sich gegenüber dem Reisenden im eigenen Namen zur Durchführung der Reise, befördern jedoch nicht selbst (Abschn. 26.1 Abs. 1 S. 2 UStAE). Hierzu können auch Veranstalter von Pauschalreisen gehören, wenn sie

Inländischen Luftverkehrsunternehmern kann die Umsatzsteuer für grenzüberschreitende Personenbeförderungen allgemein erlassen werden. Für Luftverkehrsunternehmer, die ihren Sitz im Ausland haben, trifft dies nur zu, wenn die Gegenseitigkeit mit dem jeweiligen Sitzstaat festgestellt ist. Hierfür reicht es aus, wenn von inländischen Luftverkehrsunternehmern in dem entsprechenden ausländischen Staat tatsächliche keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben wird. Das BMF hat zum (Schreiben vom und ) und zum (Schreiben vom ) ein Verzeichnis der Länder herausgegeben, in denen die Gegenseitigkeit i. S. d. § 26 Abs. 3 UStG festgestellt ist (vgl. hierzu , USt-Kartei zu § 26 Abs. 3 Karte 3). Die Umsatzsteuer kann aber auch dann niedriger festgesetzt oder erlassen werden, wenn der Unternehmer seinen Sitz in einem Land hat, mit dem die Gegenseitigkeit nicht vollständig gegeben ist. Hierbei handelt es sich insbesondere um Fälle, in denen die Umsatzsteuer im Ausland unverhältnismäßig niedrig ist oder in denen die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit nur in bestimmten Bereichen (z. B. Charterverkehr) erfüllt sind. In diesen Fällen kommt eine prozentuale niedrigere Festsetzung bzw. ein Teilerlass in Betracht.

2. grenzüberschreitende Beförderungsleistungen

2.1 Beförderungsleistungen

Ob eine Beförderungsleistung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Entscheidend ist, ob wesentlicher Vertragsinhalt die Beförderung ist. Hierunter ist die Fortbewegung einer Person von einem Ort zum anderen zu verstehen.

Das Wesen eines Beförderungsvertrags bestimmt sich nach den damit typischerweise einhergehenden Hauptpflichten der beteiligten Parteien. Diese bestehen darin, dass der Unternehmer die Beförderung und der Reisende den Beförderungspreis schulden.

Die für die Qualifizierung als Beförderungsleistung maßgeblichen Primärpflichten bleiben auch in dem Fall, in dem der Beförderer Schadenersatzansprüche ausschließt, unberührt.

Liegt die Gebrauchsüberlassung eines beweglichen Gegenstandes vor (z. B. Flugzeug samt Flugzeugführer), so handelt es sich nicht um eine Beförderungsleistung, sondern um eine Vermietungsleistung, die von der Anwendung des § 26 Abs. 3 UStG ausgeschlossen ist.

2.2 grenzüberschreitend

Eine grenzüberschreitende Beförderung liegt vor, wenn sich eine Beförderung sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstreckt (§ 3b Abs. 1 S. 3 UStG)

Die Anwendung des § 26 Abs. 3 UStG kommt bei folgenden grenzüberschreitenden Beförderungen im Luftverkehr in Betracht:

  • von einem ausländischen Flughafen zu einem Flughafen im Inland

  • von einem Flughafen im Inland zu einem ausländischen Flughafen

  • von einem ausländischen Flughafen zu einem anderen ausländischen Flughafen über das Inland.

3. gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer

Ein gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer in den Rechnungen oder auf den Tickets des Luftverkehrsunternehmers schließt den Erlass nach § 26 Abs. 3 UStG aus.

Wenn nur ein Teilerlass (dies betrifft nur ausländische Unternehmen) der Umsatzsteuer für den Luftfahrtunternehmer ausgesprochen wird, ist der offene Ausweis der nicht erlassenen Umsatzsteuer in den Rechnungen unschädlich.

Beispiel:

Ein ausländischer Luftfahrtunternehmer führt grenzüberschreitende Personenbeförderungen vom Land X nach Frankfurt durch.

Laut Gegenseitigkeit mit dem Staat X ist eine Steuerfreiheit i. H. v. 40 v. H. gegeben. Der inländische Anteil der Flugstrecke beträgt 5 v. H. der gesamten Flugstrecke von X nach Frankfurt.

Aus der Gesamtrechnung sind 5 v. H. mit deutscher Umsatzsteuer belastet. Hieraus ergäbe sich generell eine geschuldete Umsatzsteuer in Höhe des vollen Steuersatzes von 19 %. Auf Grund der Gegenseitigkeit können 40 v. H. der Zahllast erlassen werden. Der Umsatzsteuerausweis würde somit nur 40 v. H. der geschuldeten Umsatzsteuer betragen.

Auch im Falle einer nachträglichen Korrektur einer Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis (§ 14 Abs. 4 UStG) in eine Rechnung ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis kann § 26 Abs. 3 UStG nicht angewendet werden, da weder ein Fall des unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweises i. S. d. § 14c UStG noch eine Änderung der Bemessungsgrundlage (§ 17 UStG) vorliegt.

4. Vorprüfung durch das Finanzamt

Im Rahmen der Vorprüfung durch das Finanzamt, ob § 26 Abs. 3 UStG Anwendung findet, sollten in der Regel folgende Unterlagen angefordert werden bzw. im Voraus folgende Ermittlungen erfolgen:

4.1 Luftfahrtunternehmen, die eine originäre Beförderung durchführen

  • Prüfung, ob das Luftfahrtunternehmen zugelassen ist (www.LBA.de unter Betrieb/Genehmigungen);

  • Kopien der Bordbücher der eingesetzten Flugzeuge;

  • Kopien der Erlöskonten für den Zeitraum, für den bzw. ab dem der Erlass beantragt wird;

  • Kopien der erteilten Rechnungen ohne Steuerausweis;

  • Kopie der Betriebsgenehmigung;

  • Kopie der vom Luftfahrt-Bundesamt ausgestellten Zuverlässigkeitsbescheinigung;

  • Die Benennung der für die grenzüberschreitende Personenbeförderung eingesetzten Flugzeuge (Kennzeichnung);

  • Bestätigung, dass die Beförderungsleistung durch die Fluggesellschaft selbst ausgeführt wird;

  • Bei ausländischen Unternehmen eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde, dass die Fluggesellschaft dort als Unternehmer registriert ist.

4.2 sog. vertragliche Luftfahrtunternehmen (keine originäre Beförderung)

4.2.1 Unternehmer, die die Reisenden mit eigenen Mitteln befördern
  • Chartervertrag;

  • Kopien der Erlöskonten für den Zeitraum für den bzw. ab dem der Erlass beantragt wird;

  • Kopien der erteilten Rechnungen ohne Steuerausweis;

  • Die Benennung der für die grenzüberschreitende Personenbeförderung eingesetzten Flugzeuge (Kennzeichnung).

4.2.2 Unternehmer, die eine Beförderungsleistung gegenüber anderen Unternehmern für deren Unternehmen erbringen
  • Kopien der Erlöskonten für den Zeitraum für den bzw. ab dem der Erlass beantragt wird;

  • Kopien der erteilten Rechnungen ohne Steuerausweis;

  • Kopien der abgeschlossenen Verträge mit den originären Luftverkehrsunternehmen und den Reisenden;

5. Aufzeichnungspflichten

Nach § 22 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UStG sind alle Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und ihrer Bemessungsgrundlage Aufzeichnungen zu machen. Damit sind auch Luftverkehrsunternehmer verpflichtet, die Entgelte für die Beförderungen von Personen im grenzüberschreitenden Luftverkehr aufzuzeichnen, für die die Umsatzsteuer nach § 26 Abs. 3 UStG erlassen wird. Auf die Vereinfachungsregelung bei ausländischen Luftverkehrsunternehmen weise ich hin, vgl. hierzu .

Die Missachtung der Aufzeichungspflichten führt jedoch nicht zur Versagung des Erlasses i. S. v. § 26 Abs. 3 UStG, weil es sich hierbei um keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbegünstigung handelt. Bei fehlenden oder mangelhaften Aufzeichnungen ist regelmäßig vom Recht der Schätzung der Besteuerungsunterlagen nach § 162 AO Gebrauch zu machen.

6. Berichtspflicht und Überwachung

Anträge auf eine niedrigere Steuerfestsetzung oder einen Erlass nach § 26 Abs. 3 UStG sind in der Regel, nach vorausgegangenen Prüfung durch das zuständige Finanzamt, mit den vom steuerpflichtigen eingereichten Unterlagen der OFD zur abschließenden Entscheidung vorzulegen.

Die bisher ergangene Einzelverfügung für das Finanzamt Frankfurt am Main-Börse (jetzt Finanzämter Frankfurt am Main III und Frankfurt am Main V-Höchst) hinsichtlich des Erlasses von Umsatzsteuer bei ausländischen Luftverkehrsgesellschaften bleibt unberührt.

Seitens der OFD besteht Berichtspflicht an das HMdF. Bei Luftverkehrsunternehmern, die ihren Sitz in Ländern haben, die nicht in dem Verzeichnis der Länder aufgeführt sind, zu denen die Gegenseitigkeit besteht oder wenn Zweifel bestehen, ob das entsprechende Land noch die Voraussetzungen für die Gegenseitigkeit erfüllt, ist das BMF einzuschalten.

Das Finanzamt hat in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für einen Erlass oder Teilerlass noch vorliegen.

Ein Arbeitsablaufplan zur Prüfung der Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 UStG ist als Anlage dieser Karteikarte beigefügt.

7. Prüfung der Vorsteuerbeträge

Die den Luftverkehrsunternehmern unrichtig nach § 14c Abs. 1 UStG in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge sind nicht als Vorsteuer abzugsfähig. Grundsätzlich sind die Eingangsleistungen an Luftverkehrsunternehmer nach § 4 Nr. 2 UStG unter den weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 UStG steuerfrei. Dadurch soll bei den Unternehmern der internationalen Luftfahrt die laufende Erstattung hoher Vorsteuerbeträge vermieden werden. Weitere Einzelheiten hierzu ergeben sich aus den Abschn. 8.1 Abs. 1 bis 3, 8.2 und 8.3 des UStAE. Vorsteuerbeträge, die in den Erlasszeiträumen geltend gemacht werden, sind insbesondere im Hinblick auf diese Befreiungsvorschrift zu prüfen. Sofern die Vorsteuerbeträge für steuerfreie Eingangsumsätze geltend gemacht werden, ist der Vorsteuerabzug zu versagen, da keine gesetzlich geschuldete Steuer i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegt. Der leistende Unternehmer schuldet in diesen Fällen die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG.

Vorsteuerbeträge, die von ausländischen Luftverkehrsunternehmern geltend gemacht werden, sind im allgemeinen Besteuerungsverfahren zu prüfen. Das Vorsteuer-Vergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 UStG i. V. m. den §§ 59 ff. UStDV kommt nicht zur Anwendung, weil diese Luftverkehrsunternehmer mit ihren grenzüberschreitenden Personenbeförderungen inländische Umsätze ausführen.

Die (USt-Kartei § 26 – Fach 7433 – Karte 2 ist durch diese Rdvfg. überholt und kann ausgesondert werden. Die Änderungen sind durch einen schwarzen Balken auf der rechten Seite gekennzeichnet.

Anlage zur USt-Karteikarte § 26 Abs. 3 UStG – S 7433 – Karte 2 Arbeitsablaufplan

OFD Frankfurt/M. v. - S 7433 A - 16 - St 113

Fundstelle(n):
USt-Kartei HE § 26 UStG Fach S 7433 Karte 2
MAAAD-94195