Kein ermäßigter Steuersatz bei Personenbeförderung in einer Skihalle
Leitsatz
Auf die Beförderung von Personen durch einen Sessel- oder Schlepplift in einer Skihalle ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz nicht anzuwenden, wenn die Aufstiegshilfen ausschließlich zur Skiabfahrt genutzt werden können. Mit der Beförderung mittels Skilift und der Möglichkeit der Skiabfahrt wird eine einheitliche Leistung eigener Art und keine Personenbeförderung nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG erbracht.
Gesetze: UStG § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor.
2 1. Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2008 den Skibetrieb . in .. Hierbei handelte es sich um eine geschlossene Hallenanlage, in der verschiedene Freizeitaktivitäten im Bereich des Wintersports angeboten wurden. In der Halle befanden sich u.a. eine Skipiste, ein Sessel- und Schlepplift für Ski- und Snowboardfahrer und eine Rodelbahn. Außerdem bestand die Möglichkeit, einen Skilehrer zu buchen. Für die verschiedenen Leistungen wurde das Entgelt durch Ausgabe verschiedener Tickets erhoben.
3 Das zeitlich begrenzte „Liftticket” beinhaltete die Pistennutzung und die Liftbeförderung. Die Klägerin wies auf dem Ticket Umsatzsteuer nach dem ermäßigten Steuersatz von 7 % aus.
4 Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) unterwarf dagegen diese Umsätze dem Regelsteuersatz und setzte die Umsatzsteuer entsprechend höher fest.
5 Einspruch und Klage waren erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin erbringe mit der Beförderung mittels Skilift und der Möglichkeit zur Skiabfahrt eine einheitliche Leistung eigener Art und keine Personenbeförderung nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG).
6 Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.
7 2. Die Revision kann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassen werden.
8 a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärbar sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom X B 107/05, BFH/NV 2006, 938, unter 1.; vom VI B 7/08, BFH/NV 2008, 1838, m.w.N.; vom VI B 14/10, BFH/NV 2011, 24, unter II.1.).
9 b) Die Klägerin meint, die Entscheidung des Rechtsstreits hänge von der Beantwortung folgender —für eine Vielzahl von Fällen bedeutsamen— Rechtsfrage ab:
10 „Setzt § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG nach der gesetzgeberischen Entscheidung im Fall des Transports von Personen mittels Lift voraus, dass die Aufstiegshilfen nicht ausschließlich zur Skiabfahrt genutzt werden, sondern zur Auffahrt auf einen Berg mit alternativen Folgezielen genutzt werden können und sind aufgrund der gesetzgeberischen Wertung die neben der reinen Liftbeförderung in einem Skigebiet oder in einer Skihalle erbrachten zu dieser hinzukommenden Leistungsbestandteile als nebensächlich zu der Liftbeförderung als Hauptleistung anzusehen, mit der Folge, dass die Leistungen eines Liftbetreibers insgesamt als ermäßigt zu besteuernde Beförderungsleistungen gem. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG zu qualifizieren sind?”
11 c) Die von der Klägerin formulierte Rechtsfrage stellt sich im Streitfall nicht; sie wäre deshalb in dem von ihr angestrebten Revisionsverfahren nicht klärbar.
12 Entscheidungserheblich ist nicht, wie die Liftbeförderung in einem Skigebiet (im Freien) umsatzsteuerrechtlich zu beurteilen ist, wie die Klägerin unter Hinweis auf eine Vielzahl von Liftbetreibern in Deutschland geltend macht. Allein entscheidend ist vielmehr, ob der ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG auf die Beförderung von Personen durch den Sessel- und Schlepplift in der Skihalle der Klägerin anzuwenden ist, wie die Klägerin zu Beginn ihrer Beschwerdeschrift selbst zutreffend ausführt. Diese Frage ist eindeutig zu verneinen, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
13 aa) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung (vgl. Art. 8 des Jahressteuergesetzes 2008 vom , BGBl I 2007, 3150) ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt.
14 bb) Nach den Feststellungen des FG konnten die Skilifte in der Halle der Klägerin nur von Kunden genutzt werden, die ein entsprechendes Entgelt entrichtet hatten. Eine Beförderung ohne Ski oder Snowboard war am Schlepplift technisch nicht möglich. Außerdem war aus Sicherheitsgründen immer mindestens eine Aufsichtsperson am Einstieg der Lifte stationiert (Urteil, S. 2). Die Aufstiegshilfen konnten ausschließlich zur Skiabfahrt genutzt werden (Urteil, S. 6).
15 Auf der Grundlage dieser von der Klägerin mit ihrer Beschwerde bestätigten (Beschwerdeschrift, S. 17 f.) und damit für den Senat in dem angestrebten Revisionsverfahren bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen, ist die —rechtsfehlerfrei zustande gekommene (s. dazu unter 3.)— Entscheidung des FG, dass die Klägerin in ihrer Skihalle mit der Beförderung mittels Skilift und der Möglichkeit zur Skiabfahrt eine einheitliche Leistung eigener Art und keine Personenbeförderung nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG erbracht hat, nicht zu beanstanden.
16 3. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Divergenz zuzulassen.
17 a) Eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO kann nur vorliegen, wenn das FG bei einem gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), der BFH oder ein anderes FG (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 75/02, BFH/NV 2003, 1590, unter II.2.b; vom IX B 98/05, BFH/NV 2006, 768; vom XI B 208, 209/07, BFH/NV 2008, 1174, unter 2.).
18 b) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das FG in seinem Urteil bei der Beurteilung, ob im Streitfall eine einheitliche Leistung vorliegt, nicht den —von dem —CPP— (Slg. 1999, I-973, Umsatzsteuer-Rundschau 1999, 254) abweichenden— Rechtssatz zugrunde gelegt, dass der Art und Weise, wie der Unternehmer seine Leistung gegenüber den Leistungsempfängern abrechnet, keine Bedeutung zukommen kann.
19 Vielmehr hat das FG im Anschluss an die Begründung seiner Auffassung, dass die mittels Skilift vorgenommene Beförderungsleistung ausschließlich Mittel zum Zweck der für die Nutzer im Vordergrund stehenden Möglichkeit der Skiabfahrt sei und dass die Liftnutzung bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktrete, einzelfallbezogen ausgeführt, es sei unerheblich, wie die Klägerin den Leistungsempfängern gegenüber abgerechnet habe (Urteil, S. 6).
20 c) Das FG hat entgegen der Darstellung der Klägerin auch nicht den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, dass zur Bestimmung der Einheitlichkeit der Leistung auf die „Sicht des Leistungsempfängers bzw. Nutzers” und nicht —wie nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH geboten— auf die „Sicht des Durchschnittsverbrauchers” abzustellen sei. Dass das FG —zutreffend— insoweit auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abgestellt hat, ergibt sich aus dessen Wiedergabe der entsprechenden Abgrenzungsgrundsätze (Urteil S. 5, unter 2.a) und aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung, wonach mit den Beteiligten u.a. erörtert wurde, „ob aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers die Nutzung des Lifts in der Halle im Vordergrund steht”. Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, worin im Streitfall der Unterschied zwischen einem „Leistungsempfänger bzw. Nutzer des Lifts” und einem „Durchschnittsverbraucher” bestehen soll.
21 4. Schließlich ist die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen.
22 a) Dieser Revisionszulassungsgrund erfordert eine bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfrage, die in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsbedürftig, entscheidungserheblich und auch klärbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 938, unter 2.; in BFH/NV 2011, 24, unter II.2.).
23 b) Entgegen der von der Klägerin hierzu angeführten Begründung hat das FG im Rahmen der Beurteilung der Einheitlichkeit von Leistungen —wie dargelegt— keine von der Rechtsprechung des EuGH und des BFH abweichenden Grundsätze angewendet. Eine Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht zur Klärung der von ihr als rechtsgrundsätzlich bezeichneten —aber über den Streitfall hinausreichenden— Frage geboten, wie ebenfalls bereits dargelegt wurde.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 2128 Nr. 12
StuB-Bilanzreport Nr. 21/2011 S. 846
UVR 2012 S. 4 Nr. 1
WAAAD-93749