Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: OVG Sachsen-Anhalt, OVG 3 L 156/09 vom
Gründe
Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Verfahrensmängel, die zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen könnten, ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht.
Die sinngemäße Rüge, die Vorinstanz habe gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen, greift nicht durch.
Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Einhaltung der daraus entstehenden verfahrensmäßigen Verpflichtungen ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter eine aus seiner Sicht fehlerhafte Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Denn damit wird ein (vermeintlicher) Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung angesprochen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen (vgl. etwa BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f.).Eine Ausnahme hiervon kommt allerdings bei einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (vgl. BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272 ff.>; Beschlüsse vom a.a.O., vom - BVerwG 4 B 253.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 269 S. 27 f. und vom - BVerwG 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 S. 1 f.). An einem solchen Mangel leidet die Sachverhaltswürdigung der Vorinstanz nicht.
Die Beschwerde sieht einen schweren Mangel in der Beweiswürdigung darin, dass das Oberverwaltungsgericht in der Urteilsbegründung von nicht festgestellten Tatsachen ausgegangen sei, weil es keine eindeutige zeitliche Zuordnung der dem Zeugen P vorgelegten Lichtbilder getroffen habe. Sowohl für das Verständnis der Aussage des Zeugen als auch für die Beweiswürdigung und die Urteilsbegründung sei die Feststellung, welcher Zustand des Grundstücks der Kläger in welchem Jahr abgebildet worden sei, wichtig. Mit dieser Rüge kann die Beschwerde nicht durchdringen. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass "die bauliche Gestaltung des nordöstlichen Abschnittes des streitgegenständlichen Grundstückes im maßgeblichen Zeitpunkt im Jahr 1957 dem Zustand entsprach, wie er auf den von den Klägern im Jahr 1980 gefertigten Lichtbildern zu erkennen" sei (UA S. 8). Auf die von dem Zeugen geäußerten Zweifel, ob die Bilder tatsächlich aus dem Jahr 1980 stammten, kam es für das Oberverwaltungsgericht nicht an. Entscheidend für die Vorinstanz war vielmehr, dass der Zeuge plausible und nachvollziehbare Angaben zu dem Zustand und der Nutzung der streitgegenständlichen Verkehrsfläche im Jahr 1957 machen konnte. Mit der in diesem Zusammenhang erhobenen Rüge, eine hinsichtlich der zeitlichen Einordnung der Lichtbilder derart unsichere Aussage wie die des Zeugen P genüge nicht den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ( - NVwZ 2009, 1158 <1161>) aus der verfahrensrechtlichen Ausprägung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 Abs. 1 GG) an den Nachweis einer faktischen Widmung zu stellen seien, übersieht die Beschwerde erneut, dass es für das Berufungsgericht nicht entscheidend auf die Bestimmung des Aufnahmejahrs der Lichtbilder ankam. Das Berufungsgericht hat vielmehr darauf abgestellt, dass sich der Zeuge aus eigener Wahrnehmung an den Zustand der Verkehrsfläche vor dem Grundstück P...straße 31 im Jahr 1957 erinnern konnte. Aus dem Urteil ergibt sich auch, warum das Gericht keine Zweifel an dem Erinnerungsvermögen des Zeugen hatte. Der Zeuge hat nach den Feststellungen des Berufungsurteils mit Ausnahme des Wehrdienstes sein gesamtes Leben in der Stadt H verbracht und zur Erklärung, warum er sich an den Zustand der Straßenfläche im Jahr 1957 noch so genau erinnern könne, angegeben, er habe nach seinem Schulabschluss 1956 beabsichtigt, bei dem damaligen Eigentümer des Grundstücks, einem Heizungsbauer, der die Fläche für die Fahrzeuge seines Betriebs genutzt habe, in die Lehre zu gehen. Das Berufungsurteil setzt sich auch nicht in Widerspruch zu der Datierung der Lichtbilder auf das Jahr 1980, wenn es ausführt, weder aus den Lichtbildern noch aus den Bekundungen des Zeugen sei erkennbar, dass der Eigentümer 1957 durch Hinweisschilder, Zäune oder Ähnliches einer öffentlichen Nutzung entgegengetreten sei. Es hat mit dieser Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass der Zeuge für das Jahr 1957 eine solche Abgrenzung verneint hat und die Lichtbilder aus dem Jahr 1980 keine Änderung der Situation erkennen lassen. Diese tatrichterliche Würdigung lässt auch unter Berücksichtigung der sich aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleiteten Pflicht, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, soweit es um Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums geht, keinen die Zulassung der Revision rechtfertigenden schweren Fehler in der Beweiswürdigung erkennen.
Da die zeitliche Zuordnung der von den Klägern vorgelegten Lichtbilder nicht offen geblieben, sondern das Berufungsgericht hinsichtlich des Aufnahmejahrs den Angaben der Kläger gefolgt ist, geht ihre Rüge, sie seien an der Vorlage weiterer Beweismittel zur Bestätigung des Erstellungsdatums gehindert und dadurch in ihrem Recht auf Gehör verletzt worden (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG), von vornherein fehl.
2. Die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
Grundsätzliche Bedeutung misst die Beschwerde der Frage bei,
ob die Grundsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur unvordenklichen Verjährung auch für die faktische Widmung nach der Verordnung über das Straßenwesen der DDR vom gelten.
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass es der verfahrensrechtlichen Ausprägung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG entspricht, wenn - wie es auch die Beschwerde für den Fall der faktischen Widmung nach dem Recht der DDR fordert - im Fall der Betroffenheit von privatem Grundeigentum allgemein hohe Anforderungen an den Nachweis der Öffentlichkeit eines Weges gestellt werden, die es ausschließen, dass insoweit verbleibende Zweifel sich zulasten des Privateigentümers auswirken können ( BVerwG 9 B 53.08 - Buchholz 407.0 Allg. Straßenrecht Nr. 25 Rn. 4 f.). Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Die angefochtene Entscheidung hat - ohne dass es angesichts der fehlenden Klärungsbedürftigkeit hierauf noch ankäme - die dargelegten verfahrensrechtlichen Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG im Übrigen berücksichtigt, wie sich aus den Ausführungen zu den von der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen ergibt.
3. Auch die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greift nicht durch.
Die Beschwerde meint, das Berufungsgericht weiche dadurch konkludent vom BVerwG 8 C 24.01 - (Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 37) ab, dass es die Überprüfung, ob eine faktische Widmung der Verkehrsfläche vorliege, eindeutig nur auf einen kleinen Ausschnitt der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts überprüfungsnotwendigen Sachverhaltsvoraussetzungen beschränkt habe. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch in dem zitierten Urteil die Annahme einer faktischen Widmung nicht von der Erfüllung ganz bestimmter tatsächlicher Ermittlungen abhängig gemacht, sondern lediglich im Rahmen der Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachverhaltsaufklärung Hinweise gegeben, welche Aufklärungsmaßnahmen durch das Tatsachengericht in Betracht zu ziehen sein dürften. Hinsichtlich des rechtlichen Maßstabs hat das Bundesverwaltungsgericht betont, dass für die Beurteilung, ob von einer faktischen Widmung ausgegangen werden könne, entscheidend die tatsächliche Nutzung in der Vergangenheit sei, so wie sie sich aus der Würdigung der Gesamtumstände ergebe. Habe eine öffentliche Nutzung stattgefunden und habe die zuständige Stelle hiergegen nichts unternommen, sprächen gewichtige Gründe dafür, dass diese öffentliche Nutzung von den zuständigen Stellen in ihren Willen aufgenommen worden sei (Urteil vom a.a.O. S. 55). Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Soweit die Beschwerde kritisiert, es hätte aus der Ablehnung der Sanierung des Gehwegs durch den Rat der Stadt H unter Hinweis auf das Privateigentum der Fläche folgern müssen, dass den zuständigen Stellen eine faktische Widmung offenbar verborgen geblieben sei, beschränkt sie sich darauf, die rechtliche Würdigung der Entscheidung des Rates durch das Berufungsgericht zu rügen, was die Zulassung der Revision nicht begründen kann. Dass die Beklagte beim Ausbau und Umbau der P...straße im Jahr 2000 zunächst davon ausging, es handele sich um Flächen der Stadt, ist für die Frage der faktischen Widmung im Jahr 1957 ersichtlich ohne Belang und schon deswegen nicht geeignet, die Divergenzrüge zu begründen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Fundstelle(n):
WAAAD-93522