Bestellung eines Erbbaurechts an Grundstücken des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens
Bestellt ein Land- und Forstwirt an einem betrieblichen Grundstück ein Erbbaurecht zum Zwecke der Bebauung durch den Erbbauberechtigten, ist ertragsteuerlich Folgendes zu beachten:
1. Entgeltliche Bestellung des Erbbaurechts
Die (voll-)entgeltliche Bestellung eines Erbbaurechts an einem Grundstück des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens und die anschließende Bebauung durch den Erbbauberechtigten führen nicht zu einer zwingenden Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen, wenn das belastete Grundstück nach der Erbbaurechtsbestellung dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet werden kann.
Die Voraussetzung für die Behandlung als gewillkürtes Betriebsvermögen ist erfüllt, wenn die mit dem Erbbaurecht belasteten Flächen nicht mehr als 10 % der gesamten landwirtschaftlichen Flächen ausmachen ( BStBl 1993 II S. 342 und vom , BStBl 2011 S. II 692).
Ist die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % überschritten, so ist zu beachten, dass Land- und Forstwirte gewillkürtes Betriebsvermögen nicht in uneingeschränktem Umfang ausweisen können. Eine Behandlung als gewillkürtes Betriebsvermögen kommt nicht in Betracht, wenn die belasteten Grundstücke aufgrund ihres Umfangs das Gesamtbild der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit in der Weise wesentlich verändern würden, dass die Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt ( a. a. O. und vom , a. a. O.).
Bei der Frage, ob auch nach der Erbbaurechtsbestellung das Gesamtbild des Betriebs – einschließlich des Erbbaugrundstücks – noch von der Land- und Forstwirtschaft geprägt wird, kommt es hauptsächlich darauf an, ob die verbleibende Land- und Forstwirtschaft hinsichtlich des Flächenumfangs, des Rohertrags und tatsächlichen Betriebsgewinns (ohne Erbbauzinsen) sowie ihres Werts überwiegt. Zugunsten einer Zurechnung zur Landwirtschaft ist zu werten, wenn das Grundstück nach Ablauf des Erbbaurechts wieder landwirtschaftlichen Zwecken zugeführt werden soll und dies auch objektiv möglich ist. Der Dauer des Erbbaurechts (auch einer Verlängerungsklausel) kommt keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Für die Beurteilung des Gesamtbildes sind alle Merkmale des konkreten Einzelfalles heranzuziehen und gegeneinander abzuwägen.
2. Unentgeltliche Bestellung eines Erbbaurechts
Wird ein Erbbaurecht (zugunsten eines Angehörigen) unentgeltlich bestellt und das Grundstück anschließend vom Erbbauberechtigten bebaut, führt dies zu einer (Zwangs-) Entnahme des belasteten Grundstücks aus dem Betriebsvermögen, da das belastete Grundstück nicht mehr objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern, a. a. O.
3. Teilentgeltliche Bestellung des Erbbaurechts
Vgl. a. a. O.)
3.1 Teilentgelt mindestens 10 % des Vollentgelts – Keine Entnahme
Wird das Erbbaurecht (zugunsten eines Angehörigen) teilentgeltlich bestellt und das Grundstück anschließend vom Erbbauberechtigten bebaut, kann der für den weiteren Ausweis als gewillkürtes Betriebsvermögen erforderliche Förderzusammenhang des belasteten Grundstücks mit dem Betrieb bejaht werden, wenn das Teilentgelt mindestens 10 % des ortsüblichen vollen Erbbauzinses beträgt und im übrigen die Voraussetzungen nach der Nr. 1 erfüllt sind. In diesem Fall können die mit dem Grundstück zusammenhängenden Aufwendungen jedoch nur anteilig als Betriebsausgaben abgezogen werden.
3.2 Teilentgelt weniger als 10 % des Vollentgelts – Entnahme
Beträgt dagegen das Teilentgelt weniger als 10 % des ortsüblichen vollen Erbbauzinses, so ist mit der Erbbaurechtsbestellung und anschließenden Bebauung grundsätzlich eine (gewinnrealisierende) Entnahme des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks verbunden, weil das Grundstück seine Beziehung zum Betrieb verloren hat und nicht mehr dazu geeignet ist, den Betrieb zu fördern. Eine andere Beurteilung ist im Einzelfall nur dann gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige besondere Umstände nachweist, nach denen das belastete Grundstück dennoch gewillkürtes Betriebsvermögen geblieben ist.
3.3 Bemessung des ortsüblichen Erbbauzinses
Der vereinbarte Erbbauzins soll dem Grundstückseigentümer eine angemessene, langfristige und keinen Schwankungen unterliegende Verzinsung seines eingesetzten Kapitals ermöglichen. Daher ist das ortsübliche Vollentgelt grundsätzlich aus dem individuellen Wert des Grundstücks, das für die Erbbaurechtsbestellung verwendet wird, abzuleiten. Grundstücke kirchlicher Einrichtungen, die zu Bauzwecken an Erbbauberechtigte überlassen werden, können zur Ermittlung des ortsüblichen Vollentgelts herangezogen werden, wenn sie im Einzelfall nach ihrer Lage, Bebaubarkeit und Wertigkeit mit dem jeweiligen Grundstück vergleichbar sind.
Der Erbbauzinsfuß orientiert sich im Regelfall an längerfristigen Durchschnittswerten von Liegenschaftszinssätzen unter Berücksichtigung der Grundstücksnutzung. Abschläge gegenüber den aktuellen Liegenschaftszinssätzen sind grundsätzlich gerechtfertigt, da die Zinssätze von Liegenschaften (z. B. Mietobjekte) kürzeren grundstücksmarktbedingten Schwankungen unterliegen als Erbbauzinsen, die für die gesamte Laufzeit des Erbbaurechts im Voraus festgelegt werden. Im Falle der Errichtung eines Einfamilienhauses durch den Erbbauberechtigten wird daher als ortsübliches Vollentgelt regelmäßig ein (wertgesicherter) Mindestzinsfuß von etwa 3 % gefordert werden müssen.
Die vorstehenden Grundsätze sind sowohl bei buchführenden Betrieben als auch bei Betrieben anzuwenden, deren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG ermittelt oder geschätzt wird (§ 4 Abs. 1 Satz 7 EStG, R 4.2 Abs. 16 EStR).
Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2239.1.1-1/2 St32
Fundstelle(n):
AAAAD-92634