BGH Beschluss v. - 3 StR 186/11

Minder schwerer Fall des Totschlags bei vorangegangener Tatprovokation

Gesetze: § 21 StGB, § 23 Abs 2 StGB, § 49 Abs 1 StGB, § 213 Alt 1 StGB

Instanzenzug: LG Lüneburg Az: 4102 Js 9007/09 - 27 Ks 3/10

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision der Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

2Während der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung standhält, kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend darlegt, die Voraussetzungen der ersten Alternative des § 213 StGB rechtsfehlerhaft verneint. Die Begründung, die Schläge des Nebenklägers stellten keine "der Tat unmittelbar vorausgehende Provokation" dar, lässt besorgen, dass das Landgericht einen unzutreffenden Maßstab für die Prüfung des Merkmals "auf der Stelle zur Tat hingerissen" angelegt hat. Es ist nicht maßgebend, ob sich die Tat als Spontantat darstellt. Es kommt vielmehr darauf an, ob die in den Schlägen des Nebenklägers liegende Kränkung einen noch anhaltenden Zorn der Angeklagten hervorgerufen und diese zu ihrer Tat hingerissen hat (vgl. mwN).

3Auf diesem Rechtsfehler beruht der Strafausspruch. Zwar hat das Landgericht die Strafe - nach insoweit rechtsfehlerfreier Ablehnung der zweiten Alternative des § 213 StGB - dem wegen Versuchs und wegen erheblich verminderter Schuldfähigkeit zweifach gemilderten Rahmen des § 212 StGB entnommen, der unter dem des § 213 StGB liegt. Indes erscheint es möglich, dass das Landgericht, wäre es bei Zugrundelegung eines zutreffenden Maßstabs zur Annahme eines minder schweren Falls wegen vorangegangener Provokation gelangt, diesen Strafrahmen im Hinblick auf die letztlich nur geringen Verletzungen nochmals nach §§ 22, 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB und/oder §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert und daraus eine mildere Strafe gefunden hätte.

4Der Senat hält - entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - vor diesem Hintergrund die Strafe nicht für angemessen im Sinne von § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO. Sie muss deshalb neu zugemessen werden.

Fundstelle(n):
FAAAD-92466