BGH Beschluss v. - 3 StR 236/11

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LG Krefeld vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, die Einziehung der sichergestellten 20.894,8 Gramm Marihuana sowie eines Mobiltelefons angeordnet und 500 € für verfallen erklärt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das Urteil hat jedoch keinen Bestand, soweit das Landgericht es abgelehnt hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB anzuordnen. Die Strafkammer hat dies im Wesentlichen damit begründet, der Angeklagte habe "auf entsprechende Nachfrage durch seinen Verteidiger ausdrücklich erklärt, dass kein Hang bestehe und sich - nach anwaltlicher Beratung - ausdrücklich gegen eine Unterbringung nach § 64 StGB ausgesprochen, so dass die daraus ersichtliche Therapieunwilligkeit gegen die Erfolgsaussichten einer Unterbringung spricht". Dies begegnet in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden Bedenken:

1. Das Vorliegen eines Hanges stellt eine Rechtsfrage dar, die nicht im Belieben des Angeklagten steht. Sie ist vielmehr vom Tatgericht aufgrund einer Gesamtschau der getroffenen Feststellungen selbst zu beurteilen. Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte in der Vergangenheit über mehrere Jahre hinweg Heroin. Er wurde im Jahre 1998 wegen einer Straftat verurteilt, die er aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hatte. Im Jahr 2010 begann er erneut, Kokain und Marihuana zu konsumieren. Er steigerte seinen Betäubungsmittelkonsum auf ein Gramm Kokain täglich und verschuldete sich in Höhe von insgesamt 3.600 €, um die daraus entstehenden Kosten zu finanzieren. Bei der Tat im August 2010 stand er unter Einwirkung von Kokain und Cannabis. Mit all diesen Umständen hätte sich das Landgericht näher auseinandersetzen müssen.

2. Im Übrigen ist nicht genügend dargetan, dass die Anordnung der Maßregel mangels Erfolgsaussicht unterbleiben musste. Hierfür reicht die Erwägung nicht aus, der Angeklagte habe sich in der Hauptverhandlung therapieunwillig gezeigt. Vielmehr lässt sich nur aufgrund einer - hier unterbliebenen - Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgeblichen Umstände beurteilen, ob der Mangel an Therapiebereitschaft den Schluss auf das Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht der Maßregel rechtfertigt. Das Tatgericht hat dabei auch zu prüfen, ob die konkrete Aussicht besteht, dass die Therapiebereitschaft für eine Erfolg versprechende Behandlung in der Maßregel geweckt werden kann (st. Rspr.; vgl. , NStZ-RR 2010, 141 dort nur Leitsatz).

3. Da die Anordnung der Unterbringung auch aus anderen Gründen nicht von vornherein ausscheidet, ist hierüber - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neu zu verhandeln und zu entscheiden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO); er hat die unterbliebene Anordnung nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.

Der Strafausspruch wird von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt; denn es ist auszuschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.

Fundstelle(n):
TAAAD-91391