Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LG Kleve vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten S. sowie den nicht revidierenden Mitangeklagten P. wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung verurteilt. Gegen den Angeklagten S. hat es eine Freiheitsstrafe von vier Jahren verhängt; den Mitangeklagten hat es zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat nicht geprüft, ob der Angeklagte gemäß § 24 StGB strafbefreiend vom Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung zurückgetreten ist, obwohl sich eine Erörterung dieser Frage nach den getroffenen Feststellungen aufgedrängt hat.
Danach kam der Angeklagte mit dem Mitangeklagten überein, dem Tatopfer eine Lehre zu erteilen und es gegebenenfalls auch gewaltsam dazu zu bringen, Drogenschulden, die es seit längerer Zeit bei dem Angeklagten hatte, zu begleichen. Die Angeklagten fuhren deshalb mit dem Geschädigten in ein Waldgebiet. Dort hielt ihn der Mitangeklagte fest, während der Angeklagte mit einer Rohrzange den Finger des Opfers quetschte und es aufforderte, endlich seine Schulden zu bezahlen. Der Aufforderung kam der Geschädigte nicht nach, weil er kein Geld bei sich hatte. Nachdem der Angeklagte dem Geschädigten verdeutlicht hatte, seine Schulden so schnell wie möglich zu begleichen, "wenn er weitere Gewalttätigkeiten ihm gegenüber vermeiden wollte", ließen ihn die Angeklagten frei.
Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung fehlgeschlagen und damit ein Rücktritt des Angeklagten vom (unbeendeten) Versuch dieser Tat ausgeschlossen war. Denn ein Versuch ist nicht - wovon das Landgericht möglicherweise rechtsfehlerhaft ausgegangen ist - bereits dann fehlgeschlagen, wenn der Angeklagte - wie hier - seinen Tatplan nicht verwirklichen konnte. Maßgeblich ist hierfür vielmehr, ob ihm infolge einer Veränderung der Handlungssituation oder aufkommender innerer Hemmnisse das Erreichen seines Ziels nicht mehr möglich erschien. War der Angeklagte hingegen noch Herr seiner Entschlüsse und hielt er - wenngleich mit anderen Mitteln - die Ausführung seiner Tat noch für möglich, liegt ein unbeendeter und kein fehlgeschlagener Versuch vor. Entscheidend ist dabei die Sicht des Täters nach Ende der letzten Ausführungshandlung (, NStZ 2007, 91; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 24 Rn. 6 ff.).
Zu dem für die Abgrenzung eines fehlgeschlagenen von einem unbeendeten Versuch maßgeblichen Rücktrittshorizont des Angeklagten im Zeitpunkt seiner letzten Ausführungshandlung verhält sich das Urteil nicht. Mit Blick auf die Drohung des Angeklagten, erneut gewaltsam gegen das Tatopfer vorzugehen, wenn es seine Schulden nicht alsbald begleichen sollte, erscheint es jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte die Ausführung der Tat noch für möglich hielt. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Angeklagte an einer Fortführung seines Vorhabens, die Bezahlung der Drogenschulden beim Tatopfer zu erzwingen, gehindert sah, enthalten die Urteilsgründe nicht.
2. Der Darlegungs- und Erörterungsmangel nötigt insgesamt zur Aufhebung des Urteils, wenngleich die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 StGB im Ergebnis rechtsfehlerfrei erfolgt ist. Der neue Tatrichter wird jedoch Gelegenheit haben zu prüfen, ob die vom Landgericht u.a. angenommene Tatvariante eines hinterlistigen Überfalls gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht ist. Nach den bisherigen Feststellungen erscheint dies zweifelhaft, da die Urteilsgründe ein planmäßiges, auf Verdeckung der wahren Absicht gerichtetes Verhalten der Angeklagten, etwa das Vortäuschen von Friedfertigkeit oder ein von Heimlichkeit geprägtes Handeln nicht belegen. Das bloße Ausnutzen eines Überraschungsmoments könnte die Annahme eines hinterlistigen Überfalls nicht rechtfertigen (, NStZ-RR 2009, 77 mwN).
Der neue Tatrichter wird ferner zu bedenken haben, dass die vom Landgericht bei der Strafzumessung zur Ablehnung eines minder schweren Falls herangezogene Erwägung, die (versuchte) Erpressung habe dazu gedient, "ein kriminelles und rechtsunwirksames Geschäft" durchzusetzen, gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstößt, da die Rechtswidrigkeit der Bereicherung Merkmal des Tatbestands des § 253 StGB ist.
3. Die unterlassene Prüfung eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung betrifft auch die Verurteilung des nicht revidierenden Mitangeklagten P. . Auch wenn gemäß § 24 Abs. 2 StGB der Rücktritt eines Tatbeteiligten nicht ohne weiteres zugunsten eines anderen Tatbeteiligten wirkt, kann es hierfür ausreichen, wenn die Tatbeteiligten nach unbeendetem Versuch einvernehmlich nicht mehr weiter handeln, obwohl sie dies hätten tun können (, BGHSt 42, 158, 162; Beschluss vom - 4 StR 347/06, NStZ 2007, 91, 92).
Fundstelle(n):
EAAAD-90479