Neubau einer Bundesstraße; Einwendungen Privater wegen Verletzung des europäischen und nationalen Naturschutzrechts
Gesetze: § 17a Nr 7 S 1 FStrG
Instanzenzug: OVG Lüneburg Az: 7 KS 161/08 Urteil
Gründe
1Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
21. Die Frage:
"Ist § 17a Nr. 7 S. 1 FStrG dahingehend auszulegen, dass präklusionshindernde Einwendungen Privater zu den Anforderungen des europäischen Natur- und Artenschutzrechts über die Bezeichnung des Rechtsguts und Darlegung der befürchteten Beeinträchtigungen hinausgehend ein zusätzliches Maß an Substantiierung dahingehend erfordern, dass der Behörde die Richtung notwendiger Nachermittlungen aufgezeigt wird?"
erfordert nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Im BVerwG 9 A 27.06 - (Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195 S. 10) hat der beschließende Senat bezogen auf die Anforderungen an einen Ausschluss von Rügen einer Verletzung des europäischen und nationalen Naturschutzrechts seitens Privater ausgeführt:
"Nach dieser sachbezogenen Betrachtungsweise des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a.F. muss aus einer Einwendung nicht nur hervorgehen, dass der Drittbetroffene sich gegen das Planvorhaben als solches wenden will. Das Vorbringen muss vielmehr so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Hinsicht sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen (vgl. a.a.O. S. 117 f.; BVerwG 4 VR 19.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109 S. 78). Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Von einem Einwender kann deshalb erwartet werden, dass er gegen die Planung sprechende Gesichtspunkte geltend macht, die sich - anknüpfend an die ausgelegten Unterlagen - einem Laien in seiner Lage von dessen eigenem Kenntnis- und Erfahrungshorizont her erschließen. Weitergehende Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, können hingegen grundsätzlich nicht verlangt werden. Privateinwendern kann auch keine Obliegenheit zur rechtlichen Einordnung ihrer Einwendungen auferlegt werden.
Befassen sich die Planunterlagen ausführlich mit dem Belang, dessen Beeinträchtigung mit einer Einwendung geltend gemacht werden soll, müssen darauf abzielende Einwendungen in dem oben beschriebenen Sinne entsprechend konkretisiert werden, damit die Planfeststellungsbehörde sich veranlasst sieht, die Planung unter dem geltend gemachten Gesichtspunkt näher zu überprüfen. Wenn etwa - wie hier - der Naturschutz in den ausgelegten Unterlagen ausführlich behandelt worden ist, kann von einem von dem Vorhaben unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümer erwartet werden, dass er der Behörde zumindest in laienhafter Form die Bereiche der Tier- und Pflanzenwelt benennt, deren Behandlung er im Hinblick auf die Inanspruchnahme seiner Grundstücke noch als unzureichend ansieht.
Diesen Anforderungen genügte die Einwendung der Kläger mit dem allgemeinen Hinweis auf die Zerstörung der Landschaft mit ihrer Fauna und Flora angesichts der ausgelegten Planunterlagen nicht. Nach den bereits vorgenommenen Untersuchungen musste diese pauschale Einwendung die Planfeststellungsbehörde gerade nicht veranlassen, vertieft in die Prüfung des Vorhabens in Bezug auf bestimmte Tier- und Pflanzenarten einzutreten."
3Die Beschwerde trägt nichts dazu vor, was den Senat veranlassen könnte, seine Rechtsauffassung in einem Revisionsverfahren zu überprüfen. Allein die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das im BVerwG 4 A 38.95 - (Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109) für eine präklusionshindernde Geltendmachung privater Belange entwickelte Substantiierungsgebot müsse bezogen auf Rügen der Verletzung europäischen Natur- und Artenschutzrechts seitens Privater fortentwickelt ("übersetzt") werden, vermag eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ebenso wenig zu begründen wie die Abweichung eines Oberverwaltungsgerichts von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG 11 B 54.99 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 9 S. 20). Abgesehen davon kann der Beschwerde schon nicht entnommen werden, dass die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts von der oben dargestellten Rechtsprechung des Senats abweichen oder diese fortentwickeln. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, im Einwendungsschreiben müsse der Behörde "die Richtung notwendiger Nachermittlungen aufgezeigt werden", steht für sich genommen in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Danach müssen die Einwendungen Privater bei einer ausführlichen Behandlung des Naturschutzes in den ausgelegten Unterlagen so konkret sein, dass sich die Planfeststellungsbehörde veranlasst sieht, "vertieft in die Prüfung des Vorhabens in Bezug auf bestimmte Tier- und Pflanzenarten einzutreten". Dem genügen die in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils bezeichneten pauschalen Einwendungen der Kläger nicht. Die Beschwerde trägt auch nicht vor, dass der Naturschutz in den ausgelegten Planunterlagen nicht eingehend behandelt wurde. Das Oberverwaltungsgericht hat außerdem klargestellt, dass die für Einwendungen anerkannter Naturschutzverbände geltenden Substantiierungserfordernisse nicht auf Einwendungen Privater übertragen werden dürfen. So könne von Privaten "eine genaue räumliche Zuordnung von Vorkommen oder die Darlegung fachlicher Zusammenhänge nicht" verlangt werden. Dies deckt sich mit der Rechtsprechung des Senats, wonach keine Ausführungen verlangt werden dürfen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern. Dass der Ausschluss von Einwendungen Privater gegen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit europäischem Naturschutzrecht nach § 17a Nr. 7 FStrG unter Zugrundelegung der oben genannten Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen nicht gegen Art. 10a Abs. 1 UVP-Richtlinie verstößt, hat der Senat mit BVerwG 9 A 8.10 - (juris Rn. 35 ff.) entschieden.
42. Die weitere Frage:
"Ist § 42 Abs. 2 VwGO dahingehend auszulegen, dass lärmbetroffene Anwohner, wenn ihnen nach innerstaatlichem Recht ein Abwehrrecht gegen das verursachende Vorhaben zusteht, kraft Gemeinschaftsrechts auch rügen können, dass das Vorhaben gegen Art. 5, 9 und 13 VRL bzw. Art. 12, 16 FFH-RL Projekt bzw. die sie umsetzenden §§ 42, 43 und 62 BNatSchG verstößt?"
rechtfertigt mangels Entscheidungserheblichkeit nicht die Zulassung der Revision. Im Falle einer mehrfachen, die Entscheidung jeweils selbständig tragenden Begründung des angefochtenen Urteils bedarf es zur Zulässigkeit der Beschwerde in Bezug auf jede dieser Begründungen eines geltend gemachten und vorliegenden Zulassungsgrundes ( BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15). Daran fehlt es hier. Das Oberverwaltungsgericht hat das angefochtene Urteil nicht allein auf die Erwägung gestützt, dass die Kläger als durch den Planfeststellungsbeschluss mittelbar Betroffene nach § 42 Abs. 2 VwGO nicht befugt seien, die Vereinbarkeit des Vorhabens mit europäischem Naturschutzrecht zur gerichtlichen Prüfung zu stellen. Wie die Beschwerde selbst zutreffend annimmt, hat das Gericht die Klage vielmehr auch deshalb abgewiesen, weil die Kläger mit ihrem auf eine Verletzung europäischen Naturschutzrechts bezogenen Vorbringen gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen seien ("im Übrigen"). Diese selbständig tragende Erwägung greift die Beschwerde jedoch ohne Erfolg an. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Fundstelle(n):
DAAAD-89750