EuGH Urteil v. - C-150/10

Natur und Reichweite der einem Zucker erzeugenden Unternehmen zugeteilten Übergangsquoten

Leitsatz

1. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 des Rates vom mit einer befristeten Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Europäischen Gemeinschaft und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik ist dahin auszulegen, dass der darin aufgeführte Begriff "Quote" auch die Übergangsquoten nach Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 493/2006 der Kommission vom 27. März 2006 mit Übergangsmaßnahmen für die Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1265/2001 und (EG) Nr. 314/2002 umfasst.

2. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 ist dahin auszulegen, dass die Verpflichtung eines Unternehmens, eine ihm für die Erzeugung von Zucker, Isoglucose und Inulinsirup zugeteilte Quote, die es einer oder mehreren Fabriken zugewiesen hat, wie sie in dieser Bestimmung bezeichnet ist, aufzugeben, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens zu dem Zeitpunkt wirksam wird, zu dem das Unternehmen, das diese Verpflichtung eingeht, unter Berücksichtigung der Informationen, die ihm übermittelt oder im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, bei Anwendung üblicher Sorgfalt erkennen kann, dass die zuständigen Stellen die in Art. 5 Abs. 2 dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe als erfüllt ansehen.

3. Die Art. 26 Abs. 1 und 27 der Verordnung (EG) Nr. 968/2006 der Kommission vom 27. Juni 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 320/2006 sowie Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates vom über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker sind dahin auszulegen, dass eine Erzeugung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, wenn ein Unternehmen damit seiner Verpflichtung zuwiderhandelt, eine ihm für die Erzeugung von Zucker, Isoglucose und Inulinsirup zugeteilte und von ihm einer oder mehreren seiner Fabriken zugewiesene Quote, wie sie in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 bezeichnet ist, aufzugeben, zur Wiedereinziehung der Beihilfe, Verhängung einer Sanktion und Erhebung des Überschussbetrags, wie sie in diesen Bestimmungen jeweils geregelt sind, führen kann. Hinsichtlich der Sanktion nach Art. 27 Abs. 3 der Verordnung Nr. 968/2006 ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob sich der Verstoß unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als vorsätzlich qualifizieren lässt oder ob er auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen ist. Die Grundsätze ne bis in idem und der Verhältnismäßigkeit sowie das Diskriminierungsverbot sind dahin auszulegen, dass sie einer kumulierenden Anwendung dieser Maßnahmen nicht entgegenstehen.

4. Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 ist dahin auszulegen, dass in dem unterstellten Fall, dass, wenn ein Unternehmen unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens zwar seine Verpflichtung, die Produktionsanlagen der betreffenden Fabriken teilweise abzubauen, nicht aber seine Verpflichtung zur Aufgabe einer ihm für die Erzeugung von Zucker, Isoglucose und Inulinsirup zugeteilten Quote, die es einer oder mehreren Fabriken zugewiesen hat, wie sie in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 bezeichnet ist, erfüllt hat, der wiedereinzuziehende Beihilfebetrag dem Teil der Beihilfe entspricht, der auf die nicht erfüllte Verpflichtung entfällt. Dieser Teil der Beihilfe ist anhand der in Art. 3 Abs. 5 der Verordnung Nr. 320/2006 festgelegten Beträge zu bestimmen.

Instanzenzug: Tribunal de première instance de Bruxelles (Belgien) -

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2 Nr. 6 und Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 des Rates vom mit einer befristeten Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Europäischen Gemeinschaft und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 58, S. 42), Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 493/2006 der Kommission vom 27. März 2006 mit Übergangsmaßnahmen für die Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1265/2001 und (EG) Nr. 314/2002 (ABl. L 89, S. 11), Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates hinsichtlich der Nichtquotenerzeugung im Zuckersektor (ABl. L 176, S. 22), der Art. 26 und 27 der Verordnung (EG) Nr. 968/2006 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 320/2006 (ABl. L 176, S. 32), der Grundsätze ne bis in idem und der Verhältnismäßigkeit sowie des Diskriminierungsverbots.

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bureau d'intervention et de restitution belge (Belgische Interventions- und Erstattungsstelle, im Folgenden: BIRB) und der Beneo-Orafti SA (im Folgenden: Beneo-Orafti) über die Rückzahlung einer Umstrukturierungsbeihilfe zum einen und die Erhebung eines Überschussbetrags auf die Nichtquotenerzeugung von Zucker zum anderen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinsame Marktorganisation für Zucker

Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates vom über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 58, S. 1), der die Überschrift "Anwendungsbereich" trägt, bestimmt in Abs. 2:

"Das Wirtschaftsjahr beginnt für alle ... Erzeugnisse [, auf die die gemeinsame Marktorganisation für Zuckeranwendung findet,] am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres.

Das Wirtschaftsjahr 2006/2007 beginnt jedoch am und endet am ."

Art. 7 ("Zuteilung der Quoten") dieser Verordnung bestimmt:

"1. Die Quoten für die Erzeugung von Zucker, Isoglucose und Inulinsirup auf nationaler und regionaler Ebene sind in Anhang III festgesetzt.

2. Die Mitgliedstaaten teilen jedem Unternehmen, das Zucker, Isoglucose oder Inulinsirup erzeugt, in ihrem Hoheitsgebiet ansässig und gemäß Artikel 17 zugelassen ist, eine Quote zu.

..."

Kapitel 3 ("Nichtquotenerzeugung") der Verordnung Nr. 318/2006 enthält die Art. 12 bis 15.

Art. 12 ("Anwendungsbereich") der Verordnung Nr. 318/2006 lautet:

"Zucker, Isoglucose oder Inulinsirup, der bzw. die in einem Wirtschaftsjahr über die in Artikel 7 genannte Quote hinaus erzeugt wird, kann:

a) zur Verarbeitung bestimmter Erzeugnisse gemäß Artikel 13 verwendet werden,

b) gemäß Artikel 14 auf die Erzeugung innerhalb der Quote des nächsten Wirtschaftsjahres übertragen werden,

c) im Rahmen der besonderen Versorgungsregelung für die Regionen in äußerster Randlage ... verwendet werden

oder

d) im Rahmen der nach dem in Artikel 39 Absatz 2 genannten Verfahren festgesetzten Mengenbegrenzung unter Wahrung der Verpflichtungen ausgeführt werden, die sich aus Abkommen ergeben, die gemäß Artikel 300 des Vertrags geschlossen wurden.

Auf sonstige Mengen wird der Überschussbetrag gemäß Artikel 15 erhoben."

Art. 15 ("Überschussbetrag") der Verordnung Nr. 318/2006 sieht vor:

"1. Ein Überschussbetrag wird erhoben auf Mengen von:

a) Überschusszucker, Überschussisoglucose und Überschussinulinsirup, die in einem Wirtschaftsjahr erzeugt wurden, ausgenommen die auf die Erzeugung ... des folgenden Wirtschaftsjahres übertragenen ... Mengen sowie die in Artikel 12 Buchstaben c und d genannten Mengen;

...

2. Der Überschussbetrag wird ... auf einem hinreichend hohen Niveau festgesetzt, um die Anhäufung der in Absatz 1 genannten Mengen zu vermeiden.

..."

Im zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 493/2006 heißt es:

"Gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung ... Nr. 318/2006 läuft das Wirtschaftsjahr vom 1. Oktober bis 30. September. Nach der Verordnung (EG) Nr. 1260/2001 [des Rates vom über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 178, S. 1)] endet das Wirtschaftsjahr 2005/06 jedoch am . Daher wurde festgelegt, dass das Wirtschaftsjahr 2006/07 am beginnt und am 30. September 2007 endet. Es dauert somit 15 Monate. Für dieses Wirtschaftsjahr müssen die Quoten und der traditionelle Versorgungsbedarf für die Raffination erhöht werden, die bislang für zwölf Monate galten und nach diesem Wirtschaftsjahr wieder für zwölf Monate gelten werden. Dabei sind die drei zusätzlichen Monate zu berücksichtigen, damit eine den vorangegangenen und den folgenden Wirtschaftsjahren entsprechende Zuteilung sichergestellt ist. Diese Übergangsquoten müssen die Zuckererzeugung vom Beginn des Wirtschaftsjahres 2006/07 aus Zuckerrüben abdecken, die vor dem ausgesät wurden."

Art. 9 ("Übergangsquoten") der Verordnung Nr. 493/2006 bestimmt in den Abs. 3 und 4:

"(3) Für das Wirtschaftsjahr 2006/07 wird den Mitgliedstaaten eine Übergangsquote Inulinsirup von 80 180 Tonnen Trockenstoff, ausgedrückt in Weißzucker/Isoglucose-Äquivalent, zugeteilt, die nach der Tabelle in Anhang II Teil C aufgeteilt wird.

(4) Die in den Absätzen 1, 2 und 3 vorgesehenen Übergangsquoten

a) sind vom befristeten Umstrukturierungsbetrag gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung ... Nr. 320/2006 befreit,

b) kommen nicht für die in der Verordnung ... Nr. 320/2006 vorgesehenen Beihilfen in Betracht."

Art. 3 der Verordnung Nr. 967/2006, der die Überschrift "Betrag" trägt, bestimmt in Abs. 1:

"Der Überschussbetrag gemäß Artikel 15 der Verordnung ... Nr. 318/2006 wird auf 500 EUR/t festgesetzt."

Art. 4 ("Abgabepflichtige Überschussmengen") Abs. 1 der Verordnung Nr. 967/2006 bestimmt:

"Der Überschussbetrag wird bei den Herstellern auf die Mengen erhoben, die sie über die ihnen für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr zugeteilte Quote hinaus erzeugt haben.

Der Überschussbetrag wird jedoch nicht auf die Mengen gemäß Absatz 1 erhoben, die

a) bis zum 30. November des folgenden Wirtschaftsjahres an einen Verarbeiter zwecks Herstellung der im Anhang aufgeführten Erzeugnisse geliefert wurden;

b) gemäß Artikel 14 der Verordnung ... Nr. 318/2006 übertragen und im Falle von Zucker vom Hersteller bis zum letzten Tag des betreffenden Wirtschaftsjahres gelagert wurden;

c) bis zum 31. Dezember des folgenden Wirtschaftsjahres im Rahmen der besonderen Versorgungsregelung für die Regionen in äußerster Randlage ... geliefert wurden;

d) bis zum 31. Dezember des folgenden Wirtschaftsjahres im Rahmen einer Ausfuhrlizenz ausgeführt wurden;

e) unter von der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats anerkannten Umständen zerstört oder unwiederbringlich beschädigt wurden."

Befristete Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Europäischen Union

Der erste und der fünfte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 320/2006 lauten:

"(1) Die Zuckerindustrie steht aufgrund von Entwicklungen in der Gemeinschaft und auf internationaler Ebene vor strukturellen Problemen, die die Wettbewerbsfähigkeit und sogar die Rentabilität des gesamten Wirtschaftszweigs ernsthaft gefährden könnten. Mit den Marktordnungsinstrumenten der gemeinsamen Marktorganisation können diese Probleme nicht gelöst werden. Um die Gemeinschaftsregelung für die Zuckererzeugung und den Zuckerhandel mit den internationalen Erfordernissen in Einklang zu bringen und die künftige Wettbewerbsfähigkeit des Sektors sicherzustellen, ist daher eine grundlegende Umstrukturierung notwendig, bei der unrentable Erzeugungskapazitäten in der Gemeinschaft deutlich abgebaut werden. Zu diesem Zweck sollte als Voraussetzung für die Umsetzung einer funktionierenden neuen gemeinsamen Marktorganisation für den Zuckersektor eine getrennte und autonome befristete Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Gemeinschaft festgelegt werden. Im Rahmen dieser Regelung sollten die Quoten unter Berücksichtigung der legitimen Interessen der Zuckerindustrie, der Zuckerrüben-, Zuckerrohr- und der Zichorienerzeuger sowie der Verbraucher in der Gemeinschaft gekürzt werden.

...

(5) Den Zuckerunternehmen mit der geringsten Produktivität sollte eine angemessene Umstrukturierungsbeihilfe als wirksamer wirtschaftlicher Anreiz zur Aufgabe ihrer Quotenerzeugung geboten werden. Zu diesem Zweck sollte eine Umstrukturierungsbeihilfe eingeführt werden, die einen Anreiz zur Einstellung der Quotenzuckererzeugung und zum Verzicht auf die betreffenden Quoten schafft und es gleichzeitig ermöglicht, die Einhaltung der mit der Aufgabe der Erzeugung verbundenen sozialen und ökologischen Verpflichtungen gebührend zu berücksichtigen. Die Beihilfe sollte vier Wirtschaftsjahre lang gezahlt werden und es ermöglichen, die Erzeugung so weit zu reduzieren, dass in der Gemeinschaft ein Marktgleichgewicht erreicht wird."

Nach Art. 2 ("Begriffsbestimmungen") dieser Verordnung

"[bezeichnet im] Sinne dieser Verordnung ... der Ausdruck

...

6. 'Quote' jegliche Quote für die Erzeugung von Zucker, Isoglucose und Inulinsirup, die einem Unternehmen gemäß Artikel 7 Absatz 2, Artikel 8 Absatz 1, Artikel 9 Absätze 1 und 2 und Artikel 11 der Verordnung ... Nr. 318/2006 ... zugeteilt wird."

Art. 3 ("Umstrukturierungsbeihilfen") der Verordnung Nr. 320/2006 sieht vor:

"1. Jedes Zucker, Isoglucose oder Inulinsirup erzeugende Unternehmen, dem bis zum eine Quote zugeteilt wurde, hat Anspruch auf eine Umstrukturierungsbeihilfe je Tonne aufgegebener Quote, wenn es im Wirtschaftsjahr 2006/2007, 2007/2008, 2008/2009 oder 2009/2010

...

b) seine Quote aufgibt, die es einer oder mehreren Fabriken zugewiesen hat, die betreffenden Produktionsanlagen der Fabriken teilweise abbaut und die übrigen Produktionsanlagen der betreffenden Fabriken nicht für die Erzeugung von Produkten verwendet, die unter die Gemeinsame Marktorganisation für Zucker fallen,

oder

c) einen Teil seiner Quote aufgibt, die es einer oder mehreren Fabriken zugewiesen hat und die Produktionsanlagen der betreffenden Fabriken nicht für die Raffinierung von Rohzucker verwendet.

...

5. Der Betrag der Umstrukturierungsbeihilfe je Tonne aufgegebener Quote beträgt:

...

b) im Falle des Absatzes 1 Buchstabe b

- 547,50 EUR für das Wirtschaftsjahr 2006/2007,

...

c) im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c

- 255,50 EUR für das Wirtschaftsjahr 2006/2007,

..."

Art. 5 ("Entscheidung über die Umstrukturierungsbeihilfe und Kontrollen") dieser Verordnung schreibt vor:

"1. Die Mitgliedstaaten entscheiden bis spätestens Ende des Monats Februar, der dem Wirtschaftsjahr gemäß Artikel 3 Absatz 2 vorausgeht, über die Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe. Die Entscheidung für das Wirtschaftsjahr 2006/07 wird jedoch bis zum erlassen.

2. Die Umstrukturierungsbeihilfe wird gewährt, wenn der Mitgliedstaat nach gründlicher Prüfung festgestellt hat, dass

- der Antrag die Bestandteile nach Artikel 4 Absatz 2 enthält;

- der Umstrukturierungsplan die Bestandteile nach Artikel 4 Absatz 3 enthält;

- die im Umstrukturierungsplan beschriebenen Maßnahmen und Aktionen mit den einschlägigen gemeinschaftlichen und nationalen Rechtsvorschriften übereinstimmen;

und

- die erforderlichen Mittel nach den von der Kommission erteilten Auskünften im Umstrukturierungsfonds vorhanden sind.

..."

Art. 11 ("Befristeter Umstrukturierungsbetrag") der Verordnung Nr. 320/2006 bestimmt:

"1. Unternehmen, denen eine Quote zugeteilt worden ist, zahlen jedes Wirtschaftsjahr je Tonne der Quote einen befristeten Umstrukturierungsbetrag.

Auf Quoten, die ein Unternehmen in einem bestimmten Wirtschaftsjahr gemäß Artikel 3 Absatz 1 aufgegeben hat, wird in diesem Wirtschaftsjahr und in den nachfolgenden Wirtschaftsjahren kein befristeter Umstrukturierungsbetrag erhoben.

2. Der befristete Umstrukturierungsbetrag für Zucker und Inulinsirup wird wie folgt festgelegt:

- 126,40 EUR je Tonne der Quote für das Wirtschaftsjahr 2006/2007,

..."

Art. 3 ("Aufgabe von Quoten") der Verordnung Nr. 968/2006 lautet:

"Ab dem Wirtschaftsjahr, für das eine Quote gemäß Artikel 3 der Verordnung ... Nr. 320/2006 aufgegeben wurde, darf keine Erzeugung von Zucker, Isoglukose und Inulinsirup und kein Zucker, keine Isoglukose und kein Inulinsirup, die bzw. der aus dem vorausgegangenen Wirtschaftsjahr übertragen bzw. im vorausgegangenen Wirtschaftsjahr vom Markt genommen wurden, für die betreffenden Fabriken als Erzeugung im Rahmen dieser Quote gelten."

Art. 11 ("Änderungen des Umstrukturierungsplans") Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 sieht vor:

"Sobald die Umstrukturierungsbeihilfe gewährt wird, führt der Begünstigte alle im genehmigten Umstrukturierungsplan genannten Maßnahmen durch und kommt den Verpflichtungen nach Maßgabe seines Antrags auf Umstrukturierungsbeihilfe nach."

Art. 26 ("Wiedereinziehung") Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

"Wenn ein Begünstigter eine oder mehrere seiner Verpflichtungen im Rahmen des Umstrukturierungsplans, Betriebsplans bzw. eines nationalen Umstrukturierungsprogramms nicht erfüllt, wird der Anteil der in Verbindung mit der/den betreffenden Verpflichtung(en) gewährten Beihilfe außer im Falle höherer Gewalt wieder eingezogen."

Art. 27 ("Sanktionen") der Verordnung Nr. 968/2006 bestimmt:

"(1) Wenn ein Begünstigter eine oder mehrere seiner Verpflichtungen im Rahmen des Umstrukturierungsplans, Betriebsplans bzw. eines nationalen Umstrukturierungsprogramms nicht erfüllt, muss er eine Geldbuße in Höhe von 10 % des nach Artikel 26 wieder einzuziehenden Betrags entrichten.

...

(3) Wenn der Verstoß vorsätzlich erfolgte oder auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen ist, muss der Begünstigte eine Geldbuße in Höhe von 30 % des nach Artikel 26 wieder einzuziehenden Betrags entrichten."

Schutz der finanziellen Interessen der Union

Der zehnte Erwägungsgrund der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 312, S. 1) lautet:

"Gemäß dem allgemeinen Erfordernis der Billigkeit und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes 'ne bis in idem' sind unter Wahrung des gemeinschaftlichen Besitzstands und unter Beachtung der Vorschriften der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung geltenden spezifischen Gemeinschaftsregelungen geeignete Bestimmungen vorzusehen, um eine Kumulierung finanzieller Sanktionen der Gemeinschaft und einzelstaatlicher strafrechtlicher Sanktionen bei ein und derselben Person für dieselbe Tat zu verhindern."

Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung bestimmt:

"Der Tatbestand der Unregelmäßigkeit ist bei jedem Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers gegeben, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Gemeinschaften oder die Haushalte, die von den Gemeinschaften verwaltet werden, bewirkt hat bzw. haben würde, sei es durch die Verminderung oder den Ausfall von Eigenmitteleinnahmen, die direkt für Rechnung der Gemeinschaften erhoben werden, sei es durch eine ungerechtfertigte Ausgabe."

Art. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 sieht vor:

"(1) Jede Unregelmäßigkeit bewirkt in der Regel den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils

- durch Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags;

...

(4) Die in diesem Artikel vorgesehenen Maßnahmen stellen keine Sanktionen dar."

Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

"Unregelmäßigkeiten, die vorsätzlich begangen oder durch Fahrlässigkeit verursacht werden, können zu folgenden verwaltungsrechtlichen Sanktionen führen:

a) Zahlung einer Geldbuße;

b) Zahlung eines Betrags, der den rechtswidrig erhaltenen oder hinterzogenen Betrag, gegebenenfalls zuzüglich der Zinsen, übersteigt; ...

c) vollständiger oder teilweiser Entzug eines nach Gemeinschaftsrecht gewährten Vorteils auch dann, wenn der Wirtschaftsteilnehmer nur einen Teil dieses Vorteils rechtswidrig erlangt hat;

d) Ausschluss von einem Vorteil oder Entzug eines Vorteils für einen Zeitraum, der nach dem Zeitraum der Unregelmäßigkeit liegt;

e) vorübergehender Entzug einer Genehmigung oder einer Anerkennung, die für die Teilnahme an einem gemeinschaftlichen Beihilfesystem erforderlich ist;

f) Verlust einer Sicherheit oder einer Garantie, die zur Gewährleistung der Erfüllung der Bedingungen einer Regelung geleistet wurde, oder Rückzahlung des Betrags einer ungerechtfertigterweise freigegebenen Sicherheit;

g) weitere ausschließlich wirtschaftliche Sanktionen gleichwertiger Art und Tragweite, wie sie in der vom Rat nach Maßgabe der sektorrelevanten Erfordernisse erlassenen sektorbezogenen Regelungen vorgesehen sind, unter Einhaltung der der Kommission vom Rat übertragenen Durchführungsbefugnisse."

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Dem Vorabentscheidungsersuchen zufolge wurde Beneo-Orafti im Juli 2006 von den zuständigen belgischen Stellen für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 eine reguläre Grundquote von 131 330 t und eine Übergangsquote von 32 833 t für Inulinsirup zugeteilt.

Am beantragte Beneo-Orafti bei den zuständigen belgischen Stellen die Gewährung einer Umstrukturierungsbeihilfe. Diese Stellen antworteten mit Schreiben vom , dass der Antrag als vollständig zu betrachten sei, teilten Beneo-Orafti am mit, dass ihr Antrag zulässig sei, und setzten die Kommission hiervon in Kenntnis.

Im November 2006 teilten die zuständigen belgischen Stellen Beneo-Orafti mit, sie seien nicht in der Lage, eine unanfechtbare rechtliche Beurteilung zu der Frage abzugeben, ob der Wunsch des Unternehmens, seine Übergangsquote zu nutzen, mit den Voraussetzungen für die beantragte Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe vereinbar sei. Sie schlugen Beneo-Orafti vor, sich zur Klärung dieser Frage an die Kommission zu wenden oder sie gegebenenfalls dabei zu unterstützen.

Zwischen dem und dem erzeugte Beneo-Orafti 27 756,986 t Inulinsirup.

Am teilten die zuständigen belgischen Stellen Beneo-Orafti mit, dass ihr eine Beihilfe von 59 679 771,50 Euro gewährt worden sei.

Auf eine Anfrage der zuständigen belgischen Stellen antwortete die Kommission mit Schreiben vom , dass die Übergangsquoten nur eine Erweiterung der regulären Grundquoten darstellten. Ein Unternehmen, das seine reguläre Grundquote im Rahmen der Umstrukturierungsregelung aufgegeben habe, könne seine Erzeugung nicht allein aufgrund der Übergangsquote fortsetzen.

Auf Anfragen des BIRB von 19. Februar 2007 antworteten die zuständigen belgischen Stellen am im gleichen Sinne wie die Kommission im Schreiben vom .

Das BIRB richtete am ein Schreiben an Beneo-Orafti, in dem es den Standpunkt der Kommission übernahm und darauf hinwies, dass Beneo-Orafti einen Überschussbetrag für die Nichtquotenerzeugung von 13 878 493 Euro (27 756,986 t x 500 Euro je Tonne) zu zahlen habe, sofern sie nicht nachweise, dass sie ihre Verpflichtungen genau erfüllt habe.

Mit eingeschriebenem Brief vom 13. August 2007 forderte das BIRB Beneo-Orafti auf, ihm den Betrag von 12 613 468,36 Euro, der der erhaltenen Beihilfe für die im Rahmen der Übergangsquote erzeugte Menge entsprach, zurückzuzahlen sowie den Betrag von 3 784 040,51 Euro als Geldbuße in Höhe von 30 % des nach den Art. 26 und 27 Abs. 3 der Verordnung Nr. 968/2006 wiedereinzuziehenden Betrags, d. h. insgesamt 16 397 508,87 Euro, zu zahlen.

Beneo-Orafti beantragte u. a. die teilweise Freigabe der Bankgarantie, was vom BIRB abgelehnt wurde.

Mit Klageschriften vom 21. März und rief das BIRB das vorlegende Gericht an, um die Zahlung der genannten Beträge von 16 397 508,87 Euro und 13 878 493 Euro zu erwirken.

Das Tribunal de première instance de Bruxelles, nach dessen Ansicht die Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten, mit denen es befasst worden ist, die Auslegung des Unionsrechts erfordert, hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Sind die einem Zucker erzeugenden Unternehmen gemäß Art. 9 der Verordnung Nr. 493/2006 zugeteilten Übergangsquoten von der durch die Verordnung Nr. 320/2006 und die Verordnung Nr. 968/2006 eingeführten befristeten Umstrukturierungsregelung befreit, weil diese Quoten

a) nicht dem befristeten Umstrukturierungsbetrag unterliegen,

b) nicht in den Genuss der Umstrukturierungsbeihilfe kommen und

c) keine Quoten im Sinne der Verordnung Nr. 320/2006, wie sie in Art. 2 Nr. 6 dieser Verordnung definiert sind, darstellen?

2. Sind - auch wenn die erste Frage zu verneinen ist - die Übergangsquoten eigenständige Quoten, die von den regulären Grundquoten unabhängig sind, weil

a) die Übergangsquoten nach Art. 9 der Verordnung Nr. 493/2006 ... und nicht nach Art. 7 der Verordnung Nr. 318/2006 ... zugeteilt werden,

b) sich die Zuteilung der Übergangsquoten nach anderen Kriterien richtet als die Zuteilung der regulären Grundquoten und

c) es sich bei den Übergangsquoten um Übergangsmaßnahmen handelt, die den Übergang von der alten zur neuen Marktorganisation für Zucker der Gemeinschaft erleichtern sollen und deshalb grundsätzlich nur im Wirtschaftsjahr 2006/2007 Geltung haben?

3. Ist für den Fall, dass die erste und/oder die zweite Frage bejaht wird, ein Zucker erzeugendes Unternehmen, das für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 eine Umstrukturierungsbeihilfe nach Art. 3 der Verordnung Nr. 320/2006 beantragt hat, berechtigt, eine für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 nach Art. 9 der Verordnung Nr. 493/2006 zugeteilte Übergangsquote zu nutzen?

4. Kann für den Fall der Verneinung der vorhergehenden Frage die verhängte Sanktion in der Wiedereinziehung des gewährten Teils der Umstrukturierungsbeihilfe und der Wiedereinziehung der Übergangsquote bestehen?

Wie sind der nach Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 wiedereinzuziehende Betrag und die in Art. 27 dieser Verordnung vorgesehene Geldbuße in dem Fall zu berechnen, dass ein Zucker erzeugendes Unternehmen eine Umstrukturierungsbeihilfe (für das Wirtschaftsjahr 2006/2007) erhalten und seine Übergangsquote (für die keine Umstrukturierungsbeihilfe gewährt wurde) genutzt hat?

Sind bei der Berechnung dieses Betrags und dieser Geldbuße alle oder einige der folgenden Faktoren zu berücksichtigen:

a) die dem Zucker erzeugenden Unternehmen durch den Abbau seiner Produktionsanlagen entstandenen Kosten,

b) die von dem Zucker erzeugenden Unternehmen aufgrund der Aufgabe der regulären Grundquote erlittenen Verluste,

c) der Umstand, dass die Übergangsquote eine punktuelle Übergangsmaßnahme darstellt, die nur die Erzeugung im Wirtschaftsjahr 2006/2007 gestattet, jedoch (außer im Fall der Übergangsquote für Zucker) nicht auf die anderen Wirtschaftsjahre anwendbar ist, und

d) verstößt es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn die vorstehend in den Buchst. a bis c genannten Umstände bei der Berechnung des wiedereinzuziehenden Betrags außer Acht gelassen werden?

5. Unbeschadet der vorstehenden Fragen: Wann werden die aufgrund eines Umstrukturierungsplans übernommenen Verpflichtungen wirksam, d. h. für den Antragsteller bindend:

a) mit Beginn des Wirtschaftsjahrs, für das der Antragsteller seinen Antrag auf Umstrukturierungsbeihilfe gestellt hat,

b) mit der Einreichung des Antrags bei der zuständigen nationalen Stelle,

c) zum Zeitpunkt der Mitteilung der zuständigen nationalen Stelle, dass der Antrag als vollständig angesehen wird,

d) zum Zeitpunkt der Mitteilung der zuständigen nationalen Stelle, dass der Antrag auf Umstrukturierungsbeihilfe als zulässig angesehen wird,

e) mit der Zustellung der Entscheidung der zuständigen nationalen Stelle über die Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe?

6. Falls die erste und/oder die zweite Frage bejaht werden: Ist ein Zucker erzeugendes Unternehmen, dem für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 eine Übergangsquote zugeteilt wurde, berechtigt, diese Quote während des Wirtschaftsjahrs auch dann zu nutzen, wenn ihm vom Wirtschaftsjahr 2006/2007 an eine Umstrukturierungsbeihilfe nach Maßgabe seiner regulären Grundquote gewährt wurde?

7. Falls die erste, die zweite und die sechste Frage verneint werden: Darf die zuständige nationale Stelle eines Mitgliedstaats bei Nichterfüllung der Verpflichtungen aufgrund eines Umstrukturierungsplans die Wiedereinziehung der Umstrukturierungsbeihilfe und die Geldbuße nach den Art. 26 und 27 der Verordnung Nr. 968/2006 mit der Erhebung eines Überschussbetrags nach Art. 4 der Verordnung Nr. 967/2006 kumulieren, oder verstößt diese Kumulierung von Sanktionen gegen die Grundsätze ne bis in idem und der Verhältnismäßigkeit sowie das Diskriminierungsverbot?

Zu den Vorlagefragen

Zunächst ist festzustellen, dass Beneo-Orafti die Umstrukturierungsbeihilfe nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 gewährt worden ist, wie sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt.

Zu den Fragen 1 bis 3 und 6

Mit seinen Fragen 1 bis 3 und 6, die zusammen zu behandeln sind, möchte das Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 dahin auszulegen ist, dass der darin aufgeführte Begriff "Quote" auch die Übergangsquoten nach Art. 9 der Verordnung Nr. 493/2006 umfasst.

Beneo-Orafti schlägt vor, die in dieser Weise umformulierte Frage zu verneinen. Ihrer Ansicht nach betrifft die von einem Unternehmen nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 übernommene Verpflichtung, eine ihm für die Erzeugung von Zucker, Isoglucose und Inulinsirup zugeteilte Quote, die es einer oder mehrerer seiner Fabriken zugewiesen hat, aufzugeben (im Folgenden: Quotenaufgabeverpflichtung), nur die nach Art. 7 der Verordnung Nr. 318/2006 zugeteilten Quoten, nicht aber die nach Art. 9 der Verordnung Nr. 493/2006 zugeteilten Übergangsquoten. Die belgische Regierung und die Kommission schlagen hingegen vor, diese Frage zu bejahen.

Hierzu ist festzustellen, dass der Begriff "Quote" in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 in Art. 2 Nr. 6 dieser Verordnung definiert wird. Wie Beneo-Orafti zutreffend bemerkt, bezieht sich diese Bestimmung ihrem Wortlaut nach nur auf Quoten, die nach verschiedenen Bestimmungen der Verordnung Nr. 318/2006 zugeteilt werden, und nicht auf Übergangsquoten nach Art. 9 der Verordnung Nr. 493/2006.

Nach ständiger Rechtsprechung sind jedoch bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur deren Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. u. a. Urteil vom , Feltgen und Bacino Charter Company, C-116/10, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 12).

Wie sich aus dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 493/2006 ergibt, sind die Übergangsquoten zu dem Zweck eingeführt worden, im Wirtschaftsjahr 2006/2007 die in der Verordnung Nr. 318/2006, insbesondere Art. 7, vorgesehenen Quoten zu erhöhen, da diese ebenso wie die Quoten nach der zuvor anwendbaren Regelung, nämlich der Verordnung Nr. 1260/2001, für zwölf Monate galten und sich dieses Wirtschaftsjahr ausnahmsweise auf fünfzehn Monate erstreckte.

Angesichts dieses vom Unionsgesetzgeber verfolgten genau umrissenen Ziels, das nur darin besteht, den Umfang der Quoten der Ausnahmelänge des Wirtschaftsjahrs 2006/2007 anzupassen, können die Übergangsquoten nicht als von anderer Art als die Quoten angesehen werden, die sie zur Erreichung dieses Ziels nur erhöhen sollen. Wie der Generalanwalt in Nr. 62 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, verhält sich diese Erhöhung proportional zu der ausnahmsweise vorgenommenen Verlängerung dieses Wirtschaftsjahrs.

Auch wenn Art. 2 Nr. 6 der Verordnung Nr. 320/2006 die Übergangsquoten nicht ausdrücklich erwähnt - was im Übrigen auch nicht möglich ist, da die Verordnung Nr. 493/2006, mit der diese Quoten eingeführt wurden, erst nach der Verordnung Nr. 320/2006 erlassen wurde -, ist daher der Begriff "Quote" in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung so auszulegen, dass er auch die Übergangsquoten umfasst.

Diese Auslegung wird durch das vom Unionsgesetzgeber mit dem Erlass der Verordnung Nr. 320/2006 verfolgte Ziel bestätigt. Wie insbesondere aus dem ersten und dem fünften Erwägungsgrund dieser Verordnung hervorgeht, besteht dieses Ziel darin, den Zuckersektor im Hinblick darauf umzustrukturieren, unrentable Erzeugungskapazitäten in der Union abzubauen, indem für die Zuckerunternehmen mit der geringsten Produktivität ein wirtschaftlicher Anreiz zur Aufgabe ihrer Quotenerzeugung und zum Verzicht auf die betreffenden Quoten in Form einer Umstrukturierungsbeihilfe geschaffen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Agrana Zucker, C-33/08, Slg. 2009, I-5035, Randnr. 22).

Wie der Generalanwalt in Nr. 73 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, würde dieses Ziel jedoch missachtet, wenn es einem Unternehmen, das diese Beihilfe erhalten hat und deshalb zum Verzicht auf seine Quoten und zum Abbau seiner entsprechenden Produktionsanlagen verpflichtet ist, gestattet wäre, diese Anlagen zur Nutzung seiner Übergangsquote noch bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs weiter zu verwenden.

Der Auslegung, wonach der Begriff "Quote" in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 auch die Übergangsquoten umfasst, steht nicht entgegen, dass die Übergangsquoten, wie Beneo-Orafti geltend macht, durch einen Rechtsakt zugeteilt werden, der sich von demjenigen unterscheidet, mit dem die Quoten nach Art. 7 der Verordnung Nr. 318/2006 zugeteilt werden, und dass die erstgenannten Quoten nicht wie die letztgenannten auf historischer Grundlage zugeteilt werden.

Diese Umstände sind nämlich als solche nicht geeignet, die Natur der Übergangsquoten abzuändern, wie sie sich aus dem in Randnr. 42 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gerufenen Ziel ergibt, das vom Unionsgesetzgeber mit der Einführung dieser Quoten verfolgt worden ist.

Diese Auslegung wird ebenso wenig durch den von Beneo-Orafti angeführten Umstand in Frage gestellt, dass nach Art. 9 Abs. 4 der Verordnung Nr. 493/2006 die Übergangsquoten vom befristeten Umstrukturierungsbetrag gemäß Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 320/2006 befreit sind und nicht für die in dieser Verordnung vorgesehenen Beihilfen in Betracht kommen.

Der Umstand, dass der Unionsgesetzgeber ausdrücklich vorgesehen hat, dass durch die Übergangsquoten nicht die Höhe der mit der Regelung der befristeten Umstrukturierungsregelung verbundenen finanziellen Belastungen und Vergünstigungen in Form dieser befristeten Beträge bzw. dieser Beihilfen geändert werden darf, bedeutet nämlich als solcher nicht, dass der Unionsgesetzgeber die Übergangsquoten vom Anwendungsbereich dieser Regelung ausnehmen wollte. Im Gegenteil bestätigt der vom Unionsgesetzgeber in Art. 9 Abs. 4 der Verordnung Nr. 493/2006 vorgesehene Ausschluss eher, dass die Übergangsquoten a priori in diesen Anwendungsbereich fallen.

Demgemäß ist auf die Fragen 1 bis 3 und 6 zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 dahin auszulegen ist, dass der darin aufgeführte Begriff "Quote" auch die Übergangsquoten nach Art. 9 der Verordnung Nr. 493/2006 umfasst.

Zur fünften Frage

Mit seiner sodann zu behandelnden fünften Frage begehrt das vorlegende Gericht Aufschluss darüber, zu welchem Zeitpunkt die Quotenaufgabeverpflichtung unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens wirksam wird.

Nach Ansicht von Beneo-Orafti, die sich auf Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 bezieht, ist dieser Zeitpunkt derjenige des Eingangs der Mitteilung der zuständigen nationalen Stelle über die Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe, im Ausgangsverfahren also der , während nach Ansicht der belgischen Regierung das maßgebliche Datum dasjenige des Beginns des Wirtschaftsjahrs ist, welches, auf das Wirtschaftsjahr 2006/2007 bezogen, der war. Die Kommission vertritt die Ansicht, die Quotenaufgabeverpflichtung werde mit Beginn des Wirtschaftsjahrs oder spätestens an dem Tag wirksam, an dem der Erzeuger von den nationalen Stellen über die Zulässigkeit seines Antrags informiert werde und die Kommission ihre Mitteilung veröffentliche, dass die Mittel verfügbar seien. Im Ausgangsverfahren wäre dies der .

Nach Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 hat der Begünstigte, sobald die Umstrukturierungsbeihilfe gewährt wird, alle im genehmigten Umstrukturierungsplan genannten Maßnahmen durchzuführen und den Verpflichtungen nach Maßgabe seines Antrags auf Umstrukturierungsbeihilfe nachzukommen.

Selbst wenn man diese Worte e contrario dahin auslegen wollte, dass sie bedeuteten, dass der Begünstigte vor der Gewährung der Beihilfe nicht verpflichtet sei, alle Maßnahmen durchzuführen und den in dieser Bestimmung aufgeführten Verpflichtungen nachzukommen, gilt doch, dass bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur deren Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden.

Insoweit ist Art. 5 der Verordnung Nr. 320/2006 zu berücksichtigen, der sich auf die Entscheidung über die Umstrukturierungsbeihilfe und die Kontrollen bezieht.

Wie sich aus Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 320/2006 ergibt, steht den Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Befugnis aus Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung, über die Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe zu entscheiden, nach ihrer Feststellung, dass die in Art. 5 Abs. 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, kein Wertungsspielraum mehr zu, in dessen Rahmen sie entscheiden könnten, dass die Beihilfe nicht gewährt wird.

Daraus folgt, dass ein Unternehmen wie Beneo-Orafti von dem Zeitpunkt an, zu dem es davon Kenntnis erhält, dass die zuständigen Stellen die in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 320/2006 festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung dieser Beihilfe als erfüllt ansehen, erkennen kann, dass es die Umstrukturierungsbeihilfe erhalten wird. Diese Kenntnis kann sich sowohl aus den Mitteilungen ergeben, die diese Stellen, wie die dem Gerichtshof vorgelegten Akten zeigen, an dieses Unternehmen im Anschluss an dessen Beantragung der Umstrukturierungsbeihilfe richten, als auch aus der Bekanntmachung der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union über das Vorhandensein der erforderlichen Mittel im Umstrukturierungsfonds.

Unter diesen Umständen kann jedoch, soll nicht das in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils genannte, vom Unionsgesetzgeber mit dem Erlass der Verordnung Nr. 320/2006 verfolgte Ziel beeinträchtigt werden, nicht davon ausgegangen werden, dass die Quotenaufgabeverpflichtung erst zum Zeitpunkt der Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe nach Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 wirksam wird.

Eine solche Auslegung könnte es nämlich, wie der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens gerade zeigt, einem Unternehmen, das sich zur Aufgabe der Quote verpflichtet hat und die Gewissheit hat, dass ihm als Gegenleistung für diese Verpflichtung eine Umstrukturierungsbeihilfe genehmigt werden wird, ermöglichen, seine Erzeugung im Rahmen der Quote, auf die es verzichten soll, fortzusetzen, was dem mit der fraglichen Regelung angestrebten Ziel, unrentable Produktionskapazitäten in der Union durch die Einführung einer solchen Beihilfe zurückzuführen, diametral zuwiderliefe.

Daher ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 dahin auszulegen ist, dass die Quotenaufgabeverpflichtung unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens zu dem Zeitpunkt wirksam wird, zu dem das Unternehmen, das diese Verpflichtung eingeht, unter Berücksichtigung der Informationen, die ihm übermittelt oder im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, bei Anwendung üblicher Sorgfalt erkennen kann, dass die zuständigen Stellen die in Art. 5 Abs. 2 dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe als erfüllt ansehen.

Zum ersten Teil der vierten Frage und zur siebten Frage

Mit dem ersten Teil seiner vierten Frage und mit seiner siebten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 26 Abs. 1 und 27 der Verordnung Nr. 968/2006 sowie Art. 15 der Verordnung Nr. 318/2006 dahin auszulegen sind, dass eine Erzeugung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, unterstellt, sie verletze die Quotenaufgabeverpflichtung, zur Wiedereinziehung der Beihilfe, Verhängung einer Sanktion und Erhebung des Überschussbetrags, wie sie in diesen Bestimmungen jeweils geregelt sind, führen kann, und ob im Fall der Bejahung dieser Frage die Grundsätze ne bis in idem und der Verhältnismäßigkeit sowie das Diskriminierungsverbot dahin auszulegen sind, dass sie einer kumulierenden Anwendung dieser Maßnahmen entgegenstehen.

Beneo-Orafti macht geltend, die im Ausgangsverfahren fragliche Erzeugung sei keine solche, die zur Erhebung des Überschussbetrags nach Art. 15 der Verordnung Nr. 318/2006 Anlass geben könne, da sie nicht als Nichtquotenerzeugung anzusehen sei. Jedenfalls stünden die Grundsätze ne bis in idem und der Verhältnismäßigkeit sowie das Diskriminierungsverbot einer kumulierenden Anwendung der Maßnahmen nach den Art. 26 Abs. 1 und 27 der Verordnung Nr. 968/2006 und Art. 15 der Verordnung Nr. 318/2006 entgegen. Die belgische Regierung und die Kommission vertreten die entgegengesetzte Ansicht.

Insoweit ist zu den Art. 26 Abs. 1 und 27 der Verordnung Nr. 968/2006 festzustellen, dass diese Bestimmungen Anwendung finden, wenn der Begünstigte eine oder mehrere seiner Verpflichtungen im Rahmen des Umstrukturierungsplans, des Betriebsplans oder des nationalen Umstrukturierungsprogramms nicht erfüllt. Das ist zweifellos dann der Fall, wenn der Begünstigte Zucker, Isoglucose oder Inulinsirup trotz seiner Quotenaufgabeverpflichtung erzeugt. Eine solche Erzeugung kann daher zur Wiedereinziehung der Beihilfe nach Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 und zur Verhängung einer Sanktion nach Art. 27 dieser Verordnung führen, wobei die Sanktion nach Art. 27 Abs. 3 der Verordnung Nr. 968/2006 nur verhängt werden kann, wenn sich der Verstoß unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als vorsätzlich qualifizieren lässt oder wenn er auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist.

Außerdem stellt eine solche Erzeugung eine Nichtquotenerzeugung im Sinne von Kapitel 3 der Verordnung Nr. 318/2006 dar, die, sofern nicht die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 967/2006 erfüllt sind, eine Erhebung des Überschussbetrags nach Art. 15 der Verordnung Nr. 318/2006 nach sich zieht.

Zum einen ist nämlich der Begriff "Quote", soweit es um die Nichtquotenerzeugung im Sinne von Kapitel 3 der Verordnung Nr. 318/2006 geht, aus den gleichen Gründen wie den in den Randnrn. 42 und 43 des vorliegenden Urteils dargelegten dahin auszulegen, dass er auch die Übergangsquoten umfasst.

Zum anderen liegt, wie der Generalanwalt in Nr. 102 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, eine Erzeugung dann außerhalb der Quote, wenn der Erzeuger seine Quote überschritten hat, nie eine Quote erhalten oder auf sie verzichtet hat. Für den letztgenannten Fall wird diese Auffassung zudem durch Art. 3 der Verordnung Nr. 968/2006 bestätigt, wonach ab dem Wirtschaftsjahr, für das eine Quote gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 320/2006 aufgegeben wurde, keine Erzeugung als Erzeugung im Rahmen dieser Quote gelten darf.

Hinsichtlich der Frage, ob der Grundsatz ne bis in idem einer kumulativen Anwendung der in den Art. 26 Abs. 1 und 27 der Verordnung Nr. 968/2006 sowie Art. 15 der Verordnung Nr. 318/2006 vorgesehenen Maßnahmen entgegensteht, ist erstens darauf hinzuweisen, dass dieser Grundsatz insbesondere in Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist.

Zweitens hat der Unionsgesetzgeber im Bereich der Kontrollen und Sanktionen der auf dem Gebiet des Unionsrechts begangenen Unregelmäßigkeiten mit dem Erlass der Verordnung Nr. 2988/95 eine Reihe allgemeiner Grundsätze aufgestellt und vorgeschrieben, dass grundsätzlich alle sektorbezogenen Verordnungen diese Grundsätze beachten müssen (vgl. insbesondere Urteil vom , Jager, C-420/06, Slg. 2008, I-1315, Randnr. 61).

Was die Wiedereinziehung der Beihilfe nach Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 betrifft, so stellt sie den Entzug eines rechtswidrig erlangten Vorteils im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 dar. Wie sich jedoch aus Art. 4 Abs. 4 dieser Verordnung ergibt, ist diese Maßnahme keine Sanktion, auf die, wie der zehnte Erwägungsgrund dieser Verordnung ausdrücklich bestätigt, der Grundsatz ne bis in idem anwendbar wäre.

Gleiches gilt für den Überschussbetrag nach Art. 15 der Verordnung Nr. 318/2006, worauf die belgische Regierung und die Kommission zutreffend hinweisen.

Nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 können nämlich bei Unregelmäßigkeiten, die vorsätzlich begangen oder durch Fahrlässigkeit verursacht worden sind, verwaltungsrechtliche Sanktionen verhängt werden. Eine Unregelmäßigkeit ist in Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung im Wesentlichen als ein Verstoß gegen eine Bestimmung des Unionsrechts definiert.

Aus der Regelung über die Nichtquotenerzeugung und insbesondere Kapitel 3 der Verordnung Nr. 318/2006 kann allerdings nicht geschlossen werden, dass eine solche Erzeugung als Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 zu qualifizieren wäre. Zwar stellt der Überschussbetrag einen erheblichen wirtschaftlichen Anreiz dafür dar, die Erzeugung nicht über die Quote hinaus zu erstrecken. Jedoch lässt sich dieser Regelung nicht entnehmen, dass die Nichtquotenerzeugung als solche einen Verstoß gegen eine Bestimmung des Unionsrechts und damit eine Unregelmäßigkeit darstellt, die unter den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 zur Verhängung einer Sanktion führen könnte.

Folglich kommt, da nur die in Art. 27 der Verordnung Nr. 968/2006 vorgesehenen Maßnahme als Sanktion angesehen werden kann, die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem auf eine Situation, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, nicht in Betracht.

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, dürfen die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist, und dass die verursachten Nachteile gegenüber den angestrebten Zielen nicht unangemessen sein dürfen (vgl. insbesondere Urteil Agrana Zucker, Randnr. 31).

Was die gerichtliche Kontrolle der Voraussetzungen angeht, unter denen dieser Grundsatz angewandt wurde, kann aufgrund des weiten Ermessens, über das der Unionsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik verfügt, die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des vom zuständigen Organ verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist (Urteil Agrana Zucker, Randnr. 32).

Es geht somit nicht darum, ob die vom Gesetzgeber erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche Maßnahme war, sondern darum, ob sie offensichtlich ungeeignet war (Urteil Agrana Zucker, Randnr. 33).

Angesichts der Bedeutung, die der Unionsgesetzgeber sowohl in der Verordnung Nr. 318/2006 als auch in der Verordnung Nr. 320/2006 der Beachtung des Quotensystems im Hinblick auf die Stabilisierung der Märkte im Zuckersektor beimisst, ist nicht zu erkennen, dass er mit der von ihm eingeräumten Möglichkeit, die in den Art. 26 Abs. 1 und 27 der Verordnung Nr. 968/2006 sowie Art. 15 der Verordnung Nr. 318/2006 vorgesehenen Maßnahmen kumulativ anzuwenden, eine Maßnahme getroffen hätte, die im Verhältnis zu dem von ihm verfolgten Ziel offensichtlich ungeeignet wäre.

Im Übrigen ist die Rückzahlung der ungerechtfertigten Beihilfe nach Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006, zu der eine Sanktion nach Art. 27 dieser Verordnung hinzutritt, nicht notwendig allein schon geeignet, die Anhäufung der in Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 318/2006 genannten Mengen zu vermeiden, die durch die in der Erzeugung unter Verstoß gegen die Quotenaufgabeverpflichtung liegende Nichtquotenerzeugung verursacht wird. Wie sich nämlich aus Art. 15 Abs. 2 dieser Verordnung ergibt, soll mit der Erhebung des Überschussbetrags speziell diese Anhäufung vermieden werden.

Was schließlich das Diskriminierungsverbot betrifft, verlangt dieser Grundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Uzonyi, C-133/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die dem Gerichtshof vorgelegten Akten enthalten jedoch keine Angaben über eine Situation, die möglicherweise mit der des Ausgangsverfahrens vergleichbar wäre. Diesen Akten ist somit nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen das Diskriminierungsverbot auf diesen Rechtsstreit anwendbar sein könnte.

Demgemäß ist auf den ersten Teil der vierten Frage und auf die siebte Frage zu antworten, dass die Art. 26 Abs. 1 und 27 der Verordnung Nr. 968/2006 sowie Art. 15 der Verordnung Nr. 318/2006 dahin auszulegen sind, dass eine Erzeugung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, wenn damit der Quotenaufgabeverpflichtung zuwidergehandelt wird, zur Wiedereinziehung der Beihilfe, Verhängung einer Sanktion und Erhebung des Überschussbetrags, wie sie in diesen Bestimmungen jeweils geregelt sind, führen kann. Hinsichtlich der Sanktion nach Art. 27 Abs. 3 der Verordnung Nr. 968/2006 ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob sich der Verstoß unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles als vorsätzlich qualifizieren lässt oder ob er auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen ist. Die Grundsätze ne bis in idem und der Verhältnismäßigkeit sowie das Diskriminierungsverbot sind dahin auszulegen, dass sie einer kumulierenden Anwendung dieser Maßnahmen nicht entgegenstehen.

Zum zweiten Teil der vierten Frage

Mit dem zweiten Teil seiner vierten Frage, der als Letztes zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, wie der in Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 genannte wiedereinzuziehende Betrag der Beihilfe zu berechnen ist.

Beneo-Orafti macht geltend, dass bei dieser Berechnung die vom vorlegenden Gericht im zweiten Teil seiner vierten Frage aufgezählten Faktoren berücksichtigt werden müssten, während die belgische Regierung meint, das BIRB habe den wiedereinzuziehenden Betrag korrekt errechnet, indem es den Betrag der je Tonne bezogenen Beihilfe mit der von Beneo-Orafti erzeugten, in Tonnen ausgedrückten Menge multipliziert habe. Nach Ansicht der Kommission sind mehrere Berechnungsmethoden möglich.

Nach Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 wird dann, wenn ein Begünstigter eine oder mehrere seiner Verpflichtungen im Rahmen des Umstrukturierungsplans, des Betriebsplans oder des nationalen Umstrukturierungsprogramms nicht erfüllt, der Anteil der in Verbindung mit der/den betreffenden Verpflichtung(en) gewährten Beihilfe wiedereingezogen.

Den dem Gerichtshof vorgelegten Akten zufolge war im Ausgangsverfahren die Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe an zwei Verpflichtungen gebunden, die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 vorgesehen sind, nämlich diejenige, die Quote aufzugeben, und diejenige, die Produktionsanlagen der betreffenden Fabriken teilweise abzubauen, wobei nur die Erfüllung der erstgenannten Verpflichtung Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist.

Da in einem solchen Fall die einzige "betreffende Verpflichtung" im Sinne von Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 die Quotenaufgabeverpflichtung ist, kann nach dieser Bestimmung nur derjenige Teil der Beihilfe, der sich auf diese Verpflichtung bezieht, wiedereingezogen werden, sofern sich herausstellt, dass diese Verpflichtung tatsächlich nicht erfüllt wurde.

Die Aufteilung der Beihilfe auf die verschiedenen betroffenen Verpflichtungen ergibt sich, soweit es um die beiden im Ausgangsverfahren fraglichen Verpflichtungen geht, aus den verschiedenen vom Unionsgesetzgeber in Art. 3 Abs. 5 der Verordnung Nr. 320/2006 festgelegten Beträgen. So beträgt nach Art. 3 Abs. 5 Buchst. b erster Gedankenstrich dieser Verordnung die Umstrukturierungsbeihilfe, die als Gegenleistung für die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung genannten beiden Verpflichtungen gewährt wird, für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 je Tonne aufgegebener Quote 547,50 Euro, während sich dieser Betrag nach Art. 3 Abs. 5 Buchst. c erster Gedankenstrich dieser Verordnung auf 255,50 Euro beläuft, wenn mit der Quotenaufgabeverpflichtung keine Verpflichtung einhergeht, die Produktionsanlagen der betreffenden Fabriken teilweise abzubauen.

Folglich ist, wie Beneo-Orafti zu Recht geltend macht, davon auszugehen, dass in dem unterstellten Fall, dass ein Unternehmen zwar seine Abbauverpflichtung, nicht aber seine Quotenaufgabeverpflichtung erfüllt, für die von diesem Unternehmen ungerechtfertigt erhaltene Beihilfe unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ein Betrag von 255,50 Euro je unter Verstoß gegen die letztgenannte Verpflichtung erzeugte Tonne anzusetzen.

Hingegen enthält die anwendbare Regelung, insbesondere Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006, keinen Hinweis darauf, dass für die Berechnung des zurückzuzahlenden Betrags der erhaltenen Beihilfe die Faktoren maßgeblich wären, auf die sich das vorlegende Gericht in den Buchst. a bis c seiner vierten Frage bezieht.

Im Übrigen geht aus dieser Bestimmung hervor, dass das Ausmaß, in dem die Beihilfe ungerechtfertigt ist, durch die nicht erfüllte betreffende Verpflichtung bestimmt wird. Da sich jedoch aus der Antwort auf die Fragen 1 bis 3 und 6 ergibt, dass sich die Quotenaufgabeverpflichtung unterschiedslos auf die Quoten nach Art. 7 der Verordnung Nr. 318/2006 wie auch die Übergangsquoten nach Art. 9 der Verordnung Nr. 493/2006 bezieht, kann die Beihilfe nicht als weniger ungerechtfertigt angesehen werden, wenn ein Unternehmen seine gegen die genannte Verpflichtung verstoßende Erzeugung als von diesen Übergangsquoten, statt als von den Quoten nach Art. 7 der Verordnung Nr. 318/2006 gedeckt qualifiziert.

Was schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angeht, auf den sich das vorlegende Gericht im zweiten Teil seiner vierten Frage bezieht, ist nicht zu erkennen, dass eine Maßnahme zur Wiedereinziehung der Umstrukturierungsbeihilfe, deren Umfang gemäß Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 von der nicht erfüllten betreffenden Verpflichtung abhängt, eine Maßnahme darstellt, die nach der in Randnr. 77 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung unverhältnismäßig im Hinblick auf das in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gerufene, vom Unionsgesetzgeber mit der Einführung dieser Beihilfe verfolgte Ziel wäre.

Somit ist auf den zweiten Teil der vierten Frage zu antworten, dass Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 dahin auszulegen ist, dass, wenn ein Unternehmen unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens zwar seine Verpflichtung, die Produktionsanlagen der betreffenden Fabriken teilweise abzubauen, nicht aber seine Quotenaufgabeverpflichtung erfüllt hat, der wiedereinzuziehende Beihilfebetrag dem Teil der Beihilfe entspricht, der auf die nicht erfüllte Verpflichtung entfällt. Dieser Teil der Beihilfe ist anhand der in Art. 3 Abs. 5 der Verordnung Nr. 320/2006 festgelegten Beträge zu bestimmen.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 des Rates vom mit einer befristeten Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Europäischen Gemeinschaft und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik ist dahin auszulegen, dass der darin aufgeführte Begriff "Quote" auch die Übergangsquoten nach Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 493/2006 der Kommission vom 27. März 2006 mit Übergangsmaßnahmen für die Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1265/2001 und (EG) Nr. 314/2002 umfasst.

2. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 ist dahin auszulegen, dass die Verpflichtung eines Unternehmens, eine ihm für die Erzeugung von Zucker, Isoglucose und Inulinsirup zugeteilte Quote, die es einer oder mehreren Fabriken zugewiesen hat, wie sie in dieser Bestimmung bezeichnet ist, aufzugeben, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens zu dem Zeitpunkt wirksam wird, zu dem das Unternehmen, das diese Verpflichtung eingeht, unter Berücksichtigung der Informationen, die ihm übermittelt oder im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, bei Anwendung üblicher Sorgfalt erkennen kann, dass die zuständigen Stellen die in Art. 5 Abs. 2 dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe als erfüllt ansehen.

3. Die Art. 26 Abs. 1 und 27 der Verordnung (EG) Nr. 968/2006 der Kommission vom 27. Juni 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 320/2006 sowie Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates vom über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker sind dahin auszulegen, dass eine Erzeugung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, wenn ein Unternehmen damit seiner Verpflichtung zuwiderhandelt, eine ihm für die Erzeugung von Zucker, Isoglucose und Inulinsirup zugeteilte und von ihm einer oder mehreren seiner Fabriken zugewiesene Quote, wie sie in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 bezeichnet ist, aufzugeben, zur Wiedereinziehung der Beihilfe, Verhängung einer Sanktion und Erhebung des Überschussbetrags, wie sie in diesen Bestimmungen jeweils geregelt sind, führen kann. Hinsichtlich der Sanktion nach Art. 27 Abs. 3 der Verordnung Nr. 968/2006 ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob sich der Verstoß unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als vorsätzlich qualifizieren lässt oder ob er auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen ist. Die Grundsätze ne bis in idem und der Verhältnismäßigkeit sowie das Diskriminierungsverbot sind dahin auszulegen, dass sie einer kumulierenden Anwendung dieser Maßnahmen nicht entgegenstehen.

4. Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 968/2006 ist dahin auszulegen, dass in dem unterstellten Fall, dass, wenn ein Unternehmen unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens zwar seine Verpflichtung, die Produktionsanlagen der betreffenden Fabriken teilweise abzubauen, nicht aber seine Verpflichtung zur Aufgabe einer ihm für die Erzeugung von Zucker, Isoglucose und Inulinsirup zugeteilten Quote, die es einer oder mehreren Fabriken zugewiesen hat, wie sie in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 320/2006 bezeichnet ist, erfüllt hat, der wiedereinzuziehende Beihilfebetrag dem Teil der Beihilfe entspricht, der auf die nicht erfüllte Verpflichtung entfällt. Dieser Teil der Beihilfe ist anhand der in Art. 3 Abs. 5 der Verordnung Nr. 320/2006 festgelegten Beträge zu bestimmen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
IAAAD-88934