EuGH Urteil v. - C-310/10

Gehaltsansprüche von Angehörigen des höheren Justizdienstes - Diskriminierung wegen der Zugehörigkeit zu einer Berufskategorie oder wegen des Arbeitsorts

Instanzenzug: Curtea de Apel Bacău (Rumänien) - 14.6.2010

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 15 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180, S. 22) und Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16) sowie die Konsequenzen, die sich im Fall eines Konflikts zwischen den genannten Vorschriften und einer nationalen Regelung oder einer Entscheidung der Curtea ConstituÈ>ională (Verfassungsgericht) aus dem Vorrang des Unionsrechts ergeben können.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Art. 1 der Richtlinie 2000/43 bestimmt:

"Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten."

Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 lautet:

"Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet 'Gleichbehandlungsgrundsatz', dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft geben darf."

Art. 1 der Richtlinie 2000/78 sieht vor:

"Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten."

Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 bestimmt:

"Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet 'Gleichbehandlungsgrundsatz', dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf."

Nach Art. 3 ("Geltungsbereich") Abs. 1 Buchst. c der Richtlinien 2000/43 und 2000/78 gelten diese im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen und des Arbeitsentgelts.

Art. 14 Buchst. a der Richtlinie 2000/43 und Art. 16 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 bestimmen, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen, aufgehoben werden.

Art. 15 der Richtlinie 2000/43 sieht vor:

"Die Mitgliedstaaten legen die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle geeigneten Maßnahmen, um deren Durchsetzung zu gewährleisten. Die Sanktionen, die auch Schadenersatzleistungen an die Opfer umfassen können, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. ..."

Art. 17 der Richtlinie 2000/78 bestimmt:

"Die Mitgliedstaaten legen die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Die Sanktionen, die auch Schadenersatzleistungen an die Opfer umfassen können, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. ..."

Nationales Recht

Die Regierungsverordnung Nr. 137/2000 zur Vermeidung und Bestrafung jeglicher Form von Diskriminierung (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 431, vom 2. September 2000) dient u. a. der Umsetzung der Richtlinien 2000/43 und 2000/78 in nationales Recht.

In Art. 1 Abs. 2 Buchst. e Ziff. i der Regierungsverordnung heißt es:

"Der Grundsatz der Gleichheit zwischen den Bürgern und der Grundsatz des Fehlens von Privilegien und Diskriminierungen sind u. a. bei der Ausübung folgender Rechte gewährleistet:

...

e) der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, insbesondere:

i) des Rechts auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen, auf Schutz vor Arbeitslosigkeit, auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit sowie auf eine gerechte und befriedigende Entlohnung".

Art. 2 Abs. 1 der Regierungsverordnung sieht vor:

"Diskriminierung im Sinne dieser Verordnung ist jede Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung oder Bevorzugung aufgrund der Rasse, der Nationalität, der ethnischen Herkunft, der Sprache, der Religion, der sozialen Klasse, der Weltanschauung, des Geschlechts, der sexuellen Ausrichtung, des Alters, einer Behinderung, einer nicht ansteckenden chronischen Krankheit, einer HIV-Infektion, der Zugehörigkeit zu einer benachteiligten Gruppe oder eines sonstigen Kriteriums, die bezweckt oder bewirk, dass die gleichberechtigte Anerkennung, Geltendmachung oder Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder der in den politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder sonstigen Bereichen des öffentlichen Lebens gesetzlich anerkannten Rechte beschränkt wird."

Art. 27 Abs. 1 der Regierungsverordnung bestimmt:

"Jede Person, die sich als Opfer einer Diskriminierung sieht, kann nach den allgemeinen Rechtsvorschriften bei Gericht eine Entschädigung und die Wiederherstellung des Zustands, der vor der Diskriminierung bestand, oder die Beseitigung des sich aus der Diskriminierung ergebenden Zustands verlangen. ..."

Mit den Entscheidungen Nrn. 818 bis 820 vom 3. Juli 2008, Nr. 1325 vom 4. Dezember 2008 und Nr. 146 vom 25. Februar 2010 hat die Curtea ConstituÈ>ională entschieden, dass verschiedene Bestimmungen der Regierungsverordnung Nr. 137/2000, darunter deren Art. 27, in vollem Umfang verfassungswidrig seien, soweit sich daraus die Befugnis der Gerichte ergebe, Rechtsakte mit Gesetzeskraft, die sie für diskriminierend hielten, aufzuheben oder deren Anwendung zu verweigern und sie durch in der Rechtsprechung entwickelte Normen oder durch Vorschriften aus anderen Rechtsakten zu ersetzen.

Nach Art. 11 Abs. 1 und Anhang 1 Buchst. A Nrn. 6 bis 13 der Dringlichkeitsverordnung der Regierung (OrdonanÈ>a de UrgenÈ>ă a Guvernului) Nr. 27/2006 in der durch das Gesetz Nr. 45/2007 geänderten und ergänzten Fassung (im Folgenden: OUG Nr. 27/2006) erhalten die Staatsanwälte der Direcţia Naţională Anticorupţie (Staatliche Direktion für Korruptionsbekämpfung, im Folgenden: DNA) und der Direcţia de Investigare a Infracţiunilor de Criminalitate Organizată şi Terorism (Direktion zur Ermittlung von Straftaten der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus, im Folgenden: DIICOT) ein dem den Staatsanwälten bei der Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie (Oberster Kassations- und Gerichtshof) entsprechendes Gehalt.

Aus den Ausführungen des vorlegenden Gerichts geht hervor, dass es für den Zugang zu einer Stelle eines Staatsanwalts bei der Înalta Curte de CasaÈ>ie ÈTi JustiÈ>ie und somit einer mit dieser Funktion verbundenen Besoldung u. a. erforderlich ist, dass der Interessierte die Voraussetzung eines Mindestdienstalters im höheren Justizdienst von acht Jahren erfüllt, während dies für die Stellen der Staatsanwälte der DNA und der DIICOT nicht der Fall ist.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Die Kläger, die dem höheren Justizdienst angehören, haben in erster Instanz beim Tribunal Bacău gegen eben dieses Gericht, gegen die Curtea de Apel Bacău und gegen das Ministerul Justiţiei ÈTi Libertăţilor CetăţeneÈTti Klage erhoben auf Ersatz des Schadens, den sie ihrer Ansicht nach durch eine diskriminierende Behandlung bei der Besoldung aufgrund des den Staatsanwälten der DNA und der DIICOT vorbehaltenen besoldungsrechtlichen Status erlitten haben.

In seinem Urteil vom 4. April 2008 stellte das Tribunal Bacău fest, dass die Kläger aufgrund der Kriterien Berufskategorie und Arbeitsort diskriminiert worden seien, die dem Kriterium der "sozialen Klasse" in Art. 2 Abs. 1 der Regierungsverordnung Nr. 137/2000 entsprächen, und dass der in Art. 6 Abs. 2 des Arbeitsgesetzbuchs (codul muncii) normierte Grundsatz, wonach gleiche Arbeit gleich zu entlohnen sei, verletzt worden sei.

Infolgedessen gab das Tribunal Bacău der Klage statt und verurteilte die Beklagten nach Art. 27 Abs. 1 der Regierungsverordnung Nr. 137/2000, den Klägern Gehaltsansprüche in Höhe des Unterschieds zwischen dem von ihnen bezogenen Gehalt und dem nach der OUG Nr. 27/2006 für die Staatsanwälte der DNA und der DIICOT vorgesehenen Gehalt zu gewähren, und zwar ab dem Tag des Inkrafttretens der letztgenannten Rechtsvorschrift.

Zur Begründung seines bei der Curtea de Apel Bacău gegen dieses Urteil eingelegten Rechtsmittels macht das Ministerul Justiţiei ÈTi Libertăţilor CetăţeneÈTti u. a. geltend, das Tribunal Bacău habe unter Missachtung der bereits genannten Entscheidungen Nrn. 818 bis 820, Nr. 1325 und Nr. 146 der Curtea ConstituÈ>ională die Grenzen seiner richterlichen Befugnisse überschritten und sich gesetzgeberische Kompetenzen angemaßt.

Unter diesen Umständen hat die Curtea de Apel Bacău beschlossen, das Rechtsmittelverfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Stehen Art. 15 der Richtlinie 2000/43 und Art. 17 der Richtlinie 2000/78 - beide durch die neu bekanntgemachte und geänderte Regierungsverordnung Nr. 137/2000 in nationales Recht umgesetzt - einer nationalen Regelung oder einer Entscheidung der Curtea Constituţională entgegen, die es nationalen Gerichten verbietet, Klägern, die diskriminiert wurden, Ersatz für materiellen und/oder immateriellen Schaden zuzusprechen, den sie in Fällen für angemessen halten, in denen der Ersatz des durch die diskriminierenden Handlungen entstandenen Schadens gesetzlich festgelegte Gehaltsansprüche betrifft, die einer anderen Berufskategorie als der, der die Kläger angehören, gewährt werden (vgl. in diesem Sinne die Entscheidungen der Curtea Constituţională Nr. 1325 vom 4. Dezember 2008 und Nr. 146 vom 25. Februar 2010)?

2. Falls die erste Frage bejaht wird: Muss das nationale Gericht die Aufhebung oder die Änderung der nationalen Rechtsvorschriften und/oder die Änderung der Rechtsprechung der Curtea Constituţională abwarten, die gegebenenfalls mit den unionsrechtlichen Vorschriften im Widerspruch stehen, oder ist es verpflichtet, die unionsrechtlichen Vorschriften in der zu entscheidenden Rechtssache unmittelbar in der Weise anzuwenden, wie sie gegebenenfalls vom Gerichtshof der Europäischen Union ausgelegt werden, und alle nationalen Rechtsvorschriften oder Entscheidungen der Curtea Constituţională unangewandt zu lassen, die mit den unionsrechtlichen Vorschriften unvereinbar sind?

Zum Gegenstand der Vorlagefragen

Vor dem Hintergrund der Angaben in der Vorlageentscheidung betrachtet, geht es bei den Vorlagefragen im Wesentlichen zum einen darum, ob Art. 15 der Richtlinie 2000/43 und Art. 17 der Richtlinie 2000/78 nach ihrer Umsetzung in nationales Recht - insbesondere durch eine Vorschrift wie Art. 27 der Regierungsverordnung Nr. 137/2000 - dahin auszulegen sind, dass sie Entscheidungen der Curtea ConstituÈ>ională entgegenstehen, wonach es nicht zulässig ist, dass nach der genannten nationalen Rechtsvorschrift Personen, die wegen der Berufskategorie oder des Arbeitsorts im Hinblick auf ihr Gehalt diskriminiert wurden, ein Anspruch auf Schadensersatz in Form von Gehaltsansprüchen gewährt werden kann, die das Gesetz für eine andere Berufskategorie vorsieht. Sollte dies der Fall sein, soll mit den Fragen zum anderen geklärt werden, ob ein nationales Gericht somit verpflichtet ist, eine solche Vorschrift des nationalen Rechts oder die betreffende verfassungsgerichtliche Rechtsprechung unangewandt zu lassen, ohne insoweit abwarten zu müssen, bis die Vorschrift in einer Weise, die geeignet wäre, die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht sicherzustellen, im Wege der Gesetzgebung geändert wird oder von dem Verfassungsgericht in einer solchen Weise neu ausgelegt wird.

Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen

Die rumänische Regierung und Irland haben die Zulässigkeit der Vorlagefragen in ihren schriftlichen Erklärungen insbesondere mit der Begründung in Frage gestellt, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens weder in den Geltungsbereich der Richtlinien 2000/43 und 2000/78 noch - allgemeiner - in den des Unionsrechts falle.

Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge und der Handlungen der Organe der Union entscheidet.

Nach ständiger Rechtsprechung ist das in Art. 267 AEUV vorgesehene Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten. Folglich ist es allein Sache der mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichte, die die Verantwortung für die zu erlassende gerichtliche Entscheidung tragen, im Hinblick auf die Besonderheiten der einzelnen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass ihres Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihnen vorgelegten Fragen zu beurteilen (vgl. u. a. Urteile vom 18. Oktober 1990, Dzodzi, C-297/88 und C-197/89, Slg. 1990, I-3763, Randnrn. 33 und 34, vom 17. Juli 1997, Leur-Bloem, C-28/95, Slg. 1997, I-4161, Randnr. 24, und vom 8. September 2010, Winner Wetten, C-409/06, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Folglich ist der Gerichtshof grundsätzlich zu einer Entscheidung verpflichtet, wenn die von den nationalen Gerichten vorgelegten Fragen die Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts betreffen (vgl. u. a. Urteile Dzodzi, Randnr. 35, Leur-Bloem, Randnr. 25, und Winner Wetten, Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Der Gerichtshof hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass es ihm in Ausnahmefällen obliegt, zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände zu untersuchen, unter denen er von dem nationalen Gericht angerufen wird (vgl. u. a. Urteil vom 11. Juli 2006, Chacón Navas, C-13/05, Slg. 2006, I-6467, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). Er kann die Entscheidung über die Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteile Chacón Navas, Randnr. 33, sowie Winner Wetten, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

So ist nach ständiger Rechtsprechung die Zurückweisung eines von einem nationalen Gericht gestellten Ersuchens u. a. gerechtfertigt, wenn es auf der Hand liegt, dass das Unionsrecht auf den konkreten Sachverhalt weder unmittelbar noch mittelbar angewandt werden kann (vgl. u. a. Urteil Leur-Bloem, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall ist zunächst zu bemerken, dass das vorlegende Gericht den Gerichtshof nicht danach fragt, ob eine Situation wie die im Ausgangsverfahren fragliche in den Geltungsbereich der Richtlinien 2000/43 und 2000/78 und insbesondere von deren Art. 15 bzw. Art. 17 fällt, auf die sich die Vorlagefragen beziehen.

Allerdings ist insoweit mit der rumänische Regierung, Irland und der Europäischen Kommission festzustellen, dass dies nicht der Fall ist.

Nach Art. 1 der Richtlinie 2000/78 besteht nämlich deren Zweck in der Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf. Der Zweck der Richtlinie 2000/43 besteht nach ihrem Art. 1 in der Schaffung eines Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft.

Aus der Vorlageentscheidung geht jedoch hervor, dass sich die im Ausgangsverfahren fragliche Diskriminierung überhaupt nicht auf einen der Gründe stützt, die in den genannten Richtlinien in dieser Weise aufgeführt sind, sondern vielmehr nach der Berufskategorie im Sinne der nationalen Rechtsvorschriften, der die Betroffenen zugehören, oder nach deren Arbeitsort erfolgt.

Daraus folgt, dass eine Situation wie die im Ausgangsverfahren fragliche nicht in den allgemeinen Rahmen fällt, der mit den Richtlinien 2000/43 und 2000/78 jeweils zur Bekämpfung bestimmter Arten von Diskriminierungen geschaffen wurde.

Wie sich insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinien ergibt, gilt nämlich der in diesen Richtlinien normierte Gleichbehandlungsgrundsatz für die in ihrem jeweiligen Art. 1 abschließend aufgezählten Gründe (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juli 2008, Coleman, C-303/06, Slg. 2008, I-5603, Randnrn. 38 und 46).

Insoweit ist außerdem zu beachten, dass Art. 13 EG, jetzt Art. 19 AEUV, der lediglich eine Regelung der Zuständigkeiten der Gemeinschaft enthält und auf dessen Grundlage die genannten Richtlinien erlassen wurden, ebenso wenig Diskriminierungen wegen der Berufskategorie oder des Arbeitsorts erfasst, so dass Art. 13 EG oder Art. 19 AEUV keine Rechtsgrundlage für Maßnahmen des Rates zur Bekämpfung solcher Diskriminierungen sein können (vgl. in diesem Sinne Urteile Chacón Navas, Randnr. 55, und Coleman, Randnr. 46).

Nach alledem fällt eine Situation wie die im Ausgangsverfahren fragliche nicht in den Rahmen der auf der Grundlage von Art. 13 EG und insbesondere der Richtlinien 2000/43 und 2000/78 erlassenen Maßnahmen, so dass Art. 15 bzw. Art. 17 dieser Richtlinien, auf die sich das Vorabentscheidungsersuchen bezieht, diese Situation nicht betreffen (vgl. entsprechend Beschluss vom 17. März 2009, Mariano, C-217/08, Randnr. 27).

Da jedoch die Curtea de Apel Bacău sowohl in den Gründen der Vorlageentscheidung als auch in ihrer ersten Vorlagefrage betont, dass mit der Regierungsverordnung Nr. 137/2000 die Richtlinien 2000/43 und 2000/78 in nationales Recht umgesetzt werden, stellt sich außerdem die Frage, ob, wie die Kommission vorträgt, eine Auslegung von Art. 15 bzw. Art. 17 dieser Richtlinien durch den Gerichtshof aus dem Grund gerechtfertigt sein könnte, weil diese Artikel nach dem nationalen Recht - wegen des darin enthaltenen Verweises auf sie - für Umstände wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden gelten.

Der Gerichtshof hat nämlich mehrfach seine Zuständigkeit für Entscheidung über Vorabentscheidungsersuchen bejaht, die Vorschriften des Unionsrechts in Fällen betrafen, in denen der Sachverhalt nicht in Geltungsbereich dieses Rechts und daher allein in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fiel, in denen diese Vorschriften des Unionsrechts aber durch das nationale Recht aufgrund eines darin enthaltenen Verweises auf ihren Inhalt für anwendbar erklärt worden waren (vgl. u. a. Urteile Leur-Bloem, Randnrn. 25 und 27 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 3. Dezember 1998, Schoonbroodt, C-247/97, Slg. 1998, I-8095, Randnrn. 14 und 15).

Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang insbesondere darauf hingewiesen, dass dann, wenn sich nationale Rechtsvorschriften zur Regelung rein innerstaatlicher Sachverhalte nach den im Unionsrecht getroffenen Regelungen richten sollen, um beispielsweise zu verhindern, dass es zu Benachteiligungen der eigenen Staatsangehörigen oder zu Wettbewerbsverzerrungen kommt, oder um sicherzustellen, dass in vergleichbaren Fällen ein einheitliches Verfahren angewandt wird, ein klares Interesse daran besteht, dass die aus dem Unionsrecht übernommenen Bestimmungen oder Begriffe unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie angewandt werden sollen, einheitlich ausgelegt werden, um künftige Auslegungsunterschiede zu verhindern (vgl. u. a. Urteile Leur-Bloem, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 17. Juli 1997, Giloy, C-130/95, Slg. 1997, I-4291, Randnr. 28).

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Zwar geht aus der Vorlageentscheidung, wie soeben dargelegt, hervor, dass die Regierungsverordnung Nr. 137/2000 u. a. zum Zweck hat, die Richtlinien 2000/43 und 2000/78 in nationales Recht umzusetzen, und dass Art. 27 dieser Regierungsverordnung, wonach die in dieser Verordnung verbotenen Diskriminierungen die Haftung der Verursacher und bei den Opfern einen Anspruch auf Schadensersatz begründen, insoweit Art. 15 der Richtlinie 2000/43 und Art. 17 der Richtlinie 2000/78 durchführt. Daraus folgt jedoch nicht, dass sich die Auslegung von Art. 27 der Regierungsverordnung, wenn er auf Diskriminierungen angewandt wird, die ausschließlich nach nationalem Recht verboten sind und nicht in den Geltungsbereich der genannten Richtlinien fallen, nach deren Vorschriften oder - allgemeiner - nach dem Unionsrecht richten müsste.

Es steht nämlich in keiner Weise fest, dass im vorliegenden Fall ein klares Interesse daran besteht, dass eine einheitliche Auslegung der aus dem Unionsrecht übernommenen Bestimmungen oder Begriffe unabhängig davon gewahrt wird, unter welchen Voraussetzungen sie angewandt werden sollen, so dass der Gerichtshof befugt wäre, die ihm vom vorlegenden Gericht unterbreiteten Vorabentscheidungsfragen zu beantworten.

Zunächst enthält die Vorlageentscheidung keinen hinreichend genauen Hinweis, aus dem abgeleitet werden könnte, dass der nationale Gesetzgeber dadurch, dass er Verstöße gegen die Diskriminierungsverbote der Richtlinien 2000/43 und 2000/78 und Verstöße gegen die Diskriminierungsverbote, die sich ausschließlich aus dem nationalen Recht ergeben, derselben Entschädigungsregelung unterworfen hat, in Bezug auf die letztgenannten Verstöße auf den Inhalt der Vorschriften des Unionsrechts hätte verweisen oder deren Lösungen hätte übernehmen wollen.

Sodann ist zum einen festzustellen, dass eine Sanktionsregelung wie diejenige, die die Mitgliedstaaten nach Art. 15 der Richtlinie 2000/43 und Art. 17 der Richtlinie 2000/78 zu schaffen haben, zu den in diesen Richtlinien aufgestellten materiellen Diskriminierungsverboten gehört und deren Wirksamkeit gewährleisten soll. Wie in den Randnrn. 31 bis 36 des vorliegenden Urteils ausgeführt, enthalten diese Richtlinien kein Diskriminierungsverbot, das wie dasjenige, um das es im Ausgangsverfahren geht, auf die Berufskategorie abstellt.

Zum anderen beschränken sich Art. 15 der Richtlinie 2000/43 und Art. 17 der Richtlinie 2000/78 darauf, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, eine für Verstöße gegen in Anwendung dieser Richtlinien erlassene nationale Vorschriften geltende Sanktionsregelung einzuführen, deren Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen und Schadensersatzleistungen umfassen können. Daraus folgt, dass in den variablen konkreten Maßnahmen zur Umsetzung der betreffenden unionsrechtlichen Bestimmungen, wenn sie auf Situationen angewandt werden sollen, die nicht in den Geltungsbereich dieser Bestimmungen fallen, nur schwerlich ein Verweis auf die in diesen unionsrechtlichen Bestimmungen enthaltenen Begriffe oder eine Ausrichtung an den in diesen Bestimmungen getroffenen Regelungen gesehen werden kann, für die unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie angewandt werden sollen, eine einheitliche Auslegung sicherzustellen wäre.

Schließlich ist zu betonen, dass die Vorlagefragen im vorliegenden Fall nicht so sehr darauf abzielen, eine Auslegung des materiellen Gehalts von Art. 15 der Richtlinie 2000/43 und Art. 17 der Richtlinie 2000/78 zu erhalten, als vielmehr darauf, zu klären, ob der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts einer nationalen Rechtsnorm mit Verfassungsrang - in der Auslegung, die sie durch das Verfassungsgericht des betroffenen Mitgliedstaats erfahren hat - entgegensteht, wonach in einer Situation, die nicht in den Geltungsbereich der genannten unionsrechtlichen Vorschriften fällt, die nationale Regelung, mit der auch diese Vorschriften umgesetzt werden, unangewendet zu bleiben hat oder in einer Weise auszulegen ist, die diesen unionsrechtlichen Vorschriften zuwiderliefe, wenn die genannte Situation in deren Geltungsbereich fiele.

Zwar kann insoweit die Notwendigkeit, eine einheitliche Auslegung der Vorschriften des Unionsrechts zu gewährleisten, es, wie oben gezeigt, rechtfertigen, dass sich die Auslegungszuständigkeit des Gerichtshofs auch dann auf den Inhalt dieser Vorschriften erstreckt, wenn sie auf eine bestimmten Situation nur mittelbar anwendbar sind, weil eine nationale Rechtsvorschrift auf sie verweist; diese Erwägung kann aber nicht, ohne gegen die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten zu verstoßen, dazu führen, der Vorschrift des Unionsrechts Vorrang vor höherrangigen nationalen Rechtsnormen einzuräumen, nach denen in einer solchen Situation die nationale Rechtsvorschrift oder die ihr beigemessene Auslegung nicht anzuwenden wäre.

Aus alledem folgt, dass die von der Curtea de Apel Bacău vorgelegten Fragen, die nicht den Zweck haben, zu prüfen, ob eine Situation wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende in den Geltungsbereich von Art. 15 der Richtlinie 2000/43 und Art. 17 der Richtlinie 2000/78 fällt, sondern dies vielmehr unterstellen, um den Gerichtshof um eine Auslegung zu ersuchen, obwohl die genannten Vorschriften des Unionsrechts offensichtlich weder unmittelbar noch mittelbar auf die Umstände des vorliegenden Falles anwendbar sind, unzulässig sind.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

Das von der Curtea de Apel Bacău (Rumänien) eingereichte Vorabentscheidungsersuchen ist unzulässig.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
TAAAD-88926