Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Wiederholte Einbeziehung einer Einzelstrafe; Verweisung des Tatrichters auf Entscheidung im Beschlussweg nach Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs
Gesetze: Art 103 Abs 3 GG, § 55 StGB, § 354 Abs 1b StPO, § 460 StPO, § 462 StPO
Instanzenzug: LG Bamberg Az: 2 KLs 110 Js 5031/09 Urteil
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweier Fälle des gewerbsmäßigen Bandenbetruges (§§ 263 Abs. 1, Abs. 5 StGB), davon in einem Fall in Tateinheit mit Verabredung zu einem weiteren gewerbsmäßigen Bandenbetrug (§ 30 Abs. 2 StGB) zu fünf Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. In diese hat es eine gegen den Angeklagten durch Urteil des Amtsgerichts Gütersloh vom verhängte Strafe einbezogen, die bereits in ein anderes, allerdings nicht rechtskräftiges Urteil einbezogen worden war.
2Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs, im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
31. Der Gesamtstrafausspruch ist rechtsfehlerhaft und daher aufzuheben. Es ist nicht zulässig, Einzelstrafen (auch für sich genommen rechtskräftige), die schon zur Bildung einer Gesamtstrafe in einem nicht rechtskräftigen Urteil gedient hatten, in eine Gesamtstrafe einzubeziehen, da dies die Gefahr einer verbotenen Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) begründen würde (, BGHSt 50, 188 mwN). Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Gesamtfreiheitsstrafe ohne die fehlerhaft einbezogene Strafe - wenn vielleicht auch nur geringfügig - milder ausgefallen wäre.
4Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, gemäß § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden, der bei Rechtsfehlern, die ausschließlich die Bildung einer Gesamtstrafe betreffen, die Möglichkeit eröffnet, den Tatrichter auf eine Entscheidung im Beschlusswege nach §§ 460, 462 StPO zu verweisen. Er ist hieran nicht dadurch gehindert, dass der - für eine Entscheidung nach § 354 Abs. 1b StPO ohnehin nicht erforderliche - Antrag des Generalbundesanwalts darauf nicht ausdrücklich abstellt. Der Antrag auf Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs und Zurückverweisung insoweit ist jedenfalls - der Sache nach - auf das gleiche Ziel gerichtet (vgl. Senge, FS Dahs 2005, S. 475, 492). „Echte Zumessungsfehler“ (hierzu vgl. , NStZ-RR 2005, 374) liegen nicht vor. Die Entscheidung über die neu zu bildende Gesamtstrafe obliegt nunmehr dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. , NJW 2004, 3788).
52. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils über den Gesamtstrafausspruch hinaus keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nimmt der Senat Bezug.
6Die wenig nahe liegende Annahme der Strafkammer, die Schwelle von strafloser Vorbereitungshandlung zu strafbarem Versuch sei hier nicht schon mit den tatplangemäßen Telefonanrufen, die zu einer Täuschung geführt haben, sondern erst mit unmittelbarem Beginn der von den Bandenmitgliedern jeweils intendierten Geldübergabe der Angerufenen überschritten, kann den Angeklagten jedenfalls nicht beschweren.
73. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Kostenentscheidung muss nicht - was möglich wäre (vgl. , wistra 2005, 187) - dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorbehalten bleiben, weil sicher abzusehen ist, dass das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung insgesamt angegriffen hat, nur einen geringfügigen Teilerfolg haben kann, so dass der Senat die Kostenentscheidung gemäß § 473 Abs. 1 und 4 StPO selbst treffen kann (vgl.; ).
Wahl Rothfuß Hebenstreit
Elf Jäger
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
wistra 2011 S. 386 Nr. 10
SAAAD-88439