BGH Beschluss v. - XII ZB 245/10

Freiwillige Gerichtsbarkeit: Feststellung einer Rechtsverletzung in der Vorinstanz nach Erledigung des Beschwerdeverfahrens

Leitsatz

Erledigung

Gesetze: § 62 FamFG

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 2-29 T 50/10 Beschlussvorgehend AG Frankfurt Az: 42 XVII NUE 642/10

Gründe

I.

1Die Beteiligte zu 1 ist die Betreuerin der Betroffenen, ihrer Mutter. Die Betroffene und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann hatten durch notariellen Erbvertrag vereinbart, sich gegenseitig zu Alleinerben und die Beteiligte zu 1 als Nacherbin einzusetzen. Nach dem Tode ihres Vaters schlug die Beteiligte zu 1 die Nacherbschaft aus und machte ihren Pflichtteilsanspruch geltend. Dazu beantragte sie beim Amtsgericht die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers für den Aufgabenkreis "Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch die Tochter des verstorbenen Ehemanns der Betroffenen".

2Das Amtsgericht bestellte die Beteiligte zu 2 zur Ergänzungsbetreuerin mit dem Aufgabenkreis "Erbschaftsangelegenheiten nach dem verstorbenen Ehemann der Betroffenen".

3Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte zu 1 im Namen der Betroffenen und im eigenen Namen Beschwerde ein mit dem Ziel einer Beschränkung des Aufgabenkreises der Ergänzungsbetreuerin auf die "Regelung des Pflichtteilsanspruchs der Tochter der Betroffenen".

4Gegen den Beschluss des Landgerichts, mit dem die Beschwerden zurückgewiesen wurden, hat die Beteiligte zu 1 Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie weiter eine Beschränkung des Aufgabenkreises der Ergänzungsbetreuerin anstrebt.

5Zwischenzeitlich hat das Amtsgericht den angegriffenen Beschluss über die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers aufgehoben.

II.

6Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 ist unzulässig, weil die angegriffene Entscheidung während des Rechtsmittelverfahrens aufgehoben wurde und die Beteiligte zu 1 trotz eines Hinweises des Senats keinen sachgerechten Antrag gestellt hat.

71. Das den von der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss über die Bestellung der Beteiligten zu 2 zur Ergänzungsbetreuerin aufgehoben, weil die Aufgaben der Ergänzungsbetreuung abgeschlossen wurden. Im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit führt eine nach Erlass der angegriffenen Entscheidung eingetretene Erledigung der Angelegenheiten der Hauptsache regelmäßig zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, weil ein Rechtsschutzbedürfnis des Beteiligten nach Erledigung des Verfahrensgegenstandes nicht mehr gegeben ist ( - FGPrax 2011, 39 Rn. 11; MünchKommZPO/Koritz 3. Aufl. § 62 FamFG Rn. 3; Müther in Bork/Jacoby/Schwab FamFG § 62 Rn. 1; Unger in Schulte-Bunert/Weinreich FamFG 2. Aufl. § 62 Rn. 6; Bumiller/Harders Freiwillige Gerichtsbarkeit/FamFG 9. Aufl. § 62 FamFG Rn. 1; Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl. § 62 FamFG Rn. 1).

82. Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden ( - FGPrax 2010, 150 Rn. 9). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Beschwerdeführer einen entsprechenden Antrag stellt und ein berechtigtes Interesse an der Feststellung vorliegt. Dieses Feststellungsinteresse ist in der Regel anzunehmen, wenn ein schwerwiegender Grundrechtseingriff vorliegt (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) oder eine konkrete Wiederholungsgefahr (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG) besteht.

93. Im hier zu entscheidenden Fall hat der Senat die Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom darauf hingewiesen, dass der angegriffene Beschluss über die Bestellung einer Ergänzungsbetreuerin durch das Amtsgericht aufgehoben worden ist und sich dadurch der Verfahrensgegenstand der Rechtsbeschwerde erledigt haben dürfte. Dennoch hat die Beteiligte zu 1 den nach § 62 Abs. 1 FamFG erforderlichen Antrag nicht gestellt, sondern an ihren in der Rechtsbeschwerdebegründung gestellten Anträgen festgehalten. Aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Aufhebung der angegriffenen Entscheidung durch das Amtsgericht besteht insoweit jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.

Hahne                                Weber-Monecke                                          Klinkhammer

                  Günter                                              Nedden-Boeger

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NJW 2011 S. 6 Nr. 37
NJW-RR 2011 S. 1303 Nr. 19
FAAAD-88345