Konkurrenz von Kindergeldansprüchen zwischen zwei EU/EWR-Staaten
Bindungswirkung von Verwaltungsakten anderer Staaten
Mitteilungspflichten des Kindergeldberechtigten bei Änderung der Verhältnisse
Steuerhinterziehung
Vertrauensschutz
Leitsatz
1. Die Verordnung (EWG) 1408/71 des Rates vom über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer
und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern und die dazu ergangene Verordnung
(EWG) 574/72 des Rates vom über die Durchführung der Verordnung (EWG) 1408/71 gehen als überstaatliches Recht der
deutschen Rechtsordnung vor und sind in Deutschland unmittelbar geltendes Recht. Sie finden auch im Verhältnis zu EWR-Staaten
(im Streitfall Norwegen) Anwendung.
2. Ein Konkurrenzkonflikt der jeweils einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften wird dahingehend gelöst, dass alle Personen,
die von der Verordnung (EWG) 1408/71 erfasst werden, den Rechtsvorschriften ausschließlich eines Mitgliedstaates unterliegen
(Ausschließlichkeitsprinzip).
3. Geht es um die Anwendung der innerstaatlichen Vorschriften des anderen Mitgliedstaates, hat eine negative oder positive
Entscheidung einer anderen Behörde mit Verwaltungsaktqualität für die deutschen Behörden insoweit grundsätzlich Tatbestandswirkung,
d. h. der vorhandene Verwaltungsakt oder die Gerichtsentscheidung sind zu beachten, auch wenn die dort zugrunde gelegte Rechtsauffassung
von der Rechtsauffassung der Familienkasse abweicht.
4. Der nach dem Kindergeldantrag als Kindergeldberechtigter bestimmte Vater ist verpflichtet, der Familienkasse mitzuteilen,
wenn das Kind mit der Mutter aus dem gemeinsamen Haushalt auszieht. Ein mit (zumindest) bedingtem Vorsatz begangener Verstoß
gegen die Mitteilungspflicht erfüllt den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO.
5. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, eine § 45 Abs. 2 SGB X entsprechende Vertrauensschutzregelung in das System steuerlicher
Änderungsvorschriften und Aufhebungsvorschriften aufzunehmen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
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