Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Vorliegen eines minder schweren Falls
Gesetze: § 29a Abs 2 BtMG, § 30a Abs 3 BtMG, § 46 StGB
Instanzenzug: Az: (506) 69 Js 27/10 KLs (13/10) Urteil
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem hat es gegen ihn die Unterbringung in der Entziehungsanstalt angeordnet. Die Angeklagten Sc. und S. hat es des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen und gegen den Angeklagten Sc. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, gegen den Angeklagten S. eine solche von drei Jahren verhängt. Die gegen dieses Urteil gerichteten, mit der Sachrüge, durch den Angeklagten B. auch mit einer Verfahrensrüge geführten Revisionen der Angeklagten erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der gegen den Angeklagten B. gerichtete Schuldspruch wird von den Feststellungen getragen. Der Senat schließt dabei aus, dass die Strafkammer durch ihren missverständlichen Hinweis auf die Gefährlichkeit von „Krisensituationen“ bei durch „Rauschgifthändler“ „vergessenen“ Waffen (UA S. 11) nicht das von ihr zuvor festgestellte bewusste Mitsichführen eines Schlagrings durch den Angeklagten in Frage stellen wollte.
3In Bezug auf die erhobene Verfahrensrüge ist ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts darauf hinzuweisen, dass das Landgericht dem Angeklagten lediglich den Handel mit 840 g Kokain zur Last legt (UA S. 11), den dieser gestanden hat. Dass es die durch die Verfahrensrüge allein betroffenen Vorgänge im Zusammenhang mit dem Kokaingemisch von knapp 100 g Gewicht keiner eigenständigen rechtlichen Würdigung zugeführt hat, beschwert den Angeklagten nicht.
42. Wie durch den Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt worden ist, hat der Angeklagte S. bei dem Handelsgeschäft in Bezug auf Marihuana nur als Gehilfe (§ 27 StGB) gehandelt. Allerdings erfüllt sein festgestelltes Verhalten tateinheitlich insoweit die Strafvorschrift des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in der Tatbestandsvariante des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (vgl. etwa , BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Besitz 1). In entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ändert der Senat den Schuldspruch in diesem Sinne ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
53. Auch eingedenk des beschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabes hält die Bewertung der Strafkammer, allen Angeklagten den Strafrahmen des minder schweren Falls – beim Angeklagten B. § 30a Abs. 3 BtMG, bei den Angeklagten S. und Sc. § 29a Abs. 2 BtMG – zu versagen, rechtlicher Überprüfung nicht stand. Namentlich hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht, dass die polizeiliche Überwachung der Tat sowie die Sicherstellung aller gehandelten Betäubungsmittel angesichts damit verbundenen Wegfalls jeglicher Gefahr für die Allgemeinheit als bestimmender Strafzumessungsgrund bereits bei der Strafrahmenwahl zu würdigen sind (vgl. Weber, BtMG, 3. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 678 mwN). Hinzu kommt eine Reihe gewichtiger für die Angeklagten sprechender Strafmilderungsgründe, so etwa die Geständnisse aller Angeklagten, die durch die Angeklagten B. und S. geleistete Aufklärungshilfe und beim Angeklagten Sc. das Bemühen darum, die vergleichsweise geringere Gefährlichkeit und die Art der Aufbewahrung des durch den Angeklagten B. besessenen Gegenstandes im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, die Unbestraftheit der Angeklagten Sc. und S. sowie die besondere Strafempfindlichkeit des Angeklagten Sc. (vgl. zum Ganzen zuletzt ).
6Angesichts des vorliegenden Wertungsfehlers können die zugehörigen Feststellungen bestehen bleiben. Neue Feststellungen können getroffen werden, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
74. Gleichfalls Bestand hat die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegen den Angeklagten B. . Nachträglich eingetretene Umstände, wie sie von der Verteidigung mitgeteilt worden sind, können im Revisionsverfahren keine Berücksichtigung finden. Im Übrigen hindert die Möglichkeit der Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB nicht (vgl. dazu auch Basdorf/Schneider/König in Festschrift Rissing-van Saan, 2011, S. 59, 61).
Basdorf Brause Schaal
Schneider König
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Fundstelle(n):
KAAAD-85585