Kreditfinanzierter Beitritt zu einer Genossenschaft zu Kapitalanlagezwecken als verbundenes Geschäft und Rückabwicklung im Falle der Insolvenz des Kreditgebers
Gesetze: § 346 BGB, § 348 S 1 BGB, § 358 Abs 3 BGB, § 358 Abs 4 S 3 BGB, § 375 BGB, § 73 GenG, § 45 InsO, § 87 InsO, § 103 InsO, §§ 103ff InsO, § 174 Abs 2 InsO
Instanzenzug: Hanseatisches Az: 13 U 50/07vorgehend Az: 323 O 296/06
Gründe
1Zulassungsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht (mehr) vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
2I. Die Rechtsfragen, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, sind zwischenzeitlich geklärt. Der Senat hat am - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden, dass der Beitritt zu einer Genossenschaft und der zu seiner Finanzierung geschlossene Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinn von § 358 Abs. 3 BGB darstellen können, wenn die Beteiligung an der Genossenschaft jedenfalls vorrangig der Anlage von Kapital dient (vgl. nur , ZIP 2011, 859 Rn. 10 ff.). Ebenso wenig ist nach den Urteilen des Senats vom eine (weitere) revisionsgerichtliche Entscheidung wegen der Frage erforderlich, wie ein nach dem Widerruf des Darlehensvertrags bestehender Anspruch auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen durchgesetzt werden kann, wenn über das Vermögen des Darlehensgebers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Feststellung eines solchen - Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus den Genossenschaftsanteilen bestehenden - Anspruchs zur Insolvenztabelle kommt aus Rechtsgründen nicht in Betracht (vgl. nur , ZIP 2011, 859 Rn. 23 m.weit.Nachw.).
3II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
41. Ohne Erfolg wendet sich der Kläger mit der Revision gegen die Abweisung seines Antrags auf Feststellung eines - Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus den Anteilen des Klägers an der E. bestehenden - Anspruchs in Höhe von 5.666,70 € nebst Zinsen zur Insolvenztabelle (Hauptantrag 1.).
5a) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, führt der wirksame Widerruf des Darlehensvertrags dazu, dass der Kläger gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 BGB auch nicht mehr an den finanzierten Vertrag, hier den Beitritt zur Genossenschaft, gebunden ist. Der Beitritt des Klägers zu der als Anlagegesellschaft konzipierten Wohnungsgenossenschaft und der Darlehensvertrag mit der Schuldnerin bilden ein verbundenes Geschäft im Sinn von § 358 BGB mit der Folge, dass beide Verträge nach § 358 Abs. 4 Satz 3, § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Satz 1 BGB rückabzuwickeln sind. Zwar handelt es sich bei dem Beitritt zu einer Genossenschaft nicht um einen auf die Lieferung einer Ware oder Erbringung einer sonstigen Leistung gerichteten Vertrag im Sinn von § 358 Abs. 3 BGB, sondern um ein organisationsrechtliches, auf die Begründung der Mitgliedschaft in der Genossenschaft gerichtetes Geschäft. Werden jedoch - wie hier - mit einem durch einen Kredit finanzierten Beitritt zu einer Genossenschaft vorrangig Anlagezwecke verfolgt, gelten die Regeln des verbundenen Geschäfts ebenso wie wenn sich der Verbraucher zum Zwecke der Kapitalanlage für die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft entschieden hätte (, ZIP 2011, 859 Rn. 10 ff.). Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch die sonstigen Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts vorliegen und der Darlehensbetrag der Genossenschaft bereits zugeflossen ist, findet die Rückabwicklung beider Verträge im Verhältnis zum Kläger ausschließlich zwischen ihm und der Darlehensgeberin (Schuldnerin) statt, die insoweit anstelle der Genossenschaft in das Abwicklungsverhältnis eingetreten ist (, ZIP 2011, 859 Rn. 17). Der Kläger kann deshalb von der Darlehensgeberin grundsätzlich Rückerstattung aller von ihm auf das Darlehen bereits erbrachten Leistungen verlangen. Ihr steht jedoch kein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehensbetrages zu; vielmehr kann sie lediglich Abtretung der dem Kläger aus der Genossenschaftsbeteiligung erwachsenden Rechte verlangen, die nach den Grundsätzen des fehlerhaften Gesellschaftsbeitritts auf das Auseinandersetzungsguthaben (§ 73 GenG) beschränkt sind.
6b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Feststellung des Anspruchs auf Rückzahlung der geleisteten Tilgungsraten und Zinsen zur Insolvenztabelle Zug um Zug gegen die Übertragung der Rechte aus den Genossenschaftsanteilen komme aus Rechtsgründen nicht in Betracht.
7aa) Die Ansprüche des Klägers und der Schuldnerin aus dem Rückgewährschuldverhältnis sind Zug um Zug zu erfüllen (§ 357 Abs. 1 Satz 1, §§ 346, 348 Satz 1 BGB). Der vom Kläger begehrten Feststellung des Anspruchs auf Rückgewähr der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen Zug um Zug gegen Abtretung des Auseinandersetzungsguthabens steht der insolvenzrechtliche Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger aus der Masse entgegen, die nur durchführbar ist, wenn sich die Forderungen für die Berechnung der Quote eignen (, ZIP 2003, 2379, 2381; Urteil vom - II ZR 297/08, ZIP 2011, 859 Rn. 23). Wäre auch die Anmeldung Zug um Zug zu erbringender Leistungen möglich, würde dies dazu führen, dass der Kläger entgegen §§ 45, 174 Abs. 2 InsO den Darlehensvertrag mit der Schuldnerin und den mit ihm verbundenen Genossenschaftsbeitritt gegen den Willen des Insolvenzverwalters (vgl. §§ 103 ff. InsO) - wenn auch hinsichtlich des Anspruchs auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen auf die Quote beschränkt - rückabwickeln könnte. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage (, ZIP 2003, 2379, 2381). Soweit die Revision einwendet, dem Beklagten werde die Rückabwicklung nicht aufgezwungen, weil es ihm freigestellt sei, die Rechte aus dem Rückgewährschuldverhältnis für die Masse geltend zu machen, übersieht sie, dass mit der Feststellung des Zahlungsanspruchs des Klägers das Rückgewährschuldverhältnis jedenfalls teilweise erfüllt würde.
8bb) Anders als die Revision meint, gelten die vorstehenden Grundsätze im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Darlehensgeberin auch dann, wenn das Darlehen der Finanzierung eines verbundenen Geschäfts diente und die Rückabwicklung beider Verträge wie hier nach Maßgabe des § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB erfolgt. Die Revision weist zwar zu Recht darauf hin, dass diese Vorschrift den Schutz des Verbrauchers bezweckt, indem sie ihn vor Risiken bewahren will, die ihm durch die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Vertrags in ein Bargeschäft und einen mit ihm verbundenen Darlehensvertrag drohen (, BGHZ 180, 123 Rn. 26). Dies vermag aber nichts daran zu ändern, dass die nach dieser Vorschrift vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin entstandenen Rückabwicklungsansprüche nur nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften durchsetzbar sind (§ 87 InsO). Die im Insolvenzverfahren gebotene gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger kann - selbst wenn alle oder doch ein überwiegender Teil der Gläubiger Verbraucher wären - nur durch Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften erreicht werden (, ZIP 2011, 859 Rn. 25).
9Abgesehen davon führt die Anwendung von § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB entgegen der Auffassung der Revision nicht regelmäßig zu einer Schlechterstellung des Verbrauchers im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Darlehensgeberin. Würden Darlehensvertrag und Genossenschaftsbeitritt getrennt rückabgewickelt, hätte dies hier die für den Kläger nachteilige Folge, dass er auf die Widerklage den nach Abzug der von ihm geleisteten Zahlungen noch offenen Darlehensbetrag zurück zu zahlen hätte und seinerseits von der E. nach der Lehre vom fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt nicht seine Einlage, sondern nur sein Auseinandersetzungsguthaben fordern könnte. Die Anwendung des § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB führt hingegen dazu, dass die Darlehensgeberin (Schuldnerin) ebenso wenig wie der Insolvenzverwalter vom Kläger Rückzahlung des offenen Darlehensbetrags beanspruchen kann; vielmehr ist der Kläger nur zur Abtretung seiner Rechte aus den Genossenschaftsanteilen verpflichtet. Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Rückgewährschuldverhältnisses ab, verbleiben diese Rechte beim Kläger. Da er nach § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB von der Rückzahlung des Darlehensbetrags entbunden ist, wird er in diesem Fall regelmäßig nicht schlechter, sondern besser gestellt als bei einer getrennten Rückabwicklung beider Verträge, auch wenn er den ihm durch den Widerruf des Darlehensvertrags entstandenen, ohnehin nur noch als Insolvenzforderung durchsetzbaren Anspruch auf Rückgewähr der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen nur noch saldiert mit dem ihm zustehenden Auseinandersetzungsguthaben geltend machen kann (, ZIP 2011, 859 Rn. 26).
10cc) Zu Unrecht beruft sich die Revision für ihre Auffassung, der Kläger könne nicht darauf verwiesen werden, anstelle des ihm zustehenden Rückzahlungsanspruchs lediglich einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des Rückgewährschuldverhältnisses zur Insolvenztabelle feststellen zu lassen, auf Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie des Rates vom betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Haustürgeschäfterichtlinie). Die Richtlinie ist nicht anwendbar. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der Darlehensvertrag und der Beitrittsvertrag in einer Haustürsituation geschlossen wurden. Abgesehen davon ist der mit der Richtlinie bezweckte Verbraucherschutz nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht absolut. Die Richtlinie schließt es nicht aus, dass der Verbraucher in bestimmten Fällen ausnahmsweise gewisse Folgen tragen muss, die sich aus der Ausübung seines Widerrufsrechts ergeben. Dies ist jedenfalls dann hinzunehmen, wenn nur auf diesem Weg ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten zu erreichen sind (, ZIP 2010, 772 Rn. 44 ff. - Friz). So liegt der Fall, wenn über das Vermögen des Anspruchsgegners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Eine bevorzugte Befriedigung eines oder einzelner Gläubiger ist nicht gerechtfertigt, auch wenn es sich bei ihnen um Verbraucher handelt. Die Haustürgeschäfterichtlinie regelt folgerichtig auch nicht, wie die nach Ausübung des Widerrufsrechts gegebenen Rechte des Verbrauchers im Insolvenzverfahren durchzusetzen sind. Gleiches gilt für die Richtlinie 1987/102/EWG des Rates vom zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Verbraucherkredit und die Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates.
112. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht den 1. Hilfsantrag abgewiesen. Begehrt der Kläger - wie die Revision geltend macht - mit diesem Hilfsantrag die Feststellung des Anspruchs auf Rückerstattung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten, ist er aus den oben (II. 1. b) dargestellten Erwägungen unbegründet. Der Kläger verfolgt mit diesem Antrag zwar ausschließlich die Feststellung seines Zahlungsanspruchs zur Tabelle ohne Berücksichtigung der von ihm aus dem Rückabwicklungsverhältnis geschuldeten Gegenleistung. Dies rechtfertigt aber keine abweichende Beurteilung. Denn durch die vom Kläger verfolgte Feststellung seines Zahlungsanspruchs zur Insolvenztabelle würde ihm entgegen den zwingenden Vorschriften der Insolvenzordnung (§§ 103 ff., § 119 InsO) das Recht zugebilligt, zumindest beschränkt auf die Quote die Erfüllung des ihm aus dem Rückgewährschuldverhältnis zustehenden Zahlungsanspruchs gegen den Willen des Beklagten und ohne Berücksichtigung der geschuldeten Gegenleistung durchzusetzen.
12Soweit das Berufungsgericht erwogen hat, den 1. Hilfsantrag als Antrag auf Ersatz eines Nichterfüllungsschadens auszulegen, hat es ihn in Übereinstimmung mit der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. , ZIP 2003, 2379, 2382; Urteil vom - IX ZR 3/08, ZIP 2009, 483 Rn. 8 ff. m.w.N.) für unzulässig erachtet. Einem solchen aus § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO hergeleiteten Anspruch läge ein anderer Anspruchsgrund zugrunde als dem Anspruch, den der Kläger bisher zur Insolvenztabelle angemeldet und den der Insolvenzverwalter bestritten hat. Einen Anspruch wegen Nichterfüllung des Rückgewährschuldverhältnisses hat der Kläger nicht zur Tabelle angemeldet. Für die Klage auf Feststellung dieses Anspruchs zur Insolvenztabelle fehlte es daher schon an der Prozessvoraussetzung, dass die Forderung, deren Bestehen festgestellt werden soll, angemeldet und vom Insolvenzverwalter oder einem anderen Gläubigerganz oder teilweise nicht anerkannt worden ist (vgl. , ZIP 2003, 2379, 2382; Urteil vom - IX ZR 3/08, ZIP 2009, 483 Rn. 8 ff. m.w.N.).
Bergmann Strohn Reichart
Drescher Born
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
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Fundstelle(n):
BAAAD-85575