Vergütung der Rufbereitschaft II nach dem TV-Ärzte-KF
Gesetze: § 8 Abs 2 S 2 TV-Ärzte-KF, § 8 Abs 2 S 2aF TV-Ärzte-KF, § 317 BGB, § 319 BGB
Instanzenzug: ArbG Duisburg Az: 1 Ca 2031/08 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 4 Sa 80/09 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten, soweit für die Revision von Bedeutung, über die Frage der Vergütung der von der Klägerin von Juli 2007 bis Juni 2008 geleisteten Rufbereitschaftszeiten.
2Die Klägerin ist bei der Beklagten als Ärztin tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag in kirchlicher Fassung (BAT-KF) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Mit Beschluss der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom wurde der BAT-KF rückwirkend zum neu gefasst und in der Fassung der redaktionellen Überarbeitung vom (BAT-KF nF) am im Kirchlichen Amtsblatt der Evangelischen Kirche im Rheinland bekannt gemacht. Gemäß § 1 BAT-KF nF richten sich die Arbeitsverhältnisse der Ärztinnen und Ärzte ausschließlich nach der Anlage 6 zum BAT-KF - Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte - Kirchliche Fassung (TV-Ärzte-KF).
Der TV-Ärzte-KF lautete bis zum auszugsweise wie folgt:
4§ 6 Abs. 6 und § 8 Abs. 2 TV-Ärzte-KF sind aufgrund eines Spruchs der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission Rheinland-Westfalen-Lippe (ARS RWL) vom mit Wirkung zum neu gefasst worden.
§ 6 Abs. 6 TV-Ärzte-KF ist um folgende Sätze 4 bis 6 ergänzt worden:
§ 8 Abs. 2 TV-Ärzte-KF ist in Satz 2 geändert und um Satz 3 und 4 ergänzt worden:
7Die Beklagte rechnete das Arbeitsverhältnis bis einschließlich Januar 2008 auf Basis des BAT-KF aF ab. Im Februar 2008 berechnete sie die Vergütung für die von der Klägerin geleisteten Rufbereitschaftszeiten rückwirkend seit Juli 2007 auf Basis des § 8 Abs. 2 TV-Ärzte-KF aF als Rufbereitschaft II neu. Dabei legte sie ebenso wie in der Folgezeit pro Stunde ein Entgelt von 25 % des individuellen Stundenentgelts zugrunde. Dies führte von Juli 2007 bis Juni 2008 zu einer Gesamtvergütung für die Rufbereitschaft II von 17.077,75 Euro.
8Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für die geleistete Rufbereitschaft II pro Stunde ein Entgelt von 50 % des individuellen Stundenentgelts zu. Das Wort „dafür“ in dieser Bestimmung müsse sich auf die Rufbereitschaft II beziehen. Jede andere Auslegung sei sinnwidrig, da die Vergütung dann niedriger als bei der weniger belastenden Rufbereitschaft I sei, obwohl die Klägerin in ihrer Gestaltungsfreiheit stärker eingeschränkt sei.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
10Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag auf den eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF gestützt.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, § 8 Abs. 2 TV-Ärzte-KF aF sei offenbar unbillig und unwirksam gewesen. Dies ergebe sich vor allem aus dem Fehlen einer sog. „Opt-out-Klausel“, die erst zum in den TV-Ärzte-KF eingefügt worden sei. Rufbereitschaft II habe darum erst seit dem angeordnet werden können. Dass die Änderung des § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aus pragmatischen Gründen nicht rückwirkend zum vorgenommen worden sei, sei ebenfalls unbillig. Die Beklagte bestreitet den Vortrag der Klägerin zum Rechtssetzungswillen der Rheinisch-Westfälisch-Lippischen Arbeitsrechtlichen Kommission (ARK RWL) mit Nichtwissen.
Gründe
12Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht die Klage abgewiesen. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF war die Rufbereitschaft II mit 25 % des individuellen Stundenentgelts zu vergüten. Diese Regelung hält einer Rechtskontrolle stand.
13I. 1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF der Klägerin für jede von ihr geleistete Stunde einer Rufbereitschaft II nur ein Entgelt von 25 % und nicht von 50 % des individuellen Stundenentgelts zustand. Das stellt auch die Klägerin letztlich nicht in Abrede, wenn sie damit argumentiert, die Vergütungsregelung sei sinnwidrig, führe zu einem zu geringen Abstand zwischen der Rufbereitschaft I und II und beruhe auf einem Redaktionsversehen der ARK RWL.
14Die Zeit der Rufbereitschaft II war zum Zwecke der Vergütungsberechnung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF zu 50 % als Arbeitszeit zu werten. „Dafür“, also für diese nur zu 50 % zu berücksichtigende Zeit, waren 50 % des individuellen Stundenentgelts zu zahlen. Dies führte im Ergebnis dazu, dass die Rufbereitschaft II nur mit 25 % des Stundenentgelts vergütet wurde. Hätte die ARK RWL, wie von der Klägerin angenommen, für die Rufbereitschaft II eine Vergütung von 50 % des individuellen Stundenentgelts festlegen wollen, so hätte sie dies mit Formulierungen wie „eine Vergütung von 50 % des individuellen Stundenentgelts“ oder „eine Vergütung in Höhe des individuellen Stundenentgelts wird für 50 % der Arbeitszeit der angeordneten Rufbereitschaft gezahlt“ zum Ausdruck bringen müssen.
2. Selbst wenn man annähme, dass der Wortlaut nicht eindeutig sei, sprächen systematische Gesichtspunkte gegen die Auslegung der Klägerin. Ihre Annahme, der Begriff „dafür“ beziehe sich auf die Rufbereitschaft II, führte zu keinem sinnvollen Regelungsinhalt des § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF. Dann wäre § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF wie folgt zu lesen:
16In dieser Lesart hätte die erste Gewichtung ausschließlich arbeitszeitrechtliche Bedeutung und wäre so zu verstehen, dass auch ohne Heranziehung zur Arbeitsleistung die Zeit der Rufbereitschaft II zu 50 % auf die Arbeitszeit anzurechnen wäre. Die vergütungsrechtliche Komponente wäre allein vom zweiten Satzteil abgedeckt. Vor dem Hintergrund, dass die Zeit der Rufbereitschaft keine Arbeitszeit ist (Senat - 6 AZR 1015/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 36), gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die ARK RWL § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF einen grundlegend vom herkömmlichen arbeitszeitrechtlichen Verständnis der Rufbereitschaft abweichenden Inhalt geben wollte, zumal dies zu erheblichen, wenn nicht sogar unüberwindlichen Problemen für die Dienstgeberseite geführt hätte, die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften einzuhalten. Es kann jedoch der ARK RWL ebenso wenig wie Tarifvertragsparteien unterstellt werden, dass sie eine überflüssige, verwirrende und sinnlose Regelung treffen wollte (zu diesem Auslegungsgrundsatz - zu II 4 b bb (1) der Gründe, ZTR 2003, 239).
173. Entgegen der Auffassung der Klägerin war von der ARK RWL auch nicht entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF eine Vergütung der Rufbereitschaft II mit einem Entgelt von 50 % des individuellen Stundensatzes gewollt. Ein solcher Wille hat in § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF keinerlei Anklang gefunden. Tatsächlich zeigt die Entstehungsgeschichte der Norm und ihre Neufassung mit Wirkung zum , dass es den von der Klägerin behaupteten übereinstimmenden Willen der ARK RWL nicht gab.
18a) Die Klägerin stützt sich für ihre Annahme auf die vom Landesarbeitsgericht eingeholte Auskunft des Marburger Bundes als Vertreter der Dienstnehmer vom . Daraus ergibt sich, dass die Formulierung des § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF auf einem Vorschlag der Dienstnehmervertreter der ARK RWL beruhte. Die Vertreter der Dienstnehmer wollten sich dabei an der für den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte in Einrichtungen der Vereinigung Berufsgenossenschaftlicher Kliniken (TV-Ärzte VBGK) vom vorgesehenen Regelung orientieren. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 dieses Tarifvertrags wird für jede Stunde der Rufbereitschaft II 50 vH des individuellen Stundenentgelts gezahlt. Im Zeitpunkt des Vorschlags der Dienstnehmervertreter stand der Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte VBGK, wie er Eingang in diesen Tarifvertrag gefunden hat, jedoch noch nicht fest. Es standen noch unterschiedliche Formulierungen im Raum, nämlich Rufbereitschaft II entweder mit „50 % des individuellen Stundenentgelts“ oder alternativ „mit 50 % der Arbeitszeit der angeordneten Rufbereitschaftszeit“ zu bewerten. Nach Darstellung in der Auskunft des Marburger Bundes haben die Dienstnehmervertreter versehentlich in ihrem Formulierungsvorschlag beide Vergütungsalternativen des § 9 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte VBGK kumuliert, statt eine Alternative zu streichen. Diese aus Sicht der Dienstnehmerseite fehlerhafte Formulierung hat dann unverändert Eingang in den TV-Ärzte-KF gefunden.
19b) Zwischen Dienstnehmer- und Dienstgeberseite der ARK RWL konnte kein Einverständnis darüber erzielt werden, dass ein redaktionelles Versehen vorlag. Das deswegen angestrengte Schiedsverfahren vor der ARS RWL führte zu einem Beschluss vom , der wegen „Unwuchten in der Relation der einzelnen Belastungsstufen von Bereitschaftsdienst mit höchstmöglicher Auslastung bis zur Rufbereitschaft, bei der erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt“ anregte, für die Zukunft die unterschiedlichen Wertigkeiten innerhalb des derzeit geltenden Systems durch eine Neuordnung der Vergütungsregeln mit konsistenter Systematik auszugleichen.
20Die ARK RWL hat aufgrund dieser Anregung die Vergütung für die Rufbereitschaft II mit Wirkung zum grundlegend neu gestaltet. Ein übereinstimmender Wille der Dienstgeber- und Dienstnehmerseite, bereits für die Zeit vor der Neuregelung die Rufbereitschaft II mit mehr als 25 % eines Stundenentgelts zu vergüten, lässt sich damit nicht feststellen.
21II. § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF war auch mit höherrangigem Recht vereinbar.
221. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Bestimmungen zur Rufbereitschaft II im TV-Ärzte-KF seien rückwirkend zum in Kraft getreten, wird von der Klägerin in der Revision nicht mehr in Frage gestellt. Im Gegenteil stützt sie den in die Revision gelangten Anspruch auch für die Zeit vor Januar 2008 gerade auf den TV-Ärzte-KF.
232. Entgegen der Auffassung der Revision war die Vergütungsregelung in § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF nicht unbillig iSv. §§ 317, 319 BGB.
24a) Die Rüge der Klägerin, die ARK RWL habe in rechtsmissbräuchlicher Weise allein aus pragmatischen Gründen davon abgesehen, die Neufassung des § 8 Abs. 2 TV-Ärzte-KF rückwirkend in Kraft zu setzen, was gemäß § 319 BGB zu korrigieren sei, ist als bestrittener neuer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren unbeachtlich. Ohnehin hatte die ARS RWL nur eine Neuregelung für die Zukunft angeregt.
25b) § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF war nicht wegen des Fehlens einer „Opt-out-Regelung“ und eines darin liegenden etwaigen Verstoßes gegen das Arbeitszeitgesetz unwirksam. Diese Bestimmung war auch nicht gleichheitswidrig. Die Klägerin hält unter Berufung auf den Prüfungsmaßstab der §§ 317 ff. BGB die Änderung der Vergütung der Rufbereitschaft im BAT-KF durch den TV-Ärzte-KF aF für unbillig. Änderungen und Ergänzungen kirchlich-diakonischer Arbeitsvertragsregelungen sind jedoch am Maßstab der §§ 305 ff. BGB zu prüfen, wobei als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) angemessen zu berücksichtigen ist, dass diese auf dem Dritten Weg entstanden sind und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind. Dies führt dazu, dass solche Arbeitsvertragsregelungen unabhängig davon, ob sie tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernehmen, grundsätzlich wie Tarifverträge nur auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht und Verstöße gegen die guten Sitten zu prüfen sind (Senat - 6 AZR 847/07 - Rn. 26 ff., ZTR 2010, 658). Einer solchen Kontrolle hält § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF stand.
26aa) Auf den von ihr gerügten Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz kann die Klägerin die begehrte Vergütung nicht stützen.
27(1) Die Klägerin argumentiert widersprüchlich. Wäre die Vergütungsregelung der Rufbereitschaft im TV-Ärzte-KF wegen Verstößen gegen das Arbeitszeitrecht unwirksam gewesen, führte dies nicht zu dem von der Klägerin angestrebten Entgelt, das sie gerade aus § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF herleitet. Vielmehr wäre dann die Vergütung der Rufbereitschaft II iSv. § 612 Abs. 2 BGB nicht bestimmt, so dass die in dem vergleichbaren Wirtschaftskreis verkehrsübliche Vergütung zu zahlen wäre ( - Rn. 26, BAGE 118, 66). Zur Höhe dieser Vergütung trägt die Klägerin nichts vor.
28(2) Darüber hinaus betrifft die von der Klägerin angesprochene Frage der Notwendigkeit einer „Opt-out-Klausel“ für die Anordnung der Rufbereitschaft II die arbeitszeitrechtliche Zulässigkeit des Umfangs der Inanspruchnahme während dieser und nicht die für die Rufbereitschaft als solche zu zahlende Vergütung. Selbst wenn arbeitszeitrechtlich eine Anordnung der Rufbereitschaft II wegen der damit verbundenen Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit nicht hätte erfolgen dürfen, wie die Klägerin annimmt, führte dies nicht zu dem von der Klägerin erhobenen Vergütungsanspruch. Dem Arbeitszeitgesetz lässt sich keine Anspruchsgrundlage für Vergütungsansprüche bei Verstößen gegen die dort geregelten Arbeitszeitschutzvorschriften entnehmen (zuletzt Senat - 6 AZR 729/08 - Rn. 45, AP TVöD § 6 Nr. 1 = EzTöD 100 TVöD-AT Anhang zu § 9 A. Hausmeister Nr. 3). Auch die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG) enthält keine Sanktion bei einem Verstoß gegen die Mindestvorschriften hinsichtlich der Arbeitszeit ( - [Fuß] Rn. 44, NZA 2011, 53). Die Beklagte ist auch kein öffentlicher Arbeitgeber, gegen den möglicherweise ein Schadensersatzanspruch bei Verletzungen der Vorgabe aus der Richtlinie bestehen könnte (dazu vgl. - [Fuß] Rn. 45 ff., aaO).
29 Daher kann dahinstehen, ob bereits vor dem eine „Opt-out-Klausel“ für die Anordnung der Rufbereitschaft II erforderlich war.
30bb) Die Klägerin rügt eine gleichheitswidrige Bevorzugung der Arbeitnehmer, bei denen Rufbereitschaft I angeordnet wird, wenn sie darauf hinweist, dass bei einer Vergütung der Rufbereitschaft II mit nur 25 % der individuellen Stundenvergütung die Rufbereitschaft I besser vergütet worden sei, obwohl die Ärzte dabei wesentlich weniger beansprucht worden seien. Zwar verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss (Senat - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Ein solcher ist jedoch nicht erfolgt.
31(1) Bereits die Annahme der Klägerin, die Rufbereitschaft I sei besser vergütet worden als die Rufbereitschaft II, trifft so nicht zu. Bei Rufbereitschaften von Montag bis Freitag, für die lediglich ein Stundenentgelt für zwei Stunden für die Rufbereitschaft I gezahlt wurde, war die Rufbereitschaft II finanziell günstiger für die Arbeitnehmer, solange im Rahmen der Rufbereitschaft I keine oder nur geringfügige Inanspruchnahmen erfolgten. Bei Rufbereitschaft I von weniger als zwölf Stunden war mit 12,5 % des individuellen Stundenentgelts eine geringere Vergütung als für die Rufbereitschaft II geschuldet.
32(2) Die ARK RWL hat mit der Regelung der Vergütung der Rufbereitschaft II in § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF die Grenzen ihrer Regelungsmacht noch nicht überschritten. Arbeit in ihren unterschiedlichen Ausgestaltungsformen wie Vollarbeit, Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft I oder II kann vergütungsrechtlich unterschiedlich behandelt werden. Die Vergütungsregelung muss lediglich den Verlust an Freizeit angemessen berücksichtigen und darf dem Arbeitnehmer keine erheblichen Leistungen ohne Vergütung abverlangen. Hinsichtlich der Einschätzung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Freizeit vorliegt und ob und in welchem Umfang diese ausgeglichen werden soll, kommt der ARK dabei eine Einschätzungsprärogative zu (vgl. für Tarifverträge Senat - 6 AZR 765/07 - Rn. 27, ZTR 2009, 198; - 6 AZR 114/08 - Rn. 25, BAGE 129, 284). § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF hielt sich noch innerhalb dieses Spielraums. Die Anordnung der Rufbereitschaft I führte nicht typischerweise zu finanziellen Vorteilen gegenüber der Rufbereitschaft II, sondern insbesondere dann, wenn es zu Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft I kam. Eine solche Inanspruchnahme ist nach den tatbestandlichen Voraussetzungen zu ihrer Anordnung aber die Ausnahme.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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EAAAD-83941