Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: AG Saarbrücken, 7 XIV 88/09 vom LG Saarbrücken, 5 T 651/09 vom
Gründe
I. Die Betroffene, eine nigerianische Staatsangehörige, reiste nach eigenen Angaben am 6. oder in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie wurde anlässlich einer Polizeikontrolle am in einem Bordell in S. angetroffen und - da sie weder über Ausweispapiere noch einen Aufenthaltstitel verfügte - festgenommen und am folgenden Tage als Beschuldigte vernommen.
Auf Antrag der Beteiligten zu 2 vom hat das Amtsgericht mit Beschluss vom gleichen Tage gegen die Betroffene Abschiebungshaft bis zum und die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet. Mit Beschluss vom hat das Landgericht die Beschwerde der Betroffenen nach deren persönlicher Anhörung zurückgewiesen.
II. Das Beschwerdegericht bejaht den Haftgrund nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG, da der Verdacht bestehe, dass sich die Betroffene einer Abschiebung in ihr Heimatland entziehen werde. Dies ergebe sich aus den widersprüchlichen, nicht nachvollziehbaren Angaben über den Reiseweg per Schiff von N. direkt nach S. und ihrer Tätigkeit als Prostituierte in einem Bordell. Diese Umstände ließen auf eine Einbindung in ein System illegaler Anwerbung und Beschäftigung Prostituierter schließen, die der Betroffenen - im Falle einer Entlassung aus der Abschiebungshaft - aus eigenen wirtschaftlichen Interessen ein Untertauchen ermöglichen werde.
III. Die Rechtsbeschwerde ist - nachdem sich die Hauptsache durch den Vollzug der Haft erledigt hat - mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG ohne Zulassung statthaft (vgl. Senat, Beschlüsse vom - V ZB 218/09, InfAuslR 2010, 359, 360 und vom - V ZB 96/10, Rn. 10 [...]), gemäß § 71 FamFG form- und fristgerecht eingelegt und in der Sache begründet.
Die Betroffene ist deshalb in ihrem Freiheitsgrundrecht verletzt worden, weil die Haft zur Sicherung der Abschiebung wegen Fehlens einer den Anforderungen des § 417 Abs. 2 FamFG entsprechenden Antragsbegründung nicht hätte angeordnet werden dürfen. Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung (Senat, Beschlüsse vom - V ZB 218/09, FGPrax 2010, 210, 211 Rn. 12 und vom - V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511, 1512 Rn. 7).
1. Der Haftantrag muss nach § 417 Abs. 2 Satz 1 FamFG begründet werden. Ein Verstoß gegen den Begründungszwang führt zur Unzulässigkeit des Haftantrags (Senat, Beschlüsse vom - V ZB 218/09, aaO, Rn. 14 und vom - V ZB 28/10, aaO, Rn. 8). Für Abschiebungshaftanträge werden nach § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer verlangt.
2. Der Haftantrag der Beteiligten zu 2 genügte diesen Anforderungen nicht, weil diese darin nichts zu dem für die Abschiebung der Betroffenen nach § 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erforderlichen Einvernehmen der Staatsanwaltschaft ausgeführt hat.
a) Der Senat hat - allerdings erst nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - entschieden, dass die nach § 62 Abs. 2 AufenthG der Sicherung der Abschiebung des Ausländers dienende Haft nicht angeordnet werden darf, wenn das dafür erforderliche Einvernehmen der Staatsanwaltschaft nicht vorliegt (Senat, Beschlüsse vom - V ZB 93/10, NVwZ 2010, 1574, 1575 Rn. 8, vom - V ZB 211/10, Rn. 10 [...] und vom - V ZB 226/10, Rn. 22 [...]).
b) Ergibt sich bereits aus dem Haftantrag oder den diesem beigefügten Anlagen, dass ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig ist, stellt sich das Fehlen von Ausführungen zum Einvernehmen der Staatsanwaltschaft als ein Begründungsmangel dar, der zur Unzulässigkeit des Haftantrags führt (Senat, Beschlüsse vom - V ZB 226/10, Rn. 9 [...] und vom - V ZB 224/10, Rn. 7 [...]).
c) So ist es hier. Nach dem dem Haftantrag der Beteiligten zu 2 beigefügten Bericht der Kriminalpolizeiinspektion S. ist die Betroffene am Morgen nach ihrer Verhaftung von der Kriminalpolizei als Beschuldigte vernommen worden. Damit war ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet (vgl. , NJW 2003, 3142, 3143). Die Durchführung der Abschiebung hing daher nach § 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG von dem Einvernehmen der zuständigen Staatsanwaltschaft ab (Senat, Beschluss vom - V ZB 224/10, Umdr. S. 5). Dazu hätte sich der Haftantrag der Beteiligten zu 2 nach § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG verhalten müssen, woran es hier fehlte.
Dieser Mangel konnte in der Beschwerdeinstanz nicht mehr geheilt werden, da es sich bei der ordnungsgemäßen Antragstellung durch die Behörde um eine Verfahrensgarantie handelt, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 GG fordert (BVerfG, NVwZ-RR 2009, 304, 305; Senat, Beschlüsse vom
- V ZB 218/09, NVwZ 2010, 1508, 1509 Rn. 19 und vom - V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511, 1512 Rn. 16).
3. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass auch die Haftanordnung, die nach dem von der Betroffenen gestellten Feststellungsantrag ebenfalls Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 154 Rn. 14), die Betroffene in ihrem Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) verletzt hat.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO; die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Fundstelle(n):
XAAAD-83537