Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor
Das Verfahren ruht bis zur Erledigung des mit
Anfragebeschluss des Senats vom - 5 StR 394, 440 und 474/10 -
eingeleiteten Verfahrens nach § 132
GVG.
Bis dahin werden die Akten an das
Oberlandesgericht München zur Fortführung der nach § 67e Abs. 1
Satz 1, § 67d Abs. 3 Satz 1, Abs. 2, § 67a Abs. 4 Satz 1 StGB
gebotenen Überprüfungen
zurückgegeben.
G r ü n d
e
Gegen den Verurteilten wird die Maßregel
der Unterbringung in der Kein schließendes Satzzeichen
Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichts Regensburg vom 29.
September 1988 vollstreckt, in dem gegen ihn u.a. wegen versuchter
Vergewaltigung eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt worden
war. Seit dem wird gegen den Verurteilten die
Sicherungsverwahrung - seit 2008 in einem psychiatrischen Krankenhaus -
vollzogen.
Nach Rechtskraft des Urteils des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom
(Individualbeschwerde 19359/04, EuGRZ 2010, 25) zur rückwirkenden
Anwendung des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB hat das Landgericht Deggendorf
durch Beschluss vom die Fortdauer der Sicherungsverwahrung
gegen den Verurteilten angeordnet. Gleichzeitig hat es den nächsten Termin
zur Prüfung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf den
bestimmt und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der
Gefährlichkeit des Verurteilten unter Zugrundelegung der vom Senat im
Beschluss vom (5 StR 394, 440, 474/10, NJW 2011, 240; zur
Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) aufgestellten Grundsätze
angeordnet. Das Oberlandesgericht München möchte die hiergegen
gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten verwerfen. Im Blick auf
entgegenstehende Rechtsprechung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (, NStZ 2010, 567) und die
Rechtsauffassungen des 3. und 4. Strafsenats (BGH, Beschlüsse vom 17.
Februar 2011 - 3 ARs 35/10 und - 4 ARs 27/10) hat es die Sache
dem Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3
GVG vorgelegt.
Mit seinem Anfragebeschluss hat
der Senat eine rückwirkende Anwendbarkeit des § 67d Abs. 3 Satz 1
StGB grundsätzlich bejaht und wegen divergierender Rechtsprechung des 4.
Strafsenats des Bundesgerichtshofs zur identischen Rechtsfrage sowie wegen
grundsätzlicher Bedeutung dieser Rechtsfrage das Verfahren nach § 132
GVG eingeleitet. Dabei hat der Senat § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB allerdings
weiter einschränkend dahin ausgelegt, dass die Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung nach zehnjährigem Vollzug für erledigt zu
erklären ist, sofern nicht eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder
Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten
des Untergebrachten abzuleiten ist (Leitsatz 2 des genannten Beschlusses); bei
diesem Maßstab kommt in Ausnahmefällen auch eine Aussetzung der
weiteren Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung in Betracht
(Anfragebeschluss Rn. 47).
Bis zur Erledigung
des Verfahrens nach § 132 GVG sind die Akten - nicht anders als in den
Ausgangsverfahren und weiteren Parallelsachen - dem vorlegenden
Oberlandesgericht zurückzugeben. Dies gilt auch, soweit die Unterbringung
in der Sicherungsverwahrung - wie hier - nach § 67a Abs. 2 Satz 1 StGB in
einem psychiatrischen Krankenhaus vollzogen wird ().
2. Das Verfahren nach
§ 132 GVG und damit das Ruhen der Parallelsachen wird auch nach Eingang
der Antworten der anderen Senate voraussichtlich noch längere Zeit
andauern. Im Hinblick darauf müssen die Oberlandesgerichte - vor
Klärung der Vorlegungsfrage und ihrer ungeachtet - aktuell
überprüfen, ob die Freiheitsentziehung gegen den Verurteilten zu
beenden ist. Sie haben nach den vorstehend bezeichneten, für sie wegen der
ausschließlichen Zuständigkeit des Senats (§ 121 Abs. 2 Nr. 3
GVG) verbindlichen Maßstäben des Anfragebeschlusses zu
verfahren.
Hierfür ist zunächst - wie
vom Landgericht Deggendorf beabsichtigt - eine neue Sachentscheidung nach
§ 67e Abs. 1 Satz 1 StGB zwingend notwendig. Ihr ist ein aktuelles
Sachverständigengutachten nach § 463 Abs. 3 Satz 4 StPO zugrunde zu
legen, das sich an dem modifizierten engeren Gefahrenbegriff zu orientieren
hat; ein solches wird im vorgelegten Fall derzeit eingeholt. Sollte danach
wegen konkreter höchster Gefährlichkeit des Verurteilten für die
Allgemeinheit (vgl. insbesondere Rn. 42 bis 46 des Anfragebeschlusses) eine
weitere Vollstreckung der Maßregel unerlässlich sein, gelten die
Maßgaben unter Ziffer VII 3 (Rn. 65) des
Anfragebeschlusses.
Fundstelle(n):
IAAAD-82596