BGH Beschluss v. - 5 StR 89/11

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten O. wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, den Angeklagten K. wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls, Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, Diebstahls mit Waffen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen, haben im Umfang der Beschlussformel Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Das Urteil hat im Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand. Das Landgericht hat es in rechtsfehlerhafter Weise unterlassen, die Frage einer Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zu prüfen.

a) Nach den Feststellungen konsumieren die beiden 1987 bzw. 1988 geborenen Angeklagten seit dem 13. Lebensjahr regelmäßig Cannabis. Der Angeklagte O. begann mit 15 Jahren auch Kokain zu nehmen und trank häufig - gelegentlich exzessiv - alkoholische Getränke. Der Angeklagte K. , bei dem bereits als Kind ADHS festgestellt und mit Ritalin behandelt wurde, begann ebenfalls schon in seiner Jugend zusätzlich Aufputschmittel und Kokain zu nehmen. Zwei stationäre Entzüge und eine ambulante Therapie zeigten bei ihm keinen nachhaltigen Erfolg. In den Monaten vor der Tat lebte der Angeklagte K. in den Tag hinein, trank regelmäßig Alkohol und konsumierte häufig Cannabis und Kokain. Vor dem gemeinsam begangenen besonders schweren räuberischen Diebstahl hatten die Angeklagten Alkohol und Kokain konsumiert, weshalb die Strafkammer ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen meinte, die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht ausschließen zu können. Der Angeklagte O. beabsichtigte in Kenntnis des Angeklagten K. , das entwendete Mobiltelefon zu veräußern, um davon Kokain zum gemeinsamen Konsum zu kaufen.

Der Angeklagte K. beging darüber hinaus auch die Taten 2 und 4 bis 6 unter Drogen- und Alkoholeinfluss, wobei die Tat 2 (Raub in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung) gleichfalls dazu diente, mit dem erbeuteten Geld Alkohol und Drogen zu kaufen. Auch bei diesen Taten geht die Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten K. von einer Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit wegen seines vorausgegangen Drogen- und Alkoholkonsums in Verbindung mit der bei ihm bestehenden ADHS-Erkrankung aus. Schließlich liegt auch bei der Tat 3, bei der die Strafkammer keine entsprechenden Feststellungen trifft, eine Begehung zur Finanzierung des Rauschmittelkonsums durch den Angeklagten K. und den insoweit nicht angeklagten Mittäter O. nicht fern.

b) Diese Feststellungen drängten zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hinsichtlich beider Angeklagter gegeben sind. Über die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB muss deshalb - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neu verhandelt und entschieden werden. Es ist nicht ohne weiteres ersichtlich, dass eine Suchtbehandlung im Rahmen des Maßregelvollzugs bei den Angeklagten keine hinreichend konkrete Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 64 Satz 2 StGB bietet. Das Urteil enthält darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Tatgericht nach seinem Ermessen ausnahmsweise von einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB hätte absehen können. Insoweit muss das Tatgericht sein Ermessen tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen (vgl. , NStZ-RR 2008, 73).

c) Dass nur die Angeklagten Revision eingelegt haben, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (, BGHSt 37, 5). Die Beschwerdeführer haben die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von ihren Rechtsmittelangriffen ausgenommen.

2. Der Senat hebt den gesamten Rechtsfolgenausspruch auf, da er nicht sicher ausschließen kann, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt hätte, wobei die Strafaussprüche für sich nicht überhöht erscheinen. Sie enthalten indes die in der Stellungnahme des Generalbundesanwalts vom aufgezeigten Rechtsfehler. Mit Hilfe des Sachverständigen wird zudem auch die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 StGB neu zu prüfen sein, wenngleich die bisher erfolgte Beurteilung die Angeklagten nicht beschwert und die Strafen selbst für den Fall einer Verneinung der Voraussetzungen nicht zu ihrem Nachteil abgeändert werden dürften. Dass das neue Tatgericht mit Hilfe des Sachverständigen in einem der Fälle zur Annahme der Voraussetzungen des § 20 StGB gelangen könnte, schließt der Senat aus.

Fundstelle(n):
PAAAD-82585