BFH Beschluss v. - III B 166/10

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Aufrechnungserklärung der Familienkasse

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, EStG § 75 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bezog für ihre Tochter T und ihren Sohn S laufend Kindergeld. Mit Bescheid vom hob die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) die Kindergeldfestsetzung für T auf und forderte überzahltes Kindergeld von der Klägerin zurück. In einem weiteren —nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen— Schreiben vom erklärte die Familienkasse, der Anspruch auf Erstattung von Kindergeld werde gemäß § 75 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) monatlich gegen die Hälfte des laufenden Kindergeldes aufgerechnet. Den Einspruch der Klägerin verwarf die Familienkasse als unzulässig.

2 Die hiergegen erhobene Klage wies das ab.

3 Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, die Revision sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

4 II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Sie genügt nicht den Darlegungserfordernissen von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

5 Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist (Senatsbeschlüsse vom III B 111/08, juris, und vom III B 29/04, BFH/NV 2005, 1141). Um den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Begründung der Beschwerde zu entsprechen, muss der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage(n), ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre Klärungsfähigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32). Hierzu muss sich der Beschwerdeführer auch mit den ggf. in der Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage vertretenen Auffassungen sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen (Senatsbeschluss vom III B 14/03, BFH/NV 2004, 224).

6 Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Klägerin nicht. Ihre Ausführungen erschöpfen sich darin, die von dem FG angeführten (BFHE 149, 482, BStBl II 1987, 536), vom VII R 90/84 (BFHE 151, 340, BStBl II 1988, 117) und vom VII R 50/96 (BFHE 182, 276, BStBl II 1997, 479) beträfen einen anderen Zusammenhang. In diesen Entscheidungen sei es um die Zulässigkeit einer Verrechnung von Steuerschulden gegen Steuerguthaben gegangen. Dies könne für Kindergeldleistungen keine Anwendung finden. Zudem beträfe die von dem FG zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung Zeiten, als Kindergeld noch nicht als Steuerleistung gezahlt worden sei. Das Vorgehen rechtfertigende Gerichtsentscheidungen seien nicht bekannt und in dem angegriffenen Urteil entsprechend nicht zitiert.

7 Die Klägerin hat sich indes weder mit Entscheidungen anderer Finanzgerichte zur Beurteilung der rechtlichen Natur einer Aufrechnungserklärung der Familienkasse noch mit der zu § 75 EStG ergangenen Literatur auseinandergesetzt. Sie hat weiter auch nicht ausgeführt, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig sei.

8 Hinzu kommt, dass die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre. Das FG hat die Klage nämlich nicht nur deshalb abgewiesen, weil es der Rechtsprechung des BFH hinsichtlich der Einordnung der Aufrechnungserklärung als nicht anfechtbare öffentlich-rechtliche Willenserklärung gefolgt ist. Es hat die Klage vielmehr —bei unterstelltem Vorliegen eines Verwaltungsakts— auch als unbegründet angesehen. Ist das Urteil des FG jedoch auf mehrere Erwägungen gestützt, von denen jede für sich genommen die Entscheidung trägt, so ist für jede dieser Erwägungen die Darlegung eines Zulassungsgrundes erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom I B 177/08, juris, und vom IV B 72/07, juris, jeweils m.w.N.).

9 Die Beschwerdebegründung der Klägerin enthält indes weder die Benennung eines Revisionszulassungsgrundes noch dessen schlüssige Darlegung zu der hilfsweisen Stützung des angefochtenen Urteils auf eine fehlende Begründetheit der Klage.

10 In diesem Zusammenhang führt die Klägerin im Kern lediglich aus, die für die Aufrechnung erforderliche Gegenseitigkeit sei deshalb nicht gegeben, weil ihr laufender Kindergeldanspruch ihren Sohn, die Rückforderung der Familienkasse dagegen ihre Tochter betreffe. Letztlich macht sie hiermit Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend. Damit wird jedoch in diesem Punkt kein Zulassungsgrund dargelegt, da solche Einwendungen nur im Rahmen einer Revisionsbegründung erheblich sein können und die Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht der Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile dient (vgl. Senatsbeschluss vom III B 133/08, juris, m.w.N.).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 1007 Nr. 6
UAAAD-82151