Gebrauchte Autoteile: Einfuhr in die Union durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer - Differenzbesteuerung oder normale Mehrwertsteuerregelung
Leitsatz
1. Art. 314 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die Differenzbesteuerung nicht auf Lieferungen von Gegenständen wie gebrauchten Autoteilen anwendbar ist, die ein der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegender steuerpflichtiger Wiederverkäufer selbst in die Union eingeführt hat.
2. Art. 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der das Recht des steuerpflichtigen Wiederverkäufers, die für die Einfuhr anderer Gegenstände als Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten in Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung entrichtete Mehrwertsteuer als Vorsteuer abzuziehen, erst bei der nachfolgenden, dieser Regelung unterliegenden Lieferung entsteht.
3. Die Art. 314 und 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 haben unmittelbare Wirkung, die es einem Einzelnen gestattet, sich vor einem nationalen Gericht auf sie mit dem Ziel zu berufen, dass eine mit diesen Bestimmungen unvereinbare nationale Regelung unangewandt bleibt.
Instanzenzug:
Gründe
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 311 Abs. 1 Nr. 1, 314 und 320 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Auto Nikolovi OOD (im Folgenden: Auto Nikolovi) und der Direktsia "Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto" - Varna (Direktion "Anfechtung und Vollzugsverwaltung", Varna) bei der Tsentralno upravlenie na Natsionalna agentsia za prihodite (Zentralverwaltung der Nationalen Agentur für Einnahmen) infolge der Weigerung dieser Behörde, Auto Nikolovi das Recht zuzuerkennen, die bei der Einfuhr gebrauchter Autoteile aus der Schweiz in die Union entrichtete Mehrwertsteuer unmittelbar als Vorsteuer abzuziehen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Der 51. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/112 lautet:
"Es sollte eine gemeinschaftliche Regelung für die Besteuerung auf dem Gebiet der Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Antiquitäten und Sammlungsstücke erlassen werden, um Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Steuerpflichtigen zu vermeiden."
Art. 30 Satz 1 dieser Richtlinie lautet:
"Als 'Einfuhr eines Gegenstands' gilt die Verbringung eines Gegenstands, der sich nicht im freien Verkehr im Sinne des Artikels 24 des Vertrags befindet, in die Gemeinschaft."
Für derartige Umsätze bestimmt Art. 70 der Richtlinie: "Steuertatbestand und Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Einfuhr des Gegenstands erfolgt."
In Art. 167 der Richtlinie heißt es: "Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht."
Art. 168 der Richtlinie 2006/112 bestimmt:
"Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
...
e) die Mehrwertsteuer, die für die Einfuhr von Gegenständen in diesem Mitgliedstaat geschuldet wird oder entrichtet worden ist."
Titel XII ("Sonderregelungen") der Richtlinie 2006/112 enthält ein Kapitel 4 ("Sonderregelungen für Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten"), das aus den Art. 311 bis 343 besteht.
In Art. 311 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 der Richtlinie heißt es:
"Für die Zwecke dieses Kapitels gelten unbeschadet sonstiger Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts folgende Begriffsbestimmungen:
1. 'Gebrauchtgegenstände' sind bewegliche körperliche Gegenstände, die keine Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten und keine Edelmetalle oder Edelsteine im Sinne der Definition der Mitgliedstaaten sind und die in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar sind;
...
5. 'steuerpflichtiger Wiederverkäufer' ist jeder Steuerpflichtige, der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zum Zwecke des Wiederverkaufs Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten kauft, seinem Unternehmen zuordnet oder einführt, gleich, ob er auf eigene Rechnung oder aufgrund eines Einkaufs- oder Verkaufskommissionsvertrags für fremde Rechnung handelt ..."
Art. 313 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:
"Die Mitgliedstaaten wenden auf die Lieferungen von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten durch steuerpflichtige Wiederverkäufer eine Sonderregelung zur Besteuerung der von dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer erzielten Differenz (Handelsspanne) gemäß diesem Unterabschnitt an."
Art. 314 der Richtlinie 2006/112 bestimmt:
"Die Differenzbesteuerung gilt für die Lieferungen von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer, wenn ihm diese Gegenstände innerhalb der Gemeinschaft von einer der folgenden Personen geliefert werden:
a) von einem Nichtsteuerpflichtigen;
b) von einem anderen Steuerpflichtigen, sofern die Lieferung des Gegenstands durch diesen anderen Steuerpflichtigen gemäß Artikel 136 von der Steuer befreit ist;
c) von einem anderen Steuerpflichtigen, sofern für die Lieferung des Gegenstands durch diesen anderen Steuerpflichtigen die Steuerbefreiung für Kleinunternehmen gemäß den Artikeln 282 bis 292 gilt und es sich dabei um ein Investitionsgut handelt;
d) von einem anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer, sofern die Lieferung des Gegenstands durch diesen anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer gemäß dieser Sonderregelung mehrwertsteuerpflichtig ist."
In Art. 316 Abs. 1 der Richtlinie heißt es:
"Die Mitgliedstaaten räumen den steuerpflichtigen Wiederverkäufern das Recht ein, die Differenzbesteuerung bei der Lieferung folgender Gegenstände anzuwenden:
a) Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten, die sie selbst eingeführt haben;
..."
Art. 319 der Richtlinie lautet: "Der steuerpflichtige Wiederverkäufer kann auf jede der Differenzbesteuerung unterliegende Lieferung die normale Mehrwertsteuerregelung anwenden."
Art. 320 der Richtlinie 2006/112 sieht vor:
"(1) Wendet der steuerpflichtige Wiederverkäufer die normale Mehrwertsteuerregelung an, ist er berechtigt, bei der Lieferung eines von ihm selbst eingeführten Kunstgegenstands, Sammlungsstücks oder einer Antiquität die für die Einfuhr dieses Gegenstands geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer als Vorsteuer abzuziehen.
...
(2) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht zu dem Zeitpunkt, zu dem der Steueranspruch für die Lieferung entsteht, für die der steuerpflichtige Wiederverkäufer die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung gewählt hat."
Nationales Recht
Das Mehrwertsteuergesetz (Zakon za danak varhu dobavenata stoynost, DV Nr. 63 vom , im Folgenden: MwStG) bestimmt in Art. 16 Abs. 1 seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung:
"Einfuhr von Gegenständen im Sinne dieses Gesetzes ist die Verbringung von Nichtgemeinschaftswaren ins Inland."
Art. 54 Abs. 1 MwStG sieht vor:
"Bei der Einfuhr von Gegenständen treten Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Verpflichtung zur Entrichtung von Einfuhrabgaben im Inland entsteht oder entstehen sollte, auch wenn die Schuld nicht existiert oder die Schuld null beträgt."
In Art. 68 MwStG heißt es:
"(1) Die Steuergutschrift ist der Steuerbetrag, den eine registrierte Person von ihren Steuerschulden nach diesem Gesetz für folgende Vorgänge abziehen kann:
...
3. eine von ihr durchgeführte Einfuhr;
...
(2) Das Recht auf Steuergutschrift entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer eintritt."
Nach Art. 69 Abs. 1 Nr. 2 MwStG kann eine registrierte Person, wenn die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke der von ihr bewirkten steuerbaren Lieferungen verwendet werden, die bei der Einfuhr von Gegenständen nach Art. 56 MwStG erhobene Steuer abziehen.
Die Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Steuergutschrift werden in Art. 71 MwStG genannt, der u. a. vorsieht:
"Die Person übt ihr Recht auf Steuergutschrift aus, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
...
3. Sie ist im Besitz einer Zollanmeldung, in der sie als Einführer angegeben wird, und die Steuer wurde nach Art. 90 Abs. 1 abgeführt (in den Fällen einer Einfuhr im Sinne von Art. 16)."
Art. 90 Abs. 1 MwStG sieht vor:
"In den von Art. 16 erfassten Fällen führt der Einführer von Gegenständen die tatsächlich von den Zollbehörden erhobene Steuer an den Haushalt der Republik ab ..."
In dem mit "Sonderregelung der Differenzbesteuerung" überschriebenen Kapitel des MwStG sieht Art. 143 Folgendes vor:
"(1) Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten für eine von einem Wiederverkäufer bewirkte Lieferung von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder Antiquitäten, die ihm im Inland geliefert wurden (einschließlich eingeführter Gegenstände) oder die ihm aus dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats geliefert wurden von
1. einem Nichtsteuerpflichtigen;
2. einem anderen Steuerpflichtigen im Rahmen einer nach Art. 50 steuerbefreiten Lieferung;
3. einem anderen Steuerpflichtigen, der nicht nach diesem Gesetz registriert ist;
4. einem anderen Wiederverkäufer, der die Sonderregelung der Differenzbesteuerung anwendet.
...
(3) Wiederverkäufer haben das Recht, die Bestimmungen dieses Kapitels auch anzuwenden auf die Lieferung von
1. Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder Antiquitäten, die sie eingeführt haben ..."
Art. 151 ("Wahlrecht") MwStG bestimmt:
"(1) Der Wiederverkäufer kann die normale gesetzliche Besteuerungsregelung auf die Lieferung von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten anwenden.
(2) Das Recht nach Abs. 1 wird von einer Person für jede einzelne Lieferung ausgeübt, indem in der ausgefertigten Rechnung nicht angegeben wird, dass die Sonderregelung nach diesem Kapitel angewandt wird.
...
(4) In den Fällen nach Abs. 2 entsteht das Recht auf Steuergutschrift für Gegenstände, die die Person erhalten oder eingeführt hat und auf die nicht die Sonderregelung der Differenzbesteuerung angewandt wird, in dem Steuerzeitraum, in dem der Steueranspruch für die nachfolgende Lieferung der Gegenstände entstanden ist, und wird in diesem Zeitraum ausgeübt."
§ 1 Nr. 19 der Ergänzenden Bestimmungen zum MwStG sieht vor:
"'Gebrauchtgegenstände' sind gebrauchte und individuell bestimmte bewegliche Gegenstände, die in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar sind und zu dem Zweck gebraucht werden können, für den sie geschaffen wurden. Keine Gebrauchtgegenstände sind:
a) Kunstgegenstände;
b) Sammlungsstücke;
c) Antiquitäten;
d) Edelmetalle und Edelsteine, unabhängig von ihrer jeweiligen Form."
§ 1 Nr. 23 der Ergänzenden Bestimmungen lautet: "Ein 'Wiederverkäufer von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten' ist ein Steuerpflichtiger, der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten zum Zweck des Wiederverkaufs ankauft, erwirbt oder einführt, auch wenn er als Kommissionär im Sinne des Handelsgesetzes tätig ist."
Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits und Vorlagefragen
Auto Nikolovi ist eine Gesellschaft mit Sitz in Silistra (Bulgarien), die hauptsächlich den Weiterverkauf von Gebrauchtwagen betreibt.
Im Juli 2008 wurde sie einer Steuerprüfung unterzogen, die sich u. a. auf die Mehrwertsteuerschuld für den Zeitraum zwischen dem und dem erstreckte.
Diese Prüfung führte zu einem Steuererhöhungsbescheid vom . Die zuständige Steuerbehörde stützte ihren Bescheid auf die Feststellung, dass sich bei der Prüfung eine Reihe gebrauchter Teile, die Auto Nikolovi aus der Schweiz eingeführt habe, noch immer in ihren Geschäftsräumen befunden habe und folglich nicht Gegenstand nachfolgender steuerbarer Lieferungen gewesen sei. Davon ausgehend, dass sich Auto Nikolovi für die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung entschieden habe, lehnte die Behörde es, gestützt auf Art. 151 Abs. 1 und 4 MwStG, ab, ihr das Recht auf eine Steuergutschrift in Höhe von 405,55 BGN für den Steuermonat April 2007 im Zusammenhang mit der bei der Einfuhr von Gebrauchtreifen entrichteten Mehrwertsteuer und in Höhe von 375,31 BGN für den Steuermonat Juli 2007 im Zusammenhang mit der bei der Einfuhr gebrauchter Reifen und Felgen, eines gebrauchten Wagenhebers und gebrauchter Stoßstangen entrichteten Mehrwertsteuer zuzuerkennen.
Auto Nikolovi legte gegen diesen Steuererhöhungsbescheid beim Leiter der Direktsia "Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto" - Varna Einspruch ein und machte dabei im Wesentlichen geltend, dass die betreffenden Gegenstände nicht unter den Begriff "Gebrauchtgegenstände" im Sinne von § 1 Nr. 19 der Ergänzenden Bestimmungen zum MwStG fielen, so dass die Bestimmungen dieses Gesetzes über Gebrauchtgegenstände im vorliegenden Fall keine Anwendung fänden.
Dieser Einspruch wurde durch Bescheid vom mit der Begründung zurückgewiesen, dass Auto Nikolovi Handel mit Gebrauchtgegenständen betreibe und sich entschieden habe, die Lieferungen dieser Gegenstände der normalen Mehrwertsteuerregelung zu unterwerfen.
Auto Nikolovi focht diese Entscheidung vor dem Administrativen sad Varna (Verwaltungsgericht Varna) an. Sie machte im Wesentlichen geltend, dass in ihrem Fall nicht die Differenzbesteuerung zur Anwendung komme, da sich diese nach Art. 314 der Richtlinie 2006/112 und entgegen Art. 143 Abs. 1 MwStG nicht auf Lieferungen von Gegenständen erstrecke, die der Wiederverkäufer selbst eingeführt habe. Daher sei sie unter den Voraussetzungen von Art. 71 Abs. 1 MwStG zur Ausübung des Rechts auf Steuergutschrift berechtigt.
Mit Urteil vom hob der Administrativen sad Varna den Bescheid vom insoweit auf, als Auto Nikolovi darin kein Recht auf Steuergutschrift für die von ihr eingeführten gebrauchten Reifen, Felgen und einen Wagenheber zuerkannt worden war.
Der Administrativen sad Varna entschied, dass diese Gegenstände keine Gebrauchtgegenstände im Sinne des MwStG seien, da sie Gattungsgegenstände darstellten und keine individuell durch Merkmale, die ihre Unterscheidung von anderen Gegenständen derselben Gattung ermöglichten, gekennzeichneten Gegenstände. Daher war er nach Art. 54 in Verbindung mit Art. 68 Abs. 1 und 2 MwStG der Auffassung, dass Auto Nikolovi für die genannten Einfuhren im letzten Monat des Einfuhrverfahrens rechtmäßig ihr Recht auf Steuergutschrift ausgeübt habe.
Der Leiter der Direktsia "Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto" - Varna erhob gegen dieses Urteil beim Varhoven administrativen sad (Oberster Verwaltungsgerichtshof) Kassationsbeschwerde.
Dem vorlegenden Gericht, das von der Feststellung ausgeht, dass Auto Nikolovi steuerpflichtiger Wiederverkäufer ist, stellen sich bei der Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit verschiedene Fragen.
Es hegt Zweifel hinsichtlich der Einstufung der betreffenden Gegenstände als "Gebrauchtgegenstände", da bei der Definition dieser Gegenstände in § 1 Nr. 19 der Ergänzenden Bestimmungen zum MwStG im Unterschied zu der in Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112 enthaltenen Definition von "individuell bestimmten" Gebrauchtgegenständen die Rede sei. Insoweit stellt sich ihm die Frage, ob es den Mitgliedstaaten freisteht, den Begriff "Gebrauchtgegenstände" selbst zu definieren.
Sollte es sich bei den betreffenden Gegenständen um Gebrauchtgegenstände handeln, möchte das Gericht wissen, ob die Differenzbesteuerung auf die vorliegende Rechtssache anwendbar sei, in der für die Person, die nach dem MwStG zum Abzug der bei der Einfuhr entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt sei, nicht die Gefahr einer Doppelbesteuerung bestehe.
Sollte die Differenzbesteuerung auf die Ausgangsrechtssache anwendbar sein, möchte das Gericht wissen, ob eine gesetzliche Bestimmung, die das Recht einer Person auf Gutschrift der bei der Einfuhr entrichteten Mehrwertsteuer auf den Zeitraum verschiebe, in dem die eingeführten Gebrauchtgegenstände Gegenstand nachfolgender steuerbarer Lieferungen geworden seien, mit den sich aus den Art. 319 und 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 ergebenden strengen Anwendungsvoraussetzungen eines solchen Aufschubs vereinbar sei.
Sollte ein solcher Aufschub nicht die Einfuhr von Gebrauchtgegenständen durch den Wiederverkäufer selbst betreffen, stellt sich das Gericht die Frage, ob den Art. 314 Buchst. a bis d und 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 unmittelbare Wirkung beizumessen sei, die es erlaube, unter Berufung auf diese Vorschriften entgegenstehende nationale Bestimmungen unangewendet zu lassen.
Vor diesem Hintergrund hat der Varhoven administrativen sad beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Umfasst der Begriff "Gebrauchtgegenstände" in Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112 auch gebrauchte bewegliche Gegenstände, die nicht (durch Marke, Modell, Seriennummer, Herstellungsjahr usw.) so stark individualisiert sind, dass sie sich von anderen Gegenständen derselben Gattung unterscheiden, sondern anhand von Gattungsmerkmalen bestimmt werden?
2. Wird den Mitgliedstaaten mit der Wendung "im Sinne der Definition der Mitgliedstaaten" in Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112 die Möglichkeit gewährt, selbst den Begriff "Gebrauchtgegenstände" zu definieren, oder muss die Definition dieses Begriffs in der Richtlinie strikt im nationalen Gesetz wiedergegeben werden?
3. Entspricht das in eine nationale Bestimmung aufgenommene Erfordernis, dass Gebrauchtgegenstände individuell bestimmt sind, Inhalt und Sinn der gemeinschaftsrechtlichen Definition der "Gebrauchtgegenstände"?
4. Ist im Hinblick auf den 51. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/112 davon auszugehen, dass die in Art. 314 der Richtlinie enthaltene Formulierung "wenn ihm diese Gegenstände innerhalb der Gemeinschaft ... geliefert werden" auch die Einfuhr von Gebrauchtgegenständen durch den steuerpflichtigen Wiederverkäufer selbst umfasst?
5. Falls die Differenzbesteuerung auch auf die Lieferung von Gebrauchtgegenständen durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer, der diese Gegenstände selbst eingeführt hat, anwendbar ist: Muss die Person, von der der steuerpflichtige Wiederverkäufer diese Gegenstände erhalten hat, zu einer der in Art. 314 Buchst. a, b, c und d genannten Personengruppen gehören?
6. Ist die in Art. 320 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 enthaltene Aufzählung von Gegenständen erschöpfend?
7. Ist Art. 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Bestimmung entgegensteht, wonach das Recht des steuerpflichtigen Wiederverkäufers auf Gutschrift der von ihm bei der Einfuhr von Gebrauchtgegenständen entrichteten Mehrwertsteuer in dem Zeitraum entsteht und ausgeübt wird, in dem diese Gegenstände im Rahmen einer nachfolgenden steuerbaren Lieferung geliefert wurden, auf die der steuerpflichtige Wiederverkäufer die normale Besteuerungsregelung anwendet?
8. Haben die Art. 314 Buchst. a bis d und 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 unmittelbare Wirkung, und kann sich das nationale Gericht in einem Fall wie dem vorliegenden direkt auf sie berufen?
Zu den Vorlagefragen
Zur vierten Frage
Mit der vierten Frage, die als erste zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 314 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass die Differenzbesteuerung auf Lieferungen von Gebrauchtgegenständen anzuwenden ist, die der steuerpflichtige Wiederverkäufer selbst in die Union eingeführt hat.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass bei der Bestimmung der Bedeutung einer Vorschrift des Unionsrechts sowohl deren Wortlaut als auch ihr Ziel und ihr Kontext zu berücksichtigen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Jyske Finans, C-280/04, Slg. 2005, I-10683, Randnr. 34, und vom , Feltgen und Bacino Charter Company, C-116/10, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 12).
Im vorliegenden Fall ist zunächst der Europäischen Kommission beizupflichten, dass der Satzteil "wenn ihm diese Gegenstände innerhalb der Gemeinschaft ... geliefert werden" in Art. 314 der Richtlinie 2006/112 eindeutig den Fall betrifft, dass die fraglichen Gegenstände vor ihrem Wiederverkauf durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer Gegenstand einer innerstaatlichen oder innergemeinschaftlichen Lieferung im Sinne dieser Richtlinie an den Betreffenden waren.
Aus dem Aufbau und der allgemeinen Systematik der Richtlinie 2006/112, insbesondere aus der Einteilung der steuerbaren Umsätze in ihrem Titel IV, geht aber hervor, dass die "Lieferung von Gegenständen" insbesondere von der "Einfuhr von Gegenständen" in die Union aus einem Drittland zu unterscheiden ist. Daraus folgt, dass sich der in der vorstehenden Randnummer angeführte Satzteil nicht auf Gegenstände beziehen kann, die der steuerpflichtige Wiederverkäufer selbst aus einem Drittland in die Union eingeführt hat.
Wie die Direktsia "Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto" - Varna ausführt, ist zwar nach der einleitenden Definition in Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112 unter einem "steuerpflichtigen Wiederverkäufer" im Allgemeinen jeder Steuerpflichtige zu verstehen, der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten "zum Zwecke des Wiederverkaufs ... kauft, seinem Unternehmen zuordnet oder einführt".
Jedoch ändert diese Definition, die die Vielzahl der nacheinander durch die Bestimmungen des Kapitels der Richtlinie 2006/112, das den auf diese Gegenstände anwendbaren Sonderregelungen gewidmet ist, geregelten Fälle abdecken soll, nichts an der Feststellung, dass der Geltungsbereich von Art. 314 dieser Richtlinie seinerseits auf den Wiederverkauf von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder Antiquitäten beschränkt ist, die dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer in der Union zuvor "geliefert" wurden.
Sodann ist daran zu erinnern, dass die Regelung über die Besteuerung der Handelsspanne des steuerpflichtigen Wiederverkäufers bei der Lieferung von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder Antiquitäten eine von der allgemeinen Regelung der Richtlinie 2006/112 abweichende Mehrwertsteuersonderregelung darstellt, die wie die anderen in dieser Richtlinie vorgesehenen Sonderregelungen nur in dem zur Erreichung ihres Ziels notwendigen Maß angewandt werden soll (vgl. Urteil Jyske Finans, Randnr. 35).
Wie dem 51. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/112 zu entnehmen ist, besteht das Ziel der Differenzbesteuerung darin, Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Steuerpflichtigen im Bereich der Gebrauchtgegenstände zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Stenholmen, C-320/02, Slg. 2004, I-3509, Randnr. 25, und Jyske Finans, Randnrn. 37 und 41).
Würde bei der Lieferung eines Gebrauchtgegenstands durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer der Gesamtpreis besteuert, obwohl der Preis, zu dem der Wiederverkäufer den Gegenstand erworben hat, einen Mehrwertsteuerbetrag enthält, der bereits im Vorfeld durch eine Person, die unter eine der in Art. 314 Buchst. a bis d der Richtlinie bezeichneten Kategorien fällt, entrichtet wurde und der weder von dieser Person noch vom steuerpflichtigen Wiederverkäufer als Vorsteuer abgezogen werden konnte, so hätte dies nämlich eine solche Doppelbesteuerung zur Folge (vgl. in diesem Sinne Urteile Stenholmen, Randnr. 25, und Jyske Finans, Randnr. 38).
Verkauft jedoch ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze Gegenstände der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art, die er selbst eingeführt hat, wobei er in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegt und daher nach Art. 168 Buchst. d der Richtlinie 2006/112 berechtigt ist, die für diese eingeführten Gegenstände geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer als Vorsteuer abzuziehen, besteht, wie die Kommission hervorhebt, keine Gefahr der Doppelbesteuerung, die die Anwendung der Ausnahmeregelung der Differenzbesteuerung rechtfertigen könnte.
Hierzu ist festzustellen, dass es in der Begründung des von der Kommission dem Rat der Europäischen Union am vorgelegten Vorschlags für eine Richtlinie zur Ergänzung des Gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Artikel 32 und 28 der Richtlinie 77/388/EWG - Sonderregelung für Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Antiquitäten und Sammlungsstücke (ABl. 1989, C 76, S. 10) ausdrücklich heißt, dass bei der Einfuhr von Gegenständen durch den steuerpflichtigen Wiederverkäufer, der dabei der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegt, das Recht auf Vorsteuerabzug die Gefahr einer Doppelbesteuerung ausschließt, so dass kein Grund vorliegt, anstelle dieser normalen Regelung die Sonderregelung der Differenzbesteuerung anzuwenden.
Schließlich wird die Unanwendbarkeit der letztgenannten Regelung unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens durch Art. 316 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 bestätigt. Diese Bestimmung, die festlegt, bei welchen Lieferungen vom steuerpflichtigen Wiederverkäufer selbst eingeführter Gegenstände ihm die Mitgliedstaaten ein Wahlrecht in Bezug auf die Anwendung dieser Regelung einräumen müssen, bezieht sich nämlich auf die Lieferungen von "Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten", nicht aber von Gegenständen wie den durch Auto Nikolovi eingeführten.
Folglich ist die Differenzbesteuerung unabhängig davon, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Gegenstände unter den Begriff "Gebrauchtgegenstände" im Sinne von Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112 fallen, jedenfalls nicht anwendbar auf Lieferungen von Gegenständen der vorliegenden Art, die ein der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegender steuerpflichtiger Wiederverkäufer selbst in die Union eingeführt hat.
Daher ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 314 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass die Differenzbesteuerung nicht auf Lieferungen von Gegenständen wie gebrauchten Autoteilen anwendbar ist, die ein der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegender steuerpflichtiger Wiederverkäufer selbst in die Union eingeführt hat.
Unter diesen Umständen sind die ersten drei Fragen und die fünfte Frage nicht zu beantworten.
Zur sechsten und zur siebten Frage
Mit seiner sechsten und seiner siebten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der das Recht des steuerpflichtigen Wiederverkäufers, die für die Einfuhr anderer Gegenstände als Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten entrichtete Mehrwertsteuer als Vorsteuer abzuziehen, erst bei der nachfolgenden, der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegenden Lieferung entsteht.
Hierzu geht aus dem Wortlaut dieser beiden Bestimmungen eindeutig hervor, dass - abgesehen von dem hier nicht einschlägigen, von Art. 320 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/112 erfassten Fall - die Regel, wonach das Recht auf Vorsteuerabzug, abweichend von der in den Art. 167 ff. dieser Richtlinie enthaltenen normalen Regelung des unmittelbaren Vorsteuerabzugs, zum Zeitpunkt der nachfolgenden steuerbaren Lieferung entsteht, nur anwendbar ist, wenn der steuerpflichtige Wiederverkäufer für die "Lieferung eines von ihm selbst eingeführten Kunstgegenstands, Sammlungsstücks oder einer Antiquität" die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung "gewählt hat", statt die vom nationalen Recht im Einklang mit Art. 316 der Richtlinie eröffnete Möglichkeit zu nutzen, auf eine solche Lieferung die Differenzbesteuerung anzuwenden.
Wie die Kommission hervorhebt, wird diese grammatikalische Auslegung durch das mit der abweichenden Regelung verfolgte Ziel bestätigt. Dieses besteht darin, die Betrugsgefahr zu bannen, die Fällen innewohnt, in denen der steuerpflichtige Wiederverkäufer, der die Wahl zwischen der Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung und der Differenzbesteuerung hat, bei der Einfuhr angibt, die normale Regelung zu wählen, um sofort in den Genuss des Rechts auf vollständigen Abzug der für die Einfuhr geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer als Vorsteuer zu kommen, und dann auf Kunstgriffe zurückgreift, um den nachfolgenden Weiterverkauf der eingeführten Gegenstände der Differenzbesteuerung zu unterwerfen.
Ist dagegen - wie im Ausgangsverfahren - die Anwendung der Differenzbesteuerung, wie sich aus der Antwort auf die vierte Frage ergibt, ausgeschlossen, so dass auch keine Wahlmöglichkeit zwischen der Anwendung dieser Regelung und der normalen Mehrwertsteuerregelung besteht, so gibt es keine Betrugsgefahr, die eine Nichtanwendung der normalen Vorsteuerabzugsregelung rechtfertigen könnte.
Daher ist auf die sechste und die siebte Frage zu antworten, dass Art. 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der das Recht des steuerpflichtigen Wiederverkäufers, die für die Einfuhr anderer Gegenstände als Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten in Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung entrichtete Mehrwertsteuer als Vorsteuer abzuziehen, erst bei der nachfolgenden, dieser Regelung unterliegenden Lieferung entsteht.
Zur achten Frage
Mit seiner achten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 314 und Art. 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 unmittelbare Wirkung haben, so dass es möglich ist, sich in einem Rechtsstreit wie dem des Ausgangsverfahrens auf sie zu berufen.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Einzelne in all den Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen kann, wenn der Staat die Richtlinie nicht fristgemäß oder unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat (vgl. Urteile vom , Flughafen Köln/Bonn, C-226/07, Slg. 2008, I-5999, Randnr. 23, vom , Cobelfret, C-138/07, Slg. 2009, I-731, Randnr. 58, und vom , Fuß, C-243/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 56).
Was Art. 314 der Richtlinie 2006/112 betrifft, so geht die Abgrenzung der Fälle, in denen die Differenzbesteuerung zur Anwendung kommt, aus seinem eindeutigen Wortlaut hervor und bedarf keines weiteren Tätigwerdens der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten.
In Art. 320 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie sind in klarer und nicht an Bedingungen geknüpfter Weise die eingeführten Gegenstände festgelegt, deren nachfolgende Lieferung unter der normalen Mehrwertsteuerregelung dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer ein Recht auf Abzug der für die Einfuhr geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer als Vorsteuer verschafft. Art. 320 Abs. 2 der Richtlinie umschreibt in gleicher Weise den Geltungsbereich der Regel des Aufschubs des Rechts auf Vorsteuerabzug.
Da die Art. 314 und 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 somit inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, ermöglicht es ihre an diese Feststellung anknüpfende unmittelbare Wirkung einem Einzelnen, sich vor den nationalen Gerichten in einem Rechtsstreit, den er wie im Ausgangsverfahren mit einer nationalen Zollbehörde führt, auf diese Bestimmungen mit dem Ziel zu berufen, dass eine mit ihnen unvereinbare nationale Regelung unangewandt bleibt (vgl. in diesem Sinne Urteil Flughafen Köln/Bonn, Randnr. 39).
Daher ist auf die achte Frage zu antworten, dass die Art. 314 und 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 unmittelbare Wirkung haben, die es einem Einzelnen gestattet, sich vor einem nationalen Gericht auf sie mit dem Ziel zu berufen, dass eine mit diesen Bestimmungen unvereinbare nationale Regelung unangewandt bleibt.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 314 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die Differenzbesteuerung nicht auf Lieferungen von Gegenständen wie gebrauchten Autoteilen anwendbar ist, die ein der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegender steuerpflichtiger Wiederverkäufer selbst in die Union eingeführt hat.
2. Art. 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der das Recht des steuerpflichtigen Wiederverkäufers, die für die Einfuhr anderer Gegenstände als Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten in Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung entrichtete Mehrwertsteuer als Vorsteuer abzuziehen, erst bei der nachfolgenden, dieser Regelung unterliegenden Lieferung entsteht.
3. Die Art. 314 und 320 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 haben unmittelbare Wirkung, die es einem Einzelnen gestattet, sich vor einem nationalen Gericht auf sie mit dem Ziel zu berufen, dass eine mit diesen Bestimmungen unvereinbare nationale Regelung unangewandt bleibt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
FAAAD-75670