Instanzenzug: ArbG Gießen Az: 6 Ca 73/08 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 13 Sa 1472/08 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin eine Abfindung nach dem Tarifvertrag vom über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) in rechnerisch unstreitiger Höhe von 3.009,02 Euro brutto zusteht.
2Die 1943 geborene Klägerin war seit dem bei den US-Stationierungsstreitkräften in G gegen eine monatliche Bruttovergütung iHv. zuletzt 1.504,51 Euro als Bürogehilfin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden ua. die Bestimmungen des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom (TV AL II), des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom (TV Soziale Sicherung) und des SchutzTV Anwendung.
Das Department of the Army, US Army Installation Management Command Headquarters, United States Army Garrison, G (Department of the Army), kündigte mit einem Schreiben vom das Arbeitsverhältnis ordentlich wegen Schließung der Beschäftigungsdienststelle und Wegfalls des Arbeitsplatzes der Klägerin aus dringenden betriebsbedingten Gründen zum . Die Klägerin wurde in dem Kündigungsschreiben unter der Überschrift „Abfindungsanspruch wegen betriebsbedingter Kündigung gemäß § 1a KSchG“ darauf hingewiesen, dass sie bei Verstreichenlassen der dreiwöchigen Klagefrist eine Abfindung beanspruchen kann, die Höhe der Abfindung mindestens 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses beträgt und Zeiträume von mehr als sechs Monaten in diesem Zusammenhang auf ein Jahr aufgerundet werden. Zur Höhe der Abfindung nach § 1a KSchG und zur Abfindung gemäß § 7 SchutzTV heißt es in dem Kündigungsschreiben ferner:
Der SchutzTV regelt ua.:
§ 2 TV Soziale Sicherung bestimmt ua.:
6Die Klägerin erhob keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom nicht aufgelöst ist. Sie erhielt mit der Vergütung für Oktober 2007 eine Abfindung iHv. 21.815,38 Euro brutto. Dieser Abfindungsbetrag entspricht dem im Kündigungsschreiben genannten zuzüglich einer 1,7%igen Tariferhöhung. Mit einem Schreiben vom verlangte die Klägerin ohne Erfolg gemäß § 7 Ziff. 2 SchutzTV bis zum die Zahlung von zwei Bruttomonatsgehältern als weitere Abfindung iHv. 3.009,02 Euro brutto.
7Die Klägerin hat gemeint, die Abgeltungsklausel im Kündigungsschreiben stehe ihrem Anspruch auf die tariflich vorgesehene Abfindung nicht entgegen. Es handele sich nicht um eine vertragliche, sondern eine unverbindliche einseitige Erklärung des Departments of the Army. Da die Abfindungsangebote in den Kündigungsschreiben letztlich aufgrund von Verhandlungen mit den jeweiligen Betriebsvertretungen zustande gekommen seien, sozusagen als Ersatz für den nach dem Gesetz nicht durchsetzbaren Sozialplan, die ihr gezahlte Abfindung somit eine Sozialplanabfindung ersetzt habe, sei der Ausschlusstatbestand des § 7 Ziff. 7 SchutzTV nicht erfüllt. Diese Vorschrift erfasse keine Sozialplanabfindungen. Aus der Regelung in § 7 Ziff. 7 SchutzTV werde deutlich, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht jede anderweitige Abfindungsregelung den Verlust des tariflichen Abfindungsanspruchs bewirken solle. § 7 Ziff. 7 SchutzTV sei eng am Wortlaut auszulegen. Abfindungen aus einem gerichtlichen Urteil oder aus einem von den Parteien geschlossenen Vergleich hätten gemeinsam, dass sie nach gerichtlichen oder außergerichtlichen Verhandlungen festgelegt würden. Eine Abfindung nach § 1a KSchG lege der Arbeitgeber einseitig fest. Die Höhe der Abfindung müsse zwar den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, nicht jedoch den Umständen des Einzelfalls.
Die Klägerin hat beantragt,
9Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, § 7 Ziff. 7 SchutzTV schlösse den Anspruch der Klägerin auf eine weitere Abfindung aus. Ein Verständnis, Abfindungen nach § 1a KSchG würden im Gegensatz zu Abfindungen aus einem Urteil oder einem Vergleich von § 7 Ziff. 7 SchutzTV nicht erfasst, würde die Intention des Gesetzgebers, Kündigungsschutzprozesse zu vermeiden, konterkarieren, weil dann erst ein Kündigungsschutzprozess geführt werden müsse, bevor § 7 Ziff. 7 SchutzTV zur Anwendung kommen könnte. Maßgebend sei, dass der in § 1a KSchG vorgesehene Abfindungsanspruch die wirtschaftlichen Nachteile des Arbeitsplatzverlustes ausgleichen solle und die in dieser Vorschrift geregelte Abfindung ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung entspreche.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren tariflichen Abfindungsanspruch weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Gründe
11Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht über die ihr gezahlte Abfindung iHv. 21.815,38 Euro brutto hinaus keine weitere Abfindung zu.
12I. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 3.009,20 Euro (richtig wohl 3.009,02 Euro) brutto als weitere Abfindung folgt nicht aus § 2 Ziff. 1, § 7 Ziff. 2 SchutzTV iVm. § 2 Ziff. 1 TV Soziale Sicherung. Zwar besteht kein Streit darüber, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Departments of the Army vom aus den in § 2 Ziff. 1 TV Soziale Sicherung genannten Gründen zum beendet worden ist. Unstreitig ist auch, dass die anderen in § 7 Ziff. 2 SchutzTV genannten Voraussetzungen für den Anspruch auf eine einmalige Abfindung iHv. zwei Monatsbeträgen des letzten regelmäßigen Arbeitsverdienstes erfüllt sind. Die Parteien streiten nur darüber, ob der Ausschlusstatbestand in § 7 Ziff. 7 SchutzTV den Anspruch der Klägerin auf die in § 7 Ziff. 2 SchutzTV vorgesehene Abfindung hindert. Dies ist entgegen der Ansicht der Klägerin der Fall.
13II. § 7 Ziff. 7 SchutzTV regelt, dass auf die Abfindungszahlung kein Anspruch besteht, wenn dem Arbeitnehmer durch Urteil oder Vergleich eine Abfindung wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zugesprochen worden ist.
141. Die Vorschrift enthält damit ihrem Wortlaut nach keine Auffangregel, nach der alle Abfindungen, die dem Arbeitnehmer aus einem anderen Rechtsgrund zustehen, den Anspruch auf die tarifliche Abfindung ausschließen. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien des SchutzTV durch die Nennung konkreter Rechtsgrundlagen für die Abfindung die Ausschließungsgründe bestimmt und abschließend festgelegt, dass die tarifliche Abfindungszahlung nicht zusteht, wenn dem Arbeitnehmer durch Urteil oder Vergleich eine Abfindung wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zugesprochen worden ist.
152. Der Wortlaut des § 7 Ziff. 7 SchutzTV würde aber nur dann zu der Annahme zwingen, dass die in § 7 Ziff. 2 SchutzTV vorgesehene Abfindung zusätzlich zu der nach § 1a KSchG zustehenden Abfindung zu zahlen ist, wenn die Tarifvertragsparteien des SchutzTV die Ausschließungsgründe für den Abfindungsanspruch in Kenntnis der in § 1a KSchG getroffenen Regelung festgelegt und bewusst von einer Aufnahme der in § 1a KSchG vorgesehenen Abfindung in den Katalog der Ausschließungsgründe abgesehen hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall. § 1a KSchG ist erst am in Kraft getreten. Die in dieser Vorschrift getroffene Regelung war für die Tarifvertragsparteien bei Abschluss des SchutzTV am auch nicht absehbar.
163. Allerdings rechtfertigt die fehlende Kenntnis bzw. Absehbarkeit der in § 1a KSchG getroffenen Regelung bei Abschluss des SchutzTV allein noch nicht den Schluss, dass die Tarifvertragsparteien des SchutzTV vereinbart hätten, dass eine Abfindung nach § 1a KSchG den Anspruch auf die tarifliche Abfindung ausschließt, wenn diese Bestimmung bereits bei Abschluss des SchutzTV gegolten hätte. Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags hat daher außer Betracht zu bleiben, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung einer ergänzenden Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt (Senat - 6 AZR 451/97 - BAGE 91, 358) oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist ( - AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 41 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 31). In einem solchen Fall haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Möglichkeit und die Pflicht, eine Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben ( - BAGE 110, 208, 216). Auch haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren (vgl. Senat - 6 AZR 365/06 - Rn. 20, ZTR 2007, 365; - 6 AZR 101/03 - BAGE 110, 277, 284; - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 276 = EzBAT BAT §§ 22, 23 A. Allgemein-Lückenausfüllung Nr. 1; - 2 AZR 323/84 (A) - BAGE 67, 342). Diese Möglichkeit scheidet erst aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. Senat - 6 AZR 101/03 - aaO; - 6 AZR 451/97 - BAGE 91, 358, 367). Als Mittel der Lückenschließung kommen - wie bei Gesetzen - Analogie, Umkehrschluss und teleologische Reduktion in Betracht (Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 1 TVG Rn. 1040 mwN).
174. Daran gemessen gibt es hinreichend klare Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien des SchutzTV bei einem Anspruch des Arbeitnehmers auf Abfindung nach § 1a KSchG den tariflichen Abfindungsanspruch ausgeschlossen hätten, wenn die in dieser Vorschrift getroffene Abfindungsregelung bereits bei Abschluss des SchutzTV gegolten hätte oder absehbar gewesen wäre. Für diesen mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien spricht, dass sich der Zweck und die Ausgestaltung der Abfindung, die einem Arbeitnehmer nach § 1a KSchG zusteht, in aller Regel nicht wesentlich von dem Zweck und der Ausgestaltung einer von den Arbeitsvertragsparteien in einem Vergleich vereinbarten Abfindung unterscheidet.
18a) Nach der Legaldefinition in § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Kündigt ein Arbeitgeber im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ein Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen, ist der Arbeitnehmer, wenn er die Kündigung für unwirksam hält oder an deren Wirksamkeit jedenfalls zweifelt, in der Praxis regelmäßig nur dann bereit, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung anzuerkennen, wenn ihm der Arbeitgeber im Wege eines Vergleichs für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung zusagt. Die Höhe der in einem Abfindungsvergleich zugesagten Abfindung wird häufig nach einer sog. „Faustformel“ unter Zugrundelegung des Monatsverdienstes des Arbeitnehmers und der Anzahl der Beschäftigungsjahre, gegebenenfalls unter Berücksichtigung weiterer Umstände, wie zB Prozessrisiken, ermittelt (vgl. MüArbR/Berkowsky 3. Aufl. § 129 Rn. 17). Eine von den Arbeitsvertragsparteien in einem Abfindungsvergleich vereinbarte Abfindung bezweckt damit einerseits die Vermeidung des Risikos für den Arbeitgeber, dass sich die Kündigung in einem Kündigungsschutzprozess als unwirksam erweisen könnte. Andererseits soll die Abfindung die mit dem Verlust des Arbeitsplatzes für den Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen oder jedenfalls abmildern (vgl. zu diesen Funktionen einer individualrechtlichen Abfindung - BAGE 115, 68, 74). Nach Erklärung einer Kündigung durch den Arbeitgeber sind Abfindungsvergleiche zur Vermeidung oder Beendigung eines Kündigungsrechtsstreits zulässig. Dem Arbeitnehmer bleibt die freie Entscheidung, ob er sein Klagerecht (weiter)verfolgt oder für die Nichtwahrnehmung dieser Möglichkeit als Gegenleistung des Arbeitgebers eine Abfindung erhält ( - Rn. 33, BAGE 120, 281).
19b) Die in § 1a KSchG geregelte Abfindung entspricht ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung ( - BAGE 115, 68, 74).
20aa) Dafür ist zunächst der Normzweck maßgebend. Mit der Regelung in § 1a KSchG wollte der Gesetzgeber eine „einfach zu handhabende, moderne und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess“ schaffen (vgl. BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Die formalisierten Voraussetzungen für den Abfindungsanspruch und die gesetzlich festgelegte Höhe der Abfindung sollen es den Arbeitsvertragsparteien erleichtern, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach arbeitgeberseitiger betriebsbedingter Kündigung außergerichtlich kostengünstig zu klären. Mit der Einfügung des am in Kraft getretenen § 1a in das Kündigungsschutzgesetz durch Art. 1 des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom (BGBl. I S. 3002) war die Erwartung verbunden, dass Arbeitgeber bereit sein würden, die gesetzlich vorgegebene Abfindungssumme zu zahlen, wenn sie Risiken und Kosten eines Kündigungsschutzprozesses in Betracht zögen, und Arbeitnehmer, die an ihrem Arbeitsverhältnis nicht zwingend festhalten wollen, die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses akzeptieren würden, wenn sie den im Gesetz vorgesehenen Abfindungsbetrag erhielten (vgl. BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Damit verfolgen die in § 1a KSchG geregelte und die in einem Vergleich der Arbeitsvertragsparteien vereinbarte Abfindung denselben Zweck. Beide Abfindungen dienen der Vermeidung der für den Arbeitgeber mit einem Kündigungsrechtsstreit verbundenen Risiken und dem Ausgleich oder der Abmilderung der für den Arbeitnehmer mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen wirtschaftlichen Nachteile.
21bb) Auch bezüglich der Ausgestaltung der in § 1a KSchG geregelten und der in einem Vergleich der Arbeitsvertragsparteien vereinbarten Abfindung bestehen keine Unterschiede solcher Art und von solchem Gewicht, dass sie der Annahme entgegenstehen, die Tarifvertragsparteien des SchutzTV hätten bei einem Anspruch des Arbeitnehmers auf Abfindung nach § 1a KSchG den tariflichen Abfindungsanspruch ausgeschlossen, wenn die in dieser Vorschrift getroffene Abfindungsregelung bereits bei Abschluss des SchutzTV gegolten hätte oder absehbar gewesen wäre. Allerdings muss eine in einem Abfindungsvergleich vereinbarte Abfindung anders als die nach § 1a KSchG zustehende Abfindung nicht mindestens 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses betragen. Den Arbeitsvertragsparteien steht es frei, in einem Vergleich auch einen höheren oder niedrigeren Abfindungsbetrag zu vereinbaren. Dieser Unterschied hindert eine Gleichstellung beider Abfindungen in Bezug auf den Ausschluss des tariflichen Abfindungsanspruchs jedoch nicht. Denn § 7 Ziff. 7 SchutzTV knüpft den Ausschluss des tariflichen Abfindungsanspruchs nicht an eine bestimmte Mindesthöhe der in einem Vergleich vereinbarten Abfindung. § 1a KSchG schließt von dieser Vorschrift abweichende Abfindungsvereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien im Zusammenhang mit einer betriebsbedingten Kündigung auch nicht aus. Der Arbeitgeber kann einen Hinweis nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG unterlassen und dem Arbeitnehmer stattdessen einen beliebigen, auch niedrigeren Betrag als Abfindung für den Fall anbieten, dass er keine Kündigungsschutzklage erhebt ( - Rn. 18 mwN, BAGE 123, 121). Wenn aber auch ein Abfindungsvergleich, der zB eine Abfindung iHv. 0,25 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses vorsieht, nach dem Willen der Tarifvertragsparteien des SchutzTV den tariflichen Abfindungsanspruch ausschließt, ist anzunehmen, dass dies erst recht bei einer höheren Abfindung wie der in § 1a KSchG geregelten Abfindung der Fall sein soll.
22c) Für das Verständnis, dass die in § 1a KSchG geregelte Abfindung ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung entspricht, ist der Streit im Schrifttum über die Rechtsnatur des Abfindungsanspruchs nach § 1a KSchG ohne Bedeutung (vgl. dazu die Nachweise im Urteil des Ersten Senats des - Rn. 24, BAGE 123, 121 und in KR/Spilger 9. Aufl. § 1a KSchG Rn. 34 ff.). Ob der Anspruch auf Abfindung nach § 1a KSchG durch zweiseitiges Rechtsgeschäft aufgrund eines vom Arbeitnehmer durch Verstreichenlassen der Klagefrist konkludent angenommenen Angebots des Arbeitgebers zustande kommt (vgl. v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 1a Rn. 8) oder durch einseitiges Rechtsgeschäft aufgrund einer entsprechenden Willenserklärung des Arbeitgebers, zu der das Verstreichenlassen der Klagefrist als rein tatsächlicher Umstand hinzutritt (vgl. ErfK/Oetker 10. Aufl. § 1a KSchG Rn. 8 und 13), begründet wird oder ob es sich um einen gesetzlichen Abfindungsanspruch handelt (vgl. KR/Spilger aaO; HWK/Quecke 4. Aufl. § 1a KSchG Rn. 5), wovon die Gesetzesbegründung ausgeht (vgl. BT-Drucks. 15/1204 S. 12), kann deshalb unentschieden bleiben. Maßgebend sind vielmehr die gemeinsame Befriedungsfunktion der in § 1a KSchG geregelten und der in einem Vergleich der Arbeitsvertragsparteien vereinbarten Abfindung sowie der Umstand, dass es den Arbeitsvertragsparteien nicht nur frei steht, einen Abfindungsvergleich zu schließen, sondern auch, ob sie sich auf die Abfindungsregelung in § 1a KSchG einlassen. Auch dann, wenn keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers angenommen werden, sondern der in § 1a KSchG geregelte Abfindungsanspruch als gesetzlicher Abfindungsanspruch verstanden wird, steht es doch im Belieben des Arbeitgebers, ob er den in § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG vorgesehenen Hinweis erteilt. Ebenso ist der Arbeitnehmer bei einem solchen Hinweis des Arbeitgebers nicht gehindert, innerhalb der dreiwöchigen Frist des § 4 Satz 1 KSchG Klage zu erheben. Weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gemäß § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG darauf hin, dass er bei Verstreichen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann, und hält der Arbeitnehmer die ihm bei Hinnahme der Kündigung zustehende Abfindung für angemessen, besteht keine Notwendigkeit für Verhandlungen. Deshalb trägt das Argument der Klägerin nicht, Abfindungszahlungen gemäß einem Vergleich oder Urteil gingen im Gegensatz zu einer Abfindungszahlung nach § 1a KSchG Verhandlungen der Arbeitsvertragsparteien voraus.
235. Auch der Hinweis der Klägerin, der tarifliche Abfindungsanspruch würde nach § 7 Ziff. 7 SchutzTV nicht durch in einem Sozialplan oder in einer vergleichbaren Vereinbarung zwischen einem Arbeitgeber und einer Betriebsvertretung geregelte Abfindungen ausgeschlossen, hilft ihr nicht weiter. Anders als bei einer in einem Abfindungsvergleich vereinbarten oder der in § 1a KSchG vorgesehenen Abfindung steht es zwar bei einer Sozialplanabfindung nicht im Belieben des Arbeitgebers, ob er sich auf diese einlässt. Vielmehr begründet die Betriebsänderung einen - erforderlichenfalls über die Einigungsstelle erzwingbaren - Anspruch des Betriebsrats auf einen Sozialplan. Auch geht ein Sozialplan, der für den Verlust der Arbeitsplätze Abfindungen vorsieht, anders als die Abfindungsregelung in § 1a KSchG von der Wirksamkeit der Kündigungen aus ( - BAGE 115, 68, 74). Jedoch handelte es sich bei der der Klägerin im Kündigungsschreiben in Aussicht gestellten und ihr unter Berücksichtigung einer Tariflohnerhöhung gezahlten Abfindung iHv. 21.815,38 Euro brutto auch dann nicht um eine Sozialplanabfindung oder eine einer solchen gleichstehende Abfindung, wenn die Hinweise gemäß § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG in den Kündigungsschreiben „auf Druck“ der Betriebsvertretung erteilt worden sein sollten, wie dies die Klägerin behauptet hat. Maßgebend ist, dass der Hinweis des Departments of the Army im Kündigungsschreiben, die Klägerin erhalte bei Verstreichenlassen der Kündigungsfrist die in § 1a KSchG vorgesehene Abfindung, für die Klägerin ein Anreiz sein sollte, keine Kündigungsschutzklage zu erheben. Im Gegensatz zu einer Sozialplanabfindung bezweckte die vom Departement of the Army in Aussicht gestellte Abfindung damit nicht nur den Ausgleich bzw. die Abmilderung der für die Klägerin mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen wirtschaftlichen Nachteile, sondern vor allem auch die Vermeidung der für das Department of the Army mit einem Kündigungsrechtsstreit verbundenen Risiken.
246. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, bei der Regelung in § 7 Ziff. 7 SchutzTV handle es sich um eine eng auszulegende Ausnahmebestimmung.
25a) § 7 Ziff. 7 SchutzTV bestimmt, unter welchen Voraussetzungen die tarifliche Abfindung nicht zustehen soll. Liegt eine der genannten Voraussetzungen vor, ist ein Ausschlusstatbestand für den Anspruch auf die tarifliche Abfindung erfüllt. Die Tarifvorschrift legt damit negative Anspruchsvoraussetzungen fest. Für die Frage einer ergänzenden Tarifauslegung ist unerheblich, ob eine Regelung mit positiven oder negativen Anspruchsvoraussetzungen nachträglich lückenhaft geworden ist. Das in der Regelung Angelegte kann in beiden Fällen zur Lückenschließung weitergedacht werden, wenn die Voraussetzungen einer ergänzenden Tarifauslegung erfüllt sind und das Auslegungsergebnis dem mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien entspricht.
26b) Aber auch dann, wenn die Regelung in § 7 Ziff. 7 SchutzTV gemäß der Rechtsauffassung der Klägerin als Ausnahmeregelung verstanden würde, wären die aufgrund der nachträglich entstandenen Tariflücke gebotene ergänzende Tarifauslegung und die Gleichstellung der in § 1a KSchG vorgesehenen Abfindung mit einer in einem Abfindungsvergleich vereinbarten Abfindung nicht ausgeschlossen. Wie bei Gesetzen kommt bei Tarifverträgen als Mittel der Schließung einer Regelungslücke neben dem Umkehrschluss und der teleologischen Reduktion auch die Analogie in Betracht (Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 1 TVG Rn. 1040). Gegen eine Lückenschließung im Wege einer Analogie kann nicht von vornherein eingewandt werden, es handele sich bei der tariflichen Regelung um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die einer Analogie nicht zugänglich sei. In der juristischen Methodenlehre ist heute anerkannt, dass der Satz, Ausnahmevorschriften seien eng auszulegen und nicht analogiefähig, so nicht zutreffend ist ( - Rn. 8 mwN, BAGE 127, 173). Auch Ausnahmevorschriften sind vielmehr in den Grenzen ihres Sinnes und Zweckes der Analogie fähig (Senat - 6 AZR 651/03 - BAGE 112, 351, 358).
277. Schließlich überzeugt auch das Argument der Klägerin nicht, die Höhe der tariflichen Abfindung, die nur zwei Monatsbeträge des letzten regelmäßigen Arbeitsverdienstes ausmache, stehe der Annahme eines Abfindungsausschlusses in entsprechender Anwendung von § 7 Ziff. 7 SchutzTV entgegen. Gegen diese Erwägung spricht bereits der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien den Ausschluss des Anspruchs auf die tarifliche Abfindung nicht daran gebunden haben, dass die im Vergleich vereinbarte oder durch Urteil zugesprochene Abfindung eine bestimmte Mindesthöhe erreicht. Bei wortlautgetreuem Verständnis stünde die tarifliche Abfindung nach § 7 Ziff. 7 SchutzTV selbst dann nicht zu, wenn die im Vergleich vereinbarte oder durch Urteil zugesprochene Abfindung niedriger ist als die tariflich vorgesehene. Hinzu kommt, dass Arbeitnehmer, denen eine Abfindungszahlung nach § 7 Ziff. 2 SchutzTV zusteht, regelmäßig auch Anspruch auf Leistungen nach dem TV Soziale Sicherung, insbesondere auf Überbrückungsgeld, haben.
III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
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GAAAD-62597