Gerichtskosten: Erstreckung der landesrechtlichen Gebührenbefreiung für das Diakonische Werk der evangelischen Kirche auf Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof
Gesetze: § 2 Abs 5 Nr 1 GKG, § 7 Abs 1 Nr 4 JKostG BW, § 1 Nr 1 RGGebFrhV, § 1 Nr 3 RGGebFrhV
Instanzenzug: Az: 4 U 74/06vorgehend Az: 20 O 664/04
Gründe
1Der Kostenansatz ist richtig. Die vom Beklagten gezahlten Gerichtskosten für die Revisionsinstanz sind nicht wegen einer Kostenbefreiung der Klägerin - entsprechend der Kostenverteilung im Beschluss des Senats vom7. Januar 2008 - zu einem Siebtel zurückzuzahlen.
2Gerichtskosten sind nicht zu erheben und bereits erhobene Kosten zurückzuzahlen, soweit eine kostenbefreite Partei nach der gerichtlichen Kostenentscheidung Kosten zu tragen hat (§ 2 Abs. 5 Satz 1 GKG).
3Die Klägerin ist vor den Gerichten des Bundes nicht kostenbefreit. Dass sie entsprechend der dem Landgericht vorgelegten Bescheinigung als Mitglied des Diakonischen Werkes der evangelischen Kirche einem anerkannten Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg angeschlossen sein und nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 des baden-württembergischen Landesjustizkostengesetzes Gebührenfreiheit genießen soll, führt nicht zur Kostenbefreiung vor dem Bundesgerichtshof. Landesrechtliche Befreiungsvorschriften gelten nur für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten des betreffenden Landes (, NJW-RR 2007, 644 Rn. 4).
4Für den Bund gilt die Verordnung betreffend die Gebührenfreiheit in Verfahren vor dem Reichsgericht vom 24. Dezember 1883 (RGBl 1884, I, 1, RG-GebFrhV) fort (, NJW-RR 2007, 644 Rn. 5). Danach besteht keine Kostenfreiheit für die Klägerin. Von der Zahlung von Gebühren befreit sind nach § 1 Nr. 1 RG-GebFrhV öffentliche Armen-, Kranken-, Arbeits- und Besserungsanstalten, ferner Waisenhäuser und andere milde Stiftungen, insofern solche nicht einzelne Familien oder bestimmte Personen betreffen, oder in bloßen Studienstipendien bestehen. Die Klägerin betreibt weder eine der genannten Anstalten noch ist sie eine Stiftung. Sie unterhält nach dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Einrichtungen der Altenhilfe, insbesondere Altenheime, in der Rechtsform einer GmbH. Nach § 1 Nr. 3 RG-GebFrhV sind Kirchen, Pfarreien, Kaplaneien, Vikarien und Küstereien kostenbefreit, deren Einnahmen die etatmäßigen Ausgaben nicht übersteigen. Unter Kirchen im Sinn dieser Vorschrift ist das mit Kirche, Pfarrei, Vikariat, Kaplanei und Küsterei näher bezeichnete Kirchengut zu verstehen. Die Gebührenfreiheit kommt nicht den Kirchengesellschaften und Religionsgemeinschaften als solchen, sondern den in ihnen bestehenden rechtlich selbständigen Trägern von Kirchen- und Kulturzwecken dienendem Vermögen zu. Aufgrund dieser Einschränkungen ist vor dem Bundesgerichtshof nur ein als rechtsfähiger Verein oder sonst in rechtsfähiger Form errichteter, bedürftiger Träger von Kirchengut von Gerichtskosten befreit (, NJW-RR 2007, 644 Rn. 8). Weder ist die Klägerin Trägerin von Kirchengut noch ist vorgetragen, dass ihre etatmäßigen Ausgaben die Einnahmen übersteigen.
Bergmann Caliebe Drescher
Born Sunder
Fundstelle(n):
NJW-RR 2011 S. 934 Nr. 13
WAAAD-61640