Wer Vorstandsmitglied und damit gesetzlicher Vertreter einer AG ist, muss bis zur Niederlegung seines Amtes die steuerlichen
Interessen der Gesellschaft wahrnehmen und die daraus resultierenden Pflichten ordnungsgemäß erfüllen. Zu diesen Pflichten
gehört die fristgerechte Entrichtung der Lohnsteuer.
Sind mehrere gesetzliche Vertreter bestellt, so trifft jeden von ihnen die Pflicht zur Geschäftsführung in vollem Umfang.
Grundsätzlich hat daher auch jeder von ihnen alle steuerlichen Pflichten, die der AG auferlegt sind, ordnungsgemäß zu erfüllen
(Prinzip der Gesamtverantwortung). Begrenzt werden kann diese Pflicht bei mehreren gesetzlichen Vertretern nur durch eine
im Vorhinein getroffene, eindeutige - und deshalb schriftliche - Klarstellung, welcher Vertreter für welchen Bereich zuständig
ist.
Auch bei Vorliegen einer klaren, eindeutigen und schriftlichen Aufgabenverteilung muss der nicht mit den steuerlichen Angelegenheiten
einer Gesellschaft betraute Vertreter einschreiten, wenn die Person des Mit-Vertreters oder die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft
dies erfordern, beispielsweise in finanziellen Krisensituationen. Zudem muss er dafür sorgen, dass er im Falle des Eintritts
einer solchen Krise rechtzeitig davon erfährt.
Gerade in der finanziellen Krise wird von den gesetzlichen Vertretern einer Gesellschaft verlangt, dass sie vorausschauend
planen und entsprechende Mittel zur Entrichtung von Steuern bereithalten, von denen sie wissen, dass ihre Entstehung unmittelbar
bevorsteht.
Besonderheiten gelten für die Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer: Reichen infolge eines Liquiditätsengpasses die der
Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung der vollen vereinbarten Löhne (einschließlich Lohnsteuer) nicht aus,
dürfen die Löhne nur gekürzt ausgezahlt werden, als Vorschuss oder Teilbetrag, so dass der gesetzliche Vertreter aus den der
Gesellschaft verbleibenden Mitteln die auf die gekürzten Löhne entfallende Lohnsteuer an das Finanzamt abführen kann. Kommt
der gesetzliche Vertreter dieser Verpflichtung nicht nach und vertraut er darauf, dass er die Steuerrückstände später, nach
Behebung der Liquiditätsschwierigkeiten, wird ausgleichen können, so ist er damit bewusst das Haftungsrisiko des § 69 AO eingegangen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): BB 2011 S. 150 Nr. 3 QAAAD-61240
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Finanzgericht Hamburg, Urteil v. 21.10.2010 - 6 K 228/08
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