Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LG Düsseldorf, 34 O (Kart) 50/06 vom OLG Düsseldorf, VI-U (Kart) 45/06 vom
Gründe
I. Die Beklagte ist ein in Deutschland tätiges Unternehmen, das zum Konzern der schwedischen T. gehört. Postsendungen an ihre deutschen Kunden, insbesondere Rechnungen und Vertragsunterlagen, ließ sie in der Zeit vom bis zum von Großbritannien aus durch den britischen Postdienstleister R. verschicken (sog. Remailing).
Mit ihrer Klage verlangt die Deutsche Post AG von der Beklagten Zahlung des vollen Inlandsportos abzüglich der Endvergütung, die sie von der R. für die Weiterbeförderung der von ihr, der Klägerin, als Remail-Post festgestellten Briefsendungen erhalten hat. Im Übrigen begehrt sie im Wege der Stufenklage Auskunft über die gesamte Zahl der auf die vorbezeichnete Weise versandten Briefe und Zahlung des sich daraus ergebenden Portos abzüglich der Endvergütung, soweit es ihren bezifferten Zahlungsantrag übersteigt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Zahlungsklage in Höhe von 4.349.531,63 EUR stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Weiter hat es die Beklagte zur Erteilung der begehrten Auskunft verurteilt.
Dabei hat es zur Begründung ausgeführt: Die Klageforderung ergebe sich dem Grunde nach aus Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999. Danach sei die Beklagte verpflichtet, für die Weiterleitung und Zustellung der ihr zurechenbaren Remail-Briefsendungen die Differenz zwischen dem Inlandsporto der Klägerin und der von der Einlieferungsverwaltung gezahlten Endvergütung zu zahlen. Der Höhe nach stünden der Klägerin aber nur 80% des verlangten Portos zu, weil sie im Übrigen unter Verstoß gegen Art. 82 Satz 1 und 2 lit. a EG einen überhöhten Preis fordere.
Gegen das Urteil, das der Klägerin am zugestellt worden ist, haben beide Parteien Revision eingelegt. Die Beklagte hat ihr Rechtsmittel zurückgenommen. Die Klägerin hat mit am bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt und beantragt, ihr wegen der Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
II. Sämtliche Anträge der Klägerin führen nicht zum Erfolg.
1. Die gegen die teilweise Klageabweisung gerichtete Revision der Klägerin ist gemäß § 543 Abs. 1 ZPO nicht statthaft und damit unzulässig.
Das Berufungsgericht hat die Revision nur für die Beklagte, nicht auch für die Klägerin zugelassen. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält zwar keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision auf eine Partei beschränkt. Diese Beschränkung ergibt sich aber aus den Entscheidungsgründen des Urteils.
a) Die Revision meint, mangels eines ausdrücklichen Hinweises im Berufungsurteil verstoße eine Auslegung, nach der die Revisionszulassung auf die Beklagte beschränkt sei, gegen den Grundsatz der Rechtsmittelklarheit. Die Zulassung wirke wie eine Rechtsmittelbelehrung, und diese müsse das Risiko ausschließen, dass die Partei ein falsches Rechtsmittel einlege, hier die Revision statt der Nichtzulassungsbeschwerde. Daran ändere auch nichts, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Gründen des Urteils ergeben könne. Die einschlägigen Entscheidungen beträfen nämlich nur Familiensachen; für diese sei gemäß § 26 Nr. 9 EGZPO ohnehin eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorgesehen, so dass die Gefahr, ein falsches Rechtsmittel einzulegen, nicht bestehe.
b) Daran ist richtig, dass sich das Gebot der Rechtsmittelklarheit nicht nur an den Gesetzgeber richtet, sondern auch an die Rechtsprechung (BVerfGE 107, 395 Tz. 68 f.; , WuW/E DE-R 2551 Tz. 20 - Werhahn/Norddeutsche Mischwerke). Es hat nicht nur den Zweck, bei verschiedenen in Betracht kommenden Rechtsmitteln Klarheit zu schaffen, welches von ihnen zulässig ist, sondern soll auch zweifelsfrei regeln, ob überhaupt ein Rechtsmittel statthaft ist (BVerfG a.a.O.).
aa) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich aber bei der Annahme, eine Beschränkung der Zulassung der Revision könne sich auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben, um eine feststehende, über den Bereich der Familiensachen hinausgreifende Rechtsprechung aller Senate des Bundesgerichtshofs (s. etwa , NJW-RR 2004, 426; Urt. v. - VII ZR 226/03, NJW 2004, 3264; Urt. v. - IX ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715). Eine entsprechende Rechtsprechung hatte auch schon vor Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das Zivilprozess-Reformgesetz bestanden, nämlich zur Zulassung der Revision nach § 546 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO a.F. (, NJW-RR 2002, 1148). Das steht im Einklang mit dem Gebot der Rechtsmittelklarheit. Eine Beschränkung der Revisionszulassung allein aus dem Inhalt der Entscheidungsgründe muss sich nämlich "klar", d.h. zweifelsfrei ergeben. Fehlt es an dieser Eindeutigkeit, ist die Revision unbeschränkt zulässig.
bb) Die Auslegung des Berufungsurteils in dem Sinne, dass die Revision nur zugunsten der Beklagten zugelassen werden sollte, ist eindeutig.
Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision darauf gestützt, dass der Rechtsstreit in Bezug auf die Bestimmungen der Art. 25 § 3 WPV 1994 und Art. 43 § 3 WPV 1999 Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO aufwerfe. Aus der maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts waren diese Fragen aber allein für eine mögliche Revision der Beklagten von Bedeutung. Denn die Abweisung der weitergehenden Klage hat das Berufungsgericht lediglich auf Art. 82 EG gestützt, so dass aus seiner Sicht in diesem Zusammenhang die Art. 25 § 3 WPV 1994 und Art. 43 § 3 WPV 1999 nicht zur Anwendung kamen.
2. Auch das Wiedereinsetzungsgesuch der Klägerin ist unbegründet.
Dabei kann offenbleiben, ob das Gesuch bereits wegen Versäumung der Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO zurückzuweisen ist. Denn jedenfalls ist es gemäß § 233 ZPO unbegründet, weil die Klägerin nicht ohne eigenes und ohne das ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbare Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten verhindert war, die Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten.
Angesichts der oben dargelegten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs musste der Prozessbevollmächtigte der Klägerin damit rechnen, dass sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils eine Beschränkung der Revisionszulassung ergab. Es war ihm auch möglich zu erkennen, dass hier die Revision nur für die Beklagte zugelassen war und ihm daher nur die Nichtzulassungsbeschwerde zu Gebote stand.
Ein mitwirkendes Verschulden des Gerichts liegt nicht vor. Das Gericht ist nicht verpflichtet, eine Partei, die ein unzulässiges Rechtsmittel eingelegt hat, vor Ablauf der für das zulässige Rechtsmittel geltenden Frist auf die drohende Fristversäumnis hinzuweisen (, AnwBl 2006, 213; Zöller/Greger, ZPO § 233 Rn. 22 b). Ob etwas anderes gilt, wenn dem Gericht das Versehen der Partei rechtzeitig auffällt, kann offenbleiben. Denn der Senat hat sich mit der Sache - wie es dem üblichen Geschäftsgang entspricht - erst nach Vorliegen der Revisionsbegründungen befasst.
3. Damit ist die am eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mangels Einhaltung der Frist des § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO unzulässig.
4. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch in der Sache ohne Erfolg geblieben. Es besteht keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit hat, soweit es die von der Klägerin beabsichtigte Revision betrifft, weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Fundstelle(n):
PAAAD-60144