BGH Beschluss v. - IX ZB 280/09

Insolvenzverfahren: Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters

Gesetze: § 6 Abs 1 InsO, § 57 InsO, § 59 InsO, § 92 InsO

Instanzenzug: LG Essen Az: 7 T 444/09 Beschlussvorgehend AG Essen Az: 164 IN 119/08

Gründe

I.

1Das Amtsgericht eröffnete mit Beschluss vom das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Zum Insolvenzverwalter bestellte es den weiteren Beteiligten zu B. Die weiteren Beteiligten zu A sind jeweils Eigentümer von Grundstücken, die die Schuldnerin zur Durchführung ihres Geschäftsbetriebs - den Betrieb von Kaufhäusern - angemietet hatte. Sie haben Forderungen von knapp 36 Mio. € zur Insolvenztabelle angemeldet.

2Mit Schriftsatz vom beantragte der Verfahrensbevollmächtigte dieser Gläubiger im Hinblick auf die für den nächsten Tag angesetzte Gläubigerversammlung (Berichtstermin), die Gläubigerversammlung über die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters mit bestimmten, näher bezeichnetem Aufgabenkreis abstimmen zu lassen. In der Gläubigerversammlung vom nahm der Gläubigervertreter diesen Antrag zurück, beantragte aber gleichzeitig unter Bezugnahme auf den zuvor gestellten Antrag die Einsetzung eines Sonderinsolvenzverwalters mit dem genannten Aufgabenkreis.

3Mit Beschluss vom , berichtigt durch Beschluss vom , hat das Insolvenzgericht durch den zuständigen Abteilungsrichter den Antrag auf Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters abgelehnt, weil es hierfür keinen Anlass gebe. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, hat das Landgericht als unzulässig, weil nicht statthaft, verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu A.

II.

4Die Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.

51. Voraussetzung der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist, dass für den Rechtsbeschwerdeführer das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 6 Abs. 1 InsO eröffnet war (, NZI 2006, 239; v. - IX ZB 187/08, ZIP 2009, 529 Rn. 2; v. - IX ZB 161/08, NZI 2009, 553 Rn. 5). Dem einzelnen Insolvenzgläubiger oder auch mehreren einzelnen Insolvenzgläubigern gemeinsam steht jedoch kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts zu, keinen Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen, selbst wenn dieser einen Gesamtschaden nach § 92 InsO geltend machen soll ( aaO Rn. 2 ff, insbesondere 7 ff; v. - IX ZB 84/08). Es kommt lediglich ein von einer Entscheidung der Gläubigerversammlung abgeleitetes Beschwerderecht des einzelnen Gläubigers entsprechend § 57 Satz 4, § 59 Abs. 2 Satz 2 InsO in Betracht, das aber der Durchsetzung der Entscheidung der Gläubigergesamtheit dient, nicht der Verwirklichung eines Rechts des einzelnen Gläubigers ( aaO S. 530 Rn. 9). Ein derartiger Beschluss der Gläubigerversammlung lag hier nicht vor.

62. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann wegen der Gegebenheiten im vorliegenden Fall nichts anderes gelten. Die Rechtsbeschwerdeführer berufen sich darauf, sie hätten den Antrag in der Gläubigerversammlung zurückgenommen und sodann am einen neuen Antrag an das Insolvenzgericht gestellt. Es sei ihnen unmöglich gemacht worden, eine Abstimmung in der Gläubigerversammlung zu erreichen, weil der die Abstimmung leitende Amtsrichter zugesagt habe, über diesen Antrag außerhalb der Gläubigerversammlung zu entscheiden. Nur deshalb sei der Antrag zurückgenommen und entsprechend der richterlichen Empfehlung neu gestellt worden. Der Antrag sei ausschließlich deshalb nicht zur Abstimmung gestellt worden, weil das Amtsgericht die Entscheidung an sich gezogen und die Abstimmung in der Gläubigerversammlung verhindert habe.

7Selbst wenn man den so geschilderten - mit dem Versammlungsprotokoll und den richterlichen Feststellungen allerdings nicht übereinstimmenden - Sachverhalt als zutreffend zugrunde legt, trägt dieser nicht die von den Beschwerdeführern gezogenen Schlussfolgerungen.

8Es blieb dem Gläubigervertreter in der Gläubigerversammlung überlassen, seinen Antrag aufrechtzuerhalten oder zurückzunehmen. Etwas anderes behaupten die Rechtsbeschwerdeführer selbst nicht. Nach der Stellungnahme des zuständigen Amtsrichters im Nichtabhilfebeschluss war der Gläubigervertreter von dem die Sitzung (auch ausweislich des Protokolls) leitenden Rechtspfleger darauf hingewiesen worden, dass der Antrag erst am Vortag und damit im Hinblick auf § 74 Abs. 2 InsO verspätet eingereicht worden sei, weshalb er nicht mehr habe rechtzeitig bekannt gemacht werden können. Er müsse deshalb als verspätet zurückgewiesen werden, falls er nicht zurückgenommen werde.

9Es mag dahinstehen, aus welchen Gründen der Gläubigervertreter seinen Antrag tatsächlich zurückgenommen hat. Jedenfalls stand es ihm frei, den Antrag auch aufrechtzuerhalten. Inwiefern der - nach eigenen Angaben lediglich als Zuhörer im Sitzungssaal anwesende - Amtsrichter oder aber der Rechtspfleger die Entscheidung der Gläubigerversammlung "verhindert" haben soll, ist nicht ansatzweise nachvollziehbar dargelegt. Auch nach dem Sachvortrag der Beschwerdeführer hat das Amtsgericht der Gläubigerversammlung nichts "entzogen" oder die Entscheidung "an sich gezogen". Woraus sich derartige Schlussfolgerungen rechtfertigen sollen, wird nicht dargelegt. Vielmehr hat der Gläubigervertreter - auch nach eigenem Sachvortrag - den Antrag auf Abstimmung in der Gläubigerversammlung eigenverantwortlich zurückgenommen und einen neuen Antrag an das Insolvenzgericht gestellt. Das führt nicht dazu, dass nunmehr die Rechtsbeschwerde wie bei einer entsprechenden Beschlussfassung durch die Gläubigerversammlung - deren mögliches Abstimmungsergebnis im Übrigen völlig offen ist - statthaft wäre.

10Das Amtsgericht hatte in Aussicht gestellt, über eine beim Insolvenzgericht von den Beschwerdeführern angeregte Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters zu entscheiden. Dies ist auch geschehen. Eventuelle Fehlvorstellungen des Gläubigervertreters über die Möglichkeit und die Voraussetzungen von Rechtsbehelfen führen entgegen seiner Auffassung nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens oder Art. 103 Abs. 1 GG.

11Es bleibt den Rechtsbeschwerdeführern unbenommen, auf die Einberufung einer Gläubigerversammlung gemäß § 75 InsO hinzuwirken, um dort über einen rechtzeitig gestellten Antrag zur Tagesordnung abstimmen zu lassen.

Ganter                              Vill                              Lohmann  

                 Fischer                            Pape

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
DAAAD-54446