Steuerberaterhaftung: Beginn der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Rechtsbehelfseinlegung gegen Umsatzsteuerbescheid
Gesetze: § 164 Abs 2 S 1 AO, § 168 S 1 AO, § 68 StBerG vom , § 18 Abs 3 S 1 UStG
Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 3 U 103/08 Urteilvorgehend LG Wiesbaden Az: 1 O 192/07
Gründe
1Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Ein Eingreifen ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Variante 2 ZPO) angezeigt.
21. Ohne zulassungsrelevanten Rechtsfehler ist das Berufungsgericht zu der Würdigung gelangt, dass Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Streithelfer nicht verjährt sind.
3a) Regelmäßig beginnt die Verjährung für einen Anspruch gegen einen Steuerberater, der steuerliche Nachteile seines Mandanten verschuldet hat, nicht erst mit der Bestandskraft, sondern bereits mit Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids. Das kann aber nicht gelten, wenn das pflichtwidrige Verhalten des Steuerberaters erst nach Erlass des Steuerbescheids einsetzt. Besteht die Pflichtwidrigkeit darin, dass der gebotene Rechtsbehelf gegen den Bescheid nicht eingelegt wird, so entsteht der Schaden in dem Augenblick, in dem der Steuerpflichtige von sich aus nicht mehr durch einen Rechtsbehelf die Abänderung des Steuerbescheids erwirken kann; die eng begrenzten Abänderungsmöglichkeiten nach § 173 AO reichen nicht aus, den Eintritt des Schadens erst für den Zeitpunkt anzunehmen, von dem an auch sie nicht mehr bestehen (, WM 1996, 2066, 2067).
4b) Die Anmeldung der Umsatzsteuer (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG) steht gemäß § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und damit der Bekanntgabe eines schadensbegründenden Steuerbescheids gleich (, WM 2009, 863, 864 Rn. 11). Da dem Streithelfer im Blick auf die Umsatzsteuervoranmeldungen aber keine Pflichtwidrigkeit angelastet wird, hat sich ein Schaden nicht bereits mit dieser Anmeldung, verwirklicht. Vielmehr wird dem Streithelfer vorgeworfen, gegen die Bescheide vom und vom keinen Rechtsbehelf eingelegt zu haben. Im Fall der Versäumung eines Rechtsbehelfs wird ein Schaden erst mit der Bestandskraft des Steuerbescheids begründet ( aaO). Im Streitfall war wegen des Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 Abs. 2 Satz 1, § 168 Satz 1 AO) jederzeit eine Änderung der Steuerfestsetzung zugunsten der Klägerin möglich. Mithin trat Bestandskraft erst mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist für den Bescheid vom ein. Bei dieser Sachlage wurde die Klage im Oktober 2006 vor Ablauf der hier noch maßgeblichen dreijährigen Verjährung des § 68 StBerG a.F. erhoben.
52. Ohne Erfolg rügt die Beklagte unter Berufung auf Art. 103 Abs. 1 GG, das Berufungsgericht habe ihr Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen, wonach der Bescheid vom nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestanden habe.
6Das Berufungsgericht hat im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass der Bescheid vom die Nachprüfung vorbehalten habe. Diese tatbestandliche Feststellung (§ 314 ZPO) ist mangels eines von der Beklagten gestellten Tatbestandsberichtigungsantrags (§ 320 ZPO) bindend (, WM 2009, 662, 663 Rn. 13; Urt. v. - IX ZR 206/08, WM 2010, 136, 137 Rn. 11).
Ganter Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 191 Nr. 1
HFR 2011 S. 482 Nr. 4
WAAAD-53809