BGH Beschluss v. - II ZR 7/09

Leitsatz

Leitsatz:

Treten einer Rechtsanwalts-Partnerschaftsgesellschaft Rechtsanwälte bei, die zuvor mit anderen Rechtsanwälten eine Sozietät in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben haben, haftet die Partnerschaftsgesellschaft nur aufgrund eines erklärten Schuldbeitritts, nicht jedoch entsprechend § 28 Abs. 1 HGB für die bisher die Sozietät verpflichtenden Versorgungsansprüche eines aus der Sozietät ausgeschiedenen Altpartners.

Gesetze: HGB § 28

Instanzenzug: LG Kiel, 6 O 486/05 vom OLG Schleswig, 11 U 165/06 vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: nein; BGHR: ja; Nachschlagewerk: ja

Gründe

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, und sie hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552 a ZPO).

I. Zulassungsgründe bestehen nicht.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die vom Berufungsgericht der Zulassung der Revision zugrunde gelegte Frage der Anwendung von § 28 HGB auf die Partnerschaftsgesellschaft ist hier nicht entscheidungserheblich.

1. Eine Haftung der Klägerin zu 1 für die Versorgungsansprüche des Beklagten und der Drittwiderklägerin nach § 28 Abs. 1 HGB oder einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift besteht nicht.

a) Es ist zweifelhaft, ob § 28 HGB auf die Partnerschaftsgesellschaft bereits deshalb nicht anwendbar ist, weil § 2 Abs. 2 PartGG zwar eine Reihe von Vorschriften des 3. Abschnitts des HGB ausdrücklich für anwendbar erklärt, aber neben § 25 HGB und einigen anderen Vorschriften auch den § 28 HGB nicht aufführt (vgl. dazu Ulmer/Schäfer in MünchKommBGB 5. Aufl. 2009, § 2 PartGG Rdn. 2). Dies ist hier allerdings ebenso wenig entscheidungserheblich wie die Frage, ob - wofür gute Gründe angeführt werden können - mit einer im Schrifttum vertretenen Ansicht jeder Unternehmensträger, nicht bloß der Kaufmann i.S. des HGB, als Einzelkaufmann i.S. des § 28 Abs. 1 HGB angesehen werden kann und ob es genügt, wenn durch den Eintritt in das Geschäft des bisherigen Einzelunternehmers eine (das Unternehmen tragende) Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsteht (offen gelassen in BGHZ 157, 361, 365 m.w.Nachw.). Denn eine Haftung der Klägerin zu 1 als aufnehmende Partnerschaftsgesellschaft für Versorgungsansprüche des Beklagten kann ausgehend von Wortlaut, Systematik, Zweck und Entstehungsgeschichte der Vorschrift sowie bei Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des Senats nicht auf eine analoge Anwendung des § 28 Abs. 1 HGB gestützt werden.

b) § 28 Abs. 1 HGB ordnet die Haftung der Gesellschaft für Altschulden des aufnehmenden Geschäftsinhabers an. Altschulden des eintretenden Gesellschafters hat dagegen - neben dem mittlerweile aufgehobenen § 419 BGB sowie § 613 a BGB und § 75 AO - der hier mangels Übernahme des Sozietätsnamens nicht eingreifende § 25 HGB im Blick (Hopt in Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. 2008 § 28 Rdn. 2; K. Schmidt, HandelsR § 8 III 1 b cc, S. 259 f.). Bei § 28 Abs. 1 HGB geht es nicht um die Altschulden des Eintretenden. Geschützt werden sollen vielmehr die Gläubiger des "alten Geschäfts" (, NJW 1966, 1917, 1918).

Eine vom Beklagten und der Drittwiderklägerin befürwortete Anwendung des § 28 Abs. 1 HGB auf den Beitritt in eine bestehende Gesellschaft mit der Folge der Haftung der Gesellschaft für die Altverbindlichkeiten des Beitretenden (so allerdings in einem allenfalls de lege ferenda tauglichen Ansatz Lieb in MünchKommHGB 2. Aufl. § 28 Rdn. 6) verlässt den Boden einer zulässigen Analogie, also die Anwendung einer im Gesetz geregelten Rechtsfolge auf einen vergleichbaren Fall. Es geht nicht an, hier die Partner der Partnerschaftsgesellschaft bzw. diese selbst als Eintretende und die "Sozietät S. " bzw. die Kläger zu 2 und 3 als aufnehmende Gesellschafter anzusehen (vgl. dazu K. Schmidt, HandelsR § 8 III 1 b cc, S. 259 Beispiel Nr. 46).

Dies wäre zudem mit dem vom Senat vertretenen Grundsatz einer notwendigerweise engen Auslegung des § 28 HGB nicht vereinbar (, NJW 1960, 624, 625; Urt. v. - VIII ZR 73/60, NJW 1961, 1765, 1767). Dem Gesetzgeber ging es allein um die Sicherstellung der Haftung des Eintretenden für die Altschulden des Einzelkaufmanns und nicht um die Haftung der entstehenden Gesellschaft für Altschulden des Eintretenden. Ausgangspunkt der Überlegungen des Gesetzgebers war die Haftung des Eintretenden gem. § 130 HGB, der allerdings nur eingreift, wenn jemand in eine bereits bestehende Gesellschaft eintritt. Da sich die Verhältnisse bei einem Zusammenschluss eines Einzelkaufmanns mit einem Teilhaber und der daraus erst entstehenden Gesellschaft und die Verhältnisse bei einem Beitritt in eine bereits bestehende Gesellschaft ähneln und eine "grundsätzlich verschiedene Behandlung sachlich nicht" zu rechtfertigen ist, hat der Gesetzgeber den § 28 HGB als Ergänzung zu § 130 HGB geschaffen (, NJW 1966, 1917, 1918).

Auf sich beruhen kann damit, dass es dem Beklagten und der Drittwiderklägerin obendrein um eine Haftung für eine Versorgungsverbindlichkeit geht, welche gem. § 10 Abs. 2 Sozietätsvertrag die alte Sozietät S. , also eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu erfüllen hatte. Diese Gesellschaft ist aber der verklagten Partnerschaftsgesellschaft zweifelsfrei nicht beigetreten (vgl. auch § 1 Abs. 1 Satz 3 PartGG, dazu Ulmer/Schäfer in MünchKommBGB 5. Aufl. § 1 PartGG Rdn. 23), sondern beigetreten sind nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug nimmt und die vom Beklagten und der Drittwiderklägerin nicht angegriffen werden, drei der alten Gesellschafter der Sozietät, u.a. die Kläger zu 2 und 3.

2. Im Übrigen müsste eine Haftung der Klägerin zu 1 für die Versorgungsansprüche des Beklagten und der Drittwiderklägerin bereits deshalb ausscheiden, weil dem Beklagten - vorausgesetzt es bestünde überhaupt eine Haftung nach § 28 Abs. 1 HGB - eine abweichende Vereinbarung i.S. des § 28 Abs. 2 HGB mitgeteilt worden ist. Den Feststellungen des Berufungsgerichts zur abgelehnten Schadensersatzpflicht der Kläger zu 2 und 3 liegt zugrunde, dass die Klägerin zu 1 einen Beitritt der Partnerschaftsgesellschaft in die Versorgungsschuld der Sozietät S. gegenüber dem Beklagten abgelehnt hat. Die Ablehnung der Haftung der Klägerin zu 1 für Versorgungsansprüche des Beklagten ist diesem auf seine Anfrage vom auch von den Klägern zu 2 und 3 im Schreiben vom mitgeteilt worden.

II. Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich, dass die Revision auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat. Eine Haftung der Klägerin zu 1 analog § 28 Abs. 1 HGB kommt nicht in Betracht. Weitere Haftungsgrundlagen sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

Fundstelle(n):
DB 2010 S. 2273 Nr. 41
DStR 2010 S. 2416 Nr. 47
NJW 2010 S. 3720 Nr. 51
NWB-Eilnachricht Nr. 43/2010 S. 3442
StuB-Bilanzreport Nr. 22/2010 S. 888
WM 2010 S. 1946 Nr. 41
WPg 2010 S. 1176 Nr. 23
ZIP 2010 S. 2042 Nr. 42
HAAAD-53451