BFH Beschluss v. - IV B 55/09

Zulassung eines vollmachtlosen Vertreters zur Prozessführung

Gesetze: FGO § 62, FGO § 155, ZPO § 89 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

1 I. An der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) —T-GbR— waren im Streitjahr (2006) neben Frau E. drei weitere Gesellschafter beteiligt. Die Gesellschaft wurde aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom aufgelöst; sie bestand jedoch —wie zwischen den Beteiligten unstreitig— als Liquidationsgesellschaft jedenfalls bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) fort. Für die gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 2006 erhobene Klage haben die Prozessbevollmächtigten zunächst nur eine von Frau E. unterschriebene Prozessvollmacht vorgelegt. Die Bevollmächtigten (Steuerberater .) hatten in der mündlichen Verhandlung vom Sachanträge gestellt; der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) hatte beantragt, die Klage abzuweisen. Letzterem hat das FG entsprochen, da —so die Vorinstanz— die Prozessvollmacht lediglich von Frau E. unterzeichnet worden sei und es demnach an einer wirksamen Vertretung der T-GbR fehle. Die Prozessbevollmächtigten haben am dem FG eine von den Mitgesellschaftern am unterzeichnete Vollmacht eingereicht, die Frau E. dazu ermächtigt, die T-GbR in allen steuerlichen Angelegenheiten (einschließlich etwaiger Rechtsstreitigkeiten vor den Finanzgerichten) zu vertreten.

2 II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet.

3 1. Der Vortrag der Klägerin, das FG habe unter Verstoß gegen Vorschriften des Verfahrensrechts die Klage als unzulässig abgewiesen, ist auf die Geltendmachung eines Verfahrensmangels gerichtet (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 80). Die Rüge muss bereits deshalb durchgreifen, weil das FG gegen § 89 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO verstoßen hat. Da die Vorinstanz den in der mündlichen Verhandlung anwesenden Steuerberatern . gestattet hat, für die Klägerin (Sach-)Anträge zu stellen, und das FA dem nicht widersprochen hat, war hiermit die einstweilige Zulassung der Steuerberater . zur Prozessführung gemäß § 89 Abs. 1 Satz 1 ZPO verbunden. Folge hiervon war, dass —was die Vorinstanz offensichtlich verkannt hat— ein Endurteil erst nach Ablauf der für die Nachreichung der Prozessvollmacht (bzw. Beibringung der Genehmigungen bezüglich der bisherigen Prozessführung) zu setzenden (angemessenen) Frist ergehen durfte (, BFHE 158, 203, BStBl II 1989, 1021; , juris; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 62 Rz 76). Der Umstand, dass das FA bereits vor der mündlichen Verhandlung vom —schriftsätzlich— auf die gemeinschaftliche Vertretungsbefugnis aller Gesellschafter einer aufgelösten BGB-Gesellschaft hingewiesen hat (vgl. §§ 730 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2, 714 des Bürgerlichen Gesetzbuchs i.V.m. §§ 58 Abs. 2, 62 Abs. 6 FGO; dazu z.B. , BFH/NV 2007, 747), vermag hieran nichts zu ändern.

4 2. Der Senat übt das ihm nach § 116 Abs. 6 FGO zustehende Ermessen dahin aus, dass er das vorinstanzliche Urteil aufhebt und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweist (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 65).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 2089 Nr. 11
ZAAAD-53111