Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde - Wiedergabe umfangreicher Schriftsätze
Gesetze: § 72a Abs 1 ArbGG, § 72a Abs 3 S 1 ArbGG, § 72a Abs 3 S 2 Nr 2 ArbGG, § 72a Abs 3 S 2 Nr 3 ArbGG, § 72 Abs 2 Nr 2 ArbGG, Art 103 Abs 1 GG, § 611 Abs 1 BGB, § 72a Abs 3 S 2 Nr 1 ArbGG, § 130 ZPO
Instanzenzug: Az: 10 Ca 15577/09 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 2 Sa 2778/09 Urteil
Gründe
1I. Die Parteien streiten noch über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Juli 2009) und Vergütung wegen Annahmeverzugs (August und September 2009). Insoweit haben die Vorinstanzen der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.
2II. Soweit die Beklagte die Zulassung der Revision wegen einer Divergenz geltend macht, entspricht die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen, § 72a Abs. 3 ArbGG.
31. Zur ordnungsgemäßen Begründung einer Divergenzbeschwerde gehört, dass der Beschwerdeführer einen abstrakten Rechtssatz aus der anzufechtenden Entscheidung sowie einen hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder eines anderen der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte anführt und darlegt, dass das anzufechtende Urteil auf dieser Abweichung beruht (vgl. - BAGE 78, 373, 375). Nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG müssen diese Voraussetzungen in der Begründung der Beschwerde dargelegt und die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, bezeichnet werden ( - BAGE 114, 200). Allein die Darlegung einer fehlerhaften Rechtsanwendung bzw. fehlerhaften oder unterlassenen Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder eines anderen der im Gesetz genannten Gerichte reicht zur Begründung einer Divergenzbeschwerde nicht aus (vgl. - AP ArbGG 1979 § 72a Divergenz Nr. 33 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 76).
42. Hieran fehlt es. Die Beklagte hat keinen fallübergreifenden Rechtssatz, sondern lediglich eine einzelfallbezogene Rechtsanwendung des Landesarbeitsgerichts zur Frage der Arbeitsunfähigkeit des Klägers dargelegt.
5III. Die Beschwerde ist unbegründet.
61. Der Rechtsstreit wirft keine grundsätzliche, klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage nach den Rechtsfolgen einer vertraglich vereinbarten Freistellungserklärung ist nicht mehr klärungsbedürftig. Der Senat hat mit Urteil vom (- 5 AZR 393/07 - EzA BGB 2002 § 615 Nr. 22) entschieden, dass durch eine Freistellungsvereinbarung regelmäßig allein die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers aufgehoben wird, ohne weitere Rechtsfolgen zu regeln. Sie lässt den Vertragsinhalt unberührt. Soll die Freistellungsvereinbarung einen Entgeltanspruch unabhängig von den gesetzlichen, tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Voraussetzungen begründen, bedarf dies einer besonderen Regelung.
72. Das Landesarbeitsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
8a) Soweit die Beklagte geltend macht, sie habe hinsichtlich der Ansprüche auf Annahmeverzugsvergütung (und damit nur für August und September 2009) unter Beweisantritt vorgetragen, der Kläger sei nicht mehr zur Erbringung der Tätigkeit als Servicemonteur im Stande gewesen, bezieht sich der konkrete Vortrag im Schriftsatz vom lediglich auf die Stellungnahmen des AMD und greift diese auf („gesundheitliche Bedenken“). Das Landesarbeitsgericht hat sich mit diesem Vortrag auseinandergesetzt und diesen als nicht ausreichend bewertet.
9b) Im Übrigen fehlt es bereits an einer ordnungsgemäßen Darlegung eines Verstoßes. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG die Beschwerdebegründung die Darlegung der Verletzung dieses Anspruchs und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes genügt nicht. Der Beschwerdeführer hat vielmehr zu dessen Voraussetzungen substantiiert vorzutragen ( - BAGE 113, 195; - 1 ABN 1/05 - BAGE 114, 157; - 9 AZN 1258/07 - BAGE 126, 346). Will der Beschwerdeführer geltend machen, das Landesarbeitsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es seine Ausführungen nicht berücksichtigt habe, muss er konkret und im Einzelnen schlüssig dartun, welches wesentliche und entscheidungserhebliche Vorbringen das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung übergangen haben soll ( (F) - BAGE 118, 229). Ein rügebezogener Vortrag wird nicht durch die umfassende wörtliche Wiedergabe von Schriftsätzen ersetzt. Deren Inhalt ist vielmehr jeweils konkret auf die gerügte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu beziehen.
10c) Die seitenlange wörtliche Wiedergabe der in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze beinhaltet keine konkrete Darlegung eines entscheidungserheblichen Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG und ersetzt diese auch nicht. Zudem betreffen diese Ausführungen allein die Frage eines anderweitigen Einsatzes. Diese Frage wäre jedoch nur erheblich, wenn eine dauernde Leistungsunfähigkeit feststünde. Bezüglich der auf § 3 EFZG gestützten Ansprüche für Juli 2009 hat die Beklagte ebenfalls keine konkreten Rügen erhoben, sondern lediglich im Rahmen der Annahmeverzugsansprüche für August und September 2009 pauschal auf die Arbeitsunfähigkeit des Klägers verwiesen. Im Weiteren hat sie über mehrere Seiten umfangreich und wörtlich Schriftsätze wiederholt, ohne einen konkreten Zulassungsgrund aufzuzeigen.
11IV. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
V. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
NJW 2010 S. 3532 Nr. 48
ZAAAD-52982