Betrug: Vermögensschaden in Form des persönlichen Schadenseinschlags
Gesetze: § 263 StGB
Instanzenzug: Az: 620 KLs 5/04 - 5500 Js 97/03 Urteil
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom bemerkt der Senat:
1. Die Angeklagten sind nicht dadurch beschwert, dass das Landgericht die Haupttäter nur wegen versuchten Betruges verurteilt hat, obwohl die tatrichterlichen Urteilsfeststellungen (s. dazu das Senatsurteil in dieser Sache vom - 1 StR 245/09) nahe legen, dass der Betrug zum Nachteil der E. plc. vollendet wurde, weil ein Vermögensschaden in Höhe des gesamten Kaufpreises eingetreten ist.
Ein Vermögensschaden - hier in Form des persönlichen Schadenseinschlags - liegt deshalb nahe, weil die Käuferin der I. AG, die E. plc., deutlich erkennbar zum Ausdruck brachte, ein Wachstumsunternehmen erwerben zu wollen, um auf dem europäischen Festland Fuß zu fassen. Bei ihrer Kaufentscheidung für die I. AG kam es deshalb entscheidend auf deren steigende Umsatzentwicklung im Jahr 2000 an. Die von den Angeklagten mehrfach schriftlich als richtig zugesicherten, indes nach oben manipulierten Quartalszahlen waren ausschlaggebend für die Erwartung der Verantwortlichen der E. plc., dieses strategische Ziel erreichen zu können. Zudem sollten die Geschäftszahlen des zu übernehmenden Unternehmens gegenüber dem Finanzmarkt als Beleg für die Wachstumsstrategie der E. plc. dienen. Deshalb hätten - so die Feststellungen - die damaligen Entscheidungsträger der E. plc. im Falle der Kenntnis von den erfolgten Manipulationen an den Umsatzzahlen die Mehrheitsbeteiligung an der I. AG "nicht etwa nur zu anderen Bedingungen, sondern gar nicht erworben" (UA S. 395). Der Erwerb eines Unternehmens "mit manipulierten Bilanzen und kriminellen Vorstandsmitgliedern" hätte sich insbesondere unter strategischen Gesichtspunkten als eine "völlig verfehlte Akquisitionspolitik" dargestellt (UA S. 395), was sich dann auch im weiteren Verlauf bewahrheitete. Weil die Käuferin somit gerade kein Wachstumsunternehmen erwarb, erlangte sie nicht nur ein "minus", sondern ein für sie unbrauchbares "aliud".
2. Es kommt daher für die Entscheidung nicht mehr darauf an, dass - entgegen der Annahme der Strafkammer - der objektive Wert des an die E. plc. übertragenen I.-Aktienpakets bestimmbar war. Das Fehlen weiterer Kaufinteressenten steht der Bestimmung eines Marktpreises nicht entgegen. Vielmehr ist in solchen Fällen der Marktpreis aus den Vereinbarungen der Vertragsparteien abzuleiten.
Der Wert einer Leistung bestimmt sich dabei nach den Verhältnissen des jeweiligen Marktes, also nach Angebot und Nachfrage. Ist - wie hier - für die angebotene Leistung lediglich ein einziger Nachfragender vorhanden, führt dies aber - jedenfalls in rechtlicher Hinsicht - nicht dazu, dass ein Marktpreis oder der Wert der Leistung nicht festgestellt werden könnte. Vielmehr bestimmt sich der wirtschaftliche Wert der Leistung dann nach dem von den Vertragsparteien vereinbarten Preis unter Berücksichtigung der für die Parteien des fraglichen Geschäfts maßgeblichen preisbildenden Faktoren. Nur die Parteien sind dann die Marktteilnehmer; sie bestimmen die preisbildenden Faktoren und die Bewertungsmaßstäbe. Lediglich dann, wenn die vertraglichen Vereinbarungen keine sicheren Anhaltspunkte für die Preisbildung bieten, sind allgemeine anerkannte betriebswirtschaftliche Bewertungsmaßstäbe zur Bestimmung des Wertes eines Unternehmens im Strafverfahren heranzuziehen (vgl. BGH wistra 2003, 457).
Im vorliegenden Fall war - wie die Angeklagten auch erkannten und akzeptierten - für die Kaufentscheidung der Verantwortlichen der E. plc. und in der Folge auch für die Preisbildung die aktuelle Geschäftsentwicklung der I. AG und dabei insbesondere deren Umsatzentwicklung von ausschlaggebender Bedeutung. Dies wird einerseits durch die vielfältigen Garantieversprechen dokumentiert, die der Angeklagte F. für die Verkäuferseite in diesem Zusammenhang abgab. Andererseits wird dies auch aus einer Kaufpreisanpassungsklausel deutlich, aus der sich ergibt, dass die Höhe des Kaufpreises von der Verwirklichung abgestufter Umsatz- und Ergebnisziele abhing.
Hiervon ausgehend konnte der tatsächliche Wert der I.-Aktien bestimmt werden.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
ZIP 2010 S. 65 Nr. 34
wistra 2010 S. 407 Nr. 10
IAAAD-48871