Revisionszulassung im Werklohnprozess: Gehörsverstoß bei fehlender Sinnerfassung des Parteivortrags zur Verjährungsunterbrechung bei der stillen Sicherungszession
Gesetze: Art 103 Abs 1 GG, § 544 Abs 7 ZPO
Instanzenzug: OLG Celle Az: 6 U 130/07 Urteilvorgehend LG Stade Az: 4 O 93/03 Urteilnachgehend Az: VII ZR 222/10 Beschlussnachgehend OLG Celle Az: 5 U 201/11 Urteil
Gründe
I.
1Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn aus abgetretenem Recht der B.-GmbH, die von dem Beklagten als Generalunternehmer mit der Errichtung eines Zweifamilienhauses beauftragt war und ihrerseits der Klägerin als Subunternehmer die Gewerke Sanitär, Heizung und Lüftung übertragen hatte. Die Werkleistungen der B.-GmbH wurden am abgenommen. Am gleichen Tage trat die Klägerin u.a. die (später) an sie zedierten Restwerklohnforderungen der B.-GmbH gegen den Beklagten (im Voraus) zur Sicherheit an die Kreissparkasse W. mit der Maßgabe ab, dass die Zession bis auf Weiteres nicht offengelegt werden und die Klägerin weiterhin zur Einziehung der von der Sicherungsabtretung umfassten Forderungen im eigenen Namen berechtigt sein sollte.
2Die Klägerin hat mit der Klage ursprünglich die ihr aus eigenem Recht gegen den Beklagten zustehenden Werklohnforderungen geltend gemacht und die Klage mit einem am zugestellten Schriftsatz vom auf die an sie abgetretenen Restwerklohnansprüche der B.-GmbH in Höhe von insgesamt 74.125,00 Euro erweitert.
3Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der aus abgetretenem Recht geltend gemachten Forderung in Höhe von 42.186,67 Euro, teilweise Zug-um-Zug gegen Nachbesserung, stattgegeben und die Klage in diesem Punkt im Übrigen abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Nachdem der Beklagte im Berufungsverfahren die Abtretung der streitigen Klageforderung an die Kreissparkasse W. vorgetragen hatte, hat die Klägerin sich erstmals mit einem am bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hilfsweise darauf berufen, sie sei ermächtigt, die an die Kreissparkasse W. abgetretenen Forderungen im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Gegen diesen Anspruch hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Dem ist das Berufungsgericht gefolgt, indem es durch Schlussurteil vom der Berufung des Beklagten unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin stattgegeben und die auf Forderungen aus abgetretenem Recht gestützte Klage abgewiesen hat. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der sie ihr Klageziel weiterverfolgt.
II.
4Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist deshalb aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO.
5Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind unter Berücksichtigung der für die Verjährung maßgeblichen Überleitungsvorschriften in Art. 229 § 6 EGBGB die bis geltenden Gesetze anzuwenden, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB.
61. Das Berufungsgericht meint, die Klageforderung, welche die Klägerin aus dem Recht der Kreissparkasse W. im eigenen Namen geltend mache, sei verjährt. Die Verjährung sei in Ansehung der am erfolgten Abnahme mit Ablauf des gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 BGB a.F., §§ 199 Abs. 1, 641 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 229 § 5 Satz 1, § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 EGBGB eingetreten. Sie sei durch die am zugestellte Klageerweiterung nicht gehemmt worden, weil die Klägerin die Abtretung an die Kreisparkasse W. und die Prozessstandschaft nicht offen gelegt, sondern ihre Forderung allein auf eigenes, von der B.-GmbH erworbenes Recht gestützt habe.
72. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Schriftsatzes vom am gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Verbindung mit Art. 229, § 6 Abs. 1 Satz 1, 2 EGBGB verneint hat, beruhen auf einer Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
8Ein Verstoß gegen den Anspruch auf die Gewährung rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Parteivorbringen nicht zur Kenntnis nimmt. Diese Voraussetzungen können auch dann erfüllt sein, wenn die Begründung der angefochtenen Entscheidung nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn des Parteivortrags erfassenden Wahrnehmung beruht (, NJW 2009, 2137). So liegt der Fall hier.
9a) Die Klägerin hat im Schriftsatz vom unwidersprochen vorgetragen, dass es sich bei der zwischen ihr und der Kreissparkasse W. vereinbarten (Voraus-) Abtretung um eine stille Sicherungszession handelte und auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen, wonach der Zedent im Sonderfall einer stillen Sicherungszession berechtigt ist, die abgetretene Forderung im eigenen Namen einzuklagen und damit die Unterbrechung/Hemmung der Verjährung auch dann herbeiführt, wenn er die Abtretung im Prozess nicht offen legt (, NJW 1999, 2110; Urteil vom - I ZR 80/75, NJW 1978, 698). Sie hat zudem den Unterschied zu den Fällen herausgearbeitet, in denen die Klage eines Zedenten, der die Forderung nicht zur Sicherung abgetreten hat, die Verjährung selbst dann nicht hemmt, wenn er zur Einziehung ermächtigt ist, jedoch die Abtretung nicht offen legt (vgl. , NJW 1972, 1580).
10Das Berufungsgericht hat zwar auf dieses Vorbringen der Klägerin und die im Schriftsatz vom erwähnten Entscheidungen Bezug genommen, jedoch offenbar weder den Inhalt des Sachvortrags noch seinen durch Rechtsprechung untermauerten Sinn erfasst. Es sieht sich in seiner Auffassung bestätigt durch die Entscheidungen des , NJW 1972, 1580) und (I ZR 80/75, NJW 1978, 698), wonach für eine Unterbrechung/Hemmung der Verjährung die Offenlegung von Weiterabtretung und Prozessstandschaft erforderlich sei, wenn die Klage ursprünglich auf durch Abtretung erworbenes Recht gestützt und die Wirksamkeit der Abtretung später zweifelhaft werde. Damit übergeht das Berufungsgericht den Sachvortrag der Klägerin zur Vereinbarung einer stillen Sicherungszession zwischen ihr und der Kreissparkasse W. Denn gerade für diesen Fall hat der , NJW 1978, 698) und in ausdrücklicher Abgrenzung zu der vom Berufungsgericht herangezogenen, dem , NJW 1972, 1580) zugrunde liegenden Fallkonstellation entschieden, dass die Verjährung der zedierten Forderung auch dann durch gerichtliche Geltendmachung unterbrochen wird, wenn der Gläubiger die Sicherungszession nicht offen legt. Die dies ignorierenden Erwägungen des Berufungsgerichts lassen keinen anderen Schluss zu als den, dass es den Sachvortrag der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls seinen Sinn nicht erfasst hat. Nicht nachzuvollziehen ist es im Übrigen, warum die Entscheidung des , NJW 1978, 698) überholt sein soll. Das Gegenteil ist der Fall. Der Bundesgerichtshof hat sie - worauf die Klägerin mit Recht hinweist - bestätigt (, NJW 1999, 2110).
11b) Der Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör ist entscheidungserheblich. Nach der dargestellten Rechtsprechung ist die Verjährung im September 2003 gehemmt worden.
Kniffka Bauner Eick
Halfmeier Leupertz
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NAAAD-48865