Strafzumessung: Strafschärfende Berücksichtigung des Verteidigungsverhaltens des Angeklagten in der Hauptverhandlung
Gesetze: § 46 StGB
Instanzenzug: LG Hildesheim Az: 12 Ks 17 Js 26916/09 Urteil
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls in drei Fällen und wegen Hehlerei zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
21. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3Zwar hat das Landgericht auch aus dem Umstand, dass er sich in der Hauptverhandlung erst eingelassen und eine Notwehrsituation behauptet hat, nachdem wesentliche Teile der Beweisaufnahme bereits durchgeführt worden waren, rechtsfehlerhaft (vgl. Meyer-Goßner, StPO 53. Aufl. § 261 Rdn. 16) für den Angeklagten nachteilige Schlüsse gezogen (UA S. 24 f.). Der Senat kann jedoch im Hinblick auf die übrigen Teile der ausführlichen Beweiswürdigung ausschließen, dass der Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung auf diesem Rechtsfehler beruht.
42. Die für die gefährliche Körperverletzung verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten kann jedoch nicht bestehen bleiben. Dies führt zur Aufhebung des Urteils auch im Gesamtstrafenausspruch.
5Das Landgericht hat bei der Ablehnung eines minderschweren Falles und bei der konkreten Strafzumessung strafschärfend gewertet, der Angeklagte habe durch die wahrheitswidrige Behauptung, er sei vom Geschädigten grundlos mit einem Messer angegriffen worden und dessen Verletzungen seien bei seinen Abwehrbemühungen entstanden, diesen in unzulässiger Weise in Misskredit gebracht und damit die Grenzen zulässigen Verteidigungsverhaltens überschritten. Dies ist rechtsfehlerhaft, weil unter den gegebenen Umständen in einem solchen Verteidigungsverhalten weder eine über das Leugnen eigener Schuld hinausgehende Ehrverletzung des Tatopfers noch eine rechtsfeindliche Gesinnung gesehen werden kann (BGH StV 1999, 536 f.).
Becker von Lienen Sost-Scheible
Schäfer Mayer
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BAAAD-48120