BFH Urteil v. - IX B 16/10

Wechsel in der Besetzung des Gerichts lässt die Wirksamkeit eines zuvor erklärten Verzichts auf mündliche Verhandlung grundsätzlich unberührt

Gesetze: FGO § 119 Nr. 3, FGO § 90 Abs. 2, GG Art. 103 Abs. 1

Instanzenzug: EZ

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 119 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) daraus herzuleiten sucht, dass der ursprüngliche Berichterstatter des entscheidenden Senats im Erörterungstermin vom zum Ausdruck gebracht habe, die Klage werde für begründet erachtet, während der Senat im Urteil vom die Klage abgewiesen habe, so ergibt sich die behauptete Äußerung des Berichterstatters nicht aus der Niederschrift zu dem Erörterungstermin. Vielmehr sollte die Beklagtenvertreterin in der Sache bis zum eine abschließende Stellungnahme abgeben. Gegen die angebliche abschließende Meinungsäußerung des Berichterstatters sprechen sowohl der Inhalt der abschließenden Stellungnahme der Beklagtenvertreterin wie auch die Äußerung der Klägerin im Schriftsatz vom , dass man sich lediglich der Auffassung des Berichterstatters gebeugt habe, wonach die späteren Berichtigungen aus steuerrechtlichen Gründen nicht berücksichtigt werden könnten. Der Verzicht auf mündliche Verhandlung wurde vor dem Hintergrund konträrer Äußerungen der Parteien erklärt.

3 Von einer unzulässigen Überraschungsentscheidung (vgl. zum Begriff , BFH/NV 2008, 1180, m.w.N., und zur Abgrenzung , BFHE 223, 308, BStBl II 2009, 309) ist danach nicht auszugehen.

4 Der in seiner Entscheidung freie Vollsenat muss im Übrigen die Beteiligten grundsätzlich nicht darauf hinweisen, dass er möglicherweise eine Rechtsansicht vertrete, die von einer vor der Entscheidung des Senats bekundeten Auffassung des Berichterstatters abweiche (vgl. , BFH/NV 2007, 480). Auch lässt ein Wechsel in der Besetzung des Gerichts die Wirksamkeit eines zuvor erklärten Verzichts auf mündliche Verhandlung grundsätzlich unberührt (BFH-Beschlüsse vom I B 39/03, BFH/NV 2004, 350; vom VIII S 3/96, BFH/NV 1997, 292, m.w.N.).

5 2. Soweit die Klägerin Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) rügt, hat sie die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und der vermeintlichen Divergenzentscheidung nicht so herausgearbeitet und gegenübergestellt, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar würde. Vielmehr rügt sie lediglich eine in der vermeintlich unzutreffenden Umsetzung höchstrichterlicher Rechtsprechung liegende fehlerhafte Rechtsanwendung; mit der Rüge solcher materiell-rechtlicher Fehler kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 70/07, BFH/NV 2008, 380; vom IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 1836 Nr. 10
OAAAD-48078