Umsatzsteuerbefreiung mehrerer zeitlich aufeinander folgender Leistungen an NATO-Truppenangehörige auf Grund (nur) eines „Beschaffungsauftrags” im sog. vereinfachten Beschaffungsverfahren; Steuerbefreiung auch bei Barzahlung
Leitsatz
1. Im Rahmen der Umsatzsteuerbefreiung von Leistungen an NATO-Truppenangehörige nach Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk gilt der im sog. vereinfachten Beschaffungsverfahren für einen Beschaffungsauftrag der amtlichen Beschaffungsstelle zu verwendende Vordruck nicht nur für die Beschaffung einer Leistung, sondern auch für mehrere, zeitlich aufeinander folgende Leistungen.
2. Voraussetzung der Umsatzsteuerbefreiung gemäß Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk einer im vereinfachten Beschaffungsverfahren bezogenen Leistung ist nicht, dass diese Leistung unbar bezahlt wird (Abgrenzung zum , BFHE 112, 88, BStBl II 1974, 437).
Gesetze: NATOTrStatZAbk Art. 67 Abs. 3UStG 1999 § 26 Abs. 5 Nr. 2UStDV 1999 § 73 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug: (EFG 2009, 1350) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
1Streitig ist, in welchem Umfang Friseurleistungen nach Art. 67 Abs. 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) stationierten ausländischen Truppen (NATOTrStatZAbk) umsatzsteuerfrei sind.
2Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb in den Jahren 2001 bis 2004 (Streitjahre) in X (Inland) ein Friseurgeschäft. Zu ihrem Kundenstamm gehörten Mitglieder der in Deutschland stationierten amerikanischen NATO-Truppen (einschließlich des sog. „zivilen Gefolges” - das sind die diese Truppen begleitenden Zivilpersonen) sowie deren Angehörige (im Folgenden: berechtigte Personen). Für diese Kunden führte die Klägerin eine separate Preisliste mit um die Umsatzsteuer geminderten Beträge.
3In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2001 bis 2004, die gemäß § 168 der Abgabenordnung als Festsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung galten, behandelte die Klägerin ihre Umsätze mit dieser Kundengruppe als steuerfrei gemäß Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk.
4Im Rahmen einer im Jahr 2005 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte die Prüferin fest, dass die Leistungen der Klägerin an die berechtigten Personen nach dem sog. „vereinfachten Beschaffungsverfahren” wie folgt abgewickelt worden waren: Beim ersten Besuch legte die berechtigte Person der Klägerin einen formularmäßigen Beschaffungsauftrag („AE Form 215-6A”) nebst Abwicklungsschein vor. Die Klägerin richtete daraufhin ein Kundenkonto ein; Name des Kunden, Nummer und Gültigkeitsdatum des Beschaffungsauftrags wurden gespeichert. Die Art der erbrachten Leistung und der Rechnungsbetrag wurden eingebucht. Die Kasse druckte den Beleg aus und der Kunde unterschrieb den Beschaffungsauftrag ohne Datumsangabe. Auch alle weiteren Leistungen an den Kunden bei späteren Besuchen bis zum Ablauf des Gültigkeitsdatums des Beschaffungsauftrags verbuchte die Klägerin auf dem Konto. Zur Abrechnung wurde ein Ausdruck erstellt, der sämtliche auf dem Kundenkonto verbuchten Leistungen beinhaltete; den Gesamtbetrag trug die Klägerin auf dem Beschaffungsauftrag ein und versah ihn mit Datum und Unterschrift.
5Die Prüferin behandelte jeweils nur die beim ersten Besuch einer berechtigten Person erbrachte Leistung der Klägerin —nicht mehr die bei nachfolgenden Besuchen ausgeführten Leistungen— als gemäß Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk steuerfrei, da für jeden (einzelnen) Umsatz ein eigener Beschaffungsauftrag vorliegen müsse; lediglich auf dem Abwicklungsschein könnten mehrere (innerhalb eines Monats erbrachte) Leistungen zusammengefasst werden. Sie schätzte die jeweils beim ersten Besuch erbrachten Leistungen der Klägerin, für die ein Beschaffungsauftrag vorlag, in Absprache mit der Klägerin auf 20 % der gesamten, an eine berechtigte Person erbrachten Leistungen (Prüfungsbericht vom ).
6Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) änderte dementsprechend die Umsatzsteuer-Bescheide für die Jahre 2001 bis 2003 durch Bescheide vom und für das Jahr 2004 durch Bescheid vom . Die Einsprüche der Klägerin blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom ).
7Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt (Kostentragung je zur Hälfte). Es führte zur Begründung im Wesentlichen aus:
8Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk lägen im Streitfall grundsätzlich vor. Zwar müsse nach der Verwaltungsauffassung (, BStBl I 2004, 1200, Rz 60, 61) für jeden einzelnen Friseurbesuch ein Beschaffungsauftrag vorliegen. Diese Voraussetzung ergebe sich jedoch nicht aus § 26 Abs. 5 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) i.V.m. § 73 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 (UStDV). Der danach zum Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk vorzulegende Abwicklungsschein lasse den Eintrag mehrerer Leistungen zu, was auf die grundsätzliche Zulässigkeit von Zusammenfassungen schließen lasse. Die Vorgehensweise im Streitfall —Beschaffungsauftrag mit Verfallsdatum und Eintragung der jeweiligen Leistungen auf dem Abwicklungsschein— genüge den Anforderungen des § 73 UStDV; die Gefahr eines Missbrauchs bestehe nicht.
9Weiteres Erfordernis für die Steuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) jedoch, dass die Zahlung durch Überweisung oder Scheck erfolge; im Fall von Barzahlungen könne die Steuerbefreiung nicht gewährt werden (Hinweis u.a. auf das , BFHE 112, 88, BStBl II 1974, 437). Der gegenteiligen Verwaltungsauffassung (BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1200, Rz 61) sei nicht zu folgen. Im Streitfall seien deshalb, soweit die Leistungen der Klägerin bar bezahlt worden seien, die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllt.
10Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1350 veröffentlicht.
11Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt das FA im Wesentlichen, die Auffassung des FG, wonach im sog. vereinfachten Beschaffungsverfahren ein Beschaffungsauftrag der amtlichen Beschaffungsstelle als Grundlage für die Umsatzsteuerbefreiung mehrerer Friseurbesuche ausreiche, verstoße gegen Art. 67 Abs. 3 Buchst. c Nr. 1 Satz 1 NATOTrStatZAbk i.V.m. § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
12Grundlage der Umsatzsteuerbefreiung sei, dass die konkrete Leistung von einer amtlichen Beschaffungsstelle in Auftrag gegeben worden sei. Die Auslegung (§ 133 BGB) des dabei formularmäßig mittels Vordruck „AE Form 215-6A” erteilten Angebots im vereinfachten Beschaffungsverfahren ergebe, dass dieses auf eine Einzelbeschaffung gerichtet sei, also auf die Begründung eines auf einmalige Leistung gerichteten Schuldverhältnisses und nicht auf ein Dauerschuldverhältnis.
13Dass ein Beschaffungsauftrag im vereinfachten Beschaffungsverfahren im Prinzip nur für die Beschaffung einer Leistung – und nicht für mehrere zeitlich aufeinander folgende Leistungen vorgesehen sei, ergebe sich ferner aus dem formalisierten Verfahrensablauf dieses Beschaffungsverfahrens (Hinweis auf die , BStBl I 1998, 144, unter 2., und in BStBl I 2004, 1200, Rz 60, 61).
14Das FA beantragt, die Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als das FG der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.
15Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Umsatzsteuer-Änderungsbescheide des FA für die Jahre 2001 bis 2004 vom 21. und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom und das Urteil des FG aufzuheben, hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des FG-Urteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
16Sie rügt Verletzung materiellen Rechts, soweit das FG davon ausgegangen ist, die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gemäß Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk seien in den Fällen nicht erfüllt, in denen die Kunden bar gezahlt hätten.
17Die dahingehende Rechtsprechung des BFH sei erkennbar auf die in den Streitjahren nicht mehr geltende Fassung des Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Nr. 1 NATOTrStatZAbk gestützt, wonach ferner erforderlich gewesen sei, „dass das Entgelt mit Zahlungsmitteln in der Währung des Entsendestaates entrichtet wird”. Das Erfordernis einer unbaren Zahlung sei durch Streichung dieser Passage obsolet geworden. Davon gehe erkennbar auch das BMF in Rz 61 seines Schreibens in BStBl I 2004, 1200 aus, da dort neben Zahlungen per Scheck oder Kreditkarte auch Barzahlungen ausdrücklich zugelassen würden.
18Im Übrigen tritt die Klägerin dem Revisionsvorbringen des FA entgegen.
19Das FA erwidert, es teile die Auffassung der Klägerin, dass die begehrte Umsatzsteuerbefreiung nicht wegen der Barzahlung der Friseurleistungen zu versagen sei. Dies ergebe sich zwar nicht aus der Änderung des Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Nr. 1 NATOTrStatZAbk, sondern daraus, dass mit der Einführung des vorliegenden vereinfachten Beschaffungsverfahrens das Erfordernis der unbaren Zahlung von einem Bankkonto der Streitkräfte (teilweise) aufgegeben worden sei.
20Gleichwohl erweise sich die vom FG im Hinblick auf die Barzahlungen ausgesprochene Klageabweisung im Ergebnis als richtig (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung —FGO—), weil es —wie dargelegt— an einem Vertrag zwischen der amtlichen Beschaffungsstelle und der Klägerin über die Friseurleistungen anlässlich des zweiten oder ggf. weiteren Friseurbesuchs fehle.
21Es werde daher beantragt, die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
II.
22Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der Klägerin für die umstrittenen Leistungen die Steuerfreiheit nach Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk auch insoweit zusteht, als es sich dabei um den zweiten oder ggf. weiteren Friseurbesuch einer berechtigten Person handelt; insoweit fehlt es entgegen der Ansicht des FA nicht an der erforderlichen Auftragsvergabe durch eine amtliche Beschaffungsstelle.
23Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der angefochtenen Änderungsbescheide (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Entgegen der Auffassung des FG steht der Klägerin die begehrte Steuerbefreiung auch insoweit zu, als die berechtigten Personen die Friseurleistungen der Klägerin bar bezahlt haben.
241. Anzuwenden im Streitfall, der die Streitjahre 2001 bis 2004 betrifft, ist Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk in der Fassung, die diese Bestimmung durch das Abkommen vom zur Änderung des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut bekommen hat (vgl. das Gesetz zu dem Abkommen vom zur Änderung des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und zu weiteren Übereinkünften vom , BGBl II 1994, 2594, 2598, 2630). Diese Änderung ist für Deutschland am in Kraft getreten (vgl. die Bekanntmachung vom , BGBl II 1998, 1691).
252. Nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Nr. 1 NATOTrStatZAbk werden für Lieferungen und sonstige Leistungen an eine Truppe oder ein ziviles Gefolge, die von einer amtlichen Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges in Auftrag gegeben werden und für den Gebrauch oder den Verbrauch durch die Truppe, das zivile Gefolge, ihre Mitglieder oder deren Angehörige bestimmt sind, die in Nrn. 2 und 4 genannten Abgabenvergünstigungen gewährt; die Abgabenvergünstigungen sind bei der Berechnung des Preises zu berücksichtigen.
26Nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Nr. 2 NATOTrStatZAbk sind Lieferungen und sonstige Leistungen an eine Truppe oder ein ziviles Gefolge —mit hier nicht vorliegenden Ausnahmen— von der Umsatzsteuer befreit.
27Diese Vergünstigung ist nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. c NATOTrStatZAbk davon abhängig, dass das Vorliegen ihrer Voraussetzungen den zuständigen deutschen Behörden nachgewiesen wird; die Art dieses Nachweises wird durch Vereinbarungen zwischen den deutschen Behörden und den Behörden des betreffenden Entsendestaates festgelegt. Nähere Bestimmungen hierzu enthält der auf § 26 Abs. 5 Nr. 2 UStG beruhende § 73 UStDV.
283. Leistungen werden durch eine amtliche Beschaffungsstelle i.S. des Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Nr. 1 NATOTrStatZAbk „in Auftrag gegeben”, indem die Stelle durch Abgabe des Vertragsangebots oder durch Annahme eines Vertragsangebots am Zustandekommen des betreffenden Umsatzgeschäftes mitwirkt (vgl. , BFHE 154, 395, BStBl II 1988, 1022, Leitsatz; vom V R 6/87, BFH/NV 1993, 59, unter 2.a der Gründe).
29a) Im Streitfall wurden die Leistungen der Klägerin durch eine amtliche Beschaffungsstelle i.S. des Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Nr. 1 NATOTrStatZAbk im Rahmen des sog. „vereinfachten Beschaffungsverfahrens” in Auftrag gegeben.
30Dieses vom Hauptquartier der amerikanischen Truppen in Deutschland (USAREUR) ab eingeführte Verfahren soll den Mitgliedern der Truppe und des zivilen Gefolges oder deren Angehörigen die umsatzsteuerfreie Beschaffung von Waren und Dienstleistungen bis zu einer bestimmten Wertgrenze erleichtern (vgl. , BStBl I 1991, 961).
31Die Wertgrenze lag im Streitjahr 2001 bei 5.000 DM (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 144) und in den Streitjahren 2002 bis 2004 bei 2.500 € (vgl. , BStBl I 2001, 1006). Sie wurde im Streitfall nicht überschritten.
32b) Die Klägerin hat ihre im Rahmen des sog. „vereinfachten Beschaffungsverfahrens” erbrachten Leistungen auch insoweit im Auftrag der Beschaffungsstelle erbracht, als es sich dabei um den zweiten oder ggf. weiteren Friseurbesuch einer berechtigten Person handelte.
33aa) Grundlage der Leistungen der Klägerin war jeweils der dem FG im Klageverfahren auf Anfrage des Gerichts vorgelegte formularmäßige Beschaffungsauftrag „AE Form 215-6A”, der inhaltlich im Wesentlichen den Mustern in der Anlage zum BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 144 und in der Anlage 1 zum BMF-Schreiben in BStBl I 2001, 1006 entspricht.
34Entgegen der Auffassung des FA lässt sich diesem im Streitfall verwendeten formularmäßigen Beschaffungsauftrag nicht entnehmen, dass er auf eine Einzelbeschaffung gerichtet ist und es deshalb unzulässig ist, bis zur Ausschöpfung des Höchstbetrags mehrere zeitlich aufeinander folgende Leistungen auf Grund eines Beschaffungsauftrags zu beziehen.
35Das ergibt sich schon aus der Verwendung des Plurals in der Überschrift des Formulars „Antrag und Bestellformular für von der Mehrwertsteuer befreite deutsche Waren/Dienstleistungen” und in der vom Verkäufer auszufüllenden Zeile „Beschreibung der Waren/Dienstleistungen”. Ferner heißt es in dem Formular „Die oben genannte Person ist amtlicher Einkaufsbeauftragter der US-Streitkräfte. Diese Person ist zum Empfang der unten aufgeführten Waren oder zur Inanspruchnahme der im Folgenden aufgelisteten Dienstleistungen im Namen der US-Streitkräfte berechtigt. Die unten aufgeführten Waren oder Dienstleistungen dienen der Unterstützung der Mitglieder der US-Streitkräfte und ihrer Familienangehörigen und sollen weder zum Wiederverkauf noch als Geschenk für nichtberechtigte Personen noch in Unternehmen irgendwelcher Art verwendet werden”. Zudem ist in dem Formular von einem „Gesamtbetrag” die Rede. Schließlich ist in dem Formular keine Einschränkung hinsichtlich der Menge oder Anzahl der bezogenen Waren bzw. Dienstleistungen vorgesehen.
36bb) Bestätigt wird dieses Ergebnis durch den formularmäßigen Abwicklungsschein, den die berechtigten Personen zusammen mit dem Beschaffungsauftrag beim erstmaligen Besuch der Klägerin vorgelegt haben und der gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDV als Belegnachweis für die Steuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOTrStatZAbk gilt.
37Aus diesem dem FG ebenfalls vorgelegten formularmäßigen Abwicklungsschein (vgl. das Muster in Anlage 3 zum IV A/3 -S 7492- 31/69, BStBl I 1970, 150, 157) ergibt sich ausdrücklich (vgl. die Anmerkung 2 für den Lieferer/Leistenden), dass darin mehrere, an unterschiedlichen Daten ausgeführten Leistungen an eine berechtigte Person zusammengefasst werden können.
38Dafür, dass zwar ein Abwicklungsschein für mehrere zeitlich nacheinander ausgeführte Leistungen gelten soll, der gleichzeitig von einer amtlichen Beschaffungsstelle ausgegebene und dem leistenden Unternehmer vorgelegte Beschaffungsauftrag aber nicht, gibt es aus der Sicht des leistenden Unternehmers als Empfänger des Beschaffungsangebots (§ 133 BGB) keinen vernünftigen Grund. Anders könnte es nur sein, wenn der Beschaffungsauftrag ausdrücklich oder jedenfalls eindeutig eine dahingehende Einschränkung enthielte, was aber hier —wie dargelegt— nicht der Fall ist.
39cc) Ob sich aus dem formalisierten Verfahrensablauf dieses Beschaffungsverfahrens —wie das FA unter Hinweis auf die BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 144, unter 2., und in BStBl I 2004, 1200, Rz 60, 61 ferner geltend macht— ergibt, dass ein Beschaffungsauftrag im vereinfachten Beschaffungsverfahren im Prinzip nur für die Beschaffung einer Leistung und nicht für mehrere zeitlich aufeinander folgende Leistungen vorgesehen ist, mag offenbleiben.
40Denn entscheidend für die Frage, ob die streitigen Leistungen der Klägerin i.S. des Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOTrStatZAbk auf einem Auftrag der Beschaffungsstelle beruhten, sind die —dargelegten— konkreten Verhältnisse des Streitfalls, nicht aber abstrakte Regelungen in Verwaltungsvorschriften.
41dd) Dem gefundenen Ergebnis steht abweichend von der Ansicht des FA auch nicht entgegen, dass die amtlichen Beschaffungsstellen der amerikanischen Truppen zur Durchführung ihrer Aufgaben mit Friseuren sog. Dienstleistungs-Konzessionsverträge abschließen (vgl. , BStBl I 1976, 154; in BStBl I 2004, 1200, Rz 49 ff.).
42Denn aus der Möglichkeit der Beschaffungsstelle, über die Leistungen von Friseuren derartige Dienstleistungs-Konzessionsverträge abzuschließen, folgt nicht, dass im vereinfachten Beschaffungsverfahren mit der Wertgrenze von 5.000 DM bzw. 2.500 € ein Beschaffungsauftrag nicht zum zeitlich aufeinander folgenden Bezug mehrerer Leistungen eines Friseurs verwendet werden kann.
434. Entgegen der Auffassung des FG —und in Übereinstimmung mit beiden Beteiligten— ist die Steuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOTrStatZAbk nicht insoweit zu versagen, als die berechtigten Personen die Friseurleistungen der Klägerin bar bezahlt haben.
44a) Nach der Rechtsprechung des BFH fordern zwar die Regelungen in Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk —nicht ausdrücklich, aber sinngemäß—, dass eine unbare Zahlung von einem Bankkonto der zahlenden Dienststelle erfolgt, weil nur eine solche Zahlung die hinreichende Vermutung dafür ergibt, dass die dem Gesamtkonzept der Vorschrift zu entnehmende Voraussetzung erfüllt ist, die Zahlung müsse aus Haushaltsmitteln des Entsendestaates geleistet werden (grundlegend BFH-Urteil in BFHE 112, 88, BStBl II 1974, 437; vgl. auch , BFH/NV 1991, 778; BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 59, unter 2.a der Gründe).
45b) Die genannten Entscheidungen des BFH sind aber zu der ursprünglichen Fassung von Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOTrStatZAbk ergangen. Sie betrafen auch kein vereinfachtes Beschaffungsverfahren.
46Nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Nr. 1 NATOTrStatZAbk a.F. wurden die Abgabenvergünstigungen unter der —zusätzlichen, in den Streitjahren 2001 bis 2004 nicht mehr erforderlichen— „Voraussetzung gewährt, dass das Entgelt mit Zahlungsmitteln in der Währung des Entsendestaates entrichtet wird. Diese Voraussetzung gilt auch als erfüllt, wenn die Zahlung in Deutscher Mark geleistet wird, die die Truppe oder eine von ihr bevollmächtigte Stelle durch den Umtausch derartiger Zahlungsmittel in Deutschland erworben hat, oder in Deutscher Mark, deren Verwendung im Rahmen dieses Absatzes durch besondere Vereinbarung zwischen den deutschen Behörden und den Behörden des Entsendestaates zugelassen worden ist” (vgl. das Gesetz zum NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen vom , BGBl II 1961, 1183, 1297).
47c) Aus diesen Bestimmungen über die Zahlung des Entgelts hat der BFH in seinem Urteil in BFHE 112, 88, BStBl II 1974, 437 abgeleitet, dass nur bei unbarer Zahlung von einem Bankkonto der zahlenden Dienststelle eine hinreichende Vermutung für das Vorliegen des sich aus Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOTrStatZAbk ergebenden Erfordernisses über die Zahlungsmittelherkunft besteht (vgl. Rz 9 der Gründe, sowie BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 59, unter 2.a der Gründe, Rz 13).
48d) Entgegen der Auffassung des FG hat diese —sich auf in den Streitjahren nicht mehr geltende Vorschriften über die Zahlung des Entgelts stützende und nicht das vereinfachte Beschaffungsverfahren betreffende— Rechtsprechung im Streitfall keine Bedeutung, wie die Klägerin zutreffend dargelegt hat.
49Vielmehr greift die Steuerbefreiung in den Fällen des vereinfachten Beschaffungsverfahrens entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung auch dann ein, wenn die berechtigte Person die empfangene Leistung bar bezahlt (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 144, unter Abs. 2 Nr. 4; BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1200, Rz 61).
50e) Angesichts dieser Rechtslage ist unerheblich, dass nach den im Streitfall verwendeten (alten) Abwicklungsscheinen in Teil 2 nur eine Zahlung durch Scheck oder Überweisung vorgesehen ist, während in den neuen Abwicklungsscheinen dort auch eine Barzahlung (und eine Zahlung per Kreditkarte) aufgeführt ist (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1200, Anlage 3).
515. Die übrigen Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOTrStatZAbk liegen nach den Feststellungen des FG vor.
52Die von der Klägerin erbrachten Friseurleistungen waren —wie bereits dargelegt— für den ausschließlichen Gebrauch oder Verbrauch durch die Mitglieder oder deren Angehörige der Truppe oder des zivilen Gefolges bestimmt. Ferner wurde die Umsatzsteuerbefreiung bei der Berechnung des Preises berücksichtigt.
536. Darüber, dass die Klägerin den nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. c NATOTrStatZAbk erforderlichen Nachweis der Steuerbefreiung gemäß § 26 Abs. 5 Nr. 2 UStG i.V.m. § 73 UStDV ordnungsgemäß erbracht hat, besteht kein Streit.
547. Die Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOTrStatZAbk kann zwar im Einzelfall wegen Missbrauchs zu versagen sein. Ein Missbrauch liegt insbesondere in den Fällen vor, in denen festgestellt wird, dass der erworbene Gegenstand oder die Dienstleistung nicht für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Mitglieder der Truppe oder des zivilen Gefolges usw. bestimmt war (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 144, unter 4.).
55Im Streitfall ist aber kein Missbrauch gegeben; es besteht in derartigen Fällen auch keine Missbrauchsgefahr. Denn Friseurleistungen an nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOTrStatZAbk berechtigte Personen sind offenkundig für den privaten Gebrauch oder Verbrauch dieser durch Vorlage ihres Ausweises individuell identifizierten Personen bestimmt und damit nach dieser Vorschrift —unter den weiteren dort genannten Voraussetzungen— umsatzsteuerfrei, unabhängig davon, ob sie vom Unternehmer nur einmal oder wiederholt erbracht werden.
56Dementsprechend hat das FG ausdrücklich ausgeführt, es sehe im Streitfall die Gefahr eines Missbrauchs nicht als gegeben an. Davon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2011 II Seite 138
BFH/NV 2010 S. 1753 Nr. 9
BFH/PR 2010 S. 386 Nr. 10
BStBl II 2011 S. 138 Nr. 2
DB 2010 S. 10 Nr. 15
DStRE 2010 S. 1132 Nr. 18
DStZ 2010 S. 654 Nr. 18
GStB 2010 S. 39 Nr. 10
HFR 2010 S. 1197 Nr. 11
IStR 2010 S. 705 Nr. 18
KÖSDI 2010 S. 17113 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 33/2010 S. 2596
StB 2010 S. 300 Nr. 9
StBW 2010 S. 782 Nr. 17
StuB-Bilanzreport Nr. 17/2010 S. 681
UR 2010 S. 780 Nr. 20
UStB 2010 S. 264 Nr. 9
QAAAD-48034