OFD Niedersachsen - S 2254 - 52 - St 233/St 234

Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Ferienwohnungen; Ergänzungen zum (BStBl 2004 I S. 933)

Zum o.g. BMF-Schreiben bemerke ich ergänzend:

Zur Beurteilung der Überschusserzielungsabsicht von Ferienwohnungen ist in der ersten Prüfungsstufe zwischen der ausschließlich fremd vermieteten und der (auch) selbst genutzten Ferienwohnung zu unterscheiden.

1. Ausschließliche Vermietung

a) Nachweisanforderungen

Wenn der Steuerpflichtige (Stpfl.) die folgenden Umstände vorträgt und glaubhaft macht, kann bei einer Entscheidung, ob es sich um eine ausschließlich fremd vermietete Ferienwohnung handelt, davon ausgegangen werden, dass der Stpfl. die Ferienwohnung tatsächlich nicht selbst genutzt bzw. unentgeltlich überlassen hat:

  • Der Stpfl. hat die Entscheidung über die Vermietung der Ferienwohnung einem ihm nicht nahe stehenden Vermittler (z. B. einem überregionalen Reiseveranstalter, Feriendienstorganisation, Kurverwaltung o. a.) übertragen und eine Eigennutzung vertraglich für das gesamte Jahr ausgeschlossen.

  • Die Ferienwohnung befindet sich im ansonsten selbst genutzten Zwei- oder Mehrfamilienhaus des Stpfl. bzw. in unmittelbarer Nähe zur selbst genutzten Wohnung des Stpfl. (, BStBl 2001 II, 705). „Unmittelbare Nähe” in diesem Sinne ist nur anzunehmen, wenn sich die Hauptwohnung des Stpfl. und die Ferienwohnung in derselben Stadt/Gemeinde befinden. Zu beachten ist darüber hinaus, dass die Hauptwohnung nach Größe und Ausstattung den Wohnbedürfnissen des Stpfl. entsprechen muss. Nur wenn die selbst genutzte Wohnung die Unterbringung von Gästen u. Ä. ermöglicht, kann davon ausgegangen werden, dass der Stpfl. die Ferienwohnung nicht selbst nutzt, sondern sie ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereit hält.

  • Der Stpfl. hat an demselben Ort mehr als eine Ferienwohnung und nutzt nur eine dieser Ferienwohnungen für eigene Wohnzwecke oder in Form der unentgeltlichen Überlassung. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn beispielsweise Ausstattung und Größe einer der Wohnungen auf die besonderen Verhältnisse des Stpfl. zugeschnitten sind. Die Leerstandszeiten der anderen Ferienwohnung(en) sind in einem solchen Fall als Vermietungszeiten zu werten.

  • Die Ferienwohnung wird in der (regional unterschiedlichen) Saison mit Ausnahme eines kurzzeitigen Leerstands nahezu durchgängig vermietet. Dabei ist zu beachten, dass „Saison” nicht immer nur die Hochsaison im Sommer, sondern auch die Zeiten der Nebensaison umfasst. Damit muss eine nahezu durchgängige Vermietung mindestens von März bis Oktober und zusätzlich für den Zeitraum zwischen Weihnachten und Jahreswechsel vorliegen, um eine Selbstnutzung objektiv auszuschließen.

In allen anderen Fällen ist zunächst davon auszugehen, dass der Stpfl. die Wohnung auch selbst genutzt bzw. unentgeltlich überlassen hat. Es bleibt dem Stpfl. unbenommen, die dauernde Vermietung und das Bereithalten zur dauernden Vermietung auf andere Weise nachzuweisen oder glaubhaft zu machen.

b) Kurzfristige Aufenthaltszeiten des Steuerpflichtigen

Die im o. g. BMF-Schreiben genannten kurzfristigen Aufenthalte in der Ferienwohnung sind nur dann nicht der Selbstnutzung zuzurechnen, wenn dargelegt und glaubhaft gemacht wird, dass der mehr als eintägige Aufenthalt während der normalen Arbeitszeit vollständig mit Arbeiten für die Wohnung ausgefüllt war (, BStBl 1994 II, 350). Insbesondere bei mehrtägigen Aufenthalten während der Saison reicht alleine die Behauptung des Stpfl., er habe den Aufenthalt für Reparaturen, Grundreinigung u. Ä. genutzt, nicht aus.

c) Erhebliches Unterschreiten der ortsüblichen Vermietungszeit

Bei ausschließlich an wechselnde Feriengäste – in Eigenregie oder durch Beauftragung eines Dritten – vermieteten Ferienwohnungen ist die Einkunftserzielungsabsicht des Stpfl. anhand einer Überschussprognose zu prüfen, wenn ohne Vorliegen von Vermietungshindernissen (z. B. Unbewohnbarkeit der Wohnung wegen Instandsetzungsarbeiten) die Vermietung die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen erheblich unterschreitet (, BStBl 2005 II, 388). In Ergänzung der Rz. 16 und 17 des o. g. BMF-Schreibens ist bei einer solchen Prüfung eine Unterschreitungsgrenze von mindestens 25 % der ortsüblichen Vermietungszeit anzusetzen (vgl. Verfügung vom , Az.: S 2254 - 52 - StO 233/234, juris: FMNR184360005).

Die Ermittlung der ortsüblichen Vermietungstage ist u. U. sehr aufwendig, eventuell sogar unmöglich. , BStBl 2009, II 138 hat der BFH entschieden, dass der Stpfl. die ortsüblichen Vermietungstage nachweisen muss. Kann er dies nicht, ist in jedem Fall eine Totalüberschussprognose durchzuführen.

d) Beurteilungszeitraum

Die ausschließliche Vermietung muss auf Dauer angelegt sein. Es reicht also nicht aus, dass der Stpfl. in einzelnen Veranlagungszeiträumen ohne Selbstnutzung vermietet, sondern es muss sich über einen längeren Zeitraum ein einheitliches Bild ergeben.

e) Überschusserzielungsabsicht

Ist nach der ersten Prüfungsstufe eine dauernde Vermietung anzunehmen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass eine Überschusserzielungsabsicht vorliegt. Nur in den in Rz. 16 und 17 des o. g. BMF-Schreibens genannten Fällen ist in der zweiten Stufe die Überschusserzielungsabsicht zu prüfen.

Geht der Stpfl. von einer auf Dauer angelegten ausschließlichen Vermietung zur Vermietung und Selbstnutzung über, ist ab diesem Veranlagungszeitraum die Überschusserzielungsabsicht zu prüfen.

2. Zeitweise Vermietung und zeitweise Selbstnutzung

Liegt nach den Hinweisen zu Rz. 16 und 17 des o. g. BMF-Schreibens keine ausschließliche Vermietung vor, ist die Überschusserzielungsabsicht stets zu prüfen. Dabei sind Rz. 33 ff. des o. g. BMF-Schreibens sowie die nachfolgenden Hinweise zu beachten.

a) Grundlagen der Totalüberschussprognose

Für die Prognoserechnung sind zunächst die ausschließlich auf die Vermietung entfallenden Werbungskosten (z. B. Reinigungskosten, Entgelte für die Aufnahme in das Gastgeberverzeichnis und Anzeigen) entsprechend Rz. 39 des o. g. BMF-Schreibens zu berücksichtigen. Anschließend sind die übrigen Aufwendungen entsprechend Rz. 40 des o. g. BMF-Schreibens aufzuteilen.

b) Zuordnung der Leerstandszeiten und Renovierungstage

Eine zeitliche Beschränkung der Selbstnutzung i. S. des o. g. BMF-Schreibens ist nur dann anzunehmen, wenn der Stpfl. mit einem fremden Vermittler einen Vertrag abgeschlossen hat, der eine Selbstnutzung nur zu bestimmten, zu Beginn des Jahres genau festgelegten Zeiten (sog. „Sperrzeiten”) zulässt und darüber hinaus jegliche Selbstnutzung ausschließt. Bei einer entsprechenden Vertragsformulierung sind die Sperrzeiten – unabhängig von der tatsächlichen Nutzung – als Zeiten der Selbstnutzung zu behandeln. Für alle weiteren Tage (Vermietungszeiten und Leerstandszeiten) kann davon ausgegangen werden, dass eine Selbstnutzung nach objektiven Umständen ausgeschlossen ist, die Leerstandszeiten sind der Vermietung zuzurechnen.

Ist ein Vertrag mit einem fremden Vermittler dagegen so formuliert, dass lediglich der zeitliche Umfang der Selbstnutzung begrenzt ist, der Stpfl. allerdings nach Rücksprache mit dem Vermittler diese Selbstnutzungszeiten kurzfristig festlegen kann, umfasst der zur Werbungskostenkürzung führende Zeitraum nicht nur die tatsächlichen Selbstnutzungstage, sondern auch die anteiligen Leerstandszeiten. Da der Stpfl. in diesen Fällen letztlich selbst über die Vermietung bzw. Selbstnutzung entscheidet, sind die Leerstandszeiten auf die Vermietungs- und Selbstnutzungszeiten aufzuteilen. Dies gilt auch dann, wenn sich der Stpfl. wie ein fremder Dritter an den Vermittler wenden muss.

Hat der Stpfl. glaubhaft gemacht, dass ein Aufenthalt in der Ferienwohnung der Durchführung von Schönheitsreparaturen (s. Hinweis zu Rz. 19 des o. g. BMF-Schreibens) und nicht der Erholung diente, sind diese Zeiten grundsätzlich gleichwohl nicht in vollem Umfang der Vermietung zuzurechnen. Wird die Ferienwohnung sowohl vermietet als auch selbst genutzt, dienen auch Schönheitsreparaturen im Ergebnis sowohl der Selbstnutzung als auch der Vermietung. In einem solchen Fall sind die auf diese Zeiten entfallenden Aufwendungen – wie bei den Leerstandszeiten – im zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Vermietung aufzuteilen (, BStBl 2002 II, 726).

Beispiel 1:

Ein Stpfl. vermietet eine Ferienwohnung in Eigenregie. Im VZ 01 war die Ferienwohnung an 120 Tagen tatsächlich vermietet und an 70 Tagen tatsächlich selbst genutzt. Nach Abzug der Selbstnutzungs- und Vermietungstage von 365 Gesamttagen verbleiben 175 Tage Leerstandszeiten. Von diesen Leerstandstagen entfallen 110 Tage auf die Vermietungszeit (175 Leerstandstage × 120 Vermietungstage/190 Nutzungstage). Insgesamt sind die Aufwendungen, die sowohl durch die Vermietung als auch durch die Selbstnutzung veranlasst sind, im Verhältnis von 230 Vermietungstagen zu 135 Selbstnutzungstagen aufzuteilen.

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1, aber der Umfang der Selbstnutzung ist nicht festzustellen. Von den 365 Gesamttagen sind zunächst 120 Vermietungstage abzuziehen. Die verbleibenden 245 Leerstandstage entfallen zu je 50 % auf die Vermietung und die Selbstnutzung. Danach ergeben sich insgesamt 243 Vermietungstage (120 tatsächliche und 123 geschätzte Vermietungstage) zu 122 Selbstnutzungstagen.

c) Prognosezeitraum

Ein kürzerer Prognosezeitraum als 30 Jahre ist zugrunde zu legen, wenn sich aus objektiven Umständen eine Befristung der Nutzung ergibt, z. B. wegen eines bereits im Streitjahr beabsichtigten späteren Verkaufs der Beteiligung an einem Bauherrenmodell mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie (, BStBl 1998 II, 771 und , a. a. O.)

Der Prognosezeitraum beginnt im Jahr der Herstellung oder Anschaffung der Ferienwohnung. Das gilt auch dann, wenn im Falle eines Wechsels von der ausschließlichen Vermietung zur Vermietung und Selbstnutzung die ersten Veranlagungszeiträume bereits bestandskräftig veranlagt sind (vgl. Rz. 34 des o. g. BMF-Schreibens).

d) Schätzung der Einnahmen und Werbungskosten

Legt der Stpfl. eine eigene Totalüberschussprognose vor, muss er erläutern, aus welchen objektiven Gründen er davon ausgehen konnte, dass die angesetzten geschätzten Einnahmen und Werbungskosten realistisch waren. Hierzu kann er z. B. Schriftverkehr vorlegen, aus dem sich ergibt, dass er sich vor Beginn der Vermietung bei dem für den Ferienort zuständigen Fremdenverkehrsbüro Informationen über die Höhe der erzielbaren Übernachtungspreise und die zu erwartende Auslastung eingeholt hat.

Hinsichtlich der zu schätzenden Werbungskosten für die Totalüberschussprognose ist Folgendes zu beachten:

  • Für den Ansatz der Aufwendungen zur Instandhaltung der Ferienwohnung, die erfahrungsgemäß mit dem Alter der Immobilie zunehmen, bilden die Wertansätze (Höchstbeträge) in § 28 der Zweiten Berechnungsverordnung – II. BV – (in der bei Beginn der Investition in die Ferienimmobilie geltenden Fassung) eine geeignete Schätzungsgrundlage.

  • Die AfA auf in der Ferienwohnung enthaltene Einrichtungsgegenstände sind im Regelfall nach den Sätzen der amtlichen AfA-Tabelle Gastgewerbe zu bemessen.

  • Die Finanzierungskosten sind ausgehend von den abgeschlossenen Verträgen zu schätzen. Wird vorgetragen, dass Darlehen vor Ablauf der Zinsbindungsfrist abgelöst werden sollen, ist durch entsprechende Verträge/Vereinbarungen (z. B. für die Tilgung zweckgebunden abgeschlossene Lebensversicherungen oder Bausparverträge) nachzuweisen, dass entgegen der üblichen Bedingungen ausnahmsweise vor Ablauf der Zinsbindungsfrist Sondertilgungen und vorzeitige Kündigungen erfolgen werden.

  • Wertsteigerungen und Veräußerungsgewinne sind in die Totalüberschussprognose nicht mit einzubeziehen, und zwar auch dann nicht, wenn sie im Fall eines 10 Jahre unterschreitenden Prognosezeitraums gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig sind.

3. Anwendungsregelungen

Die Regelungen des o. g. BMF-Schreibens sind in allen noch offenen Veranlagungen anzuwenden. Ist danach die Überprüfung der Überschusserzielungsabsicht in Fällen erforderlich, in denen bereits einige Veranlagungszeiträume bestandskräftig veranlagt sind, umfasst die Totalüberschussprognose die bestandskräftig veranlagten Einkünfte ab dem Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung der Ferienwohnung sowie die für den Rest des Prognosezeitraums zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben. Sofern der Stpfl. im ersten offenen Veranlagungszeitraum keine ausreichenden objektiven Umstände über die zukünftige Entwicklung vorträgt, sind die zu erwartenden Einnahmen und Werbungskosten anhand der in den letzten fünf Veranlagungszeiträumen angefallenen Beträge zu schätzen (Rz. 34 des o. g. BMF-Schreibens).

OFD Niedersachsen v. - S 2254 - 52 - St 233/St 234

Fundstelle(n):
DB 2010 S. 1729 Nr. 32
DStR 2010 S. 1842 Nr. 36
MAAAD-48031