BGH Urteil v. - VIII ZR 230/09

Wohnraummiete: Wirksamkeit einer formularmäßigen Verlängerungsklausel in einem auf fünf Jahre befristeten Mietvertrag

Leitsatz

In einem vor Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes abgeschlossenen, auf ursprünglich fünf Jahre befristeten Mietvertrag hält eine formularmäßige Verlängerungsklausel folgenden Inhalts der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB stand:

"Wird das Mietverhältnis nicht auf den als Endtermin vorgesehenen Tag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt, so verlängert es sich jedes Mal um 5 Jahre."

Gesetze: § 307 Abs 1 BGB, § 307 Abs 2 BGB, § 565a Abs 1 BGB vom , Art 229 § 3 Abs 3 BGBEG

Instanzenzug: LG München II Az: 12 S 2015/09 Urteilvorgehend AG Wolfratshausen Az: 1 C 1142/08 Urteil

Tatbestand

1Mit Vertrag vom mieteten die Beklagten eine Wohnung des Klägers in R. an. Das Mietverhältnis begann zum und sollte zum enden. In § 2 Ziffer 2 Buchst. b des Mietvertrags ist unter der Überschrift "Verträge mit Verlängerungsklausel" folgende formularmäßig vorgedruckte und maschinenschriftlich um die Zahl "5" vervollständigte Klausel enthalten:

2Außerdem ist im Mietvertrag geregelt, dass das Recht zur außerordentlichen Kündigung hiervon unberührt bleibt (§ 2 Ziffer 3) und dass bei der Nutzung als Wohnraum die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen zur Anwendung kommen (§ 2 Ziffer 5). Die Beklagten erklärten mit Schreiben vom die Kündigung des Mietverhältnisses zum und räumten die Wohnung zum . Zwischen den Parteien herrscht Streit über die Berechtigung der Beklagten zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zu diesem Termin.

3Der Kläger, der die Wohnung ab neu vermietet hat, hat die Beklagten auf Zahlung der Miete für den Zeitraum von Mai 2008 bis einschließlich September 2008 zuzüglich Nebenkosten, insgesamt 2.880,71 €, und auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch genommen. Die Beklagten haben im Wege der Widerklage Auszahlung der von ihnen geleisteten Mietkaution verlangt, die sich einschließlich Kautionszinsen unstreitig auf 1.748,62 € beläuft.

4Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage unter Zurückweisung im Übrigen in Höhe von 1.490,84 € (1.748,62 € abzüglich unstreitiger Nebenkostenforderung von 257,78 €) stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, der die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

Gründe

5Die Revision hat Erfolg.

I.

6Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

7Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis sei durch die von den Beklagten am ausgesprochene Kündigung mit Ablauf des beendet worden. Die Beklagten seien an die vereinbarte Verlängerung des befristeten Mietverhältnisses um jeweils fünf Jahre nicht gebunden gewesen, weil die Verlängerungsklausel in § 2 Ziffer 2 des Mietvertrags vom unwirksam sei. Zwar greife das Mietrechtsreformgesetz aus dem Jahr 2001 nicht in vor seinem Inkrafttreten abgeschlossene Zeitmietverträge mit Verlängerungsklausel ein, so dass solche Verträge auch nach dem an sich nur zu dem im Vertrag vereinbarten Ablauftermin gekündigt werden könnten.

8Bei der in Frage stehenden Zeitmietvereinbarung mit Verlängerungsklausel handele es sich jedoch um eine Formularklausel nach § 1 Abs. 1 AGBG, die einer Inhaltskontrolle nach dem hier anwendbaren § 9 AGBG nicht standhalte. Die Parteien hätten einen Kettenmietvertrag geschlossen, der angesichts der vorgesehenen Befristungen auf jeweils fünf Jahre mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 565 Abs. 2 BGB aF nicht mehr zu vereinbaren sei. Die genannte Vorschrift lege eine Kündigungsfrist von längstens zwölf Monaten fest. Eine vertragliche Regelung, die im Ergebnis zu Kündigungsfristen von fünf Jahren führe, sei hiermit nicht in Einklang zu bringen. Denn ein Mieter, der in der angemieteten Wohnung nicht verbleiben könne oder wolle, sei darauf angewiesen, entweder einen Nachmieter zu finden oder über Jahre hinweg Mietzahlungen für die nicht mehr benötigte Wohnung zu erbringen. Die Möglichkeit, das befristete Mietverhältnis nach § 564c Abs. 1 BGB aF in ein unbefristetes Mietverhältnis umzuwandeln, gleiche diesen nicht hinzunehmenden Nachteil nicht hinreichend aus.

9Folglich stehe dem Kläger ein Anspruch auf die verlangten Mietzahlungen nicht zu, während die Beklagten Rückzahlung der geleisteten Kaution (1.748,62 €) verlangen könnten, allerdings verringert um die vom Kläger zur Aufrechnung gebrachte Nebenkostenforderung von 257,78 €.

II.

10Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Dem Kläger steht nach § 535 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Miete für den Zeitraum von Mai 2008 bis einschließlich September 2008 sowie auf Ausgleich abgerechneter Nebenkosten zu. Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die von den Parteien vereinbarte befristete Verlängerung des Mietverhältnisses und der damit verbundene Ausschluss der Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung (§ 564 Abs. 1 BGB aF) wirksam. Das Mietverhältnis konnte von den Beklagten daher nicht zum gekündigt werden. Nach Abzug der unstreitig von den Beklagten zu beanspruchenden Kaution (1.748,62 €) belaufen sich die verbleibenden Forderungen des Klägers auf die ihm vom Amtsgericht zugesprochenen 2.880,71 €. Daneben kann der Kläger gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 2 BGB Erstattung der angefallenen außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 316,18 € verlangen. Die Beklagten können dagegen die mit der Widerklage geltend gemachte Rückzahlung der geleisteten Kaution nicht beanspruchen, da diese Forderung infolge der vom Kläger erklärten Aufrechnung erloschen ist (§ 389 BGB).

111. Mit dem am geschlossenen Mietvertrag sind die Parteien ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit (ursprüngliche Laufzeit bis zum ) eingegangen und haben zugleich wirksam bestimmt, dass sich dieses mangels Kündigung um jeweils fünf Jahre verlängert. Das bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes () geltende Wohnraummietrecht eröffnete Mietvertragsparteien in § 565a Abs. 1 BGB aF die Möglichkeit, einen zeitlich befristeten Mietvertrag abzuschließen und eine Verlängerung des Mietverhältnisses bei unterbleibender Kündigung vorzusehen. Auch wenn das seit geltende neue Mietrecht keine entsprechende Regelung mehr vorsieht, berührt dies den Bestand befristeter Mietverträge mit Verlängerungsklauseln nicht, sofern sie vor dem wirksam abgeschlossen worden sind. Denn bei Mietverträgen, die - wie hier - vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes zustande gekommen sind, ist nach der Übergangsregelung des Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB die bis dahin geltende Bestimmung des § 565a Abs. 1 BGB aF weiterhin anzuwenden (vgl. etwa , NJW 2005, 1572, unter II 2 a aa; vom - VIII ZR 257/06, NJW 2007, 2760, Tz. 8, 10; vom - VIII ZR 230/06, WuM 2007, 513, Tz. 7; vom - VIII ZR 71/07, NJW 2008, 1661, Tz. 17). Dass die Verlängerung der ursprünglichen Mietdauer erst nach dem erfolgt ist, ist hierfür unerheblich, denn durch die mangels Kündigung eintretende Verlängerung des befristeten Mietverhältnisses um einen bestimmten Zeitraum (hier: fünf Jahre) wird kein neues Mietverhältnis begründet, sondern das bestehende unverändert fortgesetzt (vgl. Senatsurteil vom , aaO, Tz. 11 m.w.N.).

122. Die von den Parteien auf der Grundlage des § 565a Abs. 1 BGB aF gewählte Konstruktion eines befristeten Mietvertrags mit Verlängerungsklausel ist nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB (früher § 9 AGBG) unwirksam.

13a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht diese Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung gewertet.

14aa) Zwar ist die vom Berufungsgericht herangezogene Bestimmung des § 1 Abs. 1 AGBG zwischenzeitlich nicht mehr anwendbar, weil die Übergangsregelung des Art. 229 § 5 EGBGB die Fortgeltung des AGB-Gesetzes nach dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes () bei Dauerschuldverhältnissen auf den Zeitraum bis beschränkt hat. Dies ist jedoch unschädlich, weil der Regelungsgehalt des § 1 Abs. 1 AGBG inhaltlich unverändert in die Nachfolgebestimmung des § 305 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB übernommen worden ist.

15bb) Der Einordnung der Verlängerungsklausel in § 2 Ziffer 2 Buchst. b des Mietvertrags vom als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB steht nicht entgegen, dass die - hier in Rede stehende - Dauer des Kündigungsausschlusses durch maschinenschriftliche Ergänzung einer Leerstelle des im Übrigen vorgedruckten Textes auf fünf Jahre festgelegt worden ist (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 27/04, NJW 2005, 1574, unter II 2 b).

16(1) Die Schriftart ist nach § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB ohne Bedeutung. Dass die vorgenommene Zeitbestimmung individuell ausgehandelt worden ist, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Vergeblich verweist die Revision in diesem Zusammenhang auf den vom Berufungsgericht nach § 540 Abs. 1 ZPO in Bezug genommenen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, in dem ausgeführt ist, der formularmäßig vorgedruckte Klauseltext sei durch die Zahl 5 "individuell ergänzt" worden. Anders als die Revision meint, ist mit diesem Passus nicht die Feststellung verbunden, die Parteien hätten die vereinbarte Fünfjahresfrist im Einzelnen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt. Das Amtsgericht hat durch seine Ausführungen bei verständiger Würdigung nur zum Ausdruck gebracht, dass die Dauer der Verlängerung des Mietverhältnisses nicht bereits formularmäßig vorgedruckt war, sondern einer auf das konkrete Mietverhältnis zugeschnittenen Ergänzung bedurfte. Damit ist jedoch nicht die Feststellung verbunden, die Beklagten hätten die ernsthafte Möglichkeit erhalten, den Inhalt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (vgl. etwa BGHZ 104, 232, 236 m.w.N.). Die Revision zeigt weder auf, dass sich der Kläger in den Tatsacheninstanzen auf ein individuelles Aushandeln des jeweiligen Verlängerungsintervalls berufen hat, noch dass die Beklagten ein solches Vorbringen unstreitig gestellt haben.

17(2) Dass das Berufungsgericht vor diesem Hintergrund die Möglichkeit einer Individualabrede nicht gesondert erörtert, sondern sich mit der Feststellung begnügt hat, es liege ein der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG unterworfener formularmäßig vereinbarter Mietvertrag mit Befristungen auf jeweils fünf Jahre vor, stellt daher keinen durchgreifenden Verfahrensfehler dar. Insbesondere liegt - entgegen der Auffassung der Revision - nicht der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 6 ZPO (fehlende Urteilsgründe) vor. Diese Bestimmung ist nicht schon dann anwendbar, wenn Urteilsgründe - wie hier - sachlich unvollständig sind (vgl. etwa BGHZ 39, 333, 338; vgl. ferner , NJW 1991, 2761, unter II 1 a). Auch ist dem Berufungsgericht kein entscheidungserheblicher Verstoß gegen § 139 ZPO oder Art. 103 Abs. 1 GG anzulasten, weil es die Parteien nach Aktenlage nicht darauf hingewiesen hat, dass die in Frage stehende Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (früher § 9 AGBG) unterliegt. Zwar ist ein Berufungsgericht grundsätzlich nach § 139 ZPO gehalten, einer in erster Instanz siegreichen Partei rechtzeitig einen Hinweis zu erteilen, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und insbesondere aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (vgl. etwa , ZfBR 2009, 241, unter II 1 b aa). Letztlich kann offen bleiben, ob ein entsprechender - in den Akten nicht dokumentierter - Hinweis unterblieben ist, denn die Revision führt nicht - wie erforderlich - aus, was der Kläger auf einen entsprechenden Hinweis vorgetragen hätte (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom - VIII ZB 87/06, WuM 2008, 615, Tz. 11; , FF 2009, 22, Tz. 16).

18b) Nicht frei von Rechtsfehlern ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die vereinbarte wiederkehrende Verlängerung des befristeten Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit sei deswegen nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil die damit verbundene fünfjährige Bindung der Beklagten nicht mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 565 Abs. 2 BGB aF in Einklang zu bringen sei, der eine Kündigungsfrist von höchstens zwölf Monaten vorsah. Die Verlängerungsklausel ist als Laufzeitabrede zwar nicht dem einer Inhaltskontrolle entzogenen Kernbereich (§ 307 Abs. 3 BGB) zuzuordnen (vgl. BGHZ 127, 35, 41 f.; vgl. ferner Senatsurteil vom - VIII ZR 27/04, aaO); sie weicht aber nicht in unzulässiger Weise von der genannten gesetzlichen Regelung ab.

19Die Bestimmung des § 565 Abs. 2 BGB aF sieht eine Kündigungsfrist von höchstens einem Jahr vor (Satz 1 und 2) und erklärt abweichende Vereinbarungen, die Kündigungen nur zum Schluss bestimmter Kalendermonate zulassen, für unwirksam (Satz 4). Die Regelung in § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB aF ist jedoch nicht auf befristete Mietverhältnisse mit Verlängerungsklausel anzuwenden (vgl. , aaO, unter II 2 a bb; vom - VIII ZR 145/06, WuM 2007, 202, Tz. 10; vom , aaO, Tz. 9; vom , aaO, Tz. 16). Dies folgt aus § 565a Abs. 1 BGB aF, der voraussetzt, dass Mietverträge auf bestimmte Zeit mit Verlängerungsklausel zulässig sind; hiermit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn mietvertragliche Befristungen mit Verlängerungsklauseln von vornherein nach § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB aF unwirksam wären (Senatsurteil vom , aaO). Da solchen Mietverhältnissen eine vom Gesetzgeber gebilligte, den Anwendungsbereich des § 565 Abs. 2 BGB einschränkende Sonderstellung zukommt, verbietet es sich, eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB daraus abzuleiten, dass ihnen eine Lösung vom Vertrag innerhalb einer Zeitspanne verwehrt wird, die der in § 565 Abs. 2 BGB vorgesehenen längstmöglichen Kündigungsfrist von zwölf Monaten entspricht. Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB hat sich wegen der Besonderheiten der gewählten Vertragskonstruktion vielmehr ausschließlich am Maßstab des § 565a Abs. 1 BGB aF auszurichten. § 565a BGB aF soll lediglich sicherstellen, dass die für den Fall der Vertragsbeendigung zum Schutz des Mieters bestehenden Vorschriften nicht durch vertragliche Beendigungsvereinbarungen umgangen werden (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 7. Aufl. § 565a BGB Rdnr. 1). Sie soll dagegen den Mieter nicht vor einer längeren Bindung an den Vertrag schützen (vgl. für einen Zeitmietvertrag im Sinne des § 575 Abs. 4 BGB nF: , NJW 2004, 1448, unter II 2, und vom - VIII ZR 379/03, NJW 2004, 3117, unter II 1). Dem beschriebenen Schutzzweck des § 565a Abs. 1 BGB aF werden die zwischen den Parteien getroffenen Abreden gerecht. Die in Frage stehende Klausel stellt in Verbindung mit der Regelung in § 2 Ziffer 5 des Mietvertrags sicher, dass das Mietverhältnis vom Vermieter nur unter Einhaltung der jeweils geltenden gesetzlichen Kündigungsfrist und unter Beachtung der Kündigungsschutzbestimmungen beendet werden kann.

20c) Eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt ebenfalls nicht vor. Der mit der wiederkehrenden Befristung des Mietverhältnisses verbundene vorübergehende beiderseitige Kündigungsausschluss schränkt keine grundlegenden Rechte der Mieter ein. Insbesondere gebietet der Schutzzweck des § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB aF keine Beschränkung der Dauer der befristeten Verlängerung, da der Gesetzgeber in § 565a Abs. 1 BGB aF den bei einem befristeten Mietvertrag mit Verlängerungsklausel verbundenen vorübergehenden Ausschluss des Kündigungsrechts gebilligt und Zeitmietverträge - von den in § 564c Abs. 2 BGB aF genannten Ausnahmen abgesehen - keinen zeitlichen Beschränkungen (vgl. § 564 Abs. 1 BGB aF) unterworfen hat (auch dem Schutzzweck der in § 573c Abs. 4 BGB nF enthaltenen Nachfolgeregelung zu § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB aF hat der Senat keine Einschränkung der Zulässigkeit eines Kündigungsverzichts entnommen: aaO, unter II 1 c; vom , aaO; vom - VIII ZR 2/04, WuM 2004, 672, unter II).

21d) Die Befristung des Mietverhältnisses mit wiederkehrender Verlängerung um fünf Jahre hält schließlich auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. Danach ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vorneherein dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr.; vgl. etwa BGHZ 143, 103, 113; Senatsurteil vom - VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056, Tz. 21; jeweils m.w.N). Das ist hier nicht der Fall.

22aa) Der Senat hatte sich bislang nicht mit der Frage zu befassen, ob eine vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes formularmäßig vereinbarte wiederkehrende Verlängerung eines befristeten Mietverhältnisses um jeweils fünf Jahre den Mieter unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligt. Die Revisionserwiderung will im Hinblick auf den mit einer solchen Befristung verbundenen Ausschluss einer ordentlichen Kündigung während des jeweiligen Verlängerungsintervalls (vgl. hierzu etwa aaO, Tz. 12, und vom - VIII ZR 182/06, NJW 2007, 2177, Tz. 19; Senatsbeschluss vom - VIII ZR 112/08, WuM 2009, 48, Tz. 1) die der Rechtsprechung des Senats zur Frage der Gültigkeit eines formularmäßig vereinbarten beiderseitigen Kündigungsverzichts zugrunde liegenden Erwägungen auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen. Dabei berücksichtigt die Revisionserwiderung jedoch nicht hinreichend, dass sich die beiden Fallkonstellationen in wesentlichen Punkten grundlegend unterscheiden.

23bb) Die Rechtsprechung des Senats zur Wirksamkeit eines formularmäßig vereinbarten befristeten Kündigungsverzichts beider Mietvertragsparteien bezieht sich ausschließlich auf Fälle, in denen im Rahmen eines nach Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes abgeschlossenen unbefristeten Mietvertrags ein vorübergehender Verzicht auf die ordentliche Kündigung vorgesehen war (vgl. hierzu etwa aaO; vom - VIII ZR 294/03, WuM 2004, 543, unter II 2; vom , aaO; vom - VIII ZR 307/08, NZM 2009, 779, Tz. 16 ff.). Dabei hatte sich der Senat auch mit einer Formularbestimmung zu befassen, die beiden Parteien eines unbefristeten Mietvertrags über Wohnraum für die Dauer von fünf Jahren die Möglichkeit einer Beendigung des Mietverhältnisses durch ordentliche Kündigung verwehrte (Senatsurteil vom - VIII ZR 27/04, aaO, unter II 2). Der Senat hat im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit der Mietrechtsreform verfolgte Zielsetzung, der Mobilität und Flexibilität in der heutigen modernen Gesellschaft Rechnung zu tragen, einen solchen lang andauernden formularmäßigen Kündigungsverzicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB für unwirksam gehalten (Senatsurteil vom - VIII ZR 27/04, aaO, unter II 2 d). Vereinzelte Stimmen im Schrifttum wollen diese Rechtsprechung auch auf Kündigungsausschlüsse übertragen, die vor dem formularmäßig vereinbart wurden (vgl. Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rdnr. X 8).

24cc) Im Streitfall steht aber nicht die Wirksamkeit eines Kündigungsverzichts nach neuem (oder altem) Recht in Frage, sondern die Zulässigkeit eines befristeten Mietvertrags mit wiederkehrender Verlängerung im Sinne des § 565a Abs. 1 BGB aF. Die Erwägungen, die den Senat bewogen haben, einen formularmäßigen beiderseitigen Kündigungsverzicht im Rahmen eines - nach neuem Recht abgeschlossenen - unbefristeten Mietvertrags in der Regel auf die Dauer von höchstens vier Jahren zu begrenzen (vgl. hierzu , aaO, unter II 2 d; vom , aaO, Tz. 17), lassen sich nicht auf die hier zu beurteilende Konstellation übertragen (so auch Hinz, WuM 2009, 79, 82; aA AG Gießen, WuM 2006, 196 f.).

25(1) Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass eine der zentralen Zielsetzungen des Mietrechtsreformgesetzes darin bestand, der in der heutigen modernen Gesellschaft zunehmend verlangten Mobilität und Flexibilität und damit dem Interesse des Mieters an einer kurzfristigen Aufgabe der Wohnung, insbesondere beim Wechsel des Arbeitsplatzes oder bei einer gesundheitsbedingten Übersiedlung in ein Alters- oder Pflegeheim durch Verkürzung der Kündigungsfristen Rechnung zu tragen (vgl. BT-Drs. 14/4553, S. 38, 67; aaO, und vom - VIII ZR 27/04, aaO). Dies hat den Senat veranlasst, einen unter der Geltung des neuen Mietrechts formularmäßig vereinbarten beiderseitigen Kündigungsverzicht auf die - in § 557a Abs. 3 BGB (früher § 10 Abs. 2 MHG) zum Ausdruck gekommene - Höchstdauer von vier Jahren zu begrenzen (vgl. , aaO, und vom , aaO). Nach früherer Rechtslage kam diesen Interessen aber eine geringere Bedeutung zu. Diese unterschiedliche Gewichtung darf bei der Beurteilung der Frage nicht außer Acht gelassen werden, ab welcher Dauer sich die Einengung der Dispositionsfreiheit des Mieters, die mit einem befristeten, sich mangels Kündigung periodisch verlängernden Mietvertrag verbunden ist, für diesen als untragbar erweist.

26(2) Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich bei einem vor dem erfolgten Abschluss eines befristeten Mietvertrags die Interessenlage der Vertragsparteien anders darstellt als bei einem nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen unbefristeten Mietvertrag mit vorübergehendem Kündigungsausschluss. Der Gesetzgeber hat nicht nur im Rahmen der Mietrechtsreform, sondern davor in sogar weitaus größerem Maße ein praktisches Bedürfnis für den Abschluss befristeter Mietverträge (Zeitmietverträge) anerkannt. Einem Mieter ist daran gelegen, während der Vertragslaufzeit keiner ordentlichen Kündigung ausgesetzt zu werden, während ein Vermieter Planungssicherheit erstrebt (vgl. BT-Drs. 14/4553, S. 39, 70). Nach dem bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes geltenden Recht konnte diesem Anliegen auf unterschiedliche Weise Rechnung getragen werden. Neben dem Abschluss eines befristeten Mietvertrags mit befristeten Verlängerungen (§ 565a Abs. 1 BGB aF) gab es die Möglichkeit, einen Zeitmietvertrag mit gesetzlichem Verlängerungsanspruch einzugehen (§ 564c Abs. 1 BGB aF) oder einen auf fünf Jahre begrenzten, nicht verlängerungsfähigen "qualifizierten" Zeitmietvertrag nach § 564c Abs. 2 BGB aF abzuschließen. Nunmehr haben die Vertragsparteien nur noch die Wahl zwischen der ihnen in § 575 BGB nF in Anlehnung an die frühere Regelung des § 564c Abs. 2 BGB aF verliehenen Befugnis, unter bestimmten Vorrausetzungen einen - allerdings nicht mehr wie bisher auf fünf Jahre begrenzten, sondern keinen zeitlichen Einschränkungen unterliegenden - "echten" Zeitmietvertrag (vgl. BT-Drs. 14/4553, aaO) abzuschließen oder ein unbefristetes Mietverhältnis mit vorübergehendem beiderseitigen Verzicht auf eine ordentliche Kündigung einzugehen (vgl. hierzu Senatsurteil vom , aaO).

27Die Bandbreite der vom Gesetzgeber unter der Geltung des früheren Mietrechts vorgesehenen Befristungen von Mietverhältnissen zeigt, dass er auch längerfristige Vertragsbindungen im Interesse beider Seiten für angemessen erachtete. Durch die Regelungen in § 564c Abs. 1, 2 BGB aF hat er klar gestellt, dass eine Befristung des Mietvertrags beim qualifizierten Zeitmietvertrag auf fünf Jahre und beim einfachen Zeitmietvertrag sogar unbegrenzt möglich sein sollte. Diese Wertung muss auch in die Beurteilung der Frage einfließen, ab welcher Dauer die Bindung des Mieters an einen befristeten Mietvertrag mit wiederkehrender Verlängerung als unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu gelten hat (so auch Hinz, aaO). Angesichts der bei befristeten Mietverträgen nach altem Recht geltenden besonderen Wertungen des Gesetzgebers verbietet sich ein Rückgriff auf die in § 10 Abs. 2 MHG bei Staffelmietverträgen für einen Kündigungsverzicht gezogene zeitliche Grenze von vier Jahren (vgl. zu diesem Gesichtspunkt bei einem Kündigungsverzicht im Rahmen eines unbefristeten Mietvertrags Senatsurteil vom - VIII ZR 27/04, aaO).

28(3) In Anbetracht der aufgezeigten, dem früheren Recht anhaftenden Besonderheiten stellt die zwischen den Parteien in dem befristeten Mietvertrag vom formularmäßig vereinbarte Verlängerungsklausel, nach der sich die Vertragslaufzeit jeweils um fünf Jahre verlängert, wenn das Mietverhältnis nicht unter Einhaltung der - jeweils geltenden - gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt wird, keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten dar. Diesen wurde hierdurch die Möglichkeit eröffnet, jeweils für eine Zeitspanne von fünf Jahren eine ordentliche Kündigung des Klägers zu vermeiden und hierdurch sicherzustellen, dass sie nicht ungewollt aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen werden. Einem möglichen Mobilitätsinteresse des Mieters kommt nach früherem Recht - wie aufgezeigt - nicht die gleiche Bedeutung wie nach derzeit geltendem Recht zu. Eine Vertragsbindung von jeweils fünf Jahren führt auch nicht zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung der Beklagten, denn die mit einer vorzeitigen Wohnungsaufgabe verbundenen finanziellen Folgen können im Regelfall durch die Stellung eines Nachmieters oder - wie hier - durch eine vom Vermieter vorgenommene Neuvermietung abgemildert werden (vgl. Senatsurteil vom , aaO).

29Da die Vertragslaufzeit mangels rechtzeitiger Kündigung zum wirksam um fünf Jahre verlängert worden ist, hat die von den Beklagten ausgesprochene Kündigung das Mietverhältnis nicht zum beendet. Die Beklagten sind daher zur Mietzahlung für die Monate Mai 2008 bis September 2008 sowie der unstreitigen Nebenkostenforderung von 257,78 € abzüglich der von ihnen geleisteten Kaution verpflichtet und haben dem Kläger zudem die diesem entstandenen außergerichtlichen Anwaltskosten zu ersetzen.

III.

30Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Klage hiernach begründet, die Widerklage dagegen unbegründet ist, ist die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückzuweisen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NJW 2010 S. 3431 Nr. 47
ZAAAD-47717