BVerwG Beschluss v. - 5 B 13.10

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: BVerwG, BVerwG 5 B 21.09 vom BVerwG, 5 PKH 16.09 vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: nein; Fachpresse: nein

Gründe

Die Anhörungsrüge der Klägerinnen ist jedenfalls unbegründet.

Die Klägerinnen rügen, das Berufungsgericht und der entscheidende Senat hätten ihren Vortrag nicht berücksichtigt, dass die Klägerin zu 1 zu ihrer Mutter und ihrem Bruder nach Deutschland habe einreisen wollen und der ausschlaggebende Grund für die Beantragung des (Touristen-)Visums nicht die Behandlung der Leukämieerkrankung der Klägerin zu 2, sondern die Familienzusammenführung gewesen sei (S. 1 ff. der Anhörungsrügeschrift). Das Urteil des Berufungsgerichts und demnach auch der Beschluss des Senats beruhten darauf, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt der Familienzusammenführung nicht berücksichtigt worden sei (S. 1 ff. der Anhörungsrügeschrift). Aus diesem Vorbringen ergibt sich allerdings keine Verletzung des Anspruchs der Klägerinnen auf rechtliches Gehör gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO durch den Beschluss des Senats vom , mit dem ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen worden ist.

1. Soweit die Klägerinnen nunmehr (erneut) einen Gehörsverstoß durch das Berufungsgericht rügen, geht dies im Rahmen der vorliegenden Anhörungsrüge nach § 152a VwGO fehl. Ihr diesbezüglicher Vortrag ist zum einen deshalb nicht erheblich, weil die Anhörungsrüge nicht dazu dient, eine vorinstanzliche Entscheidung nochmals auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 8 B 53.08 - [...] und vom - BVerwG 5 PKH 6.09 - [...]). Das gilt erst recht, soweit die Klägerinnen nunmehr im Anhörungsverfahren einen (weiteren) Aufklärungsmangel (Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO) des Berufungsgerichts rügen (S. 3 der Anhörungsrügeschrift). Zum anderen kann die Anhörungsrüge nicht darauf gestützt werden, dass dem Bundesverwaltungsgericht bei der Überprüfung eines Verfahrensfehlers der Vorinstanz materiellrechtlich ein Rechtsfehler unterlaufen sei. Die Anhörungsrüge gegen einen Beschluss, mit dem eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist, ist vielmehr unzulässig, soweit sie sich nicht gegen eine neue und eigenständige Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Bundesverwaltungsgericht richtet, sondern lediglich einen (Verfahrens-)Fehler durch die Vorinstanz geltend macht ( BVerwG 7 BN 5.08 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 6; - NJW 2008, 923). Auch wenn die Klägerinnen aus einem behaupteten Gehörsverstoß des Berufungsgerichts folgern wollten, dass damit (notwendig) auch der erkennende Senat wegen mangelnder Abhilfe im Beschwerdeverfahren einen solchen begangen hätte, ginge dies fehl. Die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels gegen einen behaupteten Gehörsverstoß der Vorinstanz begründet für sich genommen keine neue Gehörsverletzung durch das über das Rechtsmittel entscheidende Gericht. Auch eine fehlerhafte Nichtheilung eines Gehörsverstoßes führt nicht stets zum Vorliegen einer neuen und eigenständigen Gehörsverletzung ( - NJW 2008, 2635 f.).

2. Soweit die Klägerinnen einen (eigenständigen) Gehörsverstoß durch den Senat rügen wollen, ist ein solcher weder in einer den Anforderungen des § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO genügenden Weise dargetan noch sonst erkennbar. Die Anhörungsrüge dient der Kontrolle des Gerichts, ob es das Gebot rechtlichen Gehörs verletzt hat, d.h. ob es wesentliches Vorbringen der Prozessbeteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat. Davon kann hier nicht die Rede sein.

Das gilt insbesondere im Hinblick auf den Vortrag zur "Familienzusammenführung", den die Klägerinnen in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde sowohl im Rahmen der Grundsatz- als auch im Rahmen der Verfahrensrüge - und zwar insoweit insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer gegen das Gebot rechtlichen Gehörs verstoßenden Überraschungsentscheidung des Berufungsgerichts - zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hatten. Der Senat hat das Vorbringen der Klägerinnen zu den geltend gemachten Zulassungsgründen nicht nur zur Kenntnis genommen und erwogen, sondern ist darauf auch in allen wesentlichen Punkten ausführlich in den Gründen des mit der Anhörungsrüge angegriffenen Beschlusses eingegangen (vgl. BA S. 9 zur Grundsatzrüge, BA S. 11 bis 13 zur Verfahrensrüge). Wie bereits in der Nichtzulassungsbeschwerde greifen die Klägerinnen der Sache nach erneut die Tatsachenwürdigung des Berufungsgerichts im Hinblick darauf an, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet ab 2002 der Behandlung der Leukämieerkrankung der Klägerin zu 2 dienen sollte. Hierzu hat der Senat bereits in seinem mit der Anhörungsrüge angegriffenen Beschluss u.a. ausgeführt (BA S. 12): "Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt hier nicht davor, dass das Berufungsgericht die tatsächlichen Umstände des ,Besuchs' der Klägerinnen in Deutschland im Ergebnis in einer Weise gewürdigt hat, die mit ihren subjektiven Vorstellungen nicht übereinstimmt. Der Sache nach wenden sich die Klägerinnen insoweit lediglich gegen eine von ihnen nicht geteilte Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, ohne einen Verfahrensverstoß schlüssig aufzuzeigen."

Mit ihrer Anhörungsrüge wenden sich die Klägerinnen daher in Wirklichkeit gegen das Ergebnis der Prüfung des Senats, die Revision wegen eines Verfahrensmangels gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht zuzulassen. Sie setzen der ihrer Ansicht nach fehlerhaften rechtlichen Bewertung des Senats ihre eigene abweichende Würdigung entgegen und versuchen auf diese Weise, eine erneute Überprüfung der vom Senat getroffenen (negativen) Entscheidung zu erreichen. Das aber ist - wie oben dargelegt - nicht Aufgabe und Gegenstand einer Anhörungsrüge nach § 152a VwGO.

Gleiches gilt für den Vortrag der Klägerinnen, das Berufungsgericht habe ebenso wie der Senat ihr Begehren verkannt, dass sie mit dem auf Erteilung einer "Aufnahmebescheinigung" gerichteten Klageantrag in Wahrheit den Verwaltungsakt begehrt hätten, der verlangt wird, um von einer "Aufnahme" im Sinne der Rechtsprechung auszugehen. Hierbei gehen die Klägerinnen, deren im Jahre 1997 gestellte Aufnahmeanträge ausweislich des Tatbestands des Berufungsurteils bestandskräftig abgelehnt worden waren und bezüglich derer ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens erfolglos geblieben und seine Ablehnung in Rechtskraft erwachsen war, bereits zu Unrecht davon aus, das Berufungsgericht habe ihren diesbezüglichen Vortrag im Rahmen der Prüfung der Klagebefugnis nicht zur Kenntnis genommen und erwogen. Weder trifft dies zu, noch hat es der Senat versäumt, dieses Vorbringen zu erwägen; vielmehr und darüber hinaus hat er sich in dem mit der Anhörungsrüge angegriffenen Beschluss auch mit dieser Rüge der Klägerinnen hinreichend befasst (BA S. 3 ff.).

Die von dem Senat gewählte Formulierung (BA S. 9), die Beschwerde gehe von tatsächlichen Grundlagen aus, die das Berufungsgericht in dieser Weise gerade nicht festgestellt habe, umschreibt entgegen der Auffassung der Beschwerde (S. 3 der Anhörungsrügeschrift <unter 2.>) auch nicht einen - vom Senat gar festgestellten - Verstoß gegen die Pflicht des Berufungsgerichts, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Sie verweist allein darauf, dass die Klägerinnen - mit der Nichtzulassungsbeschwerde und nun auch mit der Anhörungsrüge - Rechtsfolgen aufgrund eines Sachverhalts behaupten, der mit dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht übereinstimmt, und die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts sowie des Senats ihrerseits nicht zur Kenntnis nehme wollen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
JAAAD-47410