Behauptung der Kenntnis der finanzierenden Bank von der sittenwidrigen Überteuerung des finanzierten Wohnungskaufpreises: Erhebung des angebotenen Zeugenbeweises und Anordnung der Vorlegung von Urkunden
Gesetze: § 311 Abs 2 BGB, § 142 Abs 1 ZPO, § 423 ZPO
Instanzenzug: Az: I-6 U 94/08 Urteilvorgehend Az: 14d O 54/06 Urteil
Gründe
I.
1Die Parteien streiten um die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde.
2Der Kläger wurde im Frühjahr 1997 von einem Vermittler unter Verwendung eines Verkaufsprospekts geworben, eine 22 m² große Eigentumswohnung in der M. straße ... in D. zu erwerben. Hierzu erhielt er Ende März 1997 ein Berechnungsbeispiel, in dem unter anderem angegeben war, dass der Zinssatz bei Finanzierung 5,95% betragen und sich der Mietertrag auf 16 DM/m² belaufen werde. Am bot der Kläger der G. Grundbesitzgesellschaft mbH (im Folgenden: Verkäuferin) den Kauf der Eigentumswohnung zu einem Preis von 105.177,60 DM an. In der notariellen Urkunde bevollmächtigte er eine Notariatsangestellte mit der Bestellung einer Grundschuld nebst Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung. Die Verkäuferin nahm dieses Angebot an. Am unterzeichnete der Kläger zur Finanzierung des Kaufpreises zwei Darlehensverträge mit der Beklagten über Nettokreditbeträge in Höhe von 56.000 DM bzw. 65.800 DM zu anfänglichen effektiven Jahreszinsen von 7,72% bzw. 7,63%. In beiden Verträgen wurden als Sicherheiten die Abtretung der Mieteinnahmen aus der Wohnung und die Einräumung einer Grundschuld in Höhe von 121.800 DM nebst Zinsen und Kosten vereinbart. Zugleich wurde vereinbart, dass der Kläger die persönliche Haftung für die Zahlung des Grundschuldbetrages übernimmt und sich insoweit der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft. Mit notarieller Urkunde vom selben Tage bestellte eine Notariatsangestellte als Vertreterin des Klägers zugunsten der Beklagten eine Buchgrundschuld in der vereinbarten Höhe, erklärte für den Kläger die persönliche Haftungsübernahme und unterwarf ihn der sofortigen Zwangsvollstreckung. Nachdem der Kläger im Jahre 2005 keine Zahlungen auf die Darlehen mehr leistete, mahnte die Beklagte wiederholt und drohte am mit einer Kündigung der Geschäftsverbindung.
3Der Kläger wendet sich gegen eine mögliche Zwangsvollstreckung aus der Urkunde vom und beruft sich unter anderem auf vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten. In diesem Zusammenhang beanstandet er unrichtige Angaben über die voraussichtliche Zinsbelastung, eine sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises, die darin enthaltenen Innenprovisionen sowie eine arglistige Täuschung über die Höhe der zu erwartenden Mieteinnahmen. Die Beklagte macht hilfswiderklagend die Rückzahlung des offenen Darlehensbetrages geltend.
4Das Landgericht, das ein Sachverständigengutachten zum Verkehrswert der streitgegenständlichen Wohnung eingeholt, vier Zeugen zur Kenntnis der Beklagten vom Zustand der Wohnung bei Veräußerung vernommen und im Übrigen im Einverständnis mit den Parteien die Angaben dreier Zeugen in anderen Zivilverfahren verwertet hat, hat der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage für unbegründet angesehen, ohne dies im Urteilstenor auszusprechen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht, das die Revision nicht zugelassen hat, die Klage abgewiesen und seine Entscheidung unter anderem wie folgt begründet:
5Der Kläger könne keinen Schadensersatz aus der Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Beklagte wegen eines bei ihr vorhandenen bzw. für sie erkennbaren Wissensvorsprungs geltend machen. Eine solche Aufklärungspflicht bestehe zwar, wenn durch verdeckte Innenprovisionen eine Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert zustande komme, derentwegen die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers ausgehen müsse. Hierfür sei jedoch eine positive Kenntnis der Bank erforderlich, die auch in Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens mit der Verkäuferin oder dem Vertrieb nicht vermutet werde. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob vorliegend der Kaufpreis sittenwidrig überhöht sei, da nicht festgestellt werden könne, aufgrund welcher Umstände die Beklagte dies bei Gewährung des Darlehens gekannt habe bzw. habe erkennen müssen. Zwar habe der Verkaufsprospekt der Beklagten vorgelegen. Aus ihm sei jedoch eine Überteuerung nicht erkennbar gewesen, denn die wertbildenden Faktoren der Wohnung würden darin zutreffend dargestellt. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte davon ausgegangen sei, dass das Objekt seit seiner Errichtung im Jahre 1950 unsaniert geblieben sei. Vielmehr habe der vom Landgericht vernommene Zeuge R. glaubhaft bekundet, dass die Beklagte Erkundigungen über das Objekt eingeholt habe, die keinen Anlass zu Zweifeln an dessen Werthaltigkeit gegeben hätten. Auch den Feststellungen des Sachverständigen zum Zustand der Immobilie bei Begutachtung 2006 könne nicht entnommen werden, dass sich das Objekt bereits im Erwerbszeitpunkt 1997 im gleichen Zustand befunden habe. Die vom Landgericht vernommenen Zeugen hätten glaubhaft bekundet, das streitige Objekt vor Darlehensgewährung nicht besichtigt zu haben. Dass ein anderer Mitarbeiter der Beklagten eine Besichtigung vorgenommen habe, habe der Kläger nicht behauptet. Soweit er nach § 142 ZPO die Vorlage einer Notiz der Beklagten begehrt habe, in der die Wohnung als "besichtigt" bezeichnet werde, sei dem nicht nachzugehen gewesen, denn es sei denkbar, dass diese Kennzeichnung nur aus formalen Gründen oder zur Beschleunigung einer allein im Interesse der Beklagten stattfindenden Einwertung des Objekts erfolgt sei. Soweit der Kläger die Vorlage der Notiz begehre, um den Namen des Mitarbeiters der Beklagten zu ermitteln, der das Objekt besichtigt habe, stelle dies eine unzulässige Ausforschung dar. Der erstmals in der Berufungserwiderung gestellte Antrag auf Vernehmung der Zeugin S. zu einer Besichtigung der Wohnung vor Darlehensgewährung sei zurückzuweisen gewesen. Gründe die eine Zulassung rechtfertigen könnten, habe der Kläger nicht dargetan. Eines entsprechenden richterlichen Hinweises auf die Darlegungs- und Beweislast des Klägers habe es nicht bedurft, da die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom hierauf bereits hingewiesen gehabt habe. Ob die Beklagte mit der Verkäuferin oder dem Vertrieb institutionalisiert zusammengewirkt habe, könne offen bleiben, denn ungeachtet dessen habe der Kläger nicht dargelegt, dass er arglistig getäuscht worden sei. Die Angaben des Vermittlers, die Wohnung sei werthaltig und saniert, es handele sich um eine völlig risikolose Kapitalanlage und der Kapitaldienst rechne sich durch die Garantiemiete und die Steuervorteile quasi von selbst, seien subjektive Werturteile und marktschreierische unverbindliche Anpreisungen. Im Prospekt werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Mietzins von 16 DM/m² lt. Berechnungsbeispiel nur in Verbindung mit dem Abschluss eines Mietgarantievertrages für fünf Jahre gültig sei. Der Kläger habe nicht behauptet, dass der Vermittler bewusst den Eindruck erweckt habe, das Objekt sei erst in jüngster Vergangenheit saniert worden. Tatsächlich habe im Jahre 1975 eine Sanierung des 1950 errichteten Hauses stattgefunden.
II.
6Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da das angegriffene Urteil den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. Senat, BGHZ 159, 135, 139 f. und Beschluss vom - XI ZR 340/03, BGH-Report 2005, 939 f.). Aus demselben Grunde ist das angefochtene Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
71. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Umständen verpflichtet ist. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (vgl. Senat, BGHZ 168, 1, Tz. 41 und Urteil vom - XI ZR 131/07, WM 2008, 1394, Tz. 12).
8a) So ist eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises ausnahmsweise anzunehmen, wenn es durch eine versteckte Innenprovision oder aus anderen Gründen zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss. Dies ist bei Immobilienkäufen der Fall, wenn der Verkaufspreis knapp doppelt so hoch ist wie der Verkehrswert der Immobilie (st. Rspr., vgl. Senat, Urteile vom - XI ZR 167/05, WM 2008, 154, Tz. 16 und vom - XI ZR 221/07, WM 2008, 1121, Tz. 14, jeweils m.w.N.).
9Eine kreditgebende Bank ist jedoch auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs nur verpflichtet, den Kreditnehmer über solche Umstände aufzuklären, von denen sie positive Kenntnis hat, denn seitens der Bank besteht keine Nachforschungspflicht hinsichtlich etwaiger Risiken des zu finanzierenden Vorhabens. Kreditinstitute prüfen den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten grundsätzlich nur im eigenen Interesse sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht aber im Kundeninteresse (BGHZ 147, 343, 349; 168, 1, Tz. 45 und Senat, Urteil vom - XI ZR 322/03, WM 2008, 115, Tz. 43). Dementsprechend kann sich aus einer lediglich zu bankinternen Zwecken erfolgten oder unterlassenen Beleihungswertermittlung grundsätzlich keine Pflichtverletzung gegenüber dem Kreditnehmer und somit auch keine diesbezügliche Aufklärungspflicht ergeben (Senat, BGHZ 168, 1, Tz. 45; Urteile vom - XI ZR 167/05, WM 2008, 154, Tz. 15 und vom - XI ZR 221/07, WM 2008, 1121, Tz. 19, jeweils m.w.N.).
10Ausnahmsweise steht die bloße Erkennbarkeit von aufklärungspflichtigen Tatsachen wie etwa der sittenwidrigen Überteuerung eines Wohnungskaufpreises einer positiven Kenntnis aber gleich, wenn sich diese einem zuständigen Bankmitarbeiter nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen mussten. Der Mitarbeiter ist dann nach Treu und Glauben nicht berechtigt, seine Augen vor solchen Tatsachen zu verschließen (Senat, Urteil vom - XI ZR 221/07, WM 2008, 1121, Tz. 20 m.w.N.).
11b) Die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises eines zu finanzierenden Objekts führt für sich genommen auch im Falle einer institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen finanzierender Bank und der Verkäuferin oder dem Vertreiber des Objekts nicht zu einer widerleglichen Vermutung, die finanzierende Bank habe von der Überteuerung Kenntnis gehabt (Senat, Urteil vom - XI ZR 221/07, WM 2008, 1121, Tz. 17 m.w.N.). Die Kenntnis der Bank bzw. die konkreten Umstände des Einzelfalles, nach denen sich einem zuständigen Bankmitarbeiter die Sittenwidrigkeit des Kaufpreises aufdrängen musste, sind vielmehr vom Bankkunden darzulegen und zu beweisen.
122. In Anwendung dieser Grundsätze verletzt das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör, soweit es dem Beweisangebot des Klägers auf Vernehmung der Zeugin S. nicht nachgegangen ist.
13a) Artikel 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass gerichtliche Entscheidungen frei von Verfahrensfehlern ergehen, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblichen Vorbringens und der Beweisanträge. Zwar gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, dass ein Gericht Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Die Nichtberücksichtigung eines als erheblich angesehenen Vortrages bzw. Beweisangebots verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfGE 50, 32, 36; 60, 250, 252; 65, 305, 307; 69, 141, 144).
14b) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt.
15aa) Nach dem im Beschwerdeverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt übersteigt der von der Beklagten finanzierte Kaufpreis der vom Kläger erworbenen Eigentumswohnung (105.177,60 DM) deren Verkehrswert (gemäß dem von Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten 40.500 DM) um 159,70% und ist damit offensichtlich sittenwidrig.
16bb) Der Kläger hat zum Nachweis der Tatsache, dass sich dies den zuständigen Mitarbeitern der Beklagten habe aufdrängen müssen, in seiner Berufungserwiderung vom vorgetragen, die Beklagte habe die streitgegenständliche Wohnung vor der Darlehensgewährung besichtigt sowie hierüber eine interne Notiz erstellt. Zum Nachweis dieser Behauptung hat der Kläger die Vernehmung der Geschäftsleiterin der Beklagten S. als Zeugin angeboten und beantragt, der Beklagten gemäß § 142 Abs. 1 ZPO die Vorlage der Notiz aufzugeben, deren Existenz die Beklagte selbst zuvor im Schriftsatz vom ausdrücklich behauptet hatte.
17cc) Den vom Kläger angebotenen Zeugenbeweis hätte das Berufungsgericht nicht zurückweisen dürfen.
18(1) Dabei liegt - entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts - bereits kein Anwendungsfall von § 531 Abs. 1 ZPO vor, denn eine Zurückweisung dieses erstmals in der Berufungserwiderung vorgetragenen Beweisangebotes ist im ersten Rechtszuge nicht erfolgt.
19(2) Hingegen war der Beweisantritt des Klägers nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, ohne dass es dafür - entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - einer Rechtfertigung durch den Kläger bedurfte.
20Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen, dass das Berufungsgericht ihr rechtzeitig einen Hinweis erteilt, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will (§ 139 ZPO). Außer zur Hinweiserteilung ist das Berufungsgericht auch verpflichtet, der betroffenen Partei Gelegenheit zu geben, auf den Hinweis zu reagieren, ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen und ggf. Beweis anzutreten (st. Rspr. vgl. Senat, Beschlüsse vom - XI ZR 17/03, juris, Tz. 12 und vom - XI ZR 144/03, BGH-Report 2005, 936, 937, jeweils m.w.N.). Die Vorschrift des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der die Zulässigkeit neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz einschränkt, hat daran nichts geändert. Danach sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel in zweiter Instanz zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn das Berufungsgericht - wie hier - die Rechtslage abweichend von der Vorinstanz beurteilt und neuer Vortrag oder ein Beweisantritt erforderlich ist, um auf der Grundlage dieser Beurteilung zu obsiegen (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 531 Rn. 17). Dabei kommt es nicht darauf an, ob das neue Angriffs- und Verteidigungsmittel schon in erster Instanz hätte vorgebracht werden können. Die Parteien sollen durch die Vorschrift des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu Darlegungen und Beweisangeboten gezwungen werden, die vom Standpunkt des erstinstanzlichen Gerichts aus unerheblich sind (, NJW-RR 2006, 1292, 1293 und vom - V ZR 225/07, juris, Tz. 6).
21Die Zurückweisung der vom Kläger beantragten Vernehmung der Zeugin S. durch das Berufungsgericht verstößt gegen § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO, weil das Landgericht den seines Erachtens der Beklagten obliegenden Entlastungsbeweis hinsichtlich ihrer Unkenntnis von einer sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung als gescheitert angesehen hat, so dass für den Kläger keine Veranlassung zu weiteren Beweisanträgen bestand. Die Zurückweisung verletzt zugleich den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs, weil sie auf einer offenkundig fehlerhaften Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO beruht (BGH, Beschlüsse vom - II ZR 202/07, WM 2008, 1688, Tz. 8 und vom - II ZR 236/07, WM 2009, 26, Tz. 8).
223. Die Nichtberücksichtigung dieses Vorbringens durch das Berufungsgericht verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör auch in entscheidungserheblicher Weise, denn das Berufungsurteil beruht auf dieser Verletzung. Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte (BVerfGE 7, 95, 99; 60, 247, 250; 62, 392, 396; 89, 381, 392 f.).
23Die Gehörsverletzung rechtfertigt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Zurückverweisung der Sache.
III.
24Das Berufungsgericht wird nunmehr dem übergangenen Vortrag des Klägers nachzugehen und den angebotenen Zeugenbeweis dazu zu erheben haben, dass die Beklagte bei Darlehensgewährung Kenntnis vom Zustand der streitgegenständlichen Wohnung hatte und sich ihren Mitarbeitern damit nach den konkreten Umständen des Einzelfalles eine Kenntnis von der - hier unterstellten - sittenwidrigen Überhöhung des Kaufpreises aufdrängen musste.
25Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, den Antrag des Klägers auf Anordnung der Vorlage der im Schriftsatz vom von der Beklagten in Bezug genommenen Notiz über eine Besichtigung der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 142 Abs. 1 ZPO erneut zu prüfen und dabei die vom Bundesgerichtshof zur Anwendung dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze zu berücksichtigen (Senat, BGHZ 173, 23, Tz. 18 ff.). Danach kann das Gericht die Vorlegung im Besitz einer Partei befindlicher Urkunden anordnen, auf die sich die andere Partei bezogen hat. Anders als im Falle des § 423 ZPO reicht dazu die Bezugnahme des beweispflichtigen Klägers auf Urkunden aus, die sich im Besitz der nicht beweisbelasteten Beklagten befinden. In einem solchen Fall liegt - entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - in der Anwendung des § 142 Abs. 1 ZPO keine prozessordnungswidrige Ausforschung des Prozessgegners. Die Vorschrift befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast (vgl. BT-Drucksache 14/6036 S. 121; Leipold in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 142 Rn. 9). Dem entsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung zwar nicht zum Zwecke bloßer Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen. Solche Tatsachen hat der Kläger jedoch in ausreichendem Umfang vorgetragen, indem er sich auf die von der Beklagten ausdrücklich erklärte Existenz dieser "Notiz über eine Besichtigung der M. Straße" bezogen hat.
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
WM 2010 S. 1448 Nr. 31
YAAAD-46297