EuGH Urteil v. - C-139/07 P

Pflicht des betroffenen Organs zur Vornahme einer konkreten und individuellen Prüfung des Inhalts der im Zugangsantrag angeführten Dokumente

Gründe

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Dezember 2006, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission (T-237/02, Slg. 2006, II-5131, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Entscheidung der Kommission vom (im Folgenden: streitige Entscheidung) für nichtig erklärt hat, soweit damit der Zugang zu Dokumenten verweigert wird, die die Verfahren zur Kontrolle der der Technische Glaswerke Ilmenau GmbH (im Folgenden: TGI) gewährten staatlichen Beihilfen betreffen.

Rechtlicher Rahmen

Art. 255 EG sichert jedem Unionsbürger und jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat das Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates der Europäischen Union und der Kommission, vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die der Rat aufgrund öffentlicher oder privater Interessen festlegt.

Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) wurde auf der Grundlage von Art. 255 Abs. 2 EG erlassen.

In den Erwägungsgründen 4, 6 und 11 der Verordnung heißt es:

"(4) Diese Verordnung soll dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten größtmögliche Wirksamkeit verschaffen und gemäß Artikel 255 Absatz 2 des EG-Vertrags die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen dafür festlegen.

...

(6) Ein umfassenderer Zugang zu Dokumenten sollte in den Fällen gewährt werden, in denen die Organe, auch im Rahmen übertragener Befugnisse, als Gesetzgeber tätig sind, wobei gleichzeitig die Wirksamkeit ihrer Entscheidungsprozesse zu wahren ist. Derartige Dokumente sollten in größtmöglichem Umfang direkt zugänglich gemacht werden.

...

(11) Grundsätzlich sollten alle Dokumente der Organe für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Der Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen sollte jedoch durch Ausnahmen gewährleistet werden. Es sollte den Organen gestattet werden, ihre internen Konsultationen und Beratungen zu schützen, wo dies zur Wahrung ihrer Fähigkeit, ihre Aufgaben zu erfüllen, erforderlich ist. ..."

Unter der Überschrift "Zweck" heißt es in Art. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001, dass die Verordnung bezwecke, "die Grundsätze und Bedingungen sowie die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des in Artikel 255 des EG-Vertrags niedergelegten Rechts auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (nachstehend 'Organe' genannt) so festzulegen, dass ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet ist".

Unter der Überschrift "Zugangsberechtigte und Anwendungsbereich" räumt Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung jedem Unionsbürger und jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat "vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen" ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe ein. Nach Art. 2 Abs. 3 gilt diese Verordnung für alle Dokumente eines Organs, d. h. Dokumente "aus allen Tätigkeitsbereichen der Union", die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden.

Gemäß Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 bedeutet in ihrem Sinne "'Dokument': Inhalte unabhängig von der Form des Datenträgers (auf Papier oder in elektronischer Form, Ton-, Bild- oder audiovisuelles Material), die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Organs betreffen".

Art. 4 ("Ausnahmeregelung") der Verordnung Nr. 1049/2001 sieht vor:

"...

(2) Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:

- ...

- der Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung,

- der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten,

es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

(3) Der Zugang zu einem Dokument, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, wird verweigert, wenn eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

Der Zugang zu einem Dokument mit Stellungnahmen zum internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb des betreffenden Organs wird auch dann, wenn der Beschluss gefasst worden ist, verweigert, wenn die Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

...

(6) Wenn nur Teile des angeforderten Dokuments einer der Ausnahmen unterliegen, werden die übrigen Teile des Dokuments freigegeben.

(7) Die Ausnahmen gemäß den Absätzen 1 bis 3 gelten nur für den Zeitraum, in dem der Schutz aufgrund des Inhalts des Dokuments gerechtfertigt ist. ..."

Art. 6 ("Anträge") der Verordnung Nr. 1049/2001 bestimmt in Abs. 1, dass "Anträge auf Zugang zu einem Dokument ... so präzise formuliert sein [müssen], dass das Organ das betreffende Dokument ermitteln kann", und dass der "Antragsteller ... nicht verpflichtet [ist], Gründe für seinen Antrag anzugeben". Nach Abs. 2 dieses Artikels fordert, wenn "ein Antrag nicht hinreichend präzise [ist], ... das Organ den Antragsteller auf, den Antrag zu präzisieren, und leistet ihm dabei Hilfe". Gemäß Abs. 3 desselben Artikels kann sich, wenn "ein Antrag ein sehr umfangreiches Dokument oder eine sehr große Zahl von Dokumenten [betrifft], ... das Organ mit dem Antragsteller informell beraten, um eine angemessene Lösung zu finden".

Ferner legt die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) die Verfahren fest, die gelten, wenn die Kommission im Rahmen der ihr durch Art. 88 EG eingeräumten Zuständigkeit über die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt entscheidet.

Unter der Überschrift "Rechte der Beteiligten" sieht Art. 20 der Verordnung Nr. 659/1999 vor:

"(1) Jeder Beteiligte kann nach der Entscheidung der Kommission zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens eine Stellungnahme nach Artikel 6 abgeben. Jeder Beteiligte, der eine solche Stellungnahme abgegeben hat, und jeder Empfänger einer Einzelbeihilfe erhält eine Kopie der von der Kommission gemäß Artikel 7 getroffenen Entscheidung.

(2) Jeder Beteiligte kann der Kommission Mitteilung über mutmaßlich rechtswidrige Beihilfen und über eine mutmaßlich missbräuchliche Anwendung von Beihilfen machen. Bestehen für die Kommission in Anbetracht der ihr vorliegenden Informationen keine ausreichenden Gründe, zu dem Fall eine Auffassung zu vertreten, so unterrichtet sie den betreffenden Beteiligten hiervon. Trifft die Kommission in einem Fall, zu dem ihr eine solche Mitteilung zugegangen ist, eine Entscheidung, so übermittelt sie dem betreffenden Beteiligten eine Kopie der Entscheidung.

(3) Jeder Beteiligte erhält auf Antrag eine Kopie jeder nach den Artikeln 4 und 7, nach Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 11 getroffenen Entscheidung."

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

Mit Schreiben vom notifizierte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission verschiedene Maßnahmen zur finanziellen Konsolidierung von TGI, darunter einen teilweisen Zahlungsverzicht und ein Bankdarlehen.

Am eröffnete die Kommission in Bezug auf diesen Zahlungsverzicht und dieses Bankdarlehen ein förmliches Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG, das unter dem Aktenzeichen C 19/2000 registriert wurde.

Die Kommission erklärte mit Entscheidung vom , in der sie ihre Beurteilung auf den Zahlungsverzicht beschränkte, dass dieser Verzicht eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe darstelle. Gegen diese Entscheidung erhob TGI am beim Gericht Nichtigkeitsklage, die mit Urteil vom , Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission (T-198/01, Slg. 2004, II-2717), im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil des Gerichtshofs vom (C-404/04 P), abgewiesen wurde.

Am eröffnete die Kommission ein zweites förmliches Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG, das das Aktenzeichen C 44/2001 trägt und u. a. das Bankdarlehen betrifft.

Mit Schreiben vom nahm TGI im Rahmen des zweiten förmlichen Prüfverfahrens Stellung und beantragte bei der Kommission, ihr Einsicht in eine nicht vertrauliche Fassung der Akten zu gewähren und anschließend Gelegenheit zur erneuten Stellungnahme zu geben. Dieser Antrag wurde von der Kommission mit Schreiben vom abgelehnt.

Mit Schreiben vom beantragte TGI auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 Zugang zu allen Dokumenten in den Akten der Kommission in den sie betreffenden Beihilfesachen, insbesondere in der Sache C 44/2001, sowie zu allen Dokumenten in den Akten der Kommission, die staatliche Beihilfen zugunsten des Unternehmens Schott Glas betrafen, jeweils mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen.

Mit Schreiben vom lehnte die Kommission diesen Antrag auf Zugang unter Hinweis u. a. darauf ab, dass die angeforderten Dokumente unter die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 fielen. Die Kommission verwies ferner darauf, dass die TGI betreffenden Dokumente Teil des laufenden förmlichen Prüfverfahrens in der Sache C 44/2001 seien.

Mit Schreiben vom richtete TGI an das Generalsekretariat der Kommission nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag auf Zugang zu denselben Dokumenten.

Mit der streitigen Entscheidung lehnte der Generalsekretär der Kommission diesen Zugangsantrag ab und bestätigte damit die vorherige Ablehnung gegenüber TGI. Zur Begründung führte er aus, dass durch die Verbreitung dieser Dokumente der Schutz des Zwecks von Inspektions- und Untersuchungstätigkeiten beeinträchtigt werden könnte; diese Ausnahme zum Recht auf Zugang sei ausdrücklich in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehen.

Da der Antrag von TGI impliziere, ihr Zugang zu einem Dokument zu gewähren, das eine ausführliche Beschreibung eines Projekts von Schott Glas enthalte, bestehe außerdem die Gefahr einer schweren Beeinträchtigung der geschäftlichen Interessen dieser Gesellschaft, die durch eine in Art. 4 Abs. 2 der genannten Verordnung vorgesehene Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Dokumenten ausdrücklich geschützt würden. Die Möglichkeit, die nicht den Ausnahmen unterliegenden Teile der angeforderten Dokumente freizugeben, sei geprüft worden. Es habe sich aber ergeben, dass diese Dokumente nicht in vertrauliche und nicht vertrauliche Teile getrennt werden könnten. Schließlich bestehe im vorliegenden Fall kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der fraglichen Dokumente.

Am erließ die Kommission zum Abschluss des zweiten förmlichen Prüfverfahrens (Sache C 44/2001) die Entscheidung C(2002) 2147 endg., in der sie u. a. feststellt, dass das TGI gewährte Bankdarlehen eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe darstelle. Gegen diese Entscheidung erhob TGI am beim Gericht Nichtigkeitsklage (Rechtssache T-378/02); diese Rechtssache wurde mit Beschluss vom gestrichen.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

Mit Klageschrift, die am bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob TGI Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung mit Ausnahme des Teils, in dem der Zugang zu Dokumenten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen betreffend Schott Glas abgelehnt wird. Das Königreich Schweden und die Republik Finnland wurden als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge von TGI zugelassen.

Die Kommission, unterstützt durch Schott Glas, beantragte, die Klage als unbegründet abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage als unzulässig abgewiesen, soweit sie auf die Nichtigerklärung einer angeblichen stillschweigenden Entscheidung über die Verweigerung des Zugangs zu den Dokumenten betreffend "das oder die abgeschlossenen Beihilfeverfahren im Rahmen der Privatisierung der Jenaer Schott Glas" gerichtet war, und die streitige Entscheidung für nichtig erklärt, soweit damit der Zugang zu Dokumenten verweigert wird, die die Verfahren zur Kontrolle der TGI gewährten staatlichen Beihilfen betreffen.

Im Einzelnen hat das Gericht zunächst zu dem von TGI geltend gemachten Klagegrund der Verletzung von Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 hinsichtlich der Ausnahme vom Zugangsrecht zum Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten in Randnr. 76 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die in dem Antrag auf Zugang bezeichneten Dokumente tatsächlich in Zusammenhang mit einer "Untersuchungstätigkeit" im Sinne von Abs. 2 dritter Gedankenstrich dieses Artikels stünden, und in Randnr. 77 des betreffenden Urteils entschieden, dass der bloße Umstand, dass ein Dokument ein durch eine Ausnahme geschütztes Interesse betreffe, nicht ausreichen könne, um die Anwendung der Ausnahme zu rechtfertigen. Eine solche Anwendung könne grundsätzlich nur dann gerechtfertigt sein, wenn das Organ zuvor geprüft habe, ob erstens der Zugang zu dem Dokument das geschützte Interesse tatsächlich konkret verletzt hätte und ob zweitens - in den Fällen des Art. 4 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 - nicht ein höherrangiges öffentliches Interesse bestanden habe, das die Verbreitung des betreffenden Dokuments rechtfertige. Das Gericht hat daraus den Schluss gezogen, dass die Prüfung, die das Organ grundsätzlich durchführen müsse, um eine Ausnahme anzuwenden, konkret sein und aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen müsse.

Das Gericht hat sodann in Randnr. 78 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich aus der Verordnung Nr. 1049/2001 ergebe, dass alle in ihrem Art. 4 Abs. 1 bis 3 genannten Ausnahmen auf das einzelne Dokument ("zu einem Dokument") anzuwenden seien. In derselben Randnummer hat das Gericht unter Bezugnahme auf Randnr. 70 des Urteils vom 13. April 2005, Verein für Konsumenteninformation/Kommission (T-2/03, Slg. 2005, II-1121), ausgeführt, dass diese Prüfung daher für jedes im Antrag bezeichnete Dokument durchgeführt werden müsse.

Unter erneuter Bezugnahme auf das zuletzt genannte Urteil hat das Gericht in Randnr. 79 des angefochtenen Urteils hervorgehoben, dass nur eine konkrete und individuelle - im Gegensatz zu einer abstrakten und globalen - Prüfung es dem Organ ermögliche, zu beurteilen, ob dem Antragsteller nach Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 teilweiser Zugang gewährt werden könne, und dass, was die zeitliche Anwendbarkeit der Ausnahmen vom Zugangsrecht betreffe, nach Art. 4 Abs. 7 dieser Verordnung die Ausnahmen gemäß den Abs. 1 bis 3 nur für den Zeitraum gälten, in dem der Schutz aufgrund des "Inhalts des Dokuments" gerechtfertigt sei. Es hat sodann in Randnr. 80 des angefochtenen Urteils entschieden, dass im vorliegenden Fall aus der Begründung der streitigen Entscheidung nicht hervorgehe, dass die Kommission den Inhalt der in dem Antrag auf Zugang bezeichneten Dokumente konkret und individuell beurteilt hätte.

Ferner hat das Gericht in Randnr. 85 des angefochtenen Urteils darauf verwiesen, dass es sich bei der Verpflichtung eines Organs, den Inhalt der in dem Zugangsantrag bezeichneten Dokumente konkret und individuell zu beurteilen, um eine grundsätzliche Verpflichtung handele, die bei allen in Art. 4 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten Ausnahmen Anwendung finde, unabhängig davon, zu welchem Bereich die angeforderten Dokumente gehörten, sei es etwa zum Bereich Kartelle oder zu dem der Kontrolle öffentlicher Beihilfen.

Das Gericht hat in Randnr. 86 des angefochtenen Urteils allerdings festgestellt, dass diese Prüfung dann entbehrlich sein könne, wenn aufgrund der besonderen Umstände des betreffenden Falles offenkundig sei, dass der Zugang zu den Dokumenten zu verweigern oder im Gegenteil zu gewähren sei. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn bestimmte Dokumente offenkundig in vollem Umfang von einer Ausnahme vom Zugangsrecht erfasst würden oder aber offenkundig in vollem Umfang einsehbar seien oder wenn sie von der Kommission unter ähnlichen Umständen bereits konkret und individuell geprüft worden seien.

Im Rahmen der in Randnr. 87 des angefochtenen Urteils angesprochenen Prüfung der Frage, ob sich der Antrag von TGI auf Dokumente bezog, bei denen es aufgrund der Umstände des betreffenden Falles entbehrlich war, eine solche konkrete und individuelle Prüfung vorzunehmen, hat das Gericht in Randnr. 88 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass die Kommission in der streitigen Entscheidung die Anwendung der Ausnahme zum Schutz des Zwecks von Inspektions- und Untersuchungstätigkeiten damit begründet habe, dass im Rahmen laufender Untersuchungen über die Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt eine loyale Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen zwischen der Kommission, dem Mitgliedstaat und den betroffenen Unternehmen unerlässlich seien, damit sich die "Parteien" frei äußern könnten, und dass eine Verbreitung von Dokumenten, die solche Untersuchungen beträfen, "diesen Dialog stören und somit die Prüfung der Beschwerde beeinträchtigen" könnte.

In Randnr. 89 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass es in einer derart allgemeinen Beurteilung, die sich auf die gesamte Verwaltungsakte betreffend die Verfahren zur Kontrolle der TGI gewährten staatlichen Beihilfen beziehe, keinen Nachweis dafür sehe, dass im vorliegenden Fall besondere Umstände vorlägen, aufgrund deren davon ausgegangen werden könne, dass eine konkrete und individuelle Prüfung der Dokumente, die zu dieser Akte gehörten, entbehrlich sei. Insbesondere werde damit nicht belegt, dass diese Dokumente offenkundig in vollem Umfang von einer Ausnahme vom Zugangsrecht erfasst würden.

Weiter hat es das Gericht in Randnr. 92 des angefochtenen Urteils als paradox bezeichnet, dass das Erfordernis eines offenen und direkten Dialogs zwischen der Kommission, dem Mitgliedstaat und den "betreffenden Unternehmen" in einer Atmosphäre loyaler Zusammenarbeit und gegenseitigen Vertrauens angeführt werde, um es gerade einer der "Parteien" zu verweigern, von jeglicher Information Kenntnis zu nehmen, die unmittelbar den Gegenstand der Erörterungen betreffe.

Das Gericht ist schließlich in Randnr. 100 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangt, dass der Rüge des Fehlens einer konkreten und individuellen Prüfung der in dem Zugangsantrag bezeichneten Dokumente stattzugeben und die schlichte Weigerung der Kommission, TGI Zugang zu gewähren, demnach rechtsfehlerhaft sei. Das Gericht hat deshalb in Nr. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils für Recht erkannt und entschieden, dass die Kommission gegen Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 verstoßen hat und die streitige Entscheidung, soweit damit der Zugang zu Dokumenten verweigert wird, die die Verfahren zur Kontrolle der TGI gewährten staatlichen Beihilfen betreffen, daher für nichtig zu erklären ist, ohne dass die anderen von TGI und vom Königreich Schweden geltend gemachten Nichtigkeitsgründe zu prüfen wären. Das Gericht hat ferner in Nr. 3 des Tenors des angefochtenen Urteils die Kommission verurteilt, ihre eigenen Kosten sowie drei Viertel der Kosten von TGI zu tragen.

Anträge der Verfahrensbeteiligten vor dem Gerichtshof

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit mit ihm die streitige Entscheidung für nichtig erklärt wird, und TGI die Kosten aufzuerlegen.

TGI, die Republik Finnland und das Königreich Schweden beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Mit Beschluss vom hat der Präsident des Gerichtshofs das Königreich Dänemark als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge von TGI nach Art. 93 § 7 der Verfahrensordnung, d. h. nur durch Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung, zugelassen.

Zum Rechtsmittel

Die Kommission macht fünf Rechtsmittelgründe geltend. Sie rügt erstens eine Fehlinterpretation von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001, zweitens die Missachtung des Willens des Gesetzgebers, drittens die Verkennung des Inhalts von Art. 4 dieser Verordnung, viertens eine Verletzung von Art. 255 EG im Hinblick auf die Bestimmungen und den Zweck der betreffenden Verordnung und fünftens weitere Rechtsfehler des angefochtenen Urteils.

Der erste Rechtsmittelgrund, mit dem die Kommission eine Fehlinterpretation von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 rügt, besteht aus zwei Teilen.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Mit dem ersten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Kommission dem Gericht vor, Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 unrichtig ausgelegt zu haben, als es in den Randnrn. 87 bis 89 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass "im vorliegenden Fall [keine] besonderen Umstände" im Sinne von Randnr. 86 des angefochtenen Urteils vorlägen, aufgrund deren davon ausgegangen werden könne, dass eine konkrete und individuelle Prüfung der Dokumente entbehrlich gewesen sei, die in dem von TGI nach dieser Verordnung eingereichten Zugangsantrag angeführt worden seien.

Nach Auffassung der Kommission liegen jedoch im vorliegenden Fall sehr wohl "besondere Umstände" vor, aufgrund deren offenkundig sei, dass der von TGI beantragte Zugang zu verweigern gewesen sei. Sie geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass das Fehlen des Akteneinsichtsrechts anderer Beteiligter als des betreffenden Mitgliedstaats in Beihilfeverfahren nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts im vorliegenden Fall als "besonderer Umstand" anerkannt werden müsse; andernfalls liefe die Verordnung Nr. 1049/2001 dieser Rechtsprechung zuwider.

Nach Ansicht der Kommission machen es daher die "besonderen Umstände des Falles" offenkundig, dass der Zugang zu "allen Dokumenten in den Akten der Kommission in allen das Unternehmen TGI betreffenden Beihilfen" zu verweigern war, ohne dass es zuvor einer konkreten und individuellen Prüfung dieser Dokumente bedurft hätte, und dass diese Dokumente in vollem Umfang von der Ausnahme zum Zugangsrecht nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 erfasst sind.

Die Kommission sieht einen Widerspruch zwischen den Randnrn. 86 und 89 des angefochtenen Urteils. In Randnr. 89 suche das Gericht nach einem Nachweis für das Vorliegen besonderer Umstände, die eine konkrete und individuelle Prüfung der Dokumente entbehrlich machten, während es in der Randnr. 86 erklärt habe, dass diese Umstände offenkundig sein müssten und keines Nachweises bedürften.

TGI, das Königreich Dänemark, die Republik Finnland und das Königreich Schweden halten das Vorbringen der Kommission im Rahmen des ersten Teils ihres ersten Rechtsmittelgrundes für unbegründet; dieser Teil sei daher zurückzuweisen.

TGI trägt vor, das Fehlen eines Akteneinsichtsrechts in Beihilfeprüfverfahren für andere Beteiligte als den betreffenden Mitgliedstaat könne als solches einem Recht auf Dokumentenzugang nach der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht entgegenstehen. Die Tatsache, dass es sich um Dokumente eines Beihilfeprüfverfahrens handele, rechtfertige keine besondere Behandlung. Auch der Umstand, dass die Verordnung Nr. 659/1999 den Beteiligten in derartigen Verfahren grundsätzlich kein Akteneinsichtsrecht gewähre, sei nicht von so besonderer Art, dass eine individuelle Prüfung der Dokumente unterbleiben könne, die in einem nach der Verordnung Nr. 1049/2001 eingereichten Zugangsantrag bezeichnet seien.

Außerdem müssten die "besonderen Umstände des betreffenden Falles" über den bloßen Umstand hinausgehen, dass der Fall im Bereich der Beihilfenkontrolle angesiedelt sei. Es müsse sich um besondere Umstände "des individuellen Falles" handeln, und nicht um Umstände, die allen Fällen in diesem Bereich gemein seien. Alles andere liefe auf eine Bereichsausnahme für Beihilfeprüfverfahren und damit auf die Nichtanwendbarkeit der Verordnung Nr. 1049/2001 im Rahmen solcher Verfahren hinaus, was die Kommission abgelehnt habe.

Nach Ansicht der Republik Finnland ist es nicht von Bedeutung, ob der Antragsteller ein Beihilfeempfänger oder eine andere von Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 erfasste Person sei. Da diese Bestimmung unterschiedslos auf alle Zugangsanträge anzuwenden sei, befänden sich Beihilfeempfänger bei der Behandlung eines Antrags auf Zugang zu Dokumenten, die ein Beihilfeprüfverfahren beträfen, nicht in einer schwächeren Position als andere Antragsteller.

Das Königreich Schweden macht geltend, das durch die Verordnung Nr. 1049/2001 gewährleistete Transparenzprinzip und der Grundsatz der Verteidigungsrechte, einschließlich des Rechts auf Akteneinsicht in Beihilfeprüfverfahren, seien zwei unterschiedliche Grundsätze, die nicht demselben Zweck dienten, so dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Verteidigungsrechten in Beihilfeprüfverfahren für die Behandlung eines nach der Verordnung Nr. 1049/2001 eingereichten Antrags auf Zugang zu den Dokumenten der Organe nicht einschlägig sei.

Nach Auffassung von TGI hätte im Übrigen die Kommission beweisen müssen, dass besondere Umstände vorlägen, da sie sich auf eine Ausnahme von der allgemeinen Regel berufen habe, nach der die im Zugangsantrag bezeichneten Dokumente individuell und konkret geprüft werden müssten. Es sei daher nicht Aufgabe des Gerichts gewesen, das Vorliegen solcher Umstände von Amts wegen zu prüfen.

Würdigung durch den Gerichtshof

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag von TGI die gesamte Verwaltungsakte zu den Verfahren zur Kontrolle der staatlichen Beihilfen betrifft, die ihr gewährt worden waren.

Die auf der Grundlage von Art. 255 Abs. 2 EG erlassene Verordnung Nr. 1049/2001 soll, wie ihrem vierten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 zu entnehmen ist, der Öffentlichkeit ein größtmögliches Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe gewähren. Außerdem ergibt sich aus dieser Verordnung, insbesondere ihrem elften Erwägungsgrund und ihrem Art. 4, der insoweit Ausnahmeregelungen vorsieht, dass das betreffende Zugangsrecht nichtsdestoweniger bestimmten Grenzen aus Gründen des öffentlichen oder privaten Interesses unterliegt.

Im vorliegenden Fall hatte die Kommission gerade unter Berufung auf die in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme vom Zugangsrecht zum Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten TGI die Übermittlung von Dokumenten verweigert, die die Verfahren zur Kontrolle der staatlichen Beihilfen betrafen, die TGI gewährt worden waren. Wie aus Randnr. 76 des angefochtenen Urteils hervorgeht, stehen diese Dokumente, wie sie im Zugangsantrag bezeichnet sind, den TGI gestützt auf die betreffende Verordnung eingereicht hatte, tatsächlich im Zusammenhang mit einer "Untersuchungstätigkeit" im Sinne der genannten Bestimmung.

Um die Verweigerung des Zugangs zu einem Dokument zu rechtfertigen, dessen Verbreitung beantragt wurde, genügt es zwar grundsätzlich nicht, dass dieses Dokument in Zusammenhang mit einer in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 erwähnten Tätigkeit steht. Das betroffene Organ muss auch erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine Ausnahme nach diesem Artikel geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte (vgl. Urteil vom , Schweden und Turco/Rat, C-39/05 P und C-52/05 P, Slg. 2008, I-4723, Randnr. 49).

Der Gerichtshof hat aber anerkannt, dass es dem betroffenen Gemeinschaftsorgan freisteht, sich hierbei auf allgemeine Vermutungen zu stützen, die für bestimmte Kategorien von Dokumenten gelten, da für Anträge auf Verbreitung von Dokumenten gleicher Art vergleichbare allgemeine Erwägungen gelten können (vgl. Urteil Schweden und Turco/Rat, Randnr. 50).

In Bezug auf Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen können sich solche allgemeinen Vermutungen aus der Verordnung Nr. 659/1999 und aus der Rechtsprechung zum Recht auf Einsicht in die Dokumente der Verwaltungsakte der Kommission ergeben. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass mit der Verordnung Nr. 659/1999 ihrem zweiten Erwägungsgrund zufolge die kohärente Praxis der Kommission bei der Anwendung von Art. 88 EG kodifiziert werden soll, die in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung entwickelt und festgelegt wurde.

Die Verordnung Nr. 659/1999 und insbesondere ihr Art. 20 sieht kein Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Verwaltungsakte der Kommission für die Beteiligten im Rahmen des nach Art. 88 Abs. 2 EG eingeleiteten Kontrollverfahrens vor.

Dagegen bestimmt Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999, dass die Stellungnahmen, die die Kommission im Rahmen des genannten Kontrollverfahrens erhält, dem betreffenden Mitgliedstaat mitgeteilt werden und dieser sich anschließend innerhalb einer bestimmten Frist zu diesen Stellungnahmen äußern kann. Denn das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ist nach seinem allgemeinen Aufbau ein Verfahren, das gegenüber dem für die Gewährung der Beihilfe verantwortlichen Mitgliedstaat eröffnet wird, und die Kommission ist nicht berechtigt, ihre endgültige Entscheidung auf Informationen zu stützen, hinsichtlich deren sie diesem Mitgliedstaat keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, da sie andernfalls dessen Verteidigungsrechte verletzen würde (Urteil vom , Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, C-74/00 P und C-75/00 P, Slg. 2002, I-7869, Randnr. 81).

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beteiligten mit Ausnahme des für die Gewährung der Beihilfe verantwortlichen Mitgliedstaats im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen nicht über das Recht verfügen, die Dokumente der Verwaltungsakte der Kommission einzusehen. Dieser Umstand ist bei der Auslegung der Ausnahmeregelung nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zu berücksichtigen. Wären diese Beteiligten nämlich in der Lage, auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 den Zugang zu den Dokumenten der Verwaltungsakte der Kommission zu erhalten, wäre das System der Kontrolle staatlicher Beihilfen gefährdet.

Zwar unterscheiden sich das Recht auf Einsicht in die Verwaltungsakte im Rahmen eines gemäß Art. 88 Abs. 2 EG eröffneten Kontrollverfahrens und das Recht auf Zugang zu Dokumenten aufgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 rechtlich, doch führen sie gleichwohl in funktionaler Hinsicht zu einer vergleichbaren Situation. Denn unabhängig von der Rechtsgrundlage, auf der sie gewährt wird, ermöglicht es die Akteneinsicht den Beteiligten, sämtliche bei der Kommission eingereichten Erklärungen und Dokumente zu erhalten und gegebenenfalls in ihren eigenen Erklärungen hierzu Stellung zu nehmen, was den Charakter eines solchen Verfahrens verändern kann.

Zudem sind im Unterschied zu den Fällen, in denen die Gemeinschaftsorgane als Gesetzgeber tätig sind und in denen nach dem sechsten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ein umfassenderer Zugang zu Dokumenten gewährt werden sollte, wie in der Rechtssache, in der das Urteil Schweden und Turco/Rat ergangen ist, die Dokumente, die die Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen betreffen, wie die, zu denen TGI Zugang begehrt hat, dem Bereich der Verwaltungsaufgaben zuzuordnen, die den Gemeinschaftsorganen durch Art. 88 EG eigens zugewiesen sind.

Aus alledem folgt, dass das Gericht bei der Auslegung der Ausnahmeregelung nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 im angefochtenen Urteil den Umstand hätte berücksichtigen müssen, dass andere Beteiligte als der betroffene Mitgliedstaat in Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen nicht über das Recht verfügen, die Dokumente der Verwaltungsakte der Kommission einzusehen, und daher hätte anerkennen müssen, dass eine allgemeine Vermutung dafür besteht, dass durch die Verbreitung der Dokumente der Verwaltungsakte grundsätzlich der Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten beeinträchtigt würde.

Diese allgemeine Vermutung schließt nicht das Recht für die erwähnten Beteiligten aus, darzulegen, dass diese Vermutung für ein bestimmtes Dokument, um dessen Verbreitung ersucht wird, nicht gilt, oder dass gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des betreffenden Dokuments besteht.

Indem das Gericht den genannten Umstand nicht berücksichtigt und in den Randnrn. 87 bis 89 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden hat, im vorliegenden Fall sei nicht offenkundig, dass der Zugang zu allen Dokumenten, die die Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen beträfen und in dem von TGI auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 eingereichten Zugangsantrag angeführt worden seien, ohne konkrete und individuelle Prüfung dieser Dokumente zu verweigern gewesen sei, hat es Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der betreffenden Verordnung falsch ausgelegt.

Folglich ist dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes der Kommission zu folgen und das angefochtene Urteil demnach aufzuheben, soweit mit ihm die streitige Entscheidung für nichtig erklärt wird, ohne dass der zweite Teil dieses Rechtsmittelgrundes oder die übrigen Gründe geprüft zu werden brauchen, die die Kommission zur Begründung ihres Rechtsmittels angeführt hat.

Zur Klage vor dem Gericht

Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 seiner Satzung kann der Gerichtshof der Europäischen Union im Fall der Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit selbst entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist. Das ist hier der Fall.

Die Klage von TGI vor dem Gericht, soweit das Gericht noch nicht endgültig über sie entschieden hat, war auf die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung gerichtet, soweit mit ihr der Zugang zu Dokumenten, die die Verfahren zur Kontrolle der TGI gewährten staatlichen Beihilfen betrafen, verweigert worden war, und auf einen Verstoß der Kommission gegen Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 gestützt. Zur Begründung dieses Nichtigkeitsgrundes machte TGI mehrere Rügen geltend. Erstens habe die Kommission ihr den Zugang zu den angeforderten Dokumenten verweigert, ohne die einzelnen Dokumente konkret zu prüfen. Zweitens habe sich die Kommission zu Unrecht auf die Rechtsprechung zur Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten betreffend Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat gestützt, da diese nicht mit Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen vergleichbar seien. Drittens habe die Kommission das Recht auf einen teilweisen Zugang verkannt. Viertens hätte die in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Interessenabwägung zur Freigabe der angeforderten Dokumente führen müssen.

Was die erste Rüge angeht, ergibt sich aus den Randnrn. 61 und 63 des vorliegenden Urteils, dass die Kommission nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 den Zugang zu allen Dokumenten, die die Verfahren zur Kontrolle der staatlichen Beihilfen betrafen und in dem von TGI auf der Grundlage dieser Verordnung eingereichten Zugangsantrag angeführt worden waren, verweigern durfte, und zwar ohne diese Dokumente vorher konkret und individuell zu prüfen.

Mangels Anhaltspunkten in der Klage, die geeignet wären, die oben in Randnr. 61 des vorliegenden Urteils genannte allgemeine Vermutung zu widerlegen, kann TGI nicht geltend machen, dass die Kommission eine solche Prüfung vornehmen muss. Folglich ist diese erste Rüge zurückzuweisen.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die zweite Rüge ins Leere geht. Da es nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 grundsätzlich zulässig ist, den Zugang zu den Dokumenten, die die Akte eines Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen bilden, zu verweigern, kann eine Begründung der Verweigerung, die sich auch von den Gesichtspunkten leiten lässt, die für Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat gelten, diese Verweigerung nicht rechtswidrig machen.

Die dritte und die vierte Rüge wiederum sind unbegründet. TGI macht in ihrer Klage nämlich nicht geltend, dass für einen Teil der in ihrem Antrag bezeichneten Dokumente die oben in Randnr. 61 des vorliegenden Urteils genannte allgemeine Vermutung nicht gelte, und führt auch kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der betreffenden Dokumente an. Wie aus ihrer Klage hervorgeht, beruft sie sich nur auf ihr Interesse als von Prüfverfahren betroffener Empfänger der staatlichen Beihilfe.

Folglich ist die von TGI vor dem Gericht erhobene Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung, soweit damit der Zugang zu Dokumenten verweigert wird, die die Verfahren zur Kontrolle der TGI gewährten staatlichen Beihilfen betreffen, abzuweisen.

Kosten

Nach Art. 122 § 1 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Art. 69 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung bestimmt, dass die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten tragen.

Da dem Rechtsmittel der Kommission stattgegeben worden ist und die Klage von TGI vor dem Gericht abzuweisen ist, sind TGI, wie von der Kommission beantragt, neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission im ersten Rechtszug und im vorliegenden Rechtsmittelverfahren aufzuerlegen.

Das Königreich Dänemark, die Republik Finnland und das Königreich Schweden tragen ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Nrn. 1 und 3 des Tenors des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom , Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission (T-237/02), werden aufgehoben.

2. Die vor dem Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften eingereichte Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom , soweit damit der Zugang zu Dokumenten verweigert wird, die die Verfahren zur Kontrolle der der Technischen Glaswerke Ilmenau GmbH gewährten staatlichen Beihilfen betreffen, wird abgewiesen.

3. Die Technische Glaswerke Ilmenau GmbH trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission im ersten Rechtszug und im vorliegenden Rechtsmittelverfahren.

4. Das Königreich Dänemark, die Republik Finnland und das Königreich Schweden tragen ihre eigenen Kosten.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
FAAAD-46140