EuGH Urteil v. - C-413/08 P

Stadium der Berücksichtigung der Abschreckungswirkung der Geldbuße

Gründe

Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Lafarge SA (im Folgenden: Lafarge) die Aufhebung der Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom , Lafarge/Kommission (T-54/03, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2005/471/EG der Kommission vom bezüglich eines Verfahrens zur Durchführung von Artikel 81 des EG-Vertrags gegen BPB PLC, Gebrüder Knauf Westdeutsche Gipswerke KG, Société Lafarge SA, Gyproc Benelux NV (Sache COMP/E-1/37.152 - Gipsplatten) (ABl. L 166, S. 8, im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom , Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrags (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), sieht vor:

"Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis einer Million Rechnungseinheiten oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig:

a) gegen Artikel [81] Absatz (1) oder Artikel [82] des Vertrages verstoßen,

...

Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen."

In der Präambel der Mitteilung der Kommission "Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden" (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien von 1998) heißt es:

"Die in diesen Leitlinien dargelegten Grundsätze sollen dazu beitragen, die Transparenz und Objektivität der Entscheidungen der Kommission sowohl gegenüber den Unternehmen als auch gegenüber dem Gerichtshof zu erhöhen, sowie den Ermessensspielraum bekräftigen, der vom Gesetzgeber der Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen innerhalb der Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes der Unternehmen eingeräumt wurde. ...

Das neue Verfahren für die Festsetzung des Betrags der Geldbuße beruht auf folgendem Schema, dem die Errechnung eines Grundbetrags zugrunde liegt, wobei Aufschläge zur Berücksichtigung erschwerender und Abzüge zur Berücksichtigung mildernder Umstände berechnet werden können."

Nr. 1 ("Grundbetrag") dieser Leitlinien bestimmt:

"Der Grundbetrag wird nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes als den einzigen Kriterien von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 errechnet.

A. Schwere des Verstoßes

...

Es wird auch nötig sein, die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber und den Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet.

Darüber hinaus könnte auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Großunternehmen in den meisten Fällen über juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand und Ressourcen verfügen, anhand deren sie besser erkennen können, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstellt und welche Folgen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu gewärtigen sind.

..."

Nach Nr. 2 dieser Leitlinien kann der Grundbetrag bei erschwerenden Umständen wie etwa einem erneuten, gleichartigen Verstoß des/derselben Unternehmen(s) erhöht werden.

Sachverhalt

Im angefochtenen Urteil hat das Gericht den Sachverhalt, der dem Rechtsstreit zugrunde liegt, wie folgt zusammengefasst:

"1 Die Klägerin ... ist ein französisches Unternehmen, das weltweit im Baumaterialsektor tätig ist. Sie hält 99,99 % des Kapitals der Lafarge Gypsum International SA (im Folgenden: Lafarge Plâtres), die Erzeugnisse aus Gips, darunter Gipsplatten, herstellt und vermarktet.

Vier große Erzeuger sind im Bereich Gipsplatten in Europa tätig: die BPB plc [(im Folgenden: BPB)], die Gebrüder Knauf Westdeutsche Gipswerke KG (im Folgenden: Knauf), die Gyproc Benelux NV (im Folgenden: Gyproc) und Lafarge Plâtres.

Aufgrund von Informationen, die ihr zur Kenntnis gelangt waren, nahm die Kommission am bei acht im Gipsplattenbereich tätigen Unternehmen, darunter Lafarge Plâtres in Isle-sur-la-Sorgue (Frankreich) und Lafarge in Paris (Frankreich), unangekündigte Überprüfungen vor. Am setzte sie ihre Nachforschungen bei zwei weiteren Unternehmen fort.

Anschließend richtete die Kommission nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 ... Auskunftsersuchen an die einzelnen Unternehmen, davon eines am an Lafarge. Diese antwortete darauf am .

Am leitete die Kommission das Verwaltungsverfahren ein und erließ eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Unternehmen BPB, Knauf, Lafarge, Etex SA und Gyproc. ...

...

Am erließ die Kommission die [streitige] Entscheidung ...

Im verfügenden Teil der [streitigen] Entscheidung heißt es:

'Artikel 1

BPB ..., der Knauf Konzern, ... Lafarge ... und Gyproc ... haben gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] verstoßen, indem sie an einer Gesamtheit von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Gipsplattensektor teilgenommen haben.

Die Zuwiderhandlung war von folgender Dauer:

- BPB ...: spätestens ab 31. März 1992 bis

- [der] Knauf [Konzern]: spätestens ab bis

- ... Lafarge ...: spätestens ab bis

- Gyproc ...: spätestens ab bis

...

Artikel 3

Wegen der in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen gegen folgende Unternehmen festgesetzt:

- BPB ...: 138,6 Mio. EUR,

- Knauf ...: 85,8 Mio. EUR

- ... Lafarge ...: 249,6 Mio. EUR

- Gyproc ...: 4,32 Mio. EUR

...'

Die Kommission geht in der [streitigen] Entscheidung davon aus, dass die betroffenen Unternehmen an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilgenommen hätten, die in folgenden Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen ihren Ausdruck gefunden habe:

- 1992 hätten sich Vertreter von BPB und Knauf in London (Vereinigtes Königreich) getroffen und sich dafür ausgesprochen, die Gipsplattenmärkte Deutschlands, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und der Benelux-Staaten gemeinsam zu stabilisieren;

- 1992 hätten Vertreter von BPB und Knauf ein System zum Austausch von Informationen über ihre Verkaufsmengen auf den Märkten Deutschlands, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und der Benelux-Staaten eingeführt, dem Lafarge und später Gyproc beigetreten seien;

- die Vertreter von BPB, Knauf und Lafarge hätten einander mehrmals über geplante Preiserhöhungen auf dem Markt des Vereinigten Königreichs informiert;

- die Vertreter von BPB, Knauf, Lafarge und Gyproc hätten sich 1996 in Versailles (Frankreich), 1997 in Brüssel (Belgien) und 1998 in Den Haag (Niederlande) getroffen, um auf besondere Entwicklungen im deutschen Markt zu reagieren, den deutschen Markt aufzuteilen oder ihn zumindest zu stabilisieren;

- zwischen 1996 und 1998 hätten die Vertreter von BPB, Knauf, Lafarge und Gyproc einander informiert und mehrmals die Anwendung von Preiserhöhungen auf dem deutschen Markt abgesprochen.

Zur Berechnung der Höhe der Geldbuße wandte die Kommission das Verfahren an, das in den Leitlinien [von 1998] festgelegt ist.

Bei der Festsetzung des nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlung ermittelten Ausgangsbetrags der Geldbuße ging die Kommission zunächst davon aus, dass die betreffenden Unternehmen eine ihrer Art nach besonders schwere Zuwiderhandlung begangen hätten, da die in Rede stehenden Verhaltensweisen bezweckt hätten, durch den Austausch vertraulicher Informationen den Preiskrieg zu beenden und den Markt zu stabilisieren. Außerdem hätten diese Verhaltensweisen Auswirkungen auf den Markt gehabt, da auf die betreffenden Unternehmen fast das gesamte Gipsplattenangebot entfalle und die verschiedenen Kartellvereinbarungen auf einem hochkonzentrierten und oligopolistischen Markt umgesetzt worden seien. Zum Umfang des räumlich relevanten Marktes vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Vereinbarung die vier größten Märkte in der Europäischen Gemeinschaft, nämlich Deutschland, das Vereinigte Königreich, Frankreich und die Benelux-Staaten, umfasst habe.

Sodann nahm die Kommission, da sie von einem erheblichen Unterschied zwischen den betreffenden Unternehmen ausging, eine Differenzierung vor, wobei sie sich insoweit auf die Umsatzzahlen für die fraglichen Produkte auf den in Rede stehenden Märkten während des letzten vollständigen Jahres der Zuwiderhandlung stützte. Auf dieser Grundlage wurde der Ausgangsbetrag der Geldbußen auf 80 Mio. Euro für BPB, auf 52 Mio. Euro für Knauf und für Lafarge sowie auf 8 Mio. Euro für Gyproc festgesetzt.

Um angesichts der Größe und der Gesamtressourcen der Unternehmen eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten, wurde der Ausgangsbetrag der gegen Lafarge festgesetzten Geldbuße um 100 % auf 104 Mio. Euro erhöht.

Um die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen, wurde der Ausgangsbetrag anschließend für BPB und für Knauf um 65 %, für Lafarge um 60 % und für Gyproc um 20 % erhöht, da die Kommission bei Knauf, Lafarge und BPB eine Zuwiderhandlung von langer Dauer und bei Gyproc eine Zuwiderhandlung von mittlerer Dauer annahm.

Aufgrund erschwerender Umstände wurden die Grundbeträge der Geldbußen gegenüber BPB und Lafarge wegen Rückfalls um 50 % erhöht.

Anschließend ermäßigte die Kommission die Geldbuße gegenüber Gyproc wegen mildernder Umstände um 25 %, weil Gyproc ein Unsicherheitsfaktor gewesen sei, der zur Begrenzung der Auswirkungen des Kartells auf den deutschen Markt beigetragen habe, und weil sie auf dem Markt des Vereinigten Königreichs nicht tätig gewesen sei.

Schließlich ermäßigte die Kommission in Anwendung von Abschnitt D Nr. 2 ihrer Mitteilung über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) den Betrag der Geldbuße bei BPB um 30 % und bei Gyproc um 40 %. Der Endbetrag der Geldbußen belief sich daher auf 138,6 Mio. Euro für BPB, 85,8 Mio. Euro für Knauf, 249,6 Mio. Euro für Lafarge und 4,32 Mio. Euro für Gyproc."

Angefochtenes Urteil

Mit Klageschrift, die am 14. Februar 2003 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Lafarge Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung. Hilfsweise beantragte sie, die gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Gericht die Klage in vollem Umfang ab.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Lafarge,

- das angefochtene Urteil aufzuheben;

- den von ihr im ersten Rechtszug gestellten Hauptanträgen stattzugeben und die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit eine Geldbuße gegen sie verhängt wird;

- hilfsweise, das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben;

- den von ihr im ersten Rechtszug gestellten Hilfsanträgen stattzugeben und den Betrag der mit der streitigen Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße herabzusetzen und

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Die Kommission beantragt,

- das Rechtsmittel zurückzuweisen und

- der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

Lafarge stützt ihre Anträge auf sechs Rechtsmittelgründe, von denen der erste, der in erster Linie geltend gemacht wird, auf Aufhebung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang gerichtet ist und die übrigen fünf, die hilfsweise geltend gemacht werden, auf dessen teilweise Aufhebung abzielen.

Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verfälschung von Beweismitteln

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Lafarge wirft dem Gericht vor, Beweismittel dadurch verfälscht zu haben, dass es für den Nachweis der als Zuwiderhandlung beurteilten Verhaltensweisen durchgängig auf einen "Gesamtzusammenhang" abgestellt habe. Insbesondere ergebe sich eine solche Verfälschung aus den Ausführungen im angefochtenen Urteil zu den Umständen des Informationsaustauschsystems (Randnrn. 270 und 271 des angefochtenen Urteils), zum speziell das Vereinigte Königreich betreffenden Informationsaustausch (Randnr. 303 des angefochtenen Urteils), zu den Preiserhöhungen im Vereinigten Königreich im Zeitraum vor dem 7. September 1996 (Randnr. 324 des angefochtenen Urteils), zum Bestehen einer Absprache über die Stabilisierung des deutschen Markts (Randnrn. 398 und 402 des angefochtenen Urteils) und zu den Preiserhöhungen in Deutschland in den Jahren 1994 und 1995 (Randnrn. 426 und 430 des angefochtenen Urteils).

Insgesamt habe sich das Gericht auf einen Gesamtzusammenhang gestützt, obwohl dieser nicht nachgewiesen sei und nur anhand weiterer Zuwiderhandlungen nachgewiesen werden könne, die das Gericht gerade auf der Grundlage dieses "Gesamtzusammenhangs" als solche qualifiziert habe. Es handele sich daher um einen Zirkelschluss.

Die Kommission meint, Lafarge gebe in den meisten Fällen nicht an, welche Beweismittel verfälscht worden seien, und lege nicht dar, welche Beurteilungsfehler das Gericht zu dieser Verfälschung veranlasst hätten. Jedenfalls könne dem Gericht weder vorgeworfen werden, dass es auf einen nicht nachgewiesenen Gesamtzusammenhang abgestellt noch, dass es sich auf einen Zirkelschluss gestützt habe, da es eine genaue Prüfung der einzelnen Beweismittel vorgenommen habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren weder für die Feststellung der Tatsachen zuständig noch - von Ausnahmen abgesehen - befugt, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht diese Feststellung gestützt hat. Sofern die Beweise nämlich ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden sind, ist es allein Sache des Gerichts, den Beweiswert der ihm vorgelegten Beweismittel zu beurteilen (vgl. Urteile vom , T. Port/Kommission, C-122/01 P, Slg. 2003, I-4261, Randnr. 27, und vom , Komninou u. a./Kommission, C-167/06 P, Randnr. 40). Diese Würdigung ist daher, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage, die der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (vgl. insbesondere Urteil vom , New Holland Ford/Kommission, C-8/95 P, Slg. 1998, I-3175, Randnr. 26).

Behauptet ein Rechtsmittelführer eine Verfälschung von Beweismitteln durch das Gericht, muss er nach Art. 225 EG, Art. 51 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 112 § 1 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs genau angeben, welche Beweismittel das Gericht verfälscht haben soll, und die Beurteilungsfehler darlegen, die das Gericht seines Erachtens zu dieser Verfälschung veranlasst haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Aalborg Portland u. a./Kommission, C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Slg. 2004, I-123, Randnr. 50).

Eine solche Verfälschung ist gegeben, wenn ohne die Erhebung neuer Beweise die Würdigung der vorliegenden Beweismittel offensichtlich unzutreffend ist (vgl. Urteil vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat, C-229/05 P, Slg. 2007, I-439, Randnr. 37).

Das einzige konkrete Beweismittel, dessen Verfälschung Lafarge geltend macht, ist ein interner Vermerk vom Oktober 1994, der in den Geschäftsräumen von BPB gefunden wurde. Nach Ansicht von Lafarge enthält dieser Vermerk keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wettbewerber zueinander in Kontakt gestanden hätten.

In Randnr. 430 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Behauptung von Lafarge zurückgewiesen, BPB habe über Kunden von der in diesem Vermerk angekündigten Preiserhöhung durch Knauf erfahren. Es hat festgestellt: "Der Verfasser des Vermerks führt nämlich nach einer Zusammenfassung der Marktlage aus, der Vertriebsleiter von Gyproc habe sich beklagt, dass sein Unternehmen Marktanteile verloren habe und sie zurückerlangen müsse. Ferner waren in dem Vermerk ein Einfrieren der Preise in der dort genannten Höhe und eine Preiserhöhung zum vorgesehen. Diese letzte Bemerkung ist besonders aufschlussreich. Wenn nämlich die Zusendung der Ankündigungen von Preiserhöhungen durch Knauf einseitig erfolgt und BPB dieser Preiserhöhung nur gefolgt wäre, hätte BPB im Oktober 1994 nicht wissen können, dass für den eine Preiserhöhung vorgesehen war, da Knauf diese Erhöhung erst im November 1994 ankündigte." Sodann hat das Gericht weitere konkrete Gesichtspunkte berücksichtigt, und zwar erstens, dass Knauf in Beantwortung eines Auskunftsersuchens der Kommission angegeben hatte, dass es seit langem gängige Praxis sei, die Ankündigungen von Preiserhöhungen zusammen mit den Preislisten gleichzeitig direkt an die Wettbewerber und an die Kunden zu schicken, zweitens, dass die Kommission bei der Überprüfung in den Geschäftsräumen von BPB und Lafarge zahlreiche Kopien von Ankündigungen von Preiserhöhungen der Wettbewerber entdeckt hatte, und drittens, dass am tatsächlich eine Preiserhöhung stattfand.

Somit ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil, dass das Gericht den fraglichen internen Vermerk nicht isoliert, sondern in Verbindung mit weiteren konkreten Aktenstücken geprüft hat. Daher kann die diesen Vermerk betreffende Rüge keinen Erfolg haben.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin nicht genau angegeben hat, welche weiteren Beweismittel das Gericht verfälscht haben soll. Sie beschränkt sich nämlich darauf, die Stellen des angefochtenen Urteils - die Randnrn. 271, 303, 324, 398, 402, 426 und 430 - anzuführen, in denen das Gericht sich auf einen "Gesamtzusammenhang" bezogen habe, ohne jedoch die konkreten Beweismittel zu bezeichnen, die das Gericht offensichtlich unzutreffend gewürdigt haben soll.

Unter Umständen wie denen des vorliegenden Falls ist das Vorliegen einer Verfälschung der Beweismittel im Hinblick darauf zu prüfen, dass es, da das Verbot, an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen und Vereinbarungen teilzunehmen, sowie die Sanktionen, die Zuwiderhandelnden auferlegt werden können, bekannt sind, üblich ist, dass die Tätigkeiten, mit denen diese Verhaltensweisen und Vereinbarungen verbunden sind, insgeheim ablaufen, dass die Zusammenkünfte heimlich stattfinden - meist in einem Drittland -, und dass die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die - wie z. B. die Protokolle einer Zusammenkunft - eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, handelt es sich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnrn. 55 bis 57).

Obgleich sich die Rechtsmittelführerin auf eine Verfälschung von Beweismitteln beruft, möchte sie in Wirklichkeit eine erneute Würdigung dieser Beweismittel erreichen, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt.

Daher ist der erste Rechtsmittelgrund teils als unzulässig, teils als unbegründet zurückzuweisen.

Unter diesen Umständen sind die von der Rechtsmittelführerin hilfsweise geltend gemachten Rechtsmittelgründe zu prüfen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Beweislastregeln, die Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, dadurch gegen die Beweislastregeln, die Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo verstoßen zu haben, dass es entschieden habe, die Kommission habe hinreichend nachgewiesen, dass die Beteiligung von Lafarge an der Zuwiderhandlung bis zum zurückreiche. Nach ständiger Rechtsprechung müsse der Gerichtshof sich vergewissern, dass die allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden seien. Im Übrigen trage die Kommission die Beweislast für eine Zuwiderhandlung und deren Dauer.

Im vorliegenden Fall habe das Gericht in den Randnrn. 507, 508 und 510 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Kommission die Beteiligung von Lafarge an der Zuwiderhandlung seit dem hinreichend nachgewiesen habe, da Lafarge weder den genauen Zeitpunkt des Beginns dieser Beteiligung noch die Umstände angegeben habe, die sie dazu veranlasst hätten, sich an einem wettbewerbswidrigen Austausch von Informationen zu beteiligen. Damit habe das Gericht die Beweislast umgekehrt. Eine solche Umkehr der Beweislast begründe jedoch auch einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo.

Die Kommission tritt dem Vorbringen von Lafarge entgegen und macht geltend, das Gericht habe lediglich entschieden, dass die in den Randnrn. 503, 507 und 512 des angefochtenen Urteils genannten Beweismittel ausreichende Indizien darstellten, um die Beteiligung von Lafarge an der Zuwiderhandlung seit Mitte des Jahres 1992 nachzuweisen, dass Lafarge jedoch gegenteilige Hinweise hätte vorlegen können, was sie nicht getan habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs obliegt es der Partei oder Behörde, die den Vorwurf einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln erhebt, dafür den Beweis zu erbringen, und den Unternehmen oder Unternehmensverbänden, die sich gegenüber der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen diese Regeln auf eine Rechtfertigung berufen, den Nachweis zu erbringen, dass die Voraussetzungen für diese Rechtfertigung erfüllt sind, so dass die genannte Behörde dann auf andere Beweismittel zurückgreifen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnr. 78).

Auch wenn nach diesen Grundsätzen entweder die Kommission oder das betreffende Unternehmen bzw. der betreffende Verband die Beweislast trägt, können die tatsächlichen Gesichtspunkte, auf die sich eine Partei beruft, die andere Partei zu einer Erläuterung oder Rechtfertigung zwingen, da sonst der Schluss zulässig ist, dass den Beweislastregeln genügt wurde (vgl. Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnr. 79).

Aus Randnr. 515 des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass die Kommission nach Auffassung des Gerichts hinreichend nachgewiesen hat, dass Lafarge spätestens Ende August 1992 von BPB über die Vereinbarung zwischen BPB und Knauf über den Austausch von Informationen unterrichtet worden sei und dass Lafarge dieser Vereinbarung bei dieser Gelegenheit beigetreten sei. Das Gericht stützt sich für diese Feststellung zum einen auf mehrere Erklärungen von BPB (Randnrn. 503 ff. des angefochtenen Urteils) und zum anderen auf den Umstand, dass die absoluten und prozentualen Anteile von Lafarge an den größten europäischen Märkten ab 1991 in im Besitz von BPB befindlichen Tabellen verzeichnet gewesen seien (Randnr. 512 des angefochtenen Urteils).

Daher ist davon auszugehen, dass das Gericht, als es in Randnr. 508 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, die Rechtsmittelführerin beschränke sich darauf, die Ungenauigkeiten in den Erklärungen von BPB hervorzuheben, ohne jedoch den genauen Zeitpunkt und die Umstände anzugeben, die sie veranlasst hätten, sich an einem derartigen Informationsaustausch zu beteiligen, entsprechend der in den Randnrn. 29 und 30 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die von der Kommission vorgelegten Beweismittel geeignet gewesen seien, die andere Partei zu einer Erläuterung oder Rechtfertigung zu zwingen, da sonst der Schluss zulässig sei, die Kommission habe ihren Verpflichtungen hinsichtlich der Beweislast genügt. Das Gericht hat sich somit darauf beschränkt, festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin keine Beweise für ihre Behauptung erbracht habe, wonach ihr Beitritt zu der Vereinbarung über den Austausch von Daten notwendigerweise nach Juni 1993 und wahrscheinlich sogar nach Anfang 1994 erfolgt sei.

Daraus folgt, dass das Gericht nicht gegen die Beweislastregeln verstoßen hat.

Da die Rügen eines Verstoßes gegen die Unschuldsvermutung und gegen den Grundsatz in dubio pro reo auf einer angeblichen Beweislastumkehr beruhen, sind sie ebenfalls zurückzuweisen.

Daher ist der zweite Rechtsmittelgrund unbegründet.

Zum dritten Rechtsmittelgrund: Begründungsmangel und Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Lafarge wirft dem Gericht vor, nicht auf ihr in den Randnrn. 374 und 375 ihrer Klageschrift angeführtes Argument der Ungleichbehandlung zwischen ihr und Gyproc eingegangen zu sein und damit gegen seine Begründungspflicht verstoßen zu haben. In den Randnrn. 500 bis 518 des angefochtenen Urteils habe das Gericht in Bezug auf Lafarge entschieden, dass die von der Kommission herangezogenen Beweismittel - nämlich die Nennung der Marktanteile von Lafarge in den Tabellen von Herrn [D] und die Erklärungen von BPB - die Beteiligung von Lafarge an einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung ab dem hinreichend bewiesen, während die Kommission diese beiden Beweismittel in Bezug auf Gyproc für nicht ausreichend gehalten habe. In ihrer Erwiderung fügt Lafarge hinzu, sie habe den Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung auch in den Randnrn. 124, 511 und 512 ihrer Klageschrift gerügt, ohne dass das Gericht hierauf eingegangen sei.

Nach Ansicht der Kommission ist der dritte Rechtsmittelgrund unzulässig, da die Rechtsmittelführerin im Stadium des Rechtsmittels kein Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend machen könne, das sie nicht vor dem Gericht vorgebracht habe. Was den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz betreffe, könne Lafarge außerdem nicht behaupten, sich in der gleichen Lage wie Gyproc zu befinden, da diese erst 1996 unmittelbar an dem Informationsaustausch beteiligt gewesen sei und in Bezug auf den Markt des Vereinigten Königreichs überhaupt nicht an einem solchen Austausch teilgenommen habe, da sie dort nicht tätig gewesen sei. Ferner begründeten die zusätzlichen Gesichtspunkte, die Lafarge in ihrer Erwiderung geltend gemacht habe, ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das im Stadium der Erwiderung unzulässig sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

Was den Begründungsmangel betrifft, der dem Gericht insoweit vorgeworfen wird, als es in dem angefochtenen Urteil nicht auf das von der Rechtsmittelführerin in den Randnrn. 374 und 375 ihrer Klageschrift dargelegte Argument hinsichtlich einer Ungleichbehandlung zwischen ihr und Gyproc eingegangen sein soll, ist festzustellen, dass die genannten Randnummern wie folgt lauten:

"Da die Beteiligung von [Lafarge] nicht vor Ende 1993 oder sogar Anfang 1994 nachgewiesen ist, ist der Austausch von Informationen nicht der Vorgang, an dem [Lafarge] erstmals beteiligt ist, da der Austausch über die Mengen und die Kontakte in Bezug auf die Preise, die von der Kommission behauptet werden und die speziell den britischen Markt betreffen, früher begonnen haben sollen.

Daher kann eindeutig weder der eine noch der andere Vorgang - unter der Annahme, sie seien nachgewiesen - als solcher eine Beteiligung von [Lafarge] an einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die sich auf die vier größten europäischen Märkte erstreckt, begründen. Außerdem war die Kommission im Fall von Gyproc der Auffassung, die Beteiligung an diesen Vorgängen könne für den Nachweis einer Beteiligung an einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht genügen."

Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in dem vorstehend wiedergegebenen Auszug nicht ausdrücklich vorgetragen wird. Selbst wenn ihm aber ein solcher Vortrag zu entnehmen wäre, ist dieser zum anderen weder klar noch bestimmt und nicht durch eingehende Beweise untermauert.

Der Grundsatz der Gleichbehandlung verbietet es u. a., gleiche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , IATA und ELFAA, C-344/04, Slg. 2006, I-403, Randnr. 95). Wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat, hat die Rechtsmittelführerin nicht einmal versucht, darzutun, dass sie sich in der gleichen Lage wie Gyproc befinde, was umso notwendiger gewesen wäre, als die Beteiligung dieser beiden Unternehmen an der fraglichen Zuwiderhandlung in tatsächlicher Hinsicht erhebliche Unterschiede aufweist. Die Tragweite des Vorbringens im letzten Satz der Randnr. 375 der Klageschrift ist daher wenig klar.

Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet die Verpflichtung des Gerichts, seine Entscheidungen zu begründen, nicht, dass es sich detailliert mit jedem vom Rechtsmittelführer vorgebrachten Argument hätte befassen müssen, insbesondere dann, wenn es nicht hinreichend klar und bestimmt war und sich nicht auf geeignete Beweismittel stützte (vgl. Urteile vom , Connolly/Kommission, C-274/99 P, Slg. 2001, I-1611, Randnr. 121, vom 11. September 2003, Belgien/Kommission, C-197/99 P, Slg. 2003, I-8461, Randnr. 81, und vom , Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, C-404/04 P, Randnr. 90).

In ihrer Erwiderung wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, auf weitere Punkte ihrer Klageschrift, nämlich deren Randnrn. 124, 511 und 512, nicht eingegangen zu sein. Diese Randnummern betreffen jedoch verschiedene Erwägungen der streitigen Entscheidung und beziehen sich auf sehr unterschiedliche Angriffs- und Verteidigungsmittel, die vor dem Gericht geltend gemacht wurden. Wie die Kommission in ihrer Gegenerwiderung zutreffend vorgetragen hat, hat das Gericht insbesondere in den Randnrn. 559 und 637 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zum Gleichbehandlungsgrundsatz geprüft. Diese Randnummern des angefochtenen Urteils hat die Rechtsmittelführerin mit ihrem Rechtsmittel jedoch nicht beanstandet.

Daraus ergibt sich, dass die Rechtsmittelführerin mit ihrem ergänzenden Vortrag in der Erwiderung im Wesentlichen ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens geltend macht. Nach Art. 42 § 2 und Art. 118 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind (vgl. insbesondere Beschluss vom , Mancini/Kommission, C-172/05 P, Randnr. 20). Da die Rechtsmittelführerin dieses Angriffs- und Verteidigungsmittel erst im Stadium der Erwiderung geltend gemacht hat und es nicht auf Gründe gestützt wird, die erst nach Einlegung des Rechtsmittels zutage getreten sind, ist es als verspätet zurückzuweisen.

Daher ist der dritte Rechtsmittelgrund teils als unzulässig, teils als unbegründet zurückzuweisen.

Zum vierten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Lafarge meint, das angefochtene Urteil verstoße gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung, da der Grundbetrag der von der Kommission gegen sie festgesetzten Geldbuße, der im Hinblick auf den Grundbetrag der gegen die anderen von der streitigen Entscheidung betroffenen Unternehmen festgesetzten Geldbuße unverhältnismäßig sei, nicht beanstandet worden sei. Sie wendet sich gegen die Aussage des Gerichts in Randnr. 634 des angefochtenen Urteils, wonach die Höhe der Geldbußen ungeachtet des Umsatzes der Unternehmen berechnet werden dürfe. Selbst unter der Annahme, diese Aussage sei zutreffend, habe die Kommission die betroffenen Unternehmen in der streitigen Entscheidung nach ihren Marktanteilen in Kategorien eingeteilt. Habe sich die Kommission jedoch für die Festlegung von Kategorien auf der Grundlage eines Kriteriums wie der Höhe der Marktanteile entschieden, hätten sie und das Gericht nach dessen Urteil vom , Tokai Carbon u. a./Kommission (T-236/01, T-239/01, T-244/01 bis T-246/01, T-251/01 und T-252/01, Slg. 2004, II-1181, Randnrn. 223 bis 232), die Verhältnismäßigkeit zwischen den für die verschiedenen Kategorien geltenden Schwellenwerten einerseits und dem Marktanteil eines Unternehmens und seiner Einordnung in eine bestimmte Kategorie andererseits zu wahren.

Der Grundbetrag der gegen Lafarge festgesetzten Geldbuße sei jedoch 6,5 mal höher als der Grundbetrag der gegen Gyproc festgesetzten Geldbuße, obwohl der Marktanteil von Lafarge (24 %), die in die zweite Kategorie eingeordnet worden sei, nur 3,4 mal größer sei als der Marktanteil von Gyproc (7 %), die in die dritte Kategorie eingeordnet worden sei. Außerdem seien Knauf und Lafarge in dieselbe Kategorie eingeordnet und dem Grundbetrag nach mit einer Geldbuße in Höhe von 52 Mio. Euro belegt worden, obwohl der Marktanteil von Lafarge 1997 weniger als 81 % des Marktanteils von Knauf ausgemacht habe.

In ihrer Erwiderung trägt Lafarge vor, sie habe einen entsprechenden Klagegrund vor dem Gericht geltend gemacht.

Die Kommission hält den vorliegenden Rechtsmittelgrund für unzulässig, da die Rechtsmittelführerin derartige Argumente im Verfahren des ersten Rechtszugs nicht vorgebracht habe.

Darüber hinaus seien die Argumente von Lafarge offensichtlich unbegründet. So habe der Gerichtshof bestätigt, dass die Einteilung der Mitglieder eines Kartells in Kategorien zulässig sei; hierzu verweist die Kommission auf das SGL Carbon/Kommission (C-308/04 P, Slg. 2006, I-5977, Randnrn. 52 und 53). Entscheide sie sich für eine Einteilung der betroffenen Unternehmen nach ihren Marktanteilen, sei sie nicht verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Grundbetrag der gegen das einzelne Unternehmen festzusetzenden Geldbuße genau dessen Marktanteil entspreche. Sonst müsse sie nämlich, da die Marktanteile der Unternehmen in der Regel unterschiedlich seien, ebenso viele Kategorien bilden wie es betroffene Unternehmen gebe, wodurch deren Einteilung in Kategorien sinnlos werde.

Ferner habe die Kommission die Unternehmen auf der Grundlage ihrer jeweiligen Anteile an den Märkten, auf die sich das Kartell während des letzten vollen Jahres, in dem sie sich an ihm beteiligt hätten (nämlich 1997), erstreckt habe, in drei Kategorien eingeteilt. Aufgrund ihres Marktanteils (42 %) und ihrer Stellung als größte Herstellerin sei BPB daher in die erste Kategorie eingeordnet worden. Knauf und Lafarge mit einem Marktanteil von 28 % bzw. 24 % seien in die zweite Kategorie eingestuft worden. Gyproc als sehr kleiner Akteur mit einem Marktanteil von 7 % sei einer dritten Kategorie zugeordnet worden.

Würdigung durch den Gerichtshof

Vor dem Gericht hat die Rechtsmittelführerin lediglich vorgetragen, dass sich der Umstand, dass ihre wirtschaftliche Kapazität auf den Märkten Deutschlands und des Vereinigten Königreichs es ihr nicht erlaube, den Wettbewerb auf diesen Märkten zu beeinträchtigen, und sie ein entscheidender Wettbewerbsfaktor während der Dauer der Zuwiderhandlung gewesen sei, nicht im Grundbetrag der gegen sie verhängten Geldbuße widergespiegelt habe. Im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelgrundes stellt sie jedoch die Möglichkeit der Kommission, Kategorien von Unternehmen entsprechend deren Marktanteilen zu bilden, oder zumindest die von der Kommission hierbei angewandte Methode in Frage. Daraus folgt, dass die Rechtsmittelführerin diesen Punkt erstmals vor dem Gerichtshof beanstandet.

Könnte eine Partei vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel und Argumente vorbringen, die sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, könnte sie den Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, letztlich mit einem umfassenderen Rechtsstreit befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte. Im Rahmen eines Rechtsmittels sind daher die Befugnisse des Gerichtshofs auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt (vgl. Urteile vom , VBA/VGB u. a., C-266/97 P, Slg. 2000, I-2135, Randnr. 79, und vom , JCB Service/Kommission, C-167/04 P, Slg. 2006, I-8935, Randnr. 114). Insoweit ist der vorliegende Rechtsmittelgrund unzulässig.

Soweit er auf die Behauptung der Rechtsmittelführerin gestützt wird, das Gericht habe in Randnr. 634 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten, die Höhe der Geldbußen dürfe ungeachtet des Umsatzes der Unternehmen berechnet werden, beruht er auf einem unzutreffenden Verständnis des angefochtenen Urteils.

In dieser Randnummer hat das Gericht nämlich daran erinnert, dass der Gerichtshof im Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5425, Randnrn. 255 und 312), entschieden hat, dass die Kommission weder verpflichtet ist, die Geldbuße ausgehend von Beträgen zu berechnen, die auf dem Umsatz der betreffenden Unternehmen beruhen, noch für den Fall, dass gegen mehrere an der gleichen Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen festgesetzt werden, dafür zu sorgen, dass in den von ihr errechneten Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen alle Unterschiede in Bezug auf ihren Gesamtumsatz oder ihren relevanten Umsatz zum Ausdruck kommen.

Folglich ist der vierte Rechtsmittelgrund teils als unzulässig, teils als unbegründet zurückzuweisen.

Zum fünften Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler und Begründungsmangel hinsichtlich der Erhöhung der Geldbuße wegen wiederholter Zuwiderhandlung

Der vorliegende Rechtsmittelgrund gliedert sich in zwei Teile.

Zum ersten Teil: Bestehen einer Rechtsgrundlage für die Erhöhung der Geldbuße wegen eines Wiederholungsfalles und zeitliche Beschränkung für dessen Berücksichtigung

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Lafarge wirft dem Gericht vor, in den Randnrn. 724 und 725 des angefochtenen Urteils gegen den Grundsatz nulla poena sine lege verstoßen zu haben, als es entschieden habe, dass eine Rechtsgrundlage für die von der Kommission vorgenommene Erhöhung der Geldbuße wegen wiederholter Zuwiderhandlung bestanden habe. In nahezu allen Rechtssystemen der Mitgliedstaaten könnten die Richter eine Strafe wegen eines wiederholten Verstoßes nur in den Fällen und unter den Umständen verschärfen, die vom Gesetz genau vorgegeben seien. Die Verordnung Nr. 17 ermächtige die Kommission nicht zur Erhöhung der Geldbuße im Wiederholungsfall.

Das Gericht habe außerdem in Randnr. 725 des angefochtenen Urteils gegen den allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, als es entschieden habe, dass die Kommission eine wiederholte Zuwiderhandlung ohne zeitliche Beschränkung habe feststellen dürfen. Nach einem den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsatz sei für Wiederholungsfälle gesetzlich eine Höchstgrenze für den Zeitabstand zwischen der untersuchten Zuwiderhandlung und einer eventuell festgestellten früheren Zuwiderhandlung bestimmt. Hierzu verweist Lafarge auf das Strafrecht mehrerer Mitgliedstaaten. Sie führt auch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom in der Rechtssache Öztürk, Serie A, Bd. 73, und vom in der Rechtssache Lutz, Serie A, Bd. 123-A, an, aus denen sich ergebe, dass es sich bei wettbewerbsrechtlichen Sanktionen angesichts ihrer Art und Schwere um "strafrechtliche" Sanktionen handele, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sie definiert habe.

Darüber hinaus ersucht die Rechtsmittelführerin den Gerichtshof, die Vereinbarkeit seines Urteils vom , Groupe Danone/Kommission (C-3/06 P, Slg. 2007, I-1331) mit den oben genannten allgemeinen Grundsätzen nochmals zu überdenken.

Die Kommission weist darauf hin, dass der Gerichtshof in diesem Urteil ähnliche Argumente wie die von der Rechtsmittelführerin hier vorgetragenen gerade zurückgewiesen habe. Im vorliegenden Fall brauche nicht geprüft zu werden, ob die Erwägungen des Gerichts zur Folge haben könnten, dass Sanktionen wegen wiederholter Zuwiderhandlung immer wieder verhängt werden könnten, da sich nach den Feststellungen des Gerichts die Tochtergesellschaft der Rechtsmittelführerin nach Bekanntgabe der Entscheidung 94/815/EG der Kommission vom in einem Verfahren nach Artikel [81] EG-Vertrag (Sachen IV/33.126 und 33.322 - Zement) (ABl. L 343, S. 1) noch weitere vier Jahre aktiv an dem Kartell beteiligt habe, während der Gerichtshof in der Rechtssache Groupe Danone/Kommission entschieden habe, dass eine Zeitspanne von weniger als zehn Jahren zwischen zwei Zuwiderhandlungen von der Neigung zeuge, aus der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln nicht die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen.

Würdigung durch den Gerichtshof

Zur Frage der Rechtsgrundlage für die Erhöhung der Geldbuße wegen wiederholter Zuwiderhandlung ist festzustellen, dass eine solche Erhöhung dem Erfordernis Rechnung trägt, wiederholte Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln durch dasselbe Unternehmen zu ahnden.

Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 räumt der Kommission die Befugnis ein, gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Geldbußen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Art. 81 EG und 82 EG zu verhängen. Nach dieser Bestimmung sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Dauer und die Schwere der betreffenden Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.

Wie das Gericht in Randnr. 722 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, gehört ein etwaiger Wiederholungsfall zu den Gesichtspunkten, die bei der Untersuchung der Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen sind (vgl. Urteile Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnr. 91, und Groupe Danone/Kommission, Randnr. 26).

Daher bildet Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 die Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung eines Wiederholungsfalls bei der Berechnung der Geldbuße (vgl. in diesem Sinne Urteil Groupe Danone/Kommission, Randnrn. 27 bis 29).

Somit hat das Gericht dadurch, dass es die Feststellung der Kommission, die Rechtsmittelführerin habe eine wiederholte Zuwiderhandlung begangen, und die Einstufung dieses Wiederholungsfalls als erschwerenden Umstand bestätigt hat, nicht gegen den Grundsatz nulla poena sine lege verstoßen.

Zur zeitlichen Höchstgrenze, bei deren Überschreitung ein Wiederholungsfall nicht mehr berücksichtigt werden kann, ist zunächst festzustellen, dass weder die Verordnung Nr. 17 noch die Leitlinien von 1998 eine derartige Frist vorsehen.

Der Gerichtshof hat in Randnr. 37 des Urteils Groupe Danone/Kommission hierzu entschieden, dass das Fehlen einer solchen Grenze nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße.

Lafarge beantragt jedoch, der Gerichtshof möge insoweit von seiner Entscheidung in diesem Urteil abrücken. Sie scheint aus diesem Urteil abzuleiten, dass die Kommission die Geldbuße wegen wiederholter Zuwiderhandlung zeitlich unbeschränkt erhöhen darf.

Ein solcher Schluss beruht jedoch auf einer unzutreffenden Auslegung des genannten Urteils. Darin hat der Gerichtshof nämlich ausgeführt, dass die Kommission in jedem Einzelfall die Anhaltspunkte berücksichtigen kann, die die Neigung eines Unternehmens zu Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln bestätigen, so z. B. auch den zwischen den betreffenden Verstößen verstrichenen Zeitraum (Urteil Groupe Danone/Kommission, Randnr. 39).

Zudem verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Zeit, die zwischen der fraglichen Zuwiderhandlung und einem früheren Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln verstrichen ist, bei der Beurteilung der Neigung des Unternehmens zu Verstößen gegen diese Regeln berücksichtigt wird. Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Handlungen der Kommission im Bereich des Wettbewerbsrechts können das Gericht und gegebenenfalls der Gerichtshof daher aufgefordert sein, zu überprüfen, ob die Kommission diesen Grundsatz bei der Erhöhung der verhängten Geldbuße wegen wiederholter Zuwiderhandlung beachtet hat und insbesondere, ob diese Erhöhung u. a. im Hinblick auf die Zeit, die zwischen der fraglichen Zuwiderhandlung und dem früheren Verstoß gegen Wettbewerbsregeln vergangen ist, angezeigt war.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Randnr. 727 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Chronologie der festgestellten von der Rechtsmittelführerin begangenen Zuwiderhandlungen von der Neigung der Rechtsmittelführerin zeuge, aus der Feststellung einer von ihr begangenen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln nicht die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen, da die Kommission bereits im Rahmen der Entscheidung 94/815 Maßnahmen gegen sie festgesetzt habe und ihre Tochtergesellschaft sich gleichwohl bis 1998, d. h. vier Jahre nach Zustellung dieser Entscheidung, weiter aktiv am fraglichen Kartell beteiligt habe.

Daher hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es entschieden hat, dass das Fehlen einer vorbestimmten Frist für die Berücksichtigung wiederholter Zuwiderhandlungen keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit begründe.

Die Rüge eines Verstoßes gegen einen den Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Grundsatz, wonach ein Wiederholungsfall nach Überschreitung einer zeitlichen Höchstgrenze nicht berücksichtigt werden könne, ist als unerheblich zurückzuweisen, da das Wettbewerbsrecht der Union - wie sich aus Randnr. 70 des vorliegenden Urteils ergibt - die Kommission nicht berechtigt, einen Wiederholungsfall zeitlich unbeschränkt zu berücksichtigen.

Die Rechtsmittelführerin versucht zudem, durch eine zusammenfassende Bezugnahme auf die oben genannten Urteile in den Rechtssachen Öztürk und Lutz darzutun, dass die von der Kommission im Rahmen des Wettbewerbsrechts verhängten Geldbußen unter den Begriff "strafrechtlich" im Sinne des Art. 6 der am in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten fällt.

Dieses Argument kann jedoch nicht durchgreifen. Denn selbst wenn die von der Kommission im Rahmen des Wettbewerbsrechts verhängten Geldbußen als "strafrechtlich" im Sinne des Art. 6 dieser Konvention anzusehen sein sollten, lege die Rechtsmittelführerin nicht dar, inwiefern das Gericht ihr Recht auf ein faires Verfahren, wie es nach dieser Vorschrift gewährt wird, verletzt haben soll.

Der erste Teil des fünften Rechtsmittelgrundes ist somit zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil: Vorliegen eines Wiederholungsfalls, wenn die erste Zuwiderhandlung nicht rechtskräftig festgestellt wurde

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Lafarge macht geltend, das Gericht habe dadurch gegen einen den Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Grundsatz sowie gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der gesetzlichen Bestimmtheit von Tatbestand und Strafe verstoßen, dass es entschieden habe, die Kommission sei berechtigt, den Betrag der Geldbuße wegen wiederholter Zuwiderhandlung zu erhöhen, obwohl die Entscheidung, mit der eine frühere Zuwiderhandlung aufgrund eines ähnlichen Sachverhalts festgestellt worden sei, zum Zeitpunkt der von der streitigen Entscheidung erfassten Vorgänge nicht rechtskräftig gewesen sei.

Nach dem Strafrecht der Mitgliedstaaten gelte eine Person in der Regel nur dann als Wiederholungstäter, wenn sie nach rechtskräftiger Verurteilung wegen der ersten Zuwiderhandlung eine weitere Zuwiderhandlung begehe. Zu den wesentlichen Merkmalen eines Wiederholungsfalls gehöre die rechtskräftige Feststellung einer Zuwiderhandlung - d. h. die Erschöpfung aller Rechtsmittel - zum Zeitpunkt der Begehung der zweiten Zuwiderhandlung. Im vorliegenden Fall stütze sich die Kommission bei ihrer Feststellung, dass Lafarge als Wiederholungstäterin anzusehen sei, auf die Entscheidung 94/815. Lafarge habe jedoch Nichtigkeitsklage gegen diese Entscheidung erhoben, über die das Gericht mit Urteil vom (Cimenteries CBR u. a./Kommission, T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Slg. 2000, II-491) entschieden habe. Da Lafarge kein Rechtsmittel gegen dieses Urteil eingelegt habe, sei es zwei Monate nach seiner Zustellung an Lafarge rechtskräftig geworden. Der Kommission zufolge hätten die in der angefochtenen Entscheidung beanstandeten Praktiken im November 1998 geendet. Somit sei zu diesem Zeitpunkt eine Zuwiderhandlung durch Lafarge mangels Rechtskraft der Entscheidung 94/815 noch nicht rechtskräftig festgestellt gewesen, da das Urteil des Gerichts über die Nichtigkeitsklage noch nicht erlassen gewesen sei.

Das Gericht habe auch einen Rechtsfehler begangen und darüber hinaus gegen seine Begründungspflicht verstoßen, als es in Randnr. 737 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe, dass die Befugnis der Kommission zur Feststellung eines Wiederholungsfalls in einer Entscheidung auch bei fehlender Rechtskraft der ersten Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt worden sei, dadurch gerechtfertigt sei, dass die Fristen für die Nichtigkeitsklage gegen die zweite Entscheidung neu zu laufen begännen, wenn die erste Entscheidung nach Erlass der zweiten für nichtig erklärt werde. Ein solcher Neubeginn der Frist sei nämlich in keiner Bestimmung des Gemeinschaftsrechts vorgesehen. Dieser Fehler müsse zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, da es gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der geordneten Rechtspflege verstoße, dem Betroffenen die Last der Wiederherstellung des Rechts aufzubürden, das infolge einer unzutreffenden Definition des Begriffs des Wiederholungsfalls missachtet worden sei.

Die Kommission hält den vorliegenden Teil des Rechtsmittelgrundes zwar für unbegründet, sie teilt jedoch die Ansicht der Rechtsmittelführerin, dass keine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts die Möglichkeit vorsehe, die Frist zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung der Kommission neu beginnen zu lassen. Sie schlägt dem Gerichtshof vor, die Begründung zu ersetzen, da die Nichtigerklärung einer ersten Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht geahndet worden sei und auf die die Feststellung eines Wiederholungsfalls im Rahmen einer zweiten Entscheidung gestützt werde, dem betroffenen Unternehmen das Recht eröffne, von der Kommission eine Überprüfung der zweiten Entscheidung zu verlangen. Hierzu verweist die Kommission auf Art. 233 EG.

Würdigung durch den Gerichtshof

In Randnr. 734 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden, dass es, damit die Kommission den Wiederholungsfall berücksichtigen dürfe, ausreiche, wenn das Unternehmen zuvor wegen einer gleichartigen Zuwiderhandlung belangt worden sei, selbst wenn die Entscheidung noch gerichtlicher Kontrolle unterliege. In diesem Zusammenhang hat es in Randnr. 736 des angefochtenen Urteils zu Recht daran erinnert, dass für Entscheidungen der Kommission die Vermutung der Rechtmäßigkeit spricht, solange sie nicht aufgehoben oder zurückgenommen worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Kommission/BASF u. a., C-137/92 P, Slg. 1994, I-2555, Randnr. 48).

In derselben Randnummer des angefochtenen Urteils hat das Gericht ebenfalls zu Recht darauf hingewiesen, dass Klagen vor dem Gerichtshof keine aufschiebende Wirkung haben. In der Tat sieht Art. 242 EG dies ausdrücklich vor.

Daraus folgt, dass eine Entscheidung der Kommission, selbst wenn sie noch gerichtlicher Kontrolle unterliegt, uneingeschränkt wirksam ist, sofern das Gericht oder der Gerichtshof nicht etwas anderes bestimmt.

Folglich gibt es für die These der Rechtsmittelführerin, die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung der Kommission führe - zumindest hinsichtlich der sich aus dieser Entscheidung für die Feststellung eines möglichen Wiederholungsfalls in einer späteren Entscheidung ergebenden Folgen - zur Aussetzung ihrer Anwendung während des gerichtlichen Verfahrens, keinerlei rechtliche Grundlage, sie verstößt im Gegenteil insbesondere gegen den Wortlaut des Art. 242 EG.

Folgte man der These der Rechtsmittelführerin, würden Zuwiderhandelnde zudem angeregt, in Verzögerungsabsicht Klagen zu erheben, nur um während der Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof die Folgen abzuwenden, die sich aus dem Wiederholungsfall ergeben.

Die Schlussfolgerung des Gerichts, dass die Kommission den Wiederholungsfall schon dann berücksichtigen dürfe, wenn das Unternehmen zuvor wegen einer gleichartigen Zuwiderhandlung belangt worden sei, selbst wenn die Entscheidung noch gerichtlicher Kontrolle unterliege, ist somit rechtlich zutreffend.

Sie wird auch dann nicht in Frage gestellt, wenn eine Entscheidung, die im Rahmen einer späteren Entscheidung als Grundlage für die Erhöhung einer Geldbuße gedient hat, die wegen einer anderen Zuwiderhandlung verhängt wurde, nach Erlass der späteren Entscheidung durch den Richter der Europäischen Union für nichtig erklärt wird.

In diesem Fall hätte die Kommission nämlich nach Art. 233 EG die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, indem sie die spätere Entscheidung gegebenenfalls abändert, soweit diese eine Erhöhung der Geldbuße wegen wiederholter Zuwiderhandlung enthält.

Anders als die Rechtsmittelführerin meint, steht dieses System mit den allgemeinen Grundsätzen der geordneten Rechtspflege und der Verfahrensökonomie in Einklang, da es zum einen das Organ, das den fraglichen Rechtsakt erlassen hat, verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Urteil des Gerichtshofs nachzukommen, selbst wenn das betroffene Unternehmen keinen dementsprechenden Antrag gestellt hat, und da es zum anderen Klagen vereitelt, die lediglich zu Verzögerungszwecken erhoben werden.

Selbst wenn man aber mit der Rechtsmittelführerin und der Kommission annähme, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es in Randnr. 737 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass es sich, wenn eine Entscheidung, die im Rahmen einer späteren Entscheidung als Grundlage für die Erhöhung einer wegen einer anderen Zuwiderhandlung verhängten Geldbuße gedient habe, nach Rechtskraft der späteren Entscheidung für nichtig erklärt werde, um eine neue Tatsache handele, die die Klagefrist hinsichtlich der späteren Entscheidung neu beginnen lasse, so kann dieser Fehler doch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, da seine Urteilsformel sich aus anderen Rechtsgründen als richtig darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Salzgitter/Kommission, C-210/98 P, Slg. 2000, I-5843, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Insbesondere aus den Randnrn. 734 bis 736 und 739 des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass dies hier der Fall ist. Das Gericht hat sich nämlich nicht nur auf die in den Randnrn. 734 und 736 des angefochtenen Urteils entwickelten und in Randnr. 81 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen gestützt, sondern hat in Randnr. 735 des angefochtenen Urteils auch darauf hingewiesen, dass die Beurteilung der besonderen Merkmale eines Wiederholungsfalls von einer Bewertung des konkreten Falles abhängt, die von der Kommission im Rahmen ihres Ermessens vorgenommen wird. Zudem hat es die vorliegende Rechtssache in Randnr. 739 des angefochtenen Urteils von der Rechtssache abgegrenzt, in der das Urteil des Gerichts vom , Thyssen Stahl/Kommission (T-141/94, Slg. 1999, II-347), ergangen ist und in der der größte Teil der Zuwiderhandlung vor der ersten Entscheidung begangen worden war, während sich Lafarge im vorliegenden Fall nach Erlass der Entscheidung 94/815, die zu dem Urteil des Gerichts Cimenteries CBR u. a./Kommission geführt hat, noch mehr als vier Jahre lang am fraglichen Kartell beteiligte.

Was die Rüge eines Verstoßes gegen den allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit angeht, hat sich die Rechtsmittelführerin darauf beschränkt, einen solchen Verstoß geltend zu machen, ohne darzutun, worin genau dieser Verstoß bestehen soll.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Randnr. 720 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass die Leitlinien von 1998 in Nr. 2 ("Erschwerende Umstände") eine nicht abschließende Aufzählung der Umstände enthalten, die zu einer Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße führen können, darunter ein erneuter Verstoß. Diese Nr. 2 führt den "erneute[n], gleichartige[n] Verstoß des/derselben Unternehmen(s)" auf, ohne dass eine Bedingung hinsichtlich der "Unanfechtbarkeit" der Entscheidung, mit der die frühere Zuwiderhandlung festgestellt wurde, erwähnt wäre. Nach ständiger Rechtsprechung schaffen die Leitlinien der Kommission Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen, indem sie das Verfahren regeln, das sich die Kommission zur Festsetzung der nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 verhängten Geldbußen auferlegt hat (vgl. Urteil vom , Evonik Degussa/Kommission und Rat, C-266/06 P, Randnr. 53).

Hinsichtlich der Rüge eines Verstoßes gegen den allgemeinen Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von Tatbestand und Strafe ist daran zu erinnern, dass dieser Grundsatz verlangt, dass das Gesetz die Straftaten und die für sie angedrohten Strafen klar definieren muss (Urteil Evonik Degussa/Kommission und Rat, Randnr. 39). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist die Klarheit des Gesetzes nicht nur anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung zu beurteilen, sondern auch anhand der Präzisierungen durch eine ständige und veröffentlichte Rechtsprechung (vgl. in diesem Sinne Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom , G./Frankreich, Serie A, Nr. 325-B, § 25). Ferner verletzt die Tatsache, dass ein Gesetz ein Ermessen verleiht, als solche nicht das Erfordernis der Vorhersehbarkeit, sofern der Umfang und die Modalitäten der Ausübung eines solchen Ermessens im Hinblick auf das in Rede stehende legitime Ziel hinreichend deutlich festgelegt sind, um dem Einzelnen angemessenen Schutz vor Willkür zu gewähren (Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 25. Februar 1992, Margareta und Roger Andersson/Schweden, Serie A, Nr. 226, § 75).

Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 lässt der Kommission zwar ein weites Ermessen, begrenzt aber dessen Ausübung, indem er objektive Kriterien aufstellt, an die sich die Kommission zu halten hat. So weist der Betrag der möglicherweise zu verhängenden Geldbuße zum einen eine bezifferbare und absolute Obergrenze auf, so dass der Höchstbetrag der Geldbuße, die gegen ein Unternehmen verhängt werden kann, im Voraus bestimmbar ist. Zum anderen ist die Ausübung des Ermessens der Kommission durch Verhaltensregeln begrenzt, die sie sich selbst in der Mitteilung zur Zusammenarbeit und in den Leitlinien auferlegt hat. Darüber hinaus unterliegt die bekannte und zugängliche Verwaltungspraxis der Kommission der unbeschränkten Kontrolle durch den Unionsrichter, dessen ständige und veröffentlichte Rechtsprechung es ermöglicht hat, etwaige in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 enthaltene unbestimmte Rechtsbegriffe näher zu bestimmen. Somit kann ein verständiger Wirtschaftsteilnehmer - falls erforderlich mit Hilfe eines Rechtsberaters - in hinreichend genauer Weise die Methode der Berechnung und die Größenordnung der Geldbußen vorhersehen, die ihm bei einem bestimmten Verhalten drohen. Dass dieser Wirtschaftsteilnehmer das Niveau der Geldbußen, die die Kommission in jedem Einzelfall verhängen wird, nicht im Voraus genau erkennen kann, stellt keine Verletzung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Strafen dar (vgl. in diesem Sinne Urteil Evonik Degussa/Kommission und Rat, Randnrn. 50 bis 55).

Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist der zweite Teil des fünften Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.

Somit ist der fünfte Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum sechsten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler betreffend die Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße zum Zweck der Abschreckung

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Die Rechtsmittelführerin macht geltend, das Gericht habe in den Randnrn. 680 bis 684 des angefochtenen Urteils dadurch gegen Art. 81 EG und gegen die Verordnung Nr. 17 verstoßen, dass es entschieden habe, die Kommission habe die Notwendigkeit, die Geldbuße zum Zweck der Abschreckung zu erhöhen, bereits bei Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße und nicht erst am Schluss der Bußgeldberechnung prüfen dürfen. Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin ist eine Erhöhung der nach Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung und unter Berücksichtigung etwaiger erschwerender oder mildernder Umstände bemessenen Geldbuße zum Zweck der Abschreckung nur zulässig, wenn ihr Endbetrag unzureichend erscheine, um dem betreffenden Unternehmen und anderen Wirtschaftsteilnehmern die Schwere der Zuwiderhandlung vor Augen zu führen und ihnen klar zu machen, dass sich die Zuwiderhandlung nicht wiederholen dürfe.

Die Rechtsmittelführerin nimmt auch Bezug auf die Mitteilung der Kommission "Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003" (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006), nach denen die Erforderlichkeit eines "Aufschlag[s] [auf den Betrag der Geldbuße] zur Gewährleistung einer abschreckenden Wirkung" anhand des Endbetrags der Geldbuße zu beurteilen sei, d. h., nach der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße und einer Anpassung wegen erschwerender oder mildernder Umstände.

Die Kommission führt aus, dass die Leitlinien von 2006 im vorliegenden Fall nicht erheblich seien, da die streitige Entscheidung nach Maßgabe der Leitlinien von 1998 erlassen worden sei, in denen vorgesehen sei, zunächst die Größe und die Gesamtressourcen der Unternehmen im Rahmen der Beurteilung der Schwere des Verstoßes (Abschnitt 1A) und sodann die Dauer des Verstoßes (Abschnitt 1B) zu berücksichtigen. Die Kommission könne ihre Politik bezüglich der Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft ändern. Die Leitlinien von 1998 und die Leitlinien von 2006 seien inhaltlich insoweit ähnlich, als beide der Kommission die Möglichkeit einräumten, bei der Berechnung von Geldbußen Größe und Gesamtressourcen der Unternehmen zu berücksichtigen. Es komme auch nicht darauf an, in welchem Stadium die Größe des Unternehmens berücksichtigt werde, da eine aufgrund dieses Faktors erfolgende Erhöhung der Geldbuße nicht vom Endbetrag der Geldbuße abhänge.

Würdigung durch den Gerichtshof

Wie das Gericht in Randnr. 657 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, beruht die Erhöhung des nach der Schwere der Zuwiderhandlung bemessenen Grundbetrags der Geldbuße auf der Notwendigkeit, eine angesichts der Größe und der Gesamtressourcen von Lafarge hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten.

Was den Begriff der Abschreckung betrifft, so stellt diese einen bei der Bußgeldberechnung zu berücksichtigenden Gesichtspunkt dar. Nach ständiger Rechtsprechung sollen mit Geldbußen wegen Verstößen gegen Art. 81 EG, wie sie in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 vorgesehen sind, rechtswidrige Handlungen der betreffenden Unternehmen geahndet und diese Unternehmen und andere Wirtschaftsteilnehmer vor künftigen Verletzungen der Wettbewerbsregeln des Unionsrechts abgeschreckt werden. Der Zusammenhang zwischen der Größe und den Gesamtressourcen der Unternehmen und der Notwendigkeit, die abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen, lässt sich jedoch nicht bestreiten. Daher kann die Kommission bei der Berechnung der Geldbuße u. a. die Größe und die Wirtschaftskraft des betreffenden Unternehmens berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Showa Denko/Kommission, C-289/04 P, Slg. 2006, I-5859, Randnr. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Lafarge wendet sich nicht dagegen, dass ihre Größe und ihre Gesamtressourcen als solche berücksichtigt wurden, um eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen, sondern sie beanstandet, in welchem Stadium dies geschehen ist.

Dass die Größe und die Gesamtressourcen des betreffenden Unternehmens berücksichtigt werden, um eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen, findet seinen Grund in der angestrebten Wirkung auf dieses Unternehmen, da die Sanktion insbesondere im Hinblick auf dessen Wirtschaftskraft nicht unerheblich sein darf.

Der Gerichtshof hat daher entschieden, dass das Gericht annehmen durfte, dass ein Unternehmen aufgrund seines im Verhältnis zu den übrigen Kartellmitgliedern "erheblich höheren" Gesamtumsatzes die zur Zahlung der Geldbuße erforderlichen Mittel leichter würde aufbringen können, was im Hinblick auf eine hinreichende abschreckende Wirkung der Geldbuße die Anwendung eines Multiplikators rechtfertigte (vgl. Urteil Showa Denko/Kommission, Randnr. 18).

Da die Geldbuße im vorliegenden Fall unter Anwendung von Multiplikationskoeffizienten berechnet wurde, wirkte sich die Reihenfolge, in der diese Koeffizienten angewandt wurden, unabhängig davon, in welchem Stadium der betreffende Multiplikator zur Anwendung gelangte, nicht auf den Endbetrag der Geldbuße aus.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass Lafarge in keiner Weise ihre Behauptung untermauert, wonach der Betrag der Geldbuße, wäre er ohne Berücksichtigung des für die abschreckende Wirkung vorgesehenen Multiplikators bemessen worden, ausgereicht hätte, um eine entsprechende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen.

Schließlich ist - wie die Kommission zu Recht geltend macht - zum Vorbringen, das die Rechtsmittelführerin aus den Leitlinien von 2006 herleitet, festzustellen, dass diese Leitlinien auf den Sachverhalt des vorliegenden Rechtsstreits nicht anwendbar waren.

Im Übrigen wird der Abschreckungsfaktor, der in die Berechnung der Geldbuße eines Unternehmens einbezogen werden kann, unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Gesichtspunkten und nicht nur der besonderen Situation des betreffenden Unternehmens ermittelt (vgl. in diesem Sinne Urteil Showa Denko/Kommission, Randnr. 23). Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass sich das Stadium der Berechnung, in dem der Abschreckungsfaktor berücksichtigt wird, im Hinblick auf andere Gesichtspunkte als die Größe und die Gesamtressourcen des betroffenen Unternehmens, die in die Ermittlung dieses Faktors eingeflossen sind, als relevant erweist. Die Rechtsmittelführerin hat jedoch nicht dargetan, dass dies auf den vorliegenden Fall zutrifft.

Daher ist der sechste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

Nach alledem ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kosten

Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihren Anträgen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Lafarge SA trägt die Kosten.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
IAAAD-46139