Wegfall des Erfordernisses der Steuerfestsetzung in Erbfällen nach Ausschlagung der Erbschaft durch sämtliche Erben
Absehen von der Steuerfestsetzung nach § 156 Abs. 2 AO nach Löschung von juristischen Personen im Handelsregister
In Ergänzung der allgemeinen Ausführungen in der Vollstreckungskartei Bayern (§ 261 AO, Karten 6 u. 7) zu den Anwendungsfällen nach § 156 Abs. 2 AO verweise ich auf Folgendes:
1. Freistaat Bayern als gesetzlicher Erbe nach Ausschlagung der Erbschaft durch sämtliche Erben
Mit der Ausschlagung der Erbschaft durch alle gesetzlichen Erben wird das Bundesland, dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todes angehört hat, gem. § 1922, 1936 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 1 AO als gesetzlicher Erbe Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen Steuerpflichtigen. Es tritt dadurch materiell- und verfahrensrechtlich in die Stellung des Rechtsvorgängers ein (vgl. , BFH/NV 2005 S. 710). Durch das Zusammenfallen von Steuergläubiger und Steuerschuldner tritt eine sog. Konfusion ein, die zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 47 AO führt. Somit besteht keine verfahrensrechtliche Notwendigkeit mehr, noch ausstehende Steuerfestsetzungen vorzunehmen (vgl. hierzu , BStBl 2006 II S. 584). Es liegt kein Fall des § 156 Abs. 2 AO vor, da wegen der Erlöschenswirkung des § 47 AO das Erfordernis der Steuerfestsetzung entfallen ist.
2. Löschung von juristischen Personen nach Liquidation oder von Amts wegen
Ist eine juristische Person nach Liquidation oder von Amts wegen im Handelsregister gelöscht, erlischt dadurch nicht das Steuerschuldverhältnis, da die gelöschte juristische Person steuerrechtlich so lange als fortbestehend angesehen wird, wie sie noch steuerrechtliche Pflichten zu erfüllen hat (vgl. AEAO zu § 122, Nr. 2.8.3.2).
In diesen Fällen kann aber grds. von einer Steuerfestsetzung gem. § 156 Abs. 2 AO abgesehen werden, weil Steuerbescheide nur mit erheblichem Verwaltungsaufwand noch wirksam bekannt gegeben werden könnten und Vermögenswerte zur Begleichung der festzusetzenden Steuerschulden ohnehin nicht mehr zur Verfügung stehen. Um Steuerbescheide zutreffend adressieren und bekannt geben zu können, wäre die Neubestellung eines Liquidators beim Registergericht zu beantragen, weil mit dem Erlöschen der Firma auch das Amt des bisher bestellten Liquidators endet. Abgesehen davon, dass ein Liquidator nur schwer zu gewinnen sein dürfte, ist eine Bestellung auch deswegen nicht angebracht, weil diese nur unnötige Kosten verursachen würde.
An der Entscheidung über des Absehen nach § 156 Abs. 2 AO ist in diesen Fällen die Vollstreckungsstelle zu beteiligen. Es ist des Weiteren von der zentralen Haftungsstelle zu überprüfen, ob eine Haftung Dritter Personen für die nicht festgesetzten Steuerbeträge in Betracht kommt (z. B. Haftung nach § 69 AO). Im Falle einer Anfechtung von Rechtshandlungen nach dem AnfG ist dagegen vor der Inanspruchnahme Dritter stets eine Festsetzung erforderlich (vgl. § 2 AnfG).
Wegen der Verfahrensweise bei der Bekanntgabe bei einer „führungslosen” GmbH wird auf den AEAO zu § 122, Nr. 2.8.1.2 hingewiesen.
3. Genehmigung durch das Bayer. Landesamt für Steuern
Die Genehmigung ist einzuholen, wenn der Betrag, von dessen Festsetzung abgesehen werden soll, 25.000 € übersteigt (vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom , BStBl 2008 I S. 534, abgedruckt im AO-Handbuch).
4. Aktenführung
Die Gründe für das Absehen von der Steuerfestsetzung sind aktenkundig zu machen (UNIFA-Word-Vorlage Veranlagung/Absehen Steuerfestsetzung). Die Fälle sind listenmäßig zu erfassen.
Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 0331.2.1-3/1 St42
Fundstelle(n):
DStR 2010 S. 1385 Nr. 27
DAAAD-45079