EuGH Urteil v. - C-160/09

Verbrauchsteuer auf die Einfuhr von Bananen in Griechenland, Verordnung (EWG) Nr. 1591/84

Leitsatz

Art. 4 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft einerseits und dem Vertrag von Cartagena und seinen Mitgliedsländern Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Peru und Venezuela andererseits, das durch die Verordnung (EWG) Nr. 1591/84 des Rates vom genehmigt wurde, kann Einzelnen keine Rechte verleihen, die sie vor den Gerichten eines Mitgliedstaats geltend machen könnten.

Instanzenzug:

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Meistbegünstigungsklausel in Art. 4 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft einerseits und dem Vertrag von Cartagena und seinen Mitgliedsländern Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Peru und Venezuela andererseits (im Folgenden: Kooperationsabkommen), genehmigt durch die Verordnung (EWG) Nr. 1591/84 des Rates vom (ABl. L 153, S. 1).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Ioannis Katsivardas - Nikolaos Tsitsikas OE (im Folgenden: Katsivardas), einer Gesellschaft nach griechischem Recht, und dem Ypourgos Oikonomikon (Finanzminister) über die Erstattung der von Katsivardas nach der Zollabfertigung einer im Jahr 1993 aus Ecuador eingeführten Ladung Bananen entrichteten Verbrauchsteuer für Bananen, die zu diesem Zeitpunkt nach griechischem Recht galt.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrechtliche Übereinkünfte

Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen

Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen 1994 (im Folgenden: GATT 1994) im Anhang 1A des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation wurde durch den Beschluss 94/800/EWG des Rates vom über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1) genehmigt. In Art. 1 Buchst. a des GATT 1994 wird erklärt, dass dieses Abkommen aus den Bestimmungen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1947 (im Folgenden: GATT 1947) in der durch die Rechtsinstrumente, die vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation in Kraft getreten sind, berichtigten, geänderten oder modifizierten Fassung besteht.

Zu den Bestimmungen des GATT 1947, die im GATT 1994 übernommen wurden gehört die in Art. 1 Abs. 1 enthaltene Meistbegünstigungsklausel, die wie folgt lautet:

"Bei Zöllen und Belastungen aller Art, die anlässlich oder im Zusammenhang mit der Einfuhr oder Ausfuhr oder bei der internationalen Überweisung von Zahlungen für Einfuhren oder Ausfuhren auferlegt werden, bei dem Erhebungsverfahren für solche Zölle und Belastungen, bei allen Vorschriften und Förmlichkeiten im Zusammenhang mit der Einfuhr oder Ausfuhr und bei allen in Artikel III Absätze 2. und 4. behandelten Angelegenheiten werden alle Vorteile, Vergünstigungen, Vorrechte oder Befreiungen, die eine Vertragspartei für eine Ware gewährt, welche aus einem anderen Land stammt oder für dieses bestimmt ist, unverzüglich und bedingungslos für alle gleichartigen Waren gewährt, die aus den Gebieten der anderen Vertragsparteien stammen oder für diese bestimmt sind."

Art. III Abs. 2 des GATT 1947 betrifft innere Abgaben oder sonstige Belastungen, Art. III Abs. 4 Gesetze, Verordnungen und sonstige Vorschriften über den Verkauf, das Angebot, den Einkauf, die Beförderung, Verteilung oder Verwendung von Waren.

Das Kooperationsabkommen

Nach Art. 1 des Kooperationsabkommens, das Bestandteil der Verordnung Nr. 1591/84 ist, mit der dieses Abkommen genehmigt wurde, "[verpflichten sich d]ie Vertragsparteien ... in den Grenzen ihrer Befugnisse, unter Berücksichtigung ihrer gegenseitigen Interessen und in Übereinstimmung mit den langfristigen Zielen ihrer Volkswirtschaften eine möglichst weitgehende wirtschaftspolitische Zusammenarbeit zu begründen, aus der a priori kein Bereich ausgeklammert ist und die ihrem unterschiedlichen Entwicklungsstand Rechnung trägt". Nach diesem Artikel ist Ziel dieser Zusammenarbeit "ganz allgemein ein Beitrag zur Entwicklung der Wirtschaft und Hebung des Lebensstandards".

Art. 4 des Abkommens bestimmt:

"Meistbegünstigungsklausel

(1) Die Vertragsparteien räumen einander für ihre Wareneinfuhren und -ausfuhren die Meistbegünstigung in allen nachstehenden Bereichen ein:

- Anwendung von Zöllen und Abgaben jeder Art, einschließlich der Verfahren für die Erhebung dieser Zölle und Abgaben;

- Regelungen für die Zollabfertigung, den Transit, die Lagerung und die Umladung;

- direkte und indirekte Steuern und sonstige inländische Abgaben;

- Regelungen für die Zahlung, einschließlich der Zuteilung von Devisen und der Überweisung dieser Zahlungen;

- Regelungen für Verkauf, Kauf, Transport, Verteilung und Verwendung der Waren auf dem Binnenmarkt.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn es sich handelt um

a) Vorteile, die Nachbarländern zur Erleichterung des Grenzverkehrs gewährt werden;

b) Vorteile, die im Hinblick auf die Schaffung einer Zollunion oder einer Freihandelszone gewährt werden oder sich aus der Schaffung einer solchen Union oder Zone ergeben, einschließlich der Vorteile, die im Rahmen einer Zone regionaler Wirtschaftsintegration in Lateinamerika eingeräumt werden;

c) Vorteile, die bestimmten Ländern in Übereinstimmung mit dem [GATT 1947] gewährt werden;

d) Vorteile, die von den Mitgliedsländern des Vertrages von Cartagena bestimmten Ländern in Übereinstimmung mit dem Protokoll über die Handelsverhandlungen zwischen Entwicklungsländern im Rahmen des [GATT 1947] gewährt werden.

(3) Dieser Artikel gilt unbeschadet der bestehenden Rechte und Verpflichtungen aufgrund des [GATT 1947]."

Art. 5 des Kooperationsabkommens über den Gemischten Kooperationsausschuss sieht in Abs. 2 vor, dass der Ausschuss u. a. die Aufgabe hat, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien in Fragen der Auslegung und Durchführung dieses Abkommens Lösungen zu empfehlen.

Anhang II ("Erklärung zur handelspolitischen Zusammenarbeit") des Kooperationsabkommen lautet:

"Im Rahmen der in diesem Abkommen vorgesehenen handelspolitischen Zusammenarbeit erklären sich die Vertragsparteien bereit, im Gemischten Ausschuss und im Zuge ihrer beiderseitigen Wirtschaftspolitiken etwaige besondere Probleme zu prüfen, die sich im Bereich des Handels ergeben könnten."

Das Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit

Das Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Vertrag von Cartagena und seinen Mitgliedsländern, der Republik Bolivien, der Republik Kolumbien, der Republik Ecuador, der Republik Peru und der Republik Venezuela (im Folgenden: Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit) wurde im Namen der Gemeinschaft durch den Beschluss 98/278/EG des Rates vom (ABl. L 127, S. 10) genehmigt.

Nach Art. 2 des Rahmenabkommens über die Zusammenarbeit verpflichten sich die Vertragsparteien, ihren Beziehungen neue Impulse zu verleihen, indem sie die Entwicklung ihrer Zusammenarbeit durch die Ausweitung auf neue Bereiche stärken.

Art. 4 dieses Rahmenabkommens über die Zusammenarbeit bestimmt:

"Die Vertragsparteien gewähren einander in ihren Handelsbeziehungen gemäß dem [GATT 1994] die Meistbegünstigung.

Die Vertragsparteien bekräftigen ihre Bereitschaft, ihren Handelsverkehr im Einklang mit diesem Abkommen abzuwickeln."

Art. 33 Abs. 2 dieses Rahmenabkommens sieht vor, dass die Bestimmungen dieses Abkommens an die Stelle der Bestimmungen früherer Abkommen zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsländern des Vertrags von Cartagena treten, die mit diesen unvereinbar oder identisch sind.

Das Vierte AKP-EWG-Abkommen

Das Vierte AKP-EWG-Abkommen, das am in Lomé unterzeichnet wurde, wurde durch den Beschluss 91/400/EGKS, EWG des Rates und der Kommission vom (ABl. L 229, S. 1) genehmigt. Art. 1 des Protokolls Nr. 5 betreffend Bananen, das diesem Abkommen beigefügt ist, lautet:

"Kein [Staat der Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Raums, die dieses Abkommen abgeschlossen haben (im Folgenden: AKP-Staaten)] wird bei der Ausfuhr seiner Bananen nach den Märkten der Gemeinschaft hinsichtlich des Zugangs zu seinen herkömmlichen Märkten und seiner Vorteile auf diesen Märkten ungünstiger gestellt sein als bisher oder derzeit."

Nationales Recht

Art. 7 des Gesetzes Nr. 1798/1988 in der durch das Gesetz Nr. 1914/1990 geänderten Fassung sah mit Wirkung ab die Anwendung einer Verbrauchsteuer von 150 DRA pro Kilogramm auf aus dem Ausland eingeführte Bananen und in bestimmten Fällen auf in Griechenland erzeugte Bananen vor. Später wurde diese Steuer erhöht und dann verringert, bevor sie im Jahr 1998 aufgehoben wurde.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Im Juli 1993 wurde Katsivardas nach der Zollabfertigung einer Ladung Bananen, die unmittelbar aus Ecuador eingeführt worden war, ein Betrag von insgesamt 6 785 565 DRA (19 913,61 Euro) an Verbrauchsteuer und sonstigen Steuern vorgeschrieben, den sie entrichtete, wobei sie jedoch in Bezug auf den auf die Verbrauchsteuer entfallenden Betrag von 4 986 100 DRA einen Vorbehalt äußerte. Katsivardas beantragte in der Folge die Erstattung dieses Betrags und der anteiligen Mehrwertsteuer, zu deren Zahlung sie ihrer Ansicht nach nicht verpflichtet ist.

Da ihr die Erstattung von der zuständigen Zollbehörde versagt worden war, erhob Katsivardas Klage beim Dioikitiko Protodikeio Athinon (Verwaltungsgericht erster Instanz Athen), das ihrer Klage in Bezug auf die Aufhebung der streitigen Steuerbescheide und den Erstattungsantrag stattgab. Diese Entscheidung wurde jedoch vom Berufungsgericht abgeändert, worauf Katsivardas Kassationsbeschwerde beim Symvoulio tis Epikrateias (Griechischer Staatsrat) einlegte.

Dieser ist im Gegensatz zur Klägerin des Ausgangsverfahrens der Ansicht, dass die streitige Verbrauchsteuer als inländische Abgabe im Sinne von Art. 95 EWG-Vertrag (später Art. 95 EG-Vertrag, dann nach Änderungen Art. 90 EG) und nicht als Abgabe mit gleicher Wirkung wie ein Zoll im Sinne der Art. 9 und 12 EWG-Vertrag (später Art. 9 und 12 EG-Vertrag, dann nach Änderungen Art. 23 EG und 25 EG) einzustufen seien. Eine solche inländische Abgabe könne rechtmäßig auf Bananen erhoben werden, die unmittelbar aus Drittländern eingeführt würden, soweit deren ungünstigere steuerliche Behandlung nicht durch besondere Klauseln ausgeschlossen werde, die in Handelsabkommen zwischen der Gemeinschaft und diesen Drittländern enthalten seien, wie Art. 4 des Kooperationsabkommens.

Das vorlegende Gericht verweist außerdem auf das Urteil vom , Chiquita Italia (C-469/93, Slg. 1995, I-4533), wonach das Protokoll Nr. 5 betreffend Bananen, das dem Vierten AKP-EWG-Abkommen beigefügt ist, eine Bestimmung enthält, die den Zugang für Bananen aus den AKP-Staaten zu deren herkömmlichen Märkten unter Bedingungen garantieren soll, die nicht weniger günstig sind als diejenigen, die bei Inkrafttreten am der gleichartigen Bestimmung in Nr. 1 des Protokolls Nr. 6 betreffend Bananen, das dem am 28. Februar 1975 unterzeichneten Abkommen AKP-EWG von Lomé beigefügt ist, galten (im Folgenden: Stillhalteklausel).

Demnach bringe die Meistbegünstigung der Länder der Cartagena-Gruppe auch die Gleichstellung der Bananen, die aus diesen Ländern kommen, mit den Bananen aus den AKP-Ländern mit sich. Folglich hänge die Rechtmäßigkeit der Erhebung einer Verbrauchsteuer wie der im Ausgangsverfahren streitigen davon ab, ob sich aus dem Kooperationsabkommen, insbesondere aus Art. 4, Rechte ergäben, auf die sich Einzelne unmittelbar vor den nationalen Gerichten der Mitgliedstaaten berufen könnten, so dass Katsivardas sich gegen die im Ausgangsverfahren streitige Verbrauchsteuer auf Bananen auf diesen Artikel in Verbindung mit der Stillhalteklausel berufen könnte.

Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass der Gerichtshof in seinem Urteil vom , Van Parys (C-377/02, Slg. 2005, I-1465), entschieden habe, dass sich solche Rechte aus der Meistbegünstigungsklausel des Rahmenabkommens über die Zusammenarbeit, das später mit den Mitgliedstaaten des Vertrags von Cartagena geschlossen worden sei, nicht ableiten ließen und dass die Vergünstigungen, die durch die AKP-EWG-Abkommen gewährt würden, nur die "traditionellen" AKP-Bananen beträfen, d. h. die Bananen aus den AKP-Staaten im Rahmen der mit Stand vom jährlich eingeführten Menge, so dass diese Vergünstigungen nicht auf Bananen aus anderen Staaten erstreckbar zu sein scheinen.

Da der Symvoulio tis Epikrateias der Ansicht ist, dass sich der Gerichtshof bisher noch nicht zu dem Kooperationsabkommen geäußert habe, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Kann ein Einzelner (ein Unternehmer, der Bananen aus Ecuador eingeführt), der die Erstattung einer inländischen Verbrauchsteuer als ohne Rechtsgrund gezahlt fordert, vor dem nationalen Gericht geltend machen, dass die nationale steuerliche Regelung (Art. 7 des Gesetzes 1798/1988 in der durch Art. 10 des Gesetzes 1914/1990 geänderten Fassung) unvereinbar mit Art. 4 des Kooperationsabkommens ist?

Zur Vorlagefrage

Zur Zulässigkeit

Die griechische Regierung bezweifelt die Zulässigkeit der Vorlagefrage, weil sie nicht die Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung, sondern die Frage betreffe, inwieweit sich ein Einzelner auf einen Widerspruch zwischen nationalen Vorschriften und einer Gemeinschaftshandlung stützen könne, und weil nicht konkretisiert werde, welche Bestimmung auszulegen sei.

Dazu ist zu bemerken, dass der Gerichtshof nach Art. 234 EG zwar nicht befugt ist, die Normen des Gemeinschaftsrechts auf einen Einzelfall anzuwenden, also eine Bestimmung des innerstaatlichen Rechts an diesen Normen zu messen; er kann aber das Gemeinschaftsrecht im Rahmen der durch diesen Artikel eingeführten Zusammenarbeit zwischen den Gerichten anhand der Akten insoweit auslegen, als dies dem innerstaatlichen Gericht bei der Beurteilung der Wirkungen dieser Bestimmung dienlich sein könnte (Urteil vom , Anomar u. a., C-6/01, Slg. 2003, I-8621, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vorgelegte Frage, ob sich ein Einzelner gegenüber der Anwendung einer nationalen Steuerbestimmung vor dem nationalen Gericht auf die Meistbegünstigungsklausel in Art. 4 des Kooperationsabkommens berufen kann, betrifft die Eignung dieser Klausel, unmittelbare Wirkung für einen Einzelnen zu entfalten, und somit deren Auslegung.

Diese Klausel ist im Kooperationsabkommen enthalten, das im Namen der Gemeinschaft durch die Verordnung Nr. 1591/84 genehmigt wurde, und ist demnach nach ständiger Rechtsprechung eine Handlung der Gemeinschaftsorgane, für deren Auslegung der Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens zuständig ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Haegeman, 181/73, Slg. 1974, 449, Randnrn. 4 bis 6, vom , Racke, C-162/96, Slg. 1998, I-3655, Randnr. 41, und vom , Bogiatzi, C-301/08, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 23).

Außerdem spricht nach ständiger Rechtsprechung eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts, die es zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Der Gerichtshof kann ein Vorabentscheidungsersuchen eines nationalen Gerichts nur zurückweisen, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom , Cartesio, C-210/06, Slg. 2008, I-9641, Randnr. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall ist die Antwort auf die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage, ob ein Einzelner wie Katsivardas Art. 4 des Kooperationsabkommens vor dem nationalen Gericht geltend machen kann, entscheidend dafür, ob sich der Kläger des Ausgangsverfahrens mit Erfolg auf die Stillhalteklausel berufen kann, auf die sein Vorbringen im Ausgangsverfahren zur Rechtswidrigkeit der nach nationalem Recht festgesetzten Verbrauchsteuer für Bananen gestützt ist.

Es ist somit nicht offensichtlich, dass die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts für die Entscheidung des vorlegenden Gerichts unerheblich wäre.

Die Vorlagefrage ist daher zulässig.

Zur Begründetheit

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 des Kooperationsabkommens von einem Einzelnen im Rahmen eines Rechtsstreits vor den Gerichten eines Mitgliedstaats unmittelbar geltend gemacht werden kann.

Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es den Organen der Europäischen Union, die für das Aushandeln und den Abschluss eines Abkommens mit Drittländern zuständig sind, nach den Grundsätzen des Völkerrechts freisteht, mit diesen Ländern zu vereinbaren, welche Wirkungen die Bestimmungen dieses Abkommens in der internen Rechtsordnung der Vertragsparteien haben sollen. Nur wenn diese Frage im Abkommen nicht geregelt ist, haben die zuständigen Gerichte und im Rahmen seiner Zuständigkeit aufgrund des AEU-Vertrags insbesondere der Gerichtshof über diese Frage ebenso wie über jede andere Auslegungsfrage zu entscheiden, die sich im Zusammenhang mit der Anwendung des Abkommens in der Union stellt (vgl. Urteile vom 26. Oktober 1982, Kupferberg, 104/81, Slg. 1982, 3641, Randnr. 17, vom , Portugal/Rat, C-149/96, Slg. 1999, I-8395, Randnr. 34, und vom 9. September 2008, FIAMM und FIAMM Technologies/Rat und Kommission, C-120/06 P und C-121/06 P, Slg. 2008, I-6513, Randnr. 108).

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes sind zur Prüfung der Frage, ob die Bestimmungen eines zwischen der Union und Drittländern geschlossenen Abkommens unmittelbare Wirkung haben, stets Sinn, Aufbau und Wortlaut dieses Abkommens zu prüfen (vgl. Urteil Chiquita Italia, Randnr. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Wie die Europäische Kommission in der Sitzung ausgeführt hat, ist dagegen die Art des Rechtsakts, mit dem das völkerrechtliche Abkommen genehmigt wurde, im Rahmen einer solchen Prüfung nicht erheblich. Denn wie sich aus dem Urteil vom , Demirel (12/86, Slg. 1987, 3719, Randnr. 25), ergibt, ist es für die Anerkennung der unmittelbaren Wirkung einer solchen Bestimmung ohne Bedeutung, ob eine Bestimmung eines völkerrechtlichen Abkommens durch einen Beschluss oder durch eine Verordnung genehmigt wurde. Demnach ist das von Katsivardas für eine unmittelbare Wirkung der Meistbegünstigungsklausel des Kooperationsabkommens vorgetragene Argument, dass das Kooperationsabkommen durch eine Verordnung, das Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit hingegen durch einen Beschluss genehmigt worden sei, zu verwerfen.

Was Art. 4 des Kooperationsabkommens betrifft, schließt der Umstand, dass er in einem Kooperationsabkommen enthalten ist, entgegen dem Vorbringen der italienischen Regierung nicht grundsätzlich aus, dass sich ein Einzelner darauf berufen kann. Nach ständiger Rechtsprechung vermag der Umstand, dass mit einem solchen Abkommen im Wesentlichen die wirtschaftliche Entwicklung von dritten Vertragsstaaten gefördert werden soll und es sich darauf beschränkt, eine Zusammenarbeit zwischen den Parteien einzuführen, ohne auf einen zukünftigen Beitritt dieser Länder zur Union abzuzielen, die unmittelbare Wirkung einiger seiner Bestimmungen nicht auszuschließen (vgl. entsprechend Urteile vom , Conceria Bresciani, 87/75, Slg. 1976, 129, Randnr. 23, Kupferberg, Randnr. 22, und vom , Kziber, C-18/90, Slg. 1991, I-199, Randnr. 21).

In Randnr. 58 des Urteils Van Parys hat der Gerichtshof jedoch in Beantwortung einer Frage zur Auslegung der Meistbegünstigungsklausel im Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit, das auf das Kooperationsabkommen folgte, festgestellt, dass die Klausel vor einem Gericht eines Mitgliedstaats von einem Einzelnen nicht geltend gemacht werden kann. Diese Auslegung wird von keinem der Beteiligten, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, in Frage gestellt.

Es ist daher zu prüfen, ob Gesichtspunkte vorliegen, die eine Abweichung von dieser Beurteilung der Meistbegünstigungsklausel im Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit in Bezug auf die Auslegung der Meistbegünstigungsklausel im Kooperationsabkommen ermöglichen.

Die Meistbegünstigungsklausel im Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit ist zwar anders formuliert als die Meistbegünstigungsklausel im Kooperationsabkommen. Diese unterschiedliche Formulierung kann jedoch nur dann als Anhaltspunkt dafür gesehen werden, dass eine unterschiedliche Auslegung in Bezug auf die eventuelle unmittelbare Wirkung erforderlich ist, wenn die allgemeine Struktur der Abkommen und ihr Zweck die Absicht der Vertragsparteien belegen würden, durch diese unterschiedliche Formulierung Art. 4 des Rahmenabkommens über die Zusammenarbeit die unmittelbare Wirkung abzusprechen, die Art. 4 des Kooperationsabkommens vorher zuerkannt worden wäre.

Das Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit, insbesondere sein Art. 4, weist aber keine Merkmale auf, die belegen könnten, dass die Vertragsparteien im Vergleich zu ihrer Situation nach dem Kooperationsabkommen ungünstiger gestellt wären, insbesondere im Hinblick auf die Meistbegünstigungsklausel.

Was zunächst die Natur und den Gegenstand des Rahmenabkommens über die Zusammenarbeit betrifft, ist im Gegenteil festzustellen, dass es die wechselseitigen Verpflichtungen, die die Vertragsparteien im Rahmen des Kooperationsabkommens eingegangen sind, erneuern und vertiefen soll. Denn obwohl diese beiden Abkommen zwischen denselben Parteien abgeschlossen wurden und ihre Durchführung durch die Beibehaltung des Gemischten Ausschusses und der Unterausschüsse, die durch das Kooperationsabkommen eingerichtet wurden, nach Art. 32 Abs. 1 des Rahmenabkommens über die Zusammenarbeit in demselben institutionellen Rahmen stattfindet, sieht das Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit in Bezug auf die Zahl der betroffenen Bereiche eine weitere und in Bezug auf die geplanten besonderen Aktionen eine tiefergehende Zusammenarbeit vor.

Im Übrigen ergibt sich die Änderung der Bezeichnung des Kooperationsabkommens in Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit nach Art. 39 Abs. 1 des Rahmenabkommens daraus, dass die Vertragsparteien die Möglichkeit haben wollten, das Rahmenabkommen durch Abkommen über besondere Wirtschaftszweige oder spezifische Tätigkeiten zu ergänzen, und nicht daraus, dass sie weniger weit reichende Verpflichtungen eingehen wollten.

Der Vergleich der beiden Abkommen zeigt also eine zunehmende Vertiefung der Zusammenarbeit, zu der sich die Parteien verpflichtet haben.

Wie die Kommission bemerkt, waren darüber hinaus zum Zeitpunkt der Annahme von Art. 4 des Kooperationsabkommens noch nicht alle Mitgliedstaaten des Vertrags von Cartagena Vertragsstaaten des GATT 1947. Wie der Gerichtshof in Randnr. 57 des Urteils Van Parys zum Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit festgestellt hat, wollten die Parteien dieses Abkommens die Anwendung des im Rahmen des GATT 1994 ausgearbeiteten Systems auf die Mitgliedstaaten des Vertrags von Cartagena ausdehnen, damit sie in den Genuss der Meistbegünstigungsklausel in Art. 1 Abs. 1 des GATT kommen, ohne deren Tragweite zu ändern. Dieselbe Überlegung gilt auch in Bezug auf das Kooperationsabkommen, da nach dem Wortlaut seines Art. 4 nicht offensichtlich ist, dass die Vertragsparteien die Absicht hatten, den drei Mitgliedstaaten des Vertrags von Cartagena, die noch nicht Mitglieder des GATT 1947 waren, Handelszugeständnisse zu machen, die über das hinausgehen, was ihren Partnern im GATT gewährt wurde.

Demnach gilt die Entscheidung des Gerichtshofs im Urteil Van Parys zur fehlenden unmittelbaren Wirkung der Meistbegünstigungsklausel im Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit auch in Bezug auf Art. 4 des Kooperationsabkommens.

Nach alldem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 4 des Kooperationsabkommens, das durch die Verordnung Nr. 1591/84 genehmigt wurde, Einzelnen keine Rechte verleihen kann, die sie vor den Gerichten eines Mitgliedstaats geltend machen könnten.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 4 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft einerseits und dem Vertrag von Cartagena und seinen Mitgliedsländern Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Peru und Venezuela andererseits, das durch die Verordnung (EWG) Nr. 1591/84 des Rates vom genehmigt wurde, kann Einzelnen keine Rechte verleihen, die sie vor den Gerichten eines Mitgliedstaats geltend machen könnten.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
JAAAD-45038