BGH Beschluss v. - 5 StR 130/10

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung, wegen räuberischer Erpressung, wegen versuchter Nötigung, wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung sowie wegen Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand. Insbesondere genügen die Erwägungen, mit denen das Landgericht in den Fällen 2 und 4 des Urteils das Vorliegen minder schwerer Fälle nach § 249 Abs. 2 StGB bzw. § 239a Abs. 2 StGB trotz eher atypisch gelagerter Straftaten im Drogenmilieu und einer Reihe gewichtiger Milderungsgründe ausgeschlossen hat, auch eingedenk des beschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabes (vgl. BGHSt 29, 319, 320) nicht den Anforderungen der insoweit vorzunehmenden Gesamtwürdigung (vgl. dazu BGHSt 26, 97, 98 f.; BGH NStZ 1982, 246; 1983, 119).

Das Landgericht lastet dem Angeklagten tragend an, ein "hartnäckiger Wiederholungstäter" und "massiver Bewährungsversager" zu sein (UA S. 85), den auch früher erlittene Untersuchungshaft nicht von der Begehung der gegenständlichen Straftaten abgehalten habe. Es berücksichtigt dabei aber nur vordergründig, dass die letzten unmittelbar einschlägigen Delikte und Verurteilungen ebenso wie die seinerzeit vollstreckte Untersuchungshaft rund zehn Jahre zurückliegen und der Angeklagte die damals gewährten Strafaussetzungen zur Bewährung durchgestanden hat, weswegen die Strafen erlassen werden konnten (UA S. 6). Ebenso lag es mit einer im Jahr 2002 verhängten Bewährungsstrafe wegen Betäubungsmitteldelikten (UA S. 7). Weitere Vorverurteilungen betrafen geringer gewichtige Delikte. Die im Rahmen der Strafzumessung zur Persönlichkeit des Angeklagten getroffenen Wertungen finden deshalb in den Feststellungen keine hinlängliche Grundlage.

Weil der Strafausspruch lediglich wegen Begründungs- und Wertungsfehlern keinen Bestand hat, können die zugehörigen Feststellungen bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, weitergehende Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.

2. Der Senat hebt den Rechtsfolgenausspruch auf, um dem neuen Tatgericht unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) die Prüfung zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB gegeben sind. Die - überdies unter bloßem Verweis auf das Gutachten des Sachverständigen erfolgte (UA S. 92) - Annahme des angefochtenen Urteils, es fehle an einem Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB, begegnet nämlich durchgreifenden Bedenken. Das beim Angeklagten festgestellte Abhängigkeitssyndrom (UA S. 80 f., 92) ist ein sicheres Indiz für das Vorliegen eines Hangs (Fischer, StGB 57. Aufl. § 64 Rdn. 9). Eine lediglich "milde" Entzugssymptomatik sowie das Fehlen einer Persönlichkeitsdepravation (vgl. UA S. 82) stehen dem ebenso wenig entgegen wie drogenfreie Intervalle (zum Ganzen Fischer aaO § 64 Rdn. 7 ff.).

Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, würde die Anordnung der Maßregel nicht hindern (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
PAAAD-44560