BFH Beschluss v. - X B 115/09

Kein Verstoß gegen den Inhalt der Akten mit Angriffen gegen die Würdigung eines Sachverhalts; keine Aufteilung der Aufwendungen bei gemischt veranlassten Reisen bei untergeordnetem betrieblichem Anteil

Gesetze: FGO § 96 Abs. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wehren sich gegen ein Urteil, mit dem das Finanzgericht (FG) die Berücksichtigung von Reisekosten als betrieblichen Aufwand abgelehnt hat, da die Reise nur zu einem ganz untergeordneten Teil betrieblich, im Übrigen privat veranlasst gewesen sei.

2 Die Beschwerde ist teilweise unzulässig, teilweise unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.

3 1. Soweit die Kläger rügen, das FG habe ständig Aussagen der Finanzverwaltung als wahr, ihre Aussagen hingegen als bloße Behauptungen qualifiziert, ist die Beschwerde zumindest unbegründet.

4 Mit dem darin liegenden Vorwurf, das FG habe die Feststellung der Tatsachen, auf die es seine Entscheidung gestützt habe, nicht auf ordnungsgemäße Weise vorgenommen, wollen die Kläger, wie sie mit dem nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz klarstellen, einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend machen.

5 Dieser allgemeine Vortrag genügt für sich genommen den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht. Eine dieser Vorschrift entsprechende ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels verlangt u.a., dass diejenigen Tatsachen genau und schlüssig bezeichnet werden, aus denen sich ergeben soll, dass der behauptete Verfahrensmangel vorliegt (vgl. u.a. , BFH/NV 2008, 805). Statt pauschal zu behaupten, das FG behandele den Vortrag der Beteiligten unberechtigt unterschiedlich, wäre deshalb darzustellen, inwiefern und in welchem Punkte das FG den Vortrag der Beteiligten unzutreffend als feststehend bzw. streitig behandelt und somit entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO einen den Akten widersprechenden Sachverhalt gewürdigt haben soll.

6 Das haben die Kläger nur ansatzweise getan. Soweit sie es getan haben, nämlich hinsichtlich der Reiseteilnehmer und der Dauer des beruflichen Teils der Reise, geben sie das Urteil des FG nicht zutreffend wieder.

7 a) Das FG ist hinsichtlich der Reiseteilnehmer von dem Sachverhalt ausgegangen, der der Darstellung der Kläger entspricht. Es hat (auf Seite 3 des Urteils, dort im vorletzten Absatz) ausgeführt, dass A, B, C und D an der Reise teilgenommen hätten. Die von den Klägern beanstandete Darstellung (auf Seite 4 des Urteils) enthält eine Schilderung der Feststellungen des Prüfers sowie der damaligen Reaktion der Kläger und wird ergänzt (auf Seite 4/5 des Urteils) durch Ausführungen dazu, dass und wie sich A und B im Einspruchsverfahren zu diesen Feststellungen geäußert hätten. Diese Darstellung ist eine Schilderung des Verfahrensgangs. Mit ihr hat sich das FG die Feststellungen des Prüfers zu den an der Reise beteiligten Personen gerade nicht zu Eigen gemacht.

8 b) Der Vorwurf der Kläger, das FG gehe wiederum von einer sogenannten Behauptung aus, indem es feststelle, dass der berufliche Teil der Reise drei Tage betragen habe, ist in mehrerer Hinsicht unzutreffend. Das FG hat im Tatbestand geschildert, die Kläger hätten vorgetragen, der betriebliche Teil der Reise habe drei Tage betragen, womit erkennbar der schlichte Zeitanteil gemeint ist. Dass sie dies tatsächlich nicht vorgetragen hätten, behaupten die Kläger selbst nicht. Im Rahmen der Entscheidungsgründe hat sich das FG mit diesem Vortrag auseinandergesetzt. Es ist zu dem Schluss gekommen, dass dem Vortrag in tatsächlicher Hinsicht nicht zu folgen sei, und hat erläutert, warum. Das FG hat also gerade nicht festgestellt, dass der betriebliche Teil der Reise drei Tage umfasst habe, sondern weniger. Hieraus hat es im Wege einer wertenden Betrachtung weitere Schlussfolgerungen für die Berücksichtigung der Reisekosten gezogen, die weder eine Behauptung noch eine Wiedergabe einer Behauptung sind.

9 Dass sonstige Feststellungen nicht dem Akteninhalt entsprächen, ist nicht vorgetragen.

10 2. Soweit die Kläger sinngemäß verschiedene Abweichungen von der Rechtsprechung des BFH i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO rügen, ist die Beschwerde unzulässig.

11 a) Die Kläger führen zunächst aus, die Reise sei nach der BFH-Rechtsprechung der beruflichen/betrieblichen Sphäre zuzuordnen, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher/betrieblicher Anlass zu Grunde liege und die Verfolgung privater Interessen nicht den Schwerpunkt der Reise bilde. So habe es sich hier auch verhalten.

12 Mit diesem Vortrag ist eine Divergenz nicht hinreichend dargelegt. Die Kläger haben nicht erläutert, welchen abstrakten von der Rechtsprechung des BFH abweichenden Rechtssatz das FG aufgestellt habe.

13 Im Übrigen liegt eine Abweichung von der BFH-Rechtsprechung auch nicht vor. Das FG ist vielmehr aus tatsächlichen Gründen davon ausgegangen, dass nicht betriebliche, sondern private Interessen den weit überwiegenden Schwerpunkt der Reise gebildet hätten. Das ist eine Frage der Tatsachenwürdigung, die zu den Tatsachenfeststellungen gehört. In Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen haben die Kläger mit Ausnahme der unter 1. dargestellten, jedoch unzureichenden Beanstandungen keine Zulassungsrügen erhoben.

14 b) Weiter meinen die Kläger, es liege eine Abweichung von dem (BFHE 214, 354, BStBl II 2007, 121) vor, und führen nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist ergänzend aus, das FG sei auf diese Entscheidung nicht eingegangen.

15 aa) Auch diesbezüglich genügt die Beschwerde den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht, da die Kläger nicht dargestellt haben, mit welchem abstrakten Rechtssatz das FG von den Aussagen des Vorlagebeschlusses abgewichen sei.

16 bb) Im Übrigen wäre die Beschwerde insoweit ebenfalls unbegründet. Das FG hat seine Entscheidung nicht auf das in dem Vorlagebeschluss zur Disposition gestellte herkömmliche Aufteilungs- und Abzugsverbot gestützt. Es hat sich darauf gestützt, dass der betriebliche Teil der Reise von so untergeordneter Bedeutung gewesen sei, dass eine Aufteilung der Gesamtkosten nicht in Betracht komme.

17 Auch der Vorlagebeschluss geht davon aus, dass —wie bisher— eine Aufteilung der Aufwendungen bei gemischt veranlassten Reisen nur in Betracht komme, wenn die beruflich/betrieblich veranlassten Zeitanteile gegenüber den privat veranlassten Zeitanteilen ins Gewicht fielen. Ob im Einzelfall die beruflich/betrieblich veranlassten Zeitanteile nicht nur von untergeordneter Bedeutung seien, sei eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, die grundsätzlich dem FG obliege. Eine starre prozentuale Grenze gebe es nicht. Maßgebend seien die Umstände des Einzelfalls (vgl. die Ausführungen des Beschlusses unter B.III.5.c.

18 Die Entscheidung des FG beruht auf diesen Grundsätzen. Das FG hat (ab Seite 11 des Urteils) die Gesamtumstände dahin gewertet, dass der betrieblich veranlasste Teil der Reise von ganz untergeordneter Bedeutung gewesen sei. In Bezug auf diese Würdigung haben die Kläger keine Zulassungsrügen erhoben. Sie ist auch nicht offensichtlich fehlerhaft. Der nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgebrachte Einwand, dem FG seien Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen, dass ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung bestehe, ist daher ebenfalls unzutreffend.

19 Die wiederkehrende Darstellung der Kläger, mit der Reise seien nur zu einem geringen Teil private Zwecke verfolgt worden, stellt lediglich eine andere Würdigung dar. Die Kläger legen nicht dar, warum ihre Würdigung aus Rechtsgründen zwingend sei. Die seitens der Kläger hervorgehobenen Kosten für die auf Grund der Besichtigung in X erworbene Maschine haben mit den Zeitanteilen der Reise jedenfalls nichts zu tun.

20 Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass das Begehren der Kläger, die vollen Reisekosten als Betriebsausgabe behandelt zu wissen, nicht einmal der in dem Vorlagebeschluss in BFHE 214, 354, BStBl II 2007, 121 vertretenen Auffassung entspricht. Darin geht es lediglich um die bis dahin nicht für möglich erachtete Aufteilung der Reisekosten. Der Einwand der Kläger, die Reisekosten wären ohne einen Urlaubsanteil ebenso hoch gewesen, ist zutreffend, aber unerheblich. Es kommt nicht darauf an, welche Kosten eine anders gestaltete Reise verursacht hätte und wie diese Kosten zu behandeln wären, sondern wie die Kosten der konkreten Reise zu behandeln sind.

21 cc) Die klägerische Behauptung, das FG sei auf den Vorlagebeschluss in BFHE 214, 354, BStBl II 2007, 121 nicht eingegangen, ist dem Senat nicht verständlich. Das FG hat sich auf mehreren Seiten seines Urteils (beginnend Seite 8) mit diesem Beschluss auseinandergesetzt.

22 3. Da schon eine Abweichung von den in dem Vorlagebeschluss zum Ausdruck kommenden Rechtsgrundsätzen nicht vorliegt, besteht weder die grundsätzliche Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, die die Kläger aus dieser Abweichung herzuleiten scheinen, noch ein Bedürfnis zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 1248 Nr. 7
KAAAD-44112