Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LSG Chemnitz, L 1 KR 16/05 vom SG Dresden, S 16 KR 641/03 vom
Gründe
I
Streitig ist die Zahlung des sogenannten Herstellerrabatts gemäß § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V für Arzneimittel, die die in den Niederlanden ansässige Klägerin im Wege des Versandhandels an Versicherte der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in der Zeit von 2003 bis 2005 abgegeben hat.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in Heerlen/Niederlande, die Beklagte ist Herstellerin von Arzneimitteln mit Sitz in Deutschland. Die Klägerin betreibt ua eine Versand-/Internetapotheke, mit der sie überwiegend Endverbraucher in Deutschland versorgt. Ihren Angaben zufolge erwirbt sie die Arzneimittel bei deutschen Großhändlern, die die Ware an den Sitz der Klägerin in die Niederlande senden. Von dort aus beliefert sie GKV-Versicherte auf Bestellung per Kurierdienst mit Arzneimitteln, die nach dem deutschen Arzneimittelgesetz (AMG) zugelassen sind. Verschreibungspflichtige Arzneimittel versendet sie gegen Vorlage vertragsärztlicher Verordnungen. Die Vergütung der Leistungen erfolgt wie bei inländischen Apotheken unmittelbar im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Krankenkassen der Versicherten, ohne dass diese in Vorleistung treten müssen. Grundlage hierfür sind individuelle vertragliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und einzelnen Krankenkassen. Auf sie gestützt rechnet die Klägerin die erbrachten Leistungen außerhalb des für inländische Apotheken nach § 129 SGB V vorgeschriebenen Abrechnungsverfahrens zu den Bedingungen ab, die sie mit der jeweiligen Krankenkasse selbst ausgehandelt hat.
Im Bereich der GKV sind die Arzneimittelkosten, die den Krankenkassen durch die Versorgung ihrer Versicherten entstehen, ua durch Apotheken-, Großhandels- und Herstellerrabatte zu verringern. Der Gesetzgeber hat die GKV mit dem Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) vom (BGBl I 4637) finanziell ua dadurch entlastet, dass die Arzneimittelhersteller Rabatte auf Arzneimittel für ihre Versicherten gewähren müssen. Diese Rabatte sind von den Herstellern aber nicht unmittelbar an die Krankenkassen abzuführen; vielmehr erhalten die Krankenkassen den Rabatt dadurch, dass sie die Rechnungen der Apotheken um den Herstellerrabatt kürzen. Die Apotheken wiederum können von den Arzneimittelherstellern die Erstattung der gekürzten Beträge verlangen (§ 130a SGB V).
Die Klägerin gab im betroffenen Zeitraum von 2003 bis 2005 im Wege des Versandhandels an GKV-Versicherte ua Arzneimittel ab, die die Beklagte hergestellt hatte. Hierfür entrichteten die Krankenkassen auf der Basis ihrer Vereinbarungen mit der Klägerin die geschuldete Vergütung, wobei jeweils ein Abschlag in Höhe des Herstellerrabatts einbehalten wurde. Die Erstattung dieser Rabatte lehnte die beklagte Arzneimittelherstellerin ab.
Die Klägerin ist mit der Klage auf Zahlung von 11.669,79 Euro nebst Zinsen beim Sozialgericht (SG) ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid vom ). Auf ihre Berufung - verbunden mit einem auf 37.804,13 Euro nebst Zinsen erhöhten Zahlungsanspruch - hat das Landessozialgericht (LSG) den Gerichtsbescheid des SG geändert und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin die in der Zeit vom 1.1. bis und vom 1.10. bis angefallenen Herstellerrabatte zu erstatten. Im Übrigen ist die Berufung zurückgewiesen worden. In diesem Zeitraum vom 1.1. bis sei die Klägerin nicht in das bundesdeutsche Sachleistungssystem einbezogen gewesen; deshalb sei für die Anwendung der Erstattungsregelung des § 130a Abs 1 SGB V kein Raum. Sie sei weder dem Rahmenvertrag nach § 129 SGB V beigetreten noch hätte sie bis zum Jahresende 2003 durch eigenständige Verträge mit den Krankenkassen an der Versorgung von GKV-Versicherten beteiligt werden können. Das habe sich mit der Einführung von § 140e SGB V zum geändert. Seither erbringe die Klägerin Sachleistungen im System der GKV. Deshalb gelte § 130a SGB V für sie auch dann, wenn sie - was sie nicht versucht habe - dem Rahmenvertrag nach § 129 SGB V nicht beigetreten sei. Sie habe den Krankenkassen Rabatte nach § 130a SGB V zu gewähren und erwerbe entsprechende Erstattungsansprüche gegen die Hersteller, hier die Beklagte. Hinsichtlich der Höhe dieser Erstattungsforderung sei der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif, weshalb im Wege des Zwischenurteils nur über den Grund des Anspruchs entschieden worden sei.
Gegen die Entscheidung des LSG wenden sich die Klägerin und die Beklagte mit der vom LSG zugelassenen Revision. Die Klägerin beanstandet die Abweisung ihrer Klage für das Jahr 2003 und rügt, dass sie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) bereits in diesem Zeitraum an der Sachleistungsversorgung der GKV-Versicherten teilgenommen habe. Deshalb habe sie bereits für dieses Jahr Anspruch auf den Herstellerrabatt. Die Beklagte wendet sich demgegenüber gegen ihre Verurteilung für den Zeitraum ab 2004. Die Rabattregelung des § 130a SGB V gelte nur für Apotheken, die auf der Grundlage des Rahmenvertrages nach § 129 SGB V an der Arzneimittelversorgung teilnähmen. Dagegen finde die Vorschrift und damit auch die Erstattungsregelung keine Anwendung, soweit die Versorgung auf der Grundlage von Verträgen nach § 140e SGB V erfolge.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom zu ändern und die Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, ihr auch die im Jahre 2003 entrichteten Abschläge auf die Herstellerabgabepreise zu erstatten; hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und den Europäischen Gerichtshof um Vorabentscheidung zu folgenden Fragen zu ersuchen:
a Ist es mit Artikel 28 EGV zu vereinbaren, dass einer Apotheke aus einem) anderen Mitgliedstaat ein Herstellerrabatt-Erstattungsanspruch (wie nach § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V) versagt wird, obwohl sich die Apotheke aus dem anderen Mitgliedstaat gegenüber den Krankenkassen rechtlich wie tatsächlich dem Herstellerrabattabzug unterwerfen muss?
b Steht Artikel 28 EGV solchen Rechtsvorschriften entgegen (wie § 140e) SGB V iVm § 13 Abs 4 SGB V), die eine Apotheke aus einem anderen Mitgliedstaat im Ergebnis auf die Teilnahme an der Versorgung von Versicherten mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in einem anderen Mitgliedstaat auf das in jenem Mitgliedstaat unübliche Kostenerstattungsprinzip beschränken?
c) Ist es mit Artikel 28 EGV zu vereinbaren, dass einer Apotheke aus einem anderen Mitgliedstaat ein Herstellerrabatt-Erstattungsanspruch (wie nach § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V) versagt wird, wenn sie nicht einem Rahmenvertrag für inländische Apotheken beitritt, obwohl sich die Apotheke aus dem anderen Mitgliedstaat gegenüber den Krankenkassen bereits vertraglich verpflichtet hat, die ansonsten aus dem Rahmenvertrag ergebenden relevanten Maßnahmen zur Kostendämpfung mitzutragen?
2. die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom in vollem Umfang zurückzuweisen; 2. die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet, die des beklagten Pharmaunternehmens dagegen begründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Klägerin im Jahr 2003 durch die Belieferung von GKV-Versicherten keine Zahlungsansprüche gegen die Beklagte erworben hat. Solche Ansprüche sind entgegen der Auffassung des LSG in dem streitgegenständlichen Zeitraum generell nicht entstanden, ohne dass es auf die Berechtigung der Klägerin zur Teilnahme an der GKV-Arzneimittelversorgung bereits im Jahr 2003 ankommt. Auf die Revision der Beklagten ist deshalb das Urteil des LSG für den Zeitraum vom 1.1. bis sowie vom 1.10. bis zu ändern und die klageabweisende Entscheidung des SG wiederherzustellen.
1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler, die einer Sachentscheidung entgegenstünden, liegen nicht vor. Insbesondere ergibt sich ein solches Hindernis nicht aus dem Umstand, dass das LSG trotz offenkundiger Zweifel an der Befugnis des SG zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid in der Sache selbst entschieden und von einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG abgesehen hat. Selbst wenn der Kammervorsitzende des SG angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht mit Gerichtsbescheid nach § 105 Abs 1 Satz 1 SGG entscheiden durfte und hierdurch die Beteiligten entgegen Art 101 Abs 1 Satz 2 GG ihrem gesetzlichen Richter, nämlich der Kammer in voller Besetzung, entzogen hat, war das LSG gemäß § 159 Abs 1 Nr 2 SGG zwar befugt, nicht aber verpflichtet, die Sache an das SG zurückzuverweisen (BSGE 88, 274, 278 = SozR 3-5050 § 22b Nr 1; BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2, jeweils RdNr 10).
2. Ohne Rechtsfehler hat das LSG den Streitstoff im Rahmen seiner Sachentscheidung auf eine Zwischenentscheidung nur zum Rechtsgrund der von der Klägerin erhobenen Ansprüche begrenzt. Dabei kann offen bleiben, ob die Rechtsgrundlage hierfür in § 202 SGG iVm § 304 ZPO zu sehen ist - wie das LSG meint - oder ob sie sich unmittelbar aus § 130 SGG ergibt. Denn jedenfalls ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) anerkannt, dass auch bei Leistungsklagen im Gleichordnungsverhältnis - wie hier - Grundurteile ergehen können. Das hat das BSG vor der Ergänzung des § 130 durch das 6. SGG-Änderungsgesetz (6. SGG-ÄndG) vom (BGBl I 2144) unmittelbar der Regelung des § 130 Abs 1 SGG (vor Inkrafttreten des 6. SGG-ÄndG: § 130 SGG) entnommen und hinsichtlich des insoweit notwendigen Nachverfahrens ergänzend auf § 304 ZPO iVm § 202 SGG abgestellt (BSGE 61, 217, 222 = SozR 3100 § 19 Nr 18 S 57 f). Nach Inkrafttreten des 6. SGG-ÄndG hat das BSG dies zuletzt auf § 130 Abs 2 SGG gestützt, ohne dass sich insoweit ein Unterschied in der Sache ergäbe.
3. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin erhobenen Anspruch kann nur § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V sein, hier in der seit Inkrafttreten des § 130a SGB V im Wesentlichen unverändert gebliebenen Fassung des BSSichG. Danach gilt: "Pharmazeutische Unternehmen sind verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten". Der Anspruch dient dem Ausgleich von Zahlungspflichten von Apotheken nach § 130a Abs 1 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmte in der hier anzuwendenden und bis zur Änderung durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der GKV (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom (BGBl I 378) mit Wirkung vom unverändert gebliebenen Fassung des BSSichG: "Die Krankenkassen erhalten von Apotheken für ab dem zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 6 vom Hundert des Herstellerabgabepreises." Im vorliegenden Fall bestehen Erstattungsansprüche der Klägerin aber nicht, weil Rechtsgrundlage ihrer Zahlungen an die Krankenkassen nicht § 130a SGB V war und demzufolge auch Erstattungsansprüche nach dieser Vorschrift nicht entstehen konnten (dazu unter 4. bis 7.). Europarecht ist hierdurch nicht verletzt (dazu unter 8.).
4. Die Rabattverpflichtung zu Lasten der pharmazeutischen Unternehmer nach § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V ist Teil mehrerer Vorschriften, mit denen dämpfend auf den beständigen Anstieg der Ausgaben für die Arzneimittelversorgung in der GKV eingewirkt werden soll. Allerdings waren Apotheken bereits unter Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) verpflichtet, bei der Arzneimittelabgabe Rabatte zu gewähren (§ 376 Abs 1 RVO, vgl hierzu BGHZ 54, 115). Neben dieser im SGB V fortgeführten Abgabepflicht (§ 130 SGB V) hat der Gesetzgeber ebenfalls schon mit der Aufnahme der GKV in das SGB V durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz) vom (BGBl I 2477) die Einstandspflicht der Krankenkassen für bestimmte Gruppen von Arzneimitteln auf die jeweils preisgünstigen Abgabepreise beschränkt (Festbetragsregelung - § 35 SGB V). Später sind die Abgabepreise für von der Festbetragsregelung nicht erfasste Fertigarzneimittel zunächst vorübergehend unmittelbar durch Gesetz abgesenkt und eingefroren worden (vgl Art 30 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz - vom , BGBl I 2266; vgl hierzu BVerfG SozR 3-5407 Art 30 Nr 1), ehe mit dem BSSichG zum Rabattlasten für Großhändler (Art 11 BSSichG) sowie die hier maßgeblichen Rabattverpflichtungen nach § 130a SGB V eingeführt worden sind. Danach erhalten die Krankenkassen gemäß § 130a Abs 1 Satz 1 SGB V von Apotheken für "zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel" Abschläge auf den Herstellerabgabepreis, die diesen nach § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V - wie von der Klägerin beansprucht - wiederum von den pharmazeutischen Unternehmern zu erstatten sind. Der Grundbetrag des Abschlags beläuft sich grundsätzlich auf 6 vH des Abgabepreises für verschreibungspflichtige Arzneimittel (§ 130a Abs 1 Satz 1 SGB V), im Jahr 2004 betrug er abweichend hiervon 16 vH (§ 130a Abs 1a SGB V). Vom bis erhöhte er sich um den Betrag einer Erhöhung des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers gegenüber dem Preisstand vom . Für Arzneimittel, die nach dem erstmals in den Markt eingeführt wurden, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass der Preisstand der Markteinführung Anwendung findet (§ 130a Abs 2 SGB V). Die vorstehenden Regelungen gelten indes nicht für Arzneimittel, für die ein Festbetrag aufgrund der §§ 35 oder 35a SGB V festgesetzt ist (§ 130a Abs 3 SGB V).
5. Nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG war dieses Regelungssystem mit Abgabepflichten nach § 130a Abs 1 Satz 1 SGB V zu Lasten von Apotheken einerseits und Erstattungsansprüchen nach § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V gegenüber den pharmazeutischen Unternehmern andererseits in dem hier streitigen Zeitraum für die Klägerin nicht einschlägig, weil Rabatte nach § 130a Abs 1 SGB V grundsätzlich nur bei Abgabe von Fertigarzneimitteln im Rahmen der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs 5a SGB V anfallen und sie diesem Regime jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums nicht unterstellt war ( - BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3). Die Tatsache, dass dem Herstellerrabatt gemäß § 130a Abs 1 SGB V nur solche Fertigarzneimittel unterliegen, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs 5a SGB V bestimmt werden, ist für die Zeit ab nunmehr in § 130a Abs 1 Satz 5 SGB V (eingefügt durch Art 1 Nr 7a des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung vom , BGBl I 984) ausdrücklich normiert. Der 1. Senat hat dieser Regelung eine klarstellende Funktion beigemessen und ihre Geltung für die Zeit davor und damit für alle früheren Fassungen des § 130a SGB V aus dem Umstand gefolgert, dass als Herstellerabgabepreis iS von § 130a Abs 1 Satz 1 SGB V schon immer nur ein nach deutschem Preisrecht bestimmter Preis angesehen werden konnte (aaO, jeweils RdNr 17 ff). Für nach Deutschland importierte Fertigarzneimittel gelten Apothekenabgabepreise indes weder aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG noch sind sie aufgrund des § 129 Abs 5a SGB V bestimmt. Die inländischen Arzneimittel-Preisvorschriften sind folglich als klassisches hoheitliches Eingriffsrecht nicht auf Arzneimittel anwendbar, die sich außerhalb des Inlands befinden (BSG, aaO, jeweils RdNr 23 ff). Die Klägerin habe nicht durch den rechtlich zulässigen Beitritt zum Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V und eine entsprechende Ausgestaltung ihres Vertriebs für die Anwendbarkeit der deutschen Preisvorschriften und damit auch für das Eingreifen der Bestimmungen über den Herstellerrabatt gesorgt (BSG, aaO, jeweils RdNr 35 ff).
6. Diesem Ergebnis - der Nichtanwendbarkeit von § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V - schließt sich der erkennende Senat an, weil Zahlungen der Klägerin iS von § 130a Abs 1 Satz 1 SGB V nur auf Vertrag beruhen können und vertragliche Zahlungspflichten nicht auf Dritte abwälzbar sind.
a) Rechtliche Grundlage für die Beteiligung der Klägerin an der GKV-Versorgung entsprechend den Grundsätzen des Sachleistungssystems (§ 2 Abs 2 Satz 1 SGB V) waren im hier maßgebenden Zeitraum ihrem eigenen Vorbringen zufolge ausschließlich einzelvertragliche Beziehungen zu den Krankenkassen, deren Versicherte sie versorgt hat. Diese Verträge ermöglichten eine Abrechnung der Arzneimittellieferungen unmittelbar mit den Krankenkassen, ohne dass die Versicherten - wie es sonst bei der Inanspruchnahme von Leistungserbringern im Ausland grundsätzlich erforderlich gewesen wäre - in Vorleistung treten mussten und auf die Kostenerstattung im Verfahren nach § 13 Abs 4 SGB V verwiesen waren. Für diese Inanspruchnahme setzt die Klägerin - was Apotheken im Geltungsbereich des Rahmenvertrages nach § 129 Abs 2 SGB V verwehrt ist - jedenfalls gegenwärtig Anreize, indem sie für jedes rezeptpflichtige Medikament einen "Bonus" in Höhe von 50 vH der gesetzlichen Zuzahlung gewährt (vgl https://www.docmorris.de/de/rezept_einloesen/index.jsp; recherchiert am ). Zudem sehen die Einzelverträge offenbar vor, dass die Klägerin den Krankenkassen nicht nur die gesetzlich geregelten Rabatte gewährt, sondern zusätzlich weitere, nach deutschen arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften bei reinen Inlandssachverhalten nicht zulässige Abschläge. Hierzu ist sie rechtlich in der Lage, weil sie bei der Abgabe von Arzneimitteln per Versandhandel aus dem Ausland nicht den deutschen arzneimittelrechtlichen Preisregelungen unterworfen ist (vgl BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3, jeweils RdNr 23 mwN). Sie nutzt auf diesem Wege einen Wettbewerbsvorsprung, der ihr gegenüber deutschen Apotheken durch die unterschiedliche Ausgestaltung des Preisrechts für Arzneimittel in Europa zukommt.
b) Auf dieser rechtlichen Grundlage hat die Klägerin selbst dann keine Ansprüche nach § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V gegen das beklagte Pharmaunternehmen, wenn sie - wie sie vorträgt - sich in den Verträgen mit den Krankenkassen zu einer wirkungsgleichen Gewährung von Rabatten entsprechend § 130a Abs 1 Satz 1 SGB V verpflichtet hat. Die den pharmazeutischen Unternehmen auferlegten Zahllasten nach § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V stellen als Preisreglementierung wie jede sonstige Regelung zur Kostendämpfung im Bereich der Arzneimittelversorgung (vgl oben unter 4.) einen hoheitlichen Eingriff in die Berufsfreiheit dar (vgl für die Regelungen durch das BSSichG: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], - BVerfGE 114, 196, 244 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 129) und bedürfen deshalb einer gesetzlichen Grundlage. Verpflichtungen nach § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V können deshalb nur entstehen als Ausgleich für ihrerseits hoheitlich begründete Zahlungspflichten, nicht aber zur Weitergabe vertraglich übernommener Verpflichtungen. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist nicht, ob eine Apotheke Zahlungen entsprechend § 130a Abs 1 SGB V leistet, sondern welchen Rechtsgrund diese haben. Sind dies - wie im Falle der Klägerin - ausschließlich vertragliche Bindungen, bewirken sie keine hoheitliche Indienstnahme (vgl zu dieser Rechtsstellung der beteiligten Apotheken: BVerfGE 114, 196, 244 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 130), wie es für einen Erstattungsanspruch vorausgesetzt wäre.
c) Erstattungsberechtigt sind vielmehr nur diejenigen Apotheken, die nach dem Regime des § 129 SGB V an der GKV-Arzneimittelversorgung teilnehmen und deshalb den Regelungen dieser Vorschrift sowie der §§ 130, 130a SGB V unterworfen sind. Diesen Status haben nur Apotheken, die entweder einem Spitzenverband nach § 129 Abs 3 Nr 1 SGB V angehören oder dem Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V gemäß § 129 Abs 3 Nr 2 SGB V beigetreten sind. Nur dann erwirbt eine Apotheke die Rechtsstellung, die ihr einerseits auf gesetzlicher Grundlage Vergütungsansprüche gegen die Krankenkassen vermittelt und sie andererseits durch die Rabattpflichten nach §§ 130 und 130a SGB V hoheitlich belastet bzw in Dienst nimmt (ebenso BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3, jeweils RdNr 32). Eine solche Einbindung in das leistungserbringungsrechtliche System des SGB V hat für die Klägerin jedenfalls in dem hier maßgebenden Zeitraum nicht bestanden, wie bereits der 1. Senat des BSG eingehend dargelegt hat und von der Klägerin letztlich auch nicht in Zweifel gezogen wird (vgl BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3, jeweils RdNr 35 ff und 40).
7. Hiergegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, dass sie ohne entsprechende Rabattzusagen Einzelverträge mit den Krankenkassen nicht hätte abschließen können und § 130a Abs 1 Satz 1 SGB V deshalb auch sie faktisch binde. Das ändert zum einen nichts daran, dass sie keinen gesetzlichen Abgabepflichten ausgesetzt ist und es deshalb an einer Rechtsgrundlage für die begehrte Abwälzung der vertraglich vereinbarten Rabatte auf die pharmazeutischen Unternehmer mangelt. Zum anderen fehlt aber auch jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin aufgrund der dargelegten Rechtslage wirtschaftliche Nachteile im Verhältnis zu inländischen Apotheken hinzunehmen hätte. Soweit die Klägerin befugt ist, sich durch Versandhandel vom Ausland aus an der Arzneimittelversorgung der GKV-Versicherten zu beteiligen, stehen ihr dafür mehrere Versorgungsformen zur Verfügung. Zunächst könnten Versicherte unmittelbar gegen Rechnung beliefert und auf Kostenerstattung gegen die Krankenkasse gemäß § 13 Abs 4 SGB V verwiesen werden; dann wäre die Klägerin selbst von jeder Rabattverpflichtung frei (nicht jedoch die Versicherten, vgl § 13 Abs 3 SGB V, dazu BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 22 RdNr 24 ff). Weiter könnte die Klägerin gemäß § 129 Abs 3 Nr 2 SGB V dem Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V beitreten und sich damit den Rabattvorschriften der §§ 130 und 130a SGB V unterstellen (vgl BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3, jeweils RdNr 35 ff und 40). Schließlich kann sie - das ist der hier gewählte Weg - unmittelbare vertragliche Beziehungen zu den beteiligten Krankenkassen aufnehmen und hierdurch Wettbewerbsvorteile nutzen, die ihr als ausländische Apothekenbetreiberin deutschen Apotheken gegenüber zukommen. Nicht vorgesehen ist jedoch, Vorteile unterschiedlicher Systeme zu kumulieren (ebenso BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3, jeweils RdNr 31 f: "Rosinenpickerei").
8. Europarecht ist ebenfalls nicht verletzt. Der Herstellerrabatt in seiner Ausgestaltung durch die §§ 129 und 130a SGB V ist vielmehr ein mit europäischem Recht in Einklang stehendes Mittel zur finanziellen Entlastung der Krankenkassen. Insoweit sind zunächst, wie bereits der 1. Senat des BSG eingehend dargelegt hat, die gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Vertrags nach § 129 Abs 2 SGB V europarechtskonform. Es ist nicht ersichtlich, dass der Rahmenvertrag dazu missbraucht werden könnte, beitrittswillige und nach Arzneimittel- und Apothekenrecht - im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (vgl Urteil vom - C-322/01 - DocMorris NV - EuGHE I 2003, 14887) - beitrittsfähige ausländische Apotheken zu diskriminieren. Vielmehr ist durch die Vertragsgestaltung sicherzustellen, dass in- und ausländische Apotheken gleich behandelt werden (BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3, jeweils RdNr 40). Zudem wird die Klägerin auch nicht durch die Beschränkung des Herstellerrabatts auf reine Inlandssachverhalte im Sinne des europäischen Rechts diskriminiert. Europäisches Recht lässt vielmehr die Befugnis der Mitgliedstaaten unberührt, zur finanziellen Entlastung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit an rein inlandsbezogene Sachverhalte anknüpfende Rabattregelungen zu erlassen, die sich im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben für nationale Preisvorschriften halten. Auch dies hat der 1. Senat des BSG bereits eingehend ausgeführt (aaO, jeweils RdNr 41 ff); dem schließt sich der erkennende Senat auch unter Erwägung der Einwände der Klägerin an. Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art 234 EGV an den EuGH ist angesichts der klaren Rechtslage nicht gegeben (ebenso der 1. Senat, aaO, jeweils RdNr 52).
9. Ansprüche auf bereicherungsrechtlicher Grundlage stützen das Klagebegehren ebenfalls nicht. Dabei kann offen bleiben, inwieweit die Beklagte - wie die Klägerin vorgetragen hat - deren Belieferung unter Berücksichtigung von Abschlägen nach § 130a SGB V zu Recht verweigert hat, obwohl die in das kollektivvertragliche System nach § 129 SGB V eingebundenen Apotheken dieselben Arzneimittel im Ergebnis zu einem um diese Rabatte gekürzten Preis erhalten haben. Denn die Voraussetzungen der bestehenden Zahlungspflichten nach § 130a Abs 1 Satz 2 SGB V sind abschließend geregelt; für die ergänzende Heranziehung bereicherungsrechtlicher Grundsätze entsprechend § 812 BGB besteht deshalb kein Raum.
10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 iVm § 154 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung, die Streitwertfestsetzung auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1, § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
VAAAD-43359