BGH Beschluss v. - XII ZB 176/09

Unterhaltsstufenklage: Beschwerdewert nach einer Verurteilung zur Auskunftserteilung

Gesetze: § 3 ZPO, § 139 ZPO, § 522 ZPO, § 574 ZPO

Instanzenzug: Az: 17 UF 69/09 Beschlussvorgehend AG Tempelhof-Kreuzberg Az: 162 F 1050/06 Teilurteil

Gründe

I.

1Der Beklagte ist selbständiger Rechtsanwalt und Notar. Auf die von seiner geschiedenen Ehefrau und seinen Kindern erhobene Stufenklage wurde er durch Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom dazu verurteilt,

    "… der Klägerin zu 1. Auskunft zu erteilen über die Höhe seines in den Kalenderjahren 2006 und 2007 erzielten Einkommens aus seiner Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt sowie über etwaige weitere Einkünfte in den Kalenderjahren 2006 und 2007 aus allen steuerlich relevanten Einkunftsarten und diese Auskunft zu belegen durch

a) die Vorlage der Gewinnermittlungen aus seiner selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt für die Kalenderjahre 2006 und 2007,

b) die Vorlage der Steuererklärungen nebst aller dazu gehöriger Anlagen der Jahre 2006 und 2007,

c) der Vorlage der für die Jahre 2006 und 2007 ergangenen Steuerbescheide."

2Gegen das Teilurteil legte der Beklagte Berufung ein. Das Kammergericht hat den Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz auf 600 € festgesetzt und die Berufung als unzulässig verworfen.

3Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit der er geltend macht, der Wert der Beschwer übersteige 600 €. Er könne die nach dem Teilurteil geschuldete Auskunft nur mit Hilfe eines Steuerberaters erteilen, wofür er Kosten von mindestens 828 € netto aufwenden müsse.

II.

4Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Senatsurteil vom - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357 Tz. 7).

5Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Beklagten ist nicht zulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nicht vorliegt.

61. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, auch des Senats (Senatsbeschluss vom - XII ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714 Tz. 8), ist unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Rechtsbeschwerde u.a. zulässig, wenn einem Gericht bei der Rechtsanwendung Fehler unterlaufen, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, dass eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Dabei muss es sich um einen Rechtsfehler von symptomatischer Bedeutung handeln (BGHZ 152, 182, 187). Diese Voraussetzungen sind also nicht schon dann erfüllt, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts fehlerhaft ergangen ist (BGHZ 154, 288, 293). Ein schwerer, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt erst dann vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deswegen von Verfassungs wegen der Korrektur bedarf. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) - beruht (BGHZ 154, 288, 296). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

72.Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt den Beklagten weder in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) noch verstößt die Entscheidung gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG). Durch die Festsetzung des Berufungsstreitwerts auf 600 € wird der Beklagte auch nicht in seinem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Gewährung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) beeinträchtigt.

8a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714 Tz. 4 und vom - XII ZB 49/07 - FamRZ 2009, 1211 Tz. 9 m.w.N.; BGHZ - GSZ - 128, 85, 87 f.).

9Auf dieser rechtlichen Grundlage ist im Falle einer Verurteilung zur Auskunft der Wert der Beschwer gemäß § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht von dem ihm nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstandes maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder etwa erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) nicht festgestellt hat (Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714 Tz. 5 m.w.N. und vom - XII ZB 130/09 - zur Veröffentlichung bestimmt).

10b) Solche Fehler zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Das Berufungsgericht hat den Tenor der angegriffenen Entscheidung dahingehend ausgelegt, dass sich die Auskunfts- und Belegpflicht des Beklagten auf dieselben Gegenstände beziehen. Dies ist eine vertretbare Interpretation des Wortlauts des Tenors, die Rechtsfehler nicht erkennen lässt. Das Berufungsgericht hat zur Auslegung in zulässiger Weise (Senatsbeschluss vom - XII ZB 56/92 - FamRZ 1993, 45, 46; Zöller/Stöber ZPO 28. Aufl. § 704 Rdn. 4) die Urteilsgründe mit herangezogen und ist damit zu der vertretbaren Schlussfolgerung gelangt, dass dem Beklagten keine weitergehenden Pflichten als die Vorlage der Steuererklärungen nebst allen dazugehörigen Anlagen der Jahre 2006 und 2007 sowie die Vorlage der Steuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 auferlegt wurden und deshalb die Mitwirkung eines Steuerberaters nicht erforderlich sei. Die Rechtsbeschwerde rügt im Grunde nur diese Auslegung und will sie durch ihr Verständnis des Tenors ersetzen. Damit kann sie jedoch keinen Erfolg haben.

11c) Letztlich handelt es sich bei dem angegriffenen Beschluss um eine einzelfallbezogene Entscheidung, die eine Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert ( - NJW-RR 2003, 1366, 1367).

Hahne                                   Weber-Monecke                                 Dose

                    Schilling                                               Günter

Fundstelle(n):
VAAAD-43333