Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LG Darmstadt, 7 S 62/09 vom AG Dieburg, 27 C 60/08 vom
Tatbestand
Die Klägerin erbringt für Versicherungsmakler entgeltlich verschiedene Dienstleistungen. Die Makler können unter anderem die von ihnen vermittelten Verträge mit den Versicherungen über die Klägerin abschließen lassen. Die Beklagte war selbständige Versicherungsmaklerin.
Unter dem 11./ schlossen die Parteien mit Wirkung zum einen so genannten Kooperationspartnervertrag, aufgrund dessen die Beklagte die Leistungen der Klägerin in Anspruch nehmen konnte, die in mehreren Varianten angeboten wurden. Ein Modell sah vor, dass der Vermittler der Klägerin eine feste Jahresgebühr zahlte und dafür die von den Versicherern entrichteten Provisionen in vollem Umfang erhielt. Die Beklagte wählte hingegen das so genannte Modell 3: VIP-Partnerschaft "Komfort". Bei dieser Variante sollte der Klägerin im Ergebnis ein jährliches Entgelt von 3.000 EUR zustehen. Zu dessen Begleichung war aber eine Verrechnung mit Provisionen aus den von dem Makler vermittelten Verträgen, die unter Einschaltung der Klägerin abgeschlossen wurden, nach einem Punktesystem vorgesehen. Jeder Punkt entsprach fünf Euro. Dementsprechend hatte der Makler im Jahr 600 Punkte durch Vertragsabschlüsse zu erzielen, um die Vergütungsforderung der Klägerin durch Verrechnung tilgen zu können. Die vom Makler vermittelten Versicherungsverträge wurden nach einem bestimmten Schlüssel je nach Art und Laufzeit mit einer unterschiedlichen Anzahl von Punkten bewertet. Für das Punktesystem enthielt Absatz 1 des § 5 Abschnitt Modell 3: VIP-Partnerschaft "Komfort" der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (fortan: § 5 III AGB) folgende Regelung:
"Bei der VIP-Partnerschaft 'Komfort' erhält der KP [Anm.: = Kooperationspartner = Makler] zu den im Folgenden geregelten Konditionen/Vergütungen einen zusätzlichen Anreiz durch ein Bonussystem, das Partner-Punkte-System der Gesellschaft [Anm.: = Klägerin]. Dieses befindet sich immer in der aktuellsten Form auf der Plattform der Gesellschaft und ist dem KP vor Auswahl des Modells bekannt. Das Partner-Punkte-System in seiner jeweils aktuellsten Fassung bedarf keines weiteren Vertrages zwischen den Parteien. Es hat immer in seiner jeweils aktuellen Form automatisch Gültigkeit."
Soweit die Mindestzahl von 600 Punkten nicht erreicht wurde, sollte die Differenz zum Honorar der Klägerin nach § 5 III Abs. 3 Satz 3 AGB in Geld ausgeglichen werden.
Die Beklagte vermittelte im Zeitraum von Juni 2007 bis Mai 2008 nur einen Versicherungsvertrag über die Klägerin und blieb damit unter den zur vollständigen Verrechnung der Vergütungsforderung notwendigen 600 Punkten. Die Klägerin verlangt den hiernach zum Ausgleich ihres Anspruchs fehlenden Restbetrag, den sie mit zuletzt 2.821,60 EUR beziffert hat. Ihre auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Fehlbetrags nebst vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.
Gründe
Die zulässige Revision ist begründet. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
I. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht der Auffassung gewesen, die Klage sei unbegründet, weil der in § 5 III Abs. 1 Satz 2 bis 4 AGB enthaltene Vorbehalt der Klägerin, das Bonuspunktesystem zu ändern, unwirksam sei. Zwar sei es plausibel und nachvollziehbar, dass sie sich mit dem Änderungsvorbehalt in die Lage versetzen wolle, mögliche einseitige Provisionssatzänderungen durch die mit ihr kooperierenden Versicherungsgesellschaften ("Produktgeber") an die Makler weiterzugeben. Allerdings finde dies im Vertrag keine Stütze. Es fehle an der notwendigen Bezugnahme auf bestimmte für die Neufestsetzung der Provisionen heranzuziehende Parameter. Dieder Bewertung im Punktesystem des Modells 3 zugrunde liegende Preisgestaltung sowie die Voraussetzungen und Faktoren für deren etwaige Änderung seien von der Klägerin nicht hinreichend konkret benannt. Hinzu komme, dass den Kooperationspartnern der Klägerin für den Fall einer einseitigen Änderung oder Anpassung des Verrechnungssystems eine Lösung aus der vertraglichen Bindung, etwa durch Einräumung eines Sonderkündigungsrechts, nicht ermöglicht werde.
II. Diese Erwägungen tragen, wie die Revision mit Recht rügt, die Klageabweisung nicht. Ob, wie das Berufungsgericht angenommen hat, der sich aus § 5 III Abs. 1 Satz 2 bis 4 AGB ergebende Änderungsvorbehalt mangels Konkretisierung der von der Klägerin beanspruchten Gestaltungsmöglichkeiten gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) verstößt (vgl. hierzu z.B. Senatsurteil vom - III ZR 63/07 - NJW-RR 2008,134 f Rn. 12 f, 16, 19 f m.w.N.) und ob die Klausel insoweit gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 310 Abs. 1 Satz 1, 2 und § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, ist nicht entscheidungserheblich.
1. Ein etwaiger Zahlungsanspruch der Klägerin folgt aus § 5 III Abs. 3 Satz 3 AGB. Die darin geregelte Ausgleichsforderung ergibt sich aus der Differenz zwischen der der Klägerin zustehenden Vergütung und dem nach dem Bonuspunktesystem für Provisionen, die der Vertragspartner erzielt hat, errechneten Betrag. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin einen Ausgleichsanspruch gegen die mit ihr verbundenen Makler hat, hängt damit zwar von der Kalkulation der Gegenansprüche auf der Grundlage der Bedingungen des Bonuspunktesystems ab.
Die von der Klägerin im Streitfall vorgenommene Berechnung des Ausgleichsanspruchs wäre jedoch auch dann nicht zu beanstanden, wenn - wie das Berufungsgericht angenommen hat - der aus § 5 III Abs. 1 Satz 2 bis 4 AGB folgende Änderungsvorbehalt für die Bedingungen des Bonuspunktesystems unwirksam sein sollte. Zwischen den Parteien ist nach dem dem Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand unstreitig geblieben, dass die Klägerin in dem hier maßgeblichen Zeitraum keine Änderung dieses Systems vorgenommen hat. Dementsprechend hat die Klägerin den von der Beklagten vermittelten Vertrag nach Maßgabe der ursprünglichen, bereits im Mai 2007 geltenden Bedingungen des Bonuspunktesystems in die Berechnung eingestellt.
2. Die (etwaige) Unwirksamkeit des Änderungsvorbehalts erstreckt sich - entgegen der wohl vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung - nicht auf die bei Vertragsschluss von der Klägerin gestellten Bedingungen des Bonuspunktesystems. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bleiben unbedenkliche Teile von Formularbedingungen aufrechterhalten, wenn sie auch ohne den unwirksamen Teil sprachlich aus sich heraus verständlich sind und ihrem Inhalt nach Sinn ergeben (z.B. Senatsurteil vom aaO S. 136 Rn. 34; -NJW 2010, 674, Rn. 13 jeweils m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Der Änderungsvorbehalt ergibt sich aus den Worten "immer in der aktuellsten Form" in § 5 III Abs. 1 Satz 2 AGB und aus den folgenden Sätzen 3 und 4. Werden diese Teile gestrichen, bleibt die Regelung sprachlich verständlich und wird inhaltlich - sinnvoll - darauf reduziert, dass das Bonuspunktesystem in seiner zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung anzuwenden ist.
3. Das Berufungsurteil lässt sich deshalb mit der gegebenen Begründung nicht aufrechterhalten. Aus diesem Grund und weil die Vorinstanz - von ihrem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu den übrigen Voraussetzungen des von der Klägerin erhobenen Anspruchs und zu den weiteren gegen diesen erhobenen Einwänden der Beklagten getroffen hat, ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).
Im Hinblick auf die Erwägungen der Revisionserwiderung zur Frage, ob die Parteien durch die Einbeziehung der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Bedingungen des Bonuspunktesystems einen Vertrag wirksam geschlossen haben, ist für das weitere Verfahren Folgendes anzumerken: Zumindest im rechtsgeschäftlichen Verkehr zwischen Unternehmern (§ 14 Abs. 1 BGB), für den § 305 Abs. 2 BGB nach § 310 Abs. 1 BGB keine Anwendung findet, ist es unbedenklich, wenn in einem vorformulierten Vertragstext hinsichtlich einiger - auch wesentlicher - Bestandteile auf von dem Verwender im Internet veröffentlichte Bedingungen Bezug genommen wird, sofern der Vertragspartner die Möglichkeit hat, hiervon in zumutbarer Weise Kenntnis zu erlangen.
Fundstelle(n):
CAAAD-43322